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* Den "Brezelmännern" ging es an den Kragen

09.11.07 (Hockenheim)

40. Martinszug in Hockenheim / Ein Blick zurück auf den ersten Umzug / Auf der Oberen Hauptstraße gab es kein Durchkommen mehr
„Das war ein Kampf!“ – „Das war eine Schlacht!“ – so die Reaktionen der Verantwortlichen nach dem ersten Hockenheimer Martinszug, der am 11. November 1968, einem Montagabend, durchgeführt wurde. Die erst wenige Wochen zuvor gegründete Kolpingsfamilie war als Veranstalter zwar optimistisch gewesen, doch die Beteiligung der Hockenheimer stellte selbst die kühnsten Erwartungen weit in den Schatten. „Schätzungsweise drei- bis viertausend Kinder und Erwachsene waren auf den Beinen, als Sankt Martin durch die Straßen der Rennstadt ritt. Der Platz vor der Festhalle, wo der Zug mit der Martinsszene seinen Abschluss fand, war gefüllt mit dicht gedrängt stehenden Menschen. Als es ans Verteilen der Brezeln ging, stand man dem Ansturm der Kinder fast hilflos gegenüber“, war nach der Martinszug-Premiere in der Hockenheimer Tageszeitung zu lesen. Die Veranstalter durften, so der Chronist weiter, im Angesicht der gewaltigen Menschenmassen erst dann aufatmen, als die Helfer des Deutschen Roten Kreuzes meldeten: „Wir haben nicht eingreifen müssen!“.
Um die Heimatzeitung von damals weiter zu zitieren: „Die Organisatoren des ersten Martinszugs, allen voran Dekan Johannes Beykirch und der Senior (Vorsitzender) der Kolpingsfamilie, der Hockenheimer Förster Gerhard Geiger, sahen nach dem Ende des Zuges zwar etwas erschöpft, aber glücklich aus. Sie hielten sich gar nicht lange auf, den Erfolg zu beleuchten, sondern schauten schon voraus zum nächsten Martinszug und überlegte, was man besser machen könne.“
Der HTZ-Lokalredakteur schrieb weiter, dass man keine Kritik üben wolle, denn es sei „das menschenmögliche getan worden, um den Zug und die Schlussszene vor der Festhalle gut über die Bühne zu bringen. Ja, man hatte sogar noch eine stattliche Anzahl von Brezeln am Abend aufgetrieben, als man merkte, dass die vorbereiteten nicht ausreichen würden.“
Als Sankt Martin den Mantel mit dem Bettler geteilt hatte und die Kinder aufgefordert wurden, jetzt die Brezeln abzuholen, gab es kein Halten mehr. Es kam sogar vor, dass manche der „Brezelmänner“ von der Kolpingsfamilie zeitweise sogar untertauchen mussten.
Schon lange vor dem Abmarsch des Zuges waren von allen Seiten der Stadt Lichtpünktchen in Richtung Messplatz unterwegs. Zumeist selbst gebastelte Laternen oder ausgehöhlte Dickrüben hielten die Kinder strahlend in ihren kalten Händen. Trotz der nasskalten Witterung hatten sich viele Menschen eingefunden, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten. Man hatte zwar vorgehabt, die Stadtkapelle direkt vor der Festhalle zu postieren, doch die Musiker unter der Stabführung von Musikdirektor Erich Gutschmidt, die etwa in der Mitte des Zuges mit durch die Straßen liefen, hatten keine Chance, bis an die Festhalle zu kommen – die Straße war total verstopft.
Etwas Ruhe kehrte erst ein, als der Chronist (Otto Krämer) die Geschichte des Heiligen verlas. Der Bettler (Jürgen Fuhr) kniete vor dem Ritter nieder, der dann den Mantel mit ihm teilte. Sankt Martin entpuppte sich als Präfekt Hermann Otteny (ehemaliger Hockenheimer Kaplan und späterer Pfarrer von Philippsburg), der in letzter Minute eingesprungen war, als sich herausstellte, dass der ursprünglich vorgesehene „Martin“ nicht aufs Pferd steigen konnte …
Der Martinszug ist in der Rennstadt längst zur Tradition geworden und findet am morgigen Sonntag bereits zum 40. Mal statt. Längst sind es nicht mehr die Menschenmassen wie 1968, aber trotzdem werden alle Jahre rund 3000 Brezel verteilt, die die Stadt Hockenheim noch immer ihren jungen Bürgern spendiert. Auch wenn die Martinsszene bereits seit vielen Jahren vor der evangelischen Kirche stattfindet und abwechselnd von den Pfarrern der drei Kirchengemeinden gestalten wird, ist eines gleich geblieben: Der Ansturm auf die Brezelmänner und Brezelfrauen der den Martinszug noch immer organisierenden Kolpingsfamilie. (og)

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