Kurpfalz Regional Archiv

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Zweitausend Jahre Kampf um die Überquerung des Rheins

03.11.06 (Straßen, Fähren & Verkehr)

In der Geschichte Speyers spielt die Rheinquerung eine wichtige Rolle. Die römische Siedlung und spätere Bischofsstadt war zwar ein attraktives Siedlungsgebiet, aber die Wege in östlicher Richtung blieben durch den Rhein versperrt.Es war eine Qual, das Ufer drüben so nahe zu sehen, aber den Strom nicht überqueren zu können, es sei denn über eine Furt, über seichte Stellen (Kiesanschwemmungen). Die Furt war schwerlich zu durchwaten, zu durchreiten oder – mit vielen Unfällen verbunden – zu durchfahren
Über Jahrhunderte hielten Fähren die Verbindung von Ufer zu Ufer. Schon im Jahr 841 ist in Speyer eine Fähre bezeugt. Im 13. Jahrhundert sorgten vier Fähren für den Verkehr hinüber und herüber: die bei Rheinhausen, Ketsch, Altlußheim und Rheinsheim; etwas später kam die Fähre nach Udenheim, dem heutigen Philippsburg, hinzu. Für Speyer besonders wichtig waren die „Husemer“ (Hausener, Rheinhäuser) Fähre, die am längsten ihre Dienste verrichtete, und die „Lußheimer Fahr“, in nächster Nähe von Speyer. Die Tulla“sche Rheinkorrektion im 19. Jahrhundert , die den Rhein um 81 Kilometer verkürzte und ihm damit einen schnelleren Lauf gab, machte den Fährbetrieb unmöglich. Für die „Ketscher Fahr“ kam 1835 das Ende.
Speyer hat Pech: Mannheim und das kometenhaft aus der Rheinschanze aufsteigende Ludwigshafen beherrschen Handel und Schifffahrt am Oberrhein. Der Speyerer Stadtrat unternimmt große Anstrengungen, um den wirtschaftlichen Anschluss nicht zu verlieren. Die Stadt baut den Hafen aus, setzt große Hoffnungen auf den Bau der Eisenbahn von den pfälzischen Steinkohlegruben bei Bexbach zum Rhein. Zur Enttäuschung Speyers: Die Trasse Neustadt-Rheinschanze erhält den Vorzug. Aber Not macht erfinderisch.
Der Stadtrat befasst sich 1861 mit dem Plan, eine Schiffbrücke zu bauen und gibt Stadtbaumeister Max Siebert den Auftrag für einen Entwurf. Erst nach langwierigen Verhandlungen zwischen Bayern und Baden kann der Plan 1865 realisiert werden. 1872 verkauft die Stadt die neue Schiffbrücke für 64.000 Gulden – nicht mal die Hälfte des Baupreises – an die pfälzische Ludwigsbahn. Die über 42 Pontons führende Brücke mit einer Länge von 234 Metern wird 1873 für den Eisenbahnverkehr ausgerüstet. Vom Speyerer Bahnhof bis zur Auffahrtsrampe am Rhein sind 3,4 Kilometer Schiene zu verlegen und drei Brücken zu bauen. Im Dezember 1873 kann der Betrieb aufgenommen werden. Das Provisorium überdauerte fast 65 Jahre – bis 1938, als die erste feste Rheinbrücke fertiggestellt wurde.
Im Jahr 1919 war Karl Leiling, Richter am Speyerer Amtsgericht, Bürgermeister von Speyer geworden, 1923 Oberbürgermeister. Ganz vorne in der Hierarchie seiner Wünsche und Ziele stand bei ihm die „feste Rheinbrücke“. Zwar hatte der Speyerer Stadtrat schon am 14.Juni 19o4 beschlossen, „sich den Bestrebungen auf Ersatz der Schiffbrücke durch eine feste Brücke anzuschließen“, auch die Bürgermeister vor Leiling bemühten sich redlich darum, aber keiner legte sich für die „feste Brücke“ derart ins Zeug wie Leiling. Er betrommelt den Reichsverkehrsminister in Berlin ebenso wie die bayerischen Behörden mit immer neuen Eingaben, Bitten, Gutachten zu Verkehrsströmen über den Rhein und Beschwerden von Bürgern. Die ursprünglich von Leiling zugesagte Finanzhilfe der Stadt von einer Million Reichsmark handelt der Fuchs peu à peu auf 600.000 Mark herunter, und selbst dieser Betrag: sollte größtenteils für das Abtreten von stadteigenem Gelände und den Bau von Zufahrtstraßen verwendet werden.
Am 3. August 1938 ging Leilings Hauptwunsch in Erfüllung. Nachdem viereinhalb Jahre an der Brücke gebaut worden war, übergab Reichsverkehrsminister Julius Dorpmüller die Brücke dem Verkehr. Leiling, der wie Dorpmüller Zivil trägt mitten unter den SA- und SS-uniformierten Ehrengästen, misst in seiner von Euphorie getragenen Ansprache der Brücke schier Ewigkeitswert zu. Nicht einmal ganze acht Jahre später wird die Brücke beim chaotischen Rückzug der Wehrmacht gesprengt. (fsl)
Quelle: DIE RHEINPFALZ – Speyerer Rundschau 03. November 2006

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