Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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Eine Weihnachtszeit "wie vun frieher" erlebt

18.12.05 (Reilingen)

Reilinger Mundart-Stammtisch hatte in den „Engel“ eingeladen / Nachtwächter zu Besuch / „Sprich, Gschwetz un G’schischdlin“ mit viel Musik
Die heimische Mundart wird nur in wenigen Orten des Rhein-Neckar-Raums so intensiv gepflegt wie in Reilingen. Die monatlichen Mundart-Stammtische im historischen Landgasthaus „Zum Engel“ sind stets gut besucht, die Mitarbeit am Mundart-Lexikon für den Raum Hockenheim stößt auf überaus großes Interesse. Die inzwischen weit über tausend typische Dialektbegriffe und –wörter werden regelmäßig in eine Datenbank eingepflegt, die auch im Internet (www.reilinger.de) aufgerufen werden kann. „Sprich, Gschwetz un G’schischdlin“ gehören ebenso zur Sammlung des Mundart-Stammtischs wie die Dokumentation grammatikalischer Besonderheiten des Dialektes im südlichen Rhein-Neckar-Raum.
Diese besondere Verbundenheit zur Reilinger Mundart oder „Hoggemer Sprooch“ wurde jetzt wieder besonders deutlich, als der Mundart-Stammtisch zu einer Alt-Reilinger Weihnacht eingeladen hatte. Das zur Stimmung der Jahreszeit passend geschmückte Nebenzimmer des „Engels“ verströmte bereits jene urige Atmosphäre, die dereinst das Leben in der Spargelgemeinde prägte. Der Duft von frischen „Gutseln“ und würzigem Glühwein durchzog den Raum, in dem viele Besucher Platz genommen hatten. Unter ihnen nicht nur Einheimische, sondern auch überraschend viele zugezogene Reilinger und einige amerikanische Mitbürger, die sich in dieser stimmungsvollen Umgebung eines Jahrhunderte alten Wirtshauses besonders wohl fühlten. Toni Kellner, der zusammen mit Otmar A. Geiger von der Geschichtswerkstatt Hockenheim & Umgebung, den Mundart-Stammtisch vor drei Jahren ins Leben gerufen hatte, begrüßte „uff broadem Reilingärisch“ die Gäste und führte mit wenigen Worten in die Besonderheiten des einheimischen Dialekts ein. Allein schon die Übersetzungsversuche ins Hochdeutsche oder gar Englische sorgten im Wirtshaussaal für viel Vergnügen.
Um die weitere Unterhaltung musste sich an diesem Freitagabend vor dem vierten Advent wohl niemand Sorgen machen, denn Gesprächsstoff gab es genug. Da wurde über die aktuelle Kommunal- und Bundespolitik ebenso diskutiert wie über Ereignisse aus der regionalen Geschichte. Hier war es vor allem Otmar A. Geiger, der als Churfürstlich privilegierter Nachtwächter zu Reutling und Hockenaw auf seinem nächtlichen Rundgang durch das Dorf auch einen Blick in das hell erleuchtete Wirtshaus warf, um nach dem Rechten zu sehen. Den überraschten Besuchern berichtete er vom Leben in der Weihnachtszeit der Kurpfalz vor 250 Jahren, rügte ob er adventlichen Fastenzeit die übervollen Tassen, Gläser und Teller, oder schilderte in lebendigen Worten Aberglauben und Brauchtum in der dunklen Jahreszeit.
Mit weiteren Mundart-Geschichten, die sich allesamt um das Weihnachtsfest rankten, warteten Hilde Kief und Elfriede Wörner auf. Ihre Schilderungen von falsch verstandenen Weihnachtsliedertexten, die Erlebnisse beim stundenlangen Schmücken des Tannenbaums oder die Folgen von zuviel Glühwein oder Likör boten nicht nur Mundart vom Feinsten sondern auch lebendige Beispiele des zum Teil deftigen Humors der Menschen an der unteren Kraich.
Und dank der Musikanten Hermann Klebert (Orgel), Dieter Böhle (Gitarre) und Dieter Funk (Mundharmonika) kam auch der Gesang nicht zu kurz. Und da die Advents- und Weihnachtslieder mit ihren Melodien in allen Dialekten und Landessprachen gleich und bekannt sind, stimmten alte und neue Reilinger ebenso mit ein wie die Gäste aus den USA.
Als zu später Stunde bei für das Dorf typischen Torten und Kuchen die Alt-Reilinger Weihnacht so langsam ausklang, waren viele der Anwesenden um eine heimatgeschichtliche Erfahrung reicher, die selbst erlebt zu einem besonderen Ereignis wurde.

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