Kurpfalz Regional Archiv

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Nur der "Pfaffenwein" war von der Steuer ausgenommen

12.04.09 (Arbeit & Soziales, Handel & Handwerk)

Wer im Hockenheimer Rathaus das Stadtarchiv aufsuchen möchte, muss erst einmal in den Keller hinab steigen. Dort liegen, verglichen mit den umliegenden Städten zwar nicht viele Urkunden oder Dokumente aus den Jahrhunderten vom Mittelalter bis zur Neuzeit, aber ein Blick hinein in die historischen Zeitzeugnisse lohnt sich dennoch doch. Interessant, aber für die Menschen von heute auch amüsant, sind die aufbewahrten „Policeyordnungen“.
In der kleinen Siedlung an der unteren Kraich bezogen neben dem Kannenwirt auch zwei jüdische Händler aus dem Weinhandel durch das “Weinungeld” (eine Steuer) beträchtliche Einkünfte. Es gab allerdings immer wieder zahlreiche Versuche, die Zahlung zu umgehen. So hatte vor allem der, der den für die Geistlichkeit vorgesehenen “Pfaffenwein”, der von der Steuer befreit war, kaufte oder trank, mit hohen Strafen zu rechnen. So ist zu lesen, dass der Streit um den “Pfaffenwein” sich im “Bistumb Speier” (Speyer war bis ins 19. Jahrhundert das für Hockenheim und die umliegenden Gemeinden zuständige Bistum) fast ein Jahrhundert hinzog, bis sich die Orden der Augustiner, Prediger, Karmeliter und Barfüßer bereit erklärten, das “Weinungeld gleich als wie ein ander Beisaß (Bürger)“ zu bezahlen.
Die kurfürstliche Ordnung des Weinungelderamts schrieb beispielsweise vor, dass Wein nur in geeichten und besonders gekennzeichneten Fässern gelagert und verkauft werden durfte. Die Ein- und Ausfuhr sowie die Einlagerung wurden von den Beamten “auf das genaueste kontrollieret”. So gehörte es zu den Aufgaben des Hockenheimer Büttels (Gerichtsdiener), den Wein, der auf dem Wochenmarkt vor der Georgskirche verkauft wurde, zu kosten und zu prüfen, ob er nicht gepanscht war. Damit die Wirte beim Ungeld nicht betrügen konnten, mussten sie ihre Weinvorräte und die verkauften Mengen dem “Ambtmann zu Suetzingen” melden. Und wenn sie nicht pünktlich bezahlten, wurde ihnen der Ausschank verboten.
Fleisch war ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Die Ordnung für den “Fleischmarckt zu Hockenau dahir” verpflichtete die Metzger, das Fleisch „zu offenen failen Kauff“ zu liefern. Im benachbarten Speyer, im Fürstbischöflichen, wurde das Schlachtvieh unter den Metzgern nach Losen verteilt, und weitere Tiere durften, von einigen Ausnahmen abgesehen, nur in einer Entfernung von mehr als vier Meilen von der Stadt eingekauft werden, um eine Übervorteilung anderer Metzger zu vermeiden. Damit sich die Metzger beim Viehhandel keine Konkurrenz machten, musste bei den Verkaufsgesprächen ein Abstand von 30 Schritten zwischen zwei Käufern eingehalten werden, auf Jahrmärkten wie in Hockenheim oder beim Sauerkrautmarkt in St. Leon waren drei Schritte zulässig.
Auf dem Markt durfte Vieh nur verkauft werden, wenn der Händler durch Atteste nachweisen konnte, dass seine Tiere gesund waren. Weiterhin war es den Metzgern bei Strafe verboten, Schweine „von einem Scharpff- Richter, oder dergleichen Leuthen“ zu kaufen, Rinder durften dagegen gekauft werden. Der Handel begann im Sommer spätestens um sechs und im Winter um sieben Uhr. Beim Fleischverkauf mussten schwangere Frauen bevorzugt bedient werden, sonst drohte dem Metzger eine hohe Geldstrafe.
Der Handel mit Gewürzen spielte über Jahrhunderte hinweg eine große Rolle. Auf dem Reichstag zu Augsburg wurde 1548 sogar eine eigene Gewürzordnung für das Reich beschlossen. Diese Ordnung war notwendig, da Gewürze und Würzmischungen oft durch andere Zutaten gestreckt und verfälscht wurden. Eine eigene Speyerer Ordnung schrieb für Würzmischungen die Zutaten und ihre Mengen genau vor: Die „schwartz oder pfeffer würtz“ bestand aus 16 Lot Pfeffer, zehn Lot Ingwer, zwei Lot Nelken, zwei Lot Zimt und zwei Lot Muskat. Apotheker, Krämer und andere Personen, die im Gewürzhandel tätig waren, mussten vor dem Rat die Einhaltung der Gewürzordnung beschwören.

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