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Über das Eis zum anderen Ufer

23.11.91 (Landschaft & Orte)

Glitzernde Eismassen statt fließendes Wasser verbanden im Februar
1929 die Menschen rechts und links des Rheines. Der große Strom
war zum „Stehen“ gekommen, meldeten damals die Zeitungen, als die
ersten Eisschollen sich in der Höhe von Frankenthal verfestigten.
Das Thermometer zeigte minus 15 Grad und bei Binden war der Rhein
bereits auf über 20 Kilometern zugefroren. Am 15. Februar 1929
war dann der Rhein endgültig von Speyer bis Bingen „zu Eise
erstarrt“, wie die Schlagzeile im „Generalanzeiger“ lautete.

„Langsam aber zähe, wie es nur der gefürchtete Gegner tun kann,
trieben die mächtigen Eisschollen in den letzten Tagen vorwärts,
setzten sich an den Ufern, Buhnen und Seitenarmen fest,
verbarrikadierten sie die Häfen und würgten den Verkehr ab“,
meldete das Blatt und wertete das Geschehen als einen
„heimlichen, fast unwirklichen Vorgang“. Eine weiße Eiswüste
lagerte über dem Strom, hieß damals, und erinnert wurde auch an
den 12. Februar 1895 und an die 60er Jahre des vorigen
Jahrhunderts, als der Strom ebenfalls zugefroren war.

Das „Jahrhundertspektakel“ lockte damals unzählige Menschenmassen
an die Ufer. Ganze Schulen pilgerten zum Rhein, darunter auch die
Hockenheimer Schülerinnen und Schüler der drei Volksschulen.
Ferdinand Auer und Jakob Riedel hatten als erste sich den Weg
über den Rhein gebahnt. Sie waren vom Ufer in Höhe des Lusshofes
aus bis zum „Hammer“ auf speyerischer Seite hinübergepilgert und
dort erst einmal einen Glühwein getrunken. Weniger Glück hatte
Hermann Kleber, der sich ebenfalls aufs Eis begeben hatte,
einbrach und von zwei zufällig vorbeikommenden Zimmerleute aus
Altlußheim gerettet werden mußte.

Durch die Eisversetzung war der Rhein um 1,6 Meter gestiegen.
Doch sah man damals die Gefahr durch die starken
Temperaturschwankungen. Ein plötzlich einsetzendes Tauwetter
hätte verheerende Folgen haben können. Erinnerungen wurden damals
an das Tauwetter 1879/80 wach, als sich die zusammengeballten
Eismassen lösten, den Flußlauf sperrten und durch den dadurch
steigenden Wasserspiegel für weite Überschwemmungen bis hin zum
Insultheimer Hof sorgten.

Zunächst aber faszinierte der zugefrorene Rhein, auf dem zwischen
Speyer und Mannheim 162 Schiffe festsaßen. Eisläufer nutzten die
spiegelnde Fläche, denn nach Speyer hinüber hatte sich ein
ausgesprochener Gehweg eingerichtet. Auch ein Brezelverkäufer aus
der Domstadt hatte seinen Stand neben einer Würstchenbude
aufgeschlagen.

Am Sonntag, 17. Februar, hatten ganze Völkerscharen zwischen
Speyer und Mannheim den zugefrorenen Rhein in Beschlag genommen.
Die Polizei war dem Massenbetrieb längst nicht mehr gewachsen.
Die Gastwirte am Rhein machten Bombengeschäfte. Ein Bierauto der
Brauerei Storchen aus Speyer wagte sich mit seinen 42 Zentnern
ebenfalls über das Eis, um den Eisvorrat kostengünstig
aufzufrischen.

Am 20. Februar aber war alles schon wieder vorbei: Bei stetig
steigenden Temperaturen wurden die ersten Warnmeldungen
veröffentlicht, die Menschen fingen an, das immer dünner werdende
Eis zu meiden. Die Sachverständigen begannen sich zu streiten, ob
das Eis gesprengt oder durch einen Eisbrecher gebrochen werden
sollte. Sonntags dann, am 24. Februar, begannen dann die
Sprengungen der Badischen Pioniere aus Schwetzingen, obwohl
dadurch der Fischbestand geschädigt wurde. Tausende säumten
wiederum das Ufer, als die Sprengungen wie schweres Geschützfeuer
einsetzten.

Quelle: unbekannt

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