Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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"Reale" Fächer im Stundenplan

17.10.02 (Geschichte allg.)

Das Karl-Friedrich-Gymnasium in Heidelberg
Knapp zehn Jahre nach dem Tod des Humanisten Erasmus von Rotterdam und im Todesjahr des Reformators Martin Luther wurde mit kurfürstlichem Gründungsdekret das „Pädagogium“ in Heidelberg gegründet. Kurfürst Friedrich II. verfügte, dass die „Schwabenburse“  in der Judengasse (heute Dreikönigstraße) die Lehrstätte sein sollte. Nachdem 1561 bereits 60 Schüler und drei Lehrer verzeichnet wurden, wurden die Räumlichkeiten zu eng und so erfolgte 1565 der Umzug in das ehemalige Franziskanerkloster am Karlsplatz. Das Bildungs- und Erziehungsprogramm sollte den Geist des Humanismus und der Reformation ausstrahlen. Die klassischen Schriften der griechischen und römischen Antike, vor allem aber die Bibel (das Alte Testament wurde noch immer in Hebräisch veröffentlicht) selbst lesen zu können, sollte die Basis der damaligen Menschenbildung sein.

Mit der Gegenreform in der Kurpfalz, die den Einfluss der Jesuiten verstärkte, wurde in Heidelberg ein zweites Gymnasium unter katholischer Leitung errichtet. Dieses fand auch bei den protestantischen Bürgern Akzeptanz, hauptsächlich wegen der besonderen Pflege von Griechisch und Mathematik als Lehrfach.
Auf Weisung des Großherzoglichen Ministeriums in Karlsruhe vereinigten sich das 1546 gegründete Reformierte Gymnasium mit dem 1705 von den Jesuiten errichteten Katholischen Gymnasium am 21. November 1808. Das neu gegründete „Großherzoglich Badische Vereinigte Gymnasium zu Heidelberg“ sollte als „Tempel der Eintracht“ die Konfessionen vereinen. Deshalb wurde bestimmt, dass die Schulleitung jährlich zwischen einem protestantischen und einem katholischen Direktor wechseln sollte. Dies wurde bis 1861 (ab 1844 alle zwei Jahre) beibehalten. Nur der Religionsunterricht war konfessionell, und bis 1873 noch der Geschichtsunterricht in jener Klassenstufe, in der die „Geschichte von Christi Geburt bis zur Gegenwart“ das Pensum war.
Die Schule wurde zunächst in der ehemaligen Reformierten Administrationskanzlei an der Ecke Grabengasse/Seminarstraße untergebracht. Die steigende Zahl der Schüler führte dazu, dass 1894 das neue Schulhaus an den Neckarstaden bezogen wurde, wo das Karl-Friedrich-Gymnasium, in der Kurpfalz allgemein als „KFG“ bekannt, sich noch heute befindet.
Das Gymnasium war zunächst fünfstufig und siebenjährig. Erst 1837 wurde es zum sechsstufigen und neunjährigen „Lyceum“ erhoben. Damit konnten die Absolventen ihr Studium an der Universität unmittelbar beginnen. „Lyceum“ hießen die Schulen aber nur bis 1872, als nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges alle vergleichbaren Bildungseinrichtungen im deutschen Kaiserreich wieder zum „Gymnasium“ wurden.
Der Lehrplan wurde zunächst vor allem von den alten Sprachen Latein, Griechisch und dem für alle zukünftigen Theologen verpflichtendem Hebräisch. Bereits nach 1820 setzten sich in Baden die Bestrebungen durch, auf Kosten der alten Sprachen, die über 50 Prozent der Unterrichtsstunden einnahmen, „reale“ Fächer aufzunehmen. Gegen den Widerstand der damaligen Lehrer, die meist Theologen oder Klassische Philologen waren, gewannen nun Deutsch, Mathematik und Fächer der Naturwissenschaften Gewicht. Dies bedeutete aber auch, dass Fachlehrer eingestellt werden mussten. Französisch war bereits 1808 zur Pflichtfremdsprache geworden, ab 1840 wurde dann auf Wunsch der Eltern freiwilliger Englischunterricht für die beiden obersten Klassen angeboten.
Wie überall in der Kurpfalz hatten die Schüler an sechs Wochentagen vor- und nachmittags Unterricht. Dazu kamen reichlich bemessene Hausaufgaben. Die Notengebung war streng, wie auch die Schulordnung, die den Schulalltag disziplinierte. Die Eltern hatten ein recht hohes Schulgeld zu bezahlen. Für sehr gute Schüler gab es Stipendien und Nachlässe auf das Schulgeld.
1872 kam auch für das Heidelberger Gymnasium, das sich bis dahin in Leistung und Anspruchsniveau nicht viel von anderen Kleinstadtgymnasien unterschied, die Angleichung an das für das gesamte Deutsche Reich vorbildliche Preußische Schulwesen. Mit dem Ansteigen der Schülerzahlen veränderte sich seitdem auch die Schule zu einer angesehenen und anerkannten Bildungsstätte mit einem besonderen Ruf für Qualität in der ganzen Region.
 

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