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"Der Doten Dantz" war sein berühmtestes Buch

23.11.91 (Handel & Handwerk, Musik, Kunst & Kultur)

Das Heidelberger Memento mori des Heinrich Knoblochtzer / Gründer der ersten Druckerei kam von Straßburg an den Neckar
Durch die Universität ist Heidelberg zu einer Stadt des Buches geworden: Schon bald nach der Gründung der Hochschule im Jahre 1386 fanden sich hier Buchbinder ein. Und wenige Jahrzehnte nach der Erfindung des Buchdrucks durch Johann Gutenberg betrieb Heinrich Knoblochtzer in Heidelberg die erste Druckerei. Er stammte aus Ettenheim und hatte sich 1486 an der Universität immatrikuliert, offenbar in der Absicht, für die Hochschule Bücher drucken zu dürfen.
Vor seiner Heidelberger Zeit war Knoblochtzer Buchdrucker in Straßburg, wo er in großem Umfang deutschsprachige Literatur herausbrachte. So stammen aus seiner Straßburger Presse zwei mit Holzschnitten illustrierte Ausgaben von Aesops Fabeln. Im Vergleich zu heute war die Auflage der Bücher sehr bescheiden; es waren oft nicht mehr als 200 oder 300 Bücher pro Auflage. Der damalige größte Drucker und Verleger Süddeutschlands war nicht der Mainzer Peter
Schöffer als Nachfolger von Gutenberg, sondern der Speyerer Peter Drach, der auch in Heidelberg eine Niederlassung hatte.
Knoblochtzer druckte für ihn 600 Exemplare des Vergil. Außerdem druckte er in Heidelberg die Bücher „Dietrich von Bern“, der „Pfaffe vom Kahlenberg“, den „Ackermann von Böhmen“, die „Melusine“ und die „Sybillenweissagung“. Knoblochtzers Druckerei ist bis 1495 belegt. Über sein Leben ist uns wenig bekannt. Seine Drucktypen finden wir
nach 1500 bei den Heidelberger Druckern Heinrich Seligmann und Jakob Stadelberger, die sie offenbar nach seinem Tod erworben haben.
Sein berühmtestes Buch, „Der Doten Dantz“, druckte Knoblochtzer 1485 mit einer eindrucksvollen Folge von Holzschnitten. In der Literaturgeschichte wird es als das älteste deutschsprachige Totentanzbuch gewürdigt. Die ausdrucksstarken Holzschnitte zeigen ein musizierendes und tanzendes Totengerippe, das den Betrachter an seine irdische Endlichkeit erinnert und ihn ermahnt, daß dem Tod keiner entrinnt, weder Kaiser noch Dieb.
Jedes Bild wird mit einem Text, der mit besonders schönen geschnittenen Initialen beginnt, eingeleitet. Mit dem Reim „Wohlan, wohlan ihr Herren und Knecht, springt herbei aus allem Geschlecht, ob jung, ob alt, ob schön oder kraus, ihr müßt alle in dieses Tanzhaus“ beginnt das Heidelberger Memento mori, dessen Verfasser, Zeichner und Formenschneider der Holzschnitte uns unbekannt bleiben. Neben dem Gedanken, Mensch gedenke deines Todes, kritisieren die Bilder des
Totentanzbuches zugleich den ständisch gegliederten Feudalstaat des ausgehenden Mittelalters. Und angesichts des Todes werden Kaiser und Bettler eins, weil im Beinhaus die Reichen von den Armen nicht mehr zu unterscheiden sind. Das Totentanzbuch endet mit der Mahnung, daß „wir müssen allesamt in die Erde gar und überhebe sich niemand seines
Adels oder Gewalt, seines Reichtums oder seiner schönen Gestalt“. Daß der Tod den unheilbar kranken Menschen von seinen Schmerzen und Qualen auch erlösen kann, bleibt der mittelalterlichen Denkweise fremd. Dieses ethische Problem haben wir noch zu lösen.
aus: Rhein-Neckar-Zeitung vom 23.11.1991, Rudi Dorsch (siehe auch Inselbuch Nr. 1092)

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