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An der weihnachtlichen Botschaft festhalten

27.12.06 (Speyer)

Auf der Suche nach Geborgenheit, Frieden und innere Wärme in überfüllten Kirchen / Deutliche Predigten von Bischof Dr. Anton Schlembach und Kirchenpräsident Eberhard Cherdron / Kirchenmusikalische Umrahmung der Festgottesdienste
Hunderte von Kerzen auf den Gesimsen, Balustraden und der Emporenbrüstung, aber auch auf dem wuchtigen Tannenbaum im Altarraum erhellten am Heiligen Abend die protestantische Gedächtniskirche. Diese besondere Stimmung sprach die Besucher des Lichtergottesdienstes in der überfüllten protestantischen Gedächtniskirche ebenso an, wie das gemeinsame Singen von „Stille Nacht“ im bis auf die beleuchtete Apsis dunklen Kaiserdom. In Speyers beiden christlichen Hauptkirchen, aber auch in den anderen Gotteshäusern und Kirchen der Stadt waren die Menschen, teilweise von weither angereist, auf der Suche nach Geborgenheit, Frieden und innere Wärme. Wenigstens für kurze Zeit schien in dieser Nacht die Zeit still zu stehen. Damit setzte sich der seit Jahren sich abzeichnende Trend fort, den weihnachtlichen Gottesdienstbesuch vorzugsweise in die besondere Stimmung der heiligen Nacht zu legen. Der Andrang war in diesem Jahr so groß, dass die Parkplätze in Speyer bereits kurz nach 21 Uhr belegt waren. Wer nicht einen längeren Fußweg auf sich nehmen wollte (und das waren eigentlich fast alle), der beparkte selbst die Plätze an den Kirchen, am Dom standen die Autos sogar weit in den Domgarten hinein. Auffallend aber auch die nächtlichen Polizeistreifen rund um den Dom, die aber weniger das wilde Parken im Auge hatten – und auch nicht den Christmetten-Besuch von Altbundeskanzler Dr. Helmut Kohl. Nur zögerlich war zu erfahren, dass rechte Gruppen aus dem Umfeld der NPD und anderen Neo-Nazi-Formationen im Internet zu einem „Sturm auf den Dom“ aufgerufen hatten. Aufatmen allenthalben, als auch die Christnacht ganz ihrem ureigentlichen Sinn nach in Ruhe und Frieden ablief. Lediglich am Altpörtel war eine größe Ansammlung von jungen Menschen auszumachen, die sich aber hier weniger politisch als plan- und ziellos mit Gleichgesinnten trafen. Dass es dabei ob übermäßigem Alkoholgenuss nicht immer ganz ruhig und friedlich zuging, sollte nur als Randnotiz in Erinnerung bleiben.
Besonders viele Menschen drängten sich an Heiligabend im ebenfalls stimmungsvoll beleuchteten Kaiserdom. Schon beim Weihnachtssingen des Domchores, das der Mitternachtsmesse vorausging, mussten hunderte Besucher mit einem Stehplatz Vorlieb nehmen. „Ich rechne damit, dass heute hier in diesem Gottesdienst nicht nur Menschen sind, die einen unangefochtenen Glauben haben“, sagte Weihbischof Otto Georgens in seiner Predigt in der Christmette. Doch allen gelte die Botschaft dieser heiligen Nacht.
Als „Geburtshelfer zum rechten Menschsein“ bezeichnete Bischof Dr. Anton Schlembach in seiner Weihnachtspredigt am ersten Weihnachtsfeiertag Jesus, den menschgeworden Gottessohn. Vieles in unserer Welt gebe dem alten Spruch „Der Mensch ist des Menschen Wolf“ Recht. Der Bischof erinnerte an die Geschehnisse in Dafur, im Nahen Osten, im Irak, in Nordkorea, aber auch an Abtreibung, Tötung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken, an Menschenrechtsverletzungen, tausendfache alltägliche Gewalt und Instrumentalisierung anderer Menschen. „Mehr oder weniger sind wir alle Wolf“, betonte er.
Deutlich auch die Aussage des Kirchenpräsidenten der evangelischen Landeskirche der Pfalz. In seiner Predigt in der übervollen Gedächtniskirche machte Eberhard Cherdron deutlich, dass an der weihnachtlichen Botschaft von der Liebe unter allen Umständen festgehalten werden müsse. „Wo die Liebe verlöscht, wird es Nacht in der Seele des Menschen.“
Mit großer Sorge beobachte er die Tendenz, Religion für Machtansprüche zu missbrauchen. „Jede Form von Religion, die meint, sich mit Unduldsamkeit und Stärke umgeben zu müssen, wird sich fragen lassen müssen, ob sie sich nicht als Schöpfung der Menschen entpuppt, die Gott für ihre eigenen Zwecke einsetzt.“ Wer die Gewalt beobachte, mit der religiöse motivierte Machtansprüche geltend gemacht würden, müsse erkennen, wie viel von der Verteidigung der Religionsfreiheit abhänge. „Für eine religiös gefärbte Intoleranz sei im Christentum kein Platz“, so der Kirchenpräsident deutlich.
Neben den klaren und deutlichen Aussagen der Predigten, waren es vor allem die kirchenmusikalischen Gestaltungen der Gottesdienste, die die besondere Weihnachtsstimmung in den Kirchen verstärkten. In der Gedächtniskirche waren es Robert Sattelberger (Orgel) und Martin Förster (Klarinette), die den von Dekan Friedhelm Jakob gehaltenen Gottesdienst festlich gestalteten. Im Kaiser- und Mariendom waren es die Sängerinnen und Sänger des Domchores und der Domsingschule, die besonders gefordert waren. Mit Unterstützung der Solisten Judith Janzen (Sopran), Gabriele May (Alt), Michael Wagner (Tenor) und Thomas Herberich (Bass) sowie der Saarland-Sinfonietta erklang die festliche „Missa brevis in C“ (KV 259) von Wolfgang Amadé Mozart, die als Orgelsolomesse die Königin der Instrumente (meisterlich gespielt von Elke Völker) glanzvoll in den kirchenmusikalischen Mittelpunkt rückte.

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