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So macht Fastnacht richtig Spaß

12.02.06 (Reilingen)

KVR „Die Käskuche“ feiert 44-jähriges Jubiläum mit toller Prunksitzung / Mitreißende Tanznummern, Büttenreden und viel Musik / Mangelhafte Tontechnik sorgt für Unmut
Kurzweilige Unterhaltung und ein gut gelauntes Publikum ließen die Prunksitzung des Reilinger Karnevalvereins „Die Käskuche“ im 44. Jubiläumsjahr zu einem besonderen Ereignis werden. Die närrische Veranstaltung in der vollbesetzten Mehrzweckhalle der Fritz-Mannherz-Hallen bewies am Samstagabend einmal mehr, warum Reilingen bereits seit vielen Jahren als Karnevalshochburg an der Schnittstelle der kurpfälzischen Fastnacht und dem ausgelassenen Fasching im Bruhrain gilt. Den Verantwortlichen um KVR-Präsident Karlheinz Elsenbast war es einmal mehr gelungen, ein Programm zusammenzustellen, das all das bot, was zu einer flott inszenierten Prunksitzung in der Kurpfalz gehört: mitreißende Tanznummern, Büttenreden und viel Musik. Hätte eine mangelhafte Tontechnik nicht immer wieder die Auftritte von Büttenredner, Sänger und Tanzgruppen beeinträchtigt, hätte die Veranstaltung das Prädikat „perfekt“ verdient gehabt. So sorgten die Pannen der nicht halleneigenen Anlage mehr als einmal für Unmut auf der Bühne, mehr noch aber im Saal, wo vor allem im hinteren Teil oft die Worte nur erahnt werden konnten. Und dass die spektakuläre Tanznummer der Freestyle-Weltmeister Jenniffer Tompkins und Ernst Voigt sogar unterbrochen werden musste, war mehr als peinlich und einer Jubiläumsveranstaltung nicht würdig. So wurde der Tontechniker ob seiner immer wiederkehrenden „Bühnenauftritte“ letztendlich zum aber wenig umjubelnden „Star des Abends“.
Begonnen hatte alles mit dem Einmarsch des Fanfarenzuges Rust, der mit seinem klingenden Spiel dem Grandseigneur der Reilinger Fastnacht, Siegfried von Sagunski, den Weg bereitete. Mit wohlgereimten Worten erinnerte das letzte noch aktive Gründungsmitglied an die 44-jährige Geschichte des Karnevalvereins. Eine Zeit, die von dem inzwischen über 80 Jahre alten Erzkarnevalisten auch entscheidend mitgeprägt wurde – und noch immer wird: als Texter, Ordensdesigner, Büttenredner, Schnellzeichner, Dekorateur oder Prunksitzungsplaner. Kein Wunder, dass „svs“ an diesem Abend beim Einmarsch der 14 Lieblichkeiten der Jubiläumskampagne sowie der Elferräte, Senatoren und Garden ganz besonders strahlte.
Bürgermeister Walter Klein verlor bei seinem traditionellen Büttenauftritt nur wenige Worte: „Heute zählen nicht die Sprüche der Großen, sondern eher vom Bürgermeister die Rosen.“ Und da auch Senatspräsident Peter Herchenhan für die Überreichung des Spendenschecks der Ehrensenatoren an die Garden und Prinzessinnen die Kurzform gewählt hatte, konnte schnell mit der Prunksitzung begonnen werden.
Die undankbare Rolle des Eisbrechers hatte in diesem Jahr der kurpfälzische Büttenstar Werner Beidinger übernommen, was für den Musikprofessor aus Potsdam aber kein Problem darstellte. In seinem musikalischen Jahresrückblick ließ er zwischen den Höhen der Bundespolitik und den Tiefen der heimischen Kurpfalz nichts aus. Und für die Fußballnationalmannschaft hatte er zur bevorstehenden WM die richtigen Gegner parat: Legoland, Lummerland, Helgoland.
Ganz nach dem Motto “Wie bled” kalauerte sich der Altvater der pfälzischen Fastnacht, der Ludwigshafener Peter Schieck durch seinen Vortrag. In der Pose des Altrockers, dem „Kübelböck aus der Kurpfalz“, versuchte er sich als Superstar, was so auf Anhieb nicht immer gelang. Als er jedoch mit Kokolores, Witz und „dumme Sprich“ dorthin zurückkehrte, was er noch immer am besten kann, hatte er die Lacher auf seiner Seite.
Was sich Siggi Naber und Elsbeth Steidel als Brummer & Spreissel so alles vor- und nachwarfen, war ebenso umwerfend wie der Auftritt der KVR-Jubiläumsjungfrau (Dr. Markus Weber), der dienstältesten Ehrenjungfrau in ganz Baden („Mer wird jo als solche gebore, awwer des a zu bleibe …“).
Der bereits mit Spannung erwartete Auftritt des Ortsbüttel, der Symbolfigur der Reilinger Fastnacht, gehörte auch in diesem Jahr zu den Höhepunkten der Prunksitzung. Gemeinderat Peter Geng war wieder in die Rolle dieser Traditionsfigur geschlüpft, um mit seinen „Bekaaaaaantmachungen“ die lokale Politik und das Ortsgeschehen zu glossieren. So wusste er aber davon zu berichten, dass FDP-Chef Guido Westerwelle während seiner „Hochzeitsreise“ mit seinem rosaroten Spielmobil auch auf dem Herrenbuckel vorbeikommen werde. Und dass in einem Reilinger Baumarkt 1000 Glühbirnen gestohlen worden seien, die Polizei „awwer im Dunkle rumdabbt.“ Aber auch mit Klatsch und Tratsch sorgte der Ortsbüttel immer wieder für Lacher.
Damit die Musik nicht zu kurz kam, waren die aus zahlreichen TV-Sendungen bekannten Froschteichsänger aus Reichenbach im Schwarzwald nach Reilingen gekommen. Das Quartett hatte die passende Liedauswahl in den für sie „schönsten Ort der Welt“ mitgebracht, so dass bald zwischen den Tischreihen gesungen und geschunkelt wurde.
Die Halle so richtig zum Kochen brachte schließlich der KVR-Präsident Karlheinz Elsenbast. Als Stimmungssänger Karlsche zog er wieder einmal vom musikalischen Leder und ließ am Ende gar das Publikum auf Tischen und Stühlen regelrecht toben.
Nicht aus dem Programm wegzudenken waren natürlich auch die Tanzformationen des KVR, das ob einer ausgezeichneten Jugendarbeit wohl bedeutendste Kapital des Jubelvereins. Egal, ob nun die Krümel- und Präsidentengarde, die Jugend- und Juniorengarden, oder die Paradeformation der Seniorengarde Schwarz-Gold auftraten: Alle Tänze waren voller Tempo, Dynamik und Akrobatik. Großartig aber auch die Leistung von Darja Balatzki, die in diesem Jahr einen Mariechentanz der Spitzenklasse vorstellte.
Dass ihnen allen am Ende doch die Schau gestohlen wurde, lag nur einzig daran, dass mit Jenniffer Tompkins, Anja Käs-Ehlhardt, Dirk Eis und Ernst Voigt echte Tanzprofis und Freestyle-Weltmeister Auszüge aus dem Tanzmusical „Dance around the world“ vorstellten. Bereits am Samstagabend eine umjubelte Vorstellung, die übrigens am 22. April als komplette Produktion in den Fritz-Mannherz-Hallen zu sehen sein wird.
Aus Reilinger Sicht sicher der Höhepunkt des Abends war die gemeinsame Tanzrevue von Seniorengarde, ehemaligen Karnevalsprinzessinnen und dem KVR-Männerballett. Unter der Regie von Elisabeth Gärtner, Anne Grahlert und Katja Englert erlebten die Besucher der Prunksitzung ein Spektakel mit bizarren, farbenfrohen und auch erotischen Kostümen. Eine darstellerische und sportliche Leistung, die nicht nur so richtig zu dieser Jubiläumsveranstaltung passte, sondern zugleich auch das Finale bildete.
Dass an diesem Abend in der Reilinger Mannherzhalle keine vor sich hinlärmende Guggenmusik zu hören war und auch keine Schalmeien erklangen, verwunderte vielleicht manchen Sitzungsbesucher, tat aber der guten Stimmung im Saal keinen Abbruch. Passender als mit dem einst so beliebten „Humba, Humba tätärä“ hätte wohl diese Prunksitzung nicht enden und mit einem vergnüglichen Tanzabend zu den Klängen der Kapelle „Starlights“ bis in den frühen Morgen fortgesetzt werden können. Eine überaus gelungene Rückbesinnung auf Erfolge früherer Zeiten, aber beleibe keine provinzielle Prunksitzung, sondern eine flott inszenierte fastnachtliche Revue, die Freude bereitete.

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