Kurpfalz Regional Archiv

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Die Prinzessin mit dem allzu feurigen Temperament

11.11.94 (Geschichte allg., Personalia)

Am 15. November 1794 starb 70jährig in einem kleinen Schloß in
der Oberpfalz Maria Franziska Dorothea Christine von
Pfalz-Sulzbach, die Mutter des ersten bayerischen Königs Max
Joseph. Ihre Zweibrücker Heimat war zu dieser Zeit von
französischen Revolutionstruppen besetzt. Ihr Sohn, der
regierende Herzog von Pfalz-Zweibrücken, KarlAugust, hatte sich
ins Rechtsrheinische in Sicherheit gebracht. Auch Maria
Franziskas Schwager, der Kurfürst von der Pfalz und Bayerns, Carl
Theodor, verlor seine Besitztümer im Linksrheinischen durch die
Revolution.

Unberührt von der aktuellen Tagespolitik verbrachte die alte Frau
ihre letzten Lebensjahre, doch unvergessen blieb der Skandal, den
sie, die jüngste Schwester der pfälzischen Kurfürstin Elisabeth
Auguste, genau 35 Jahre zuvor am Mannheimer Hof verursacht hatte.
An Maria Franziska statuierte der kurfürstliche Hof ein Exempel
der damals üblichen Doppelmoral. Denn was bei den Männern in
jenen Kreisen gang und gäbe war und stolz zur Schau getragen
wurde, war bei den Damen ein Skandal, den man krampfhaft zu
vertuschen suchte . . .

1724 wurde Maria Franziska als dritte Enkeltochter des Pfälzer
Kurfürsten Karl Philipp geboren. Die Eltern starben früh. Auf der
Doppelhochzeit ihrer beiden Schwestern in Mannheim lernte die
17jährige den gleichaltrigen, gutaussehenden Pfalzgrafen
Friedrich Michael kennen, den Bruder des regierenden Herzogs
Christian von PfalzZweibrücken. Herzig Christian, aber auch die
Erben der Pfalz und Bayerns, sollten später ohne legitime
Nachkommen sterben.

Es waren also Maria Franziskas Nachkommen, die eine reiche
Hinterlassenschaft antraten. 22 Jahre zählte die Prinzessin, als
sie dem Pfalzgrafen ihr Ja-Wort gab. Da hätten zwei Feuer
gefangen, so erzählte der Hofklatsch; zumindest hatte es den
Anschein! Pfalzgraf Friedrich Michael war Generalissimus im
kurpfälzischen Heer seines Schwagers Carl Theodor und bei den
kaiserlichen Habsburgern. Er war selten daheim, ein fürstlicher
Nichtstuer, bequem und genußsüchtig, mit reichlich wenig
Verstand. Dem „schönen Mann“ aber lag die Damenwelt zu Füßen.

Er hatte aber eine Frau bekommen, die zu ihm paßte. Beide hatten
ein feuriges Temperament, ein weiches Herz und schwache
moralische Grundsätze. Überschäumend vor Lebenslust, vergnügungs
und verschwendungssüchtig tanzte Maria Franziska durch den
kurfürstlichen Hof von Mannheim. Fünf Kinder wurden in der Ehe
geboren, darunter der Erbe von PfalzBayern und spätere
bayerische König, Maximilian Joseph.

Als sich ihr Ehemann in anderen Betten vergnügte, tat sich auch
die Prinzessin keinen Zwang mehr an. Aber Friedrich Michael war
nicht der Mann, der sich Hörner aufsetzen ließ. Ein Hoffräulein
als Dauerwachhund mußte der untreuen Gattin auf Schritt und Tritt
folgen. Doch Maria Franziska schüchterte dies nicht ein. Sie
nutzte die nächste Abwesenheit ihres Mannes zu einem intensiven
Techtelmechtel mit einem Schauspieler des Mannheimer Hoftheaters,
das nicht ohne Folgen blieb. Die Pfalzgräfin wurde schwanger. Und
da ihr Gatte zum Zeugungstermin nicht in ihrer Nähe geweilt
hatte, konnte sie ihm das zu erwartende Kind nicht als seines
unterschieben. Übrigens hatte Friedrich Michael schon bei der
Geburt des fünften Kindes, des kleinen Max Josef, Zweifel gehegt,
ob er wirklich der Vater des Knaben sei.

Es folgte ein kompliziertes Versteckspiel, um Maria Franziskas
Zustand zu vertuschen. Ihre Schwester, die Kurfürstin, nahm
zusammen mit Herzog Christian von Zweibrücken die Sache in die
Hand. Im siebten Schwangerschaftsmonat verkündete man dem
kurfürstlichen Hof, die Prinzessin sei schwer erkrankt, Besuche
seien verboten. Nur wenige informierte Dienstboten und der
Hofarzt durften ihr Zimmer betreten, in denen die Schwangere sich
allerdings nicht mehr aufhielt.

Maria Franziska war nämlich heimlich nach Straßburg gebracht
worden. Dort, im Haus von Dr. Johann Fried, Professor für Medizin
und Hebammenkunst, brachte sie im Januar 1760 ein kleines Mädchen
zur Welt. Nachdem sie sich von der Geburt erholt hatte, kehrte
sie in einer Nacht und Nebelaktion wieder zurück nach Mannheim.
Doch die hochherrschaftliche Verwandtschaft wollte die gefallene
Frau nicht mehr am Hofe dulden. Sie zwang Maria Franziska, sich
„aus gesundheitlichen Gründen“ in ein Kloster in Metz
zurückzuziehen. Als Maria Franziska gegen die Lothringer Klausur
rebellierte, wurde sie in einen noch strengeren Orden nach
Luxemburg verfrachtet.

1767 starb ihr Ehemann. Kurfürst Carl Theodor, der selbst mit
seinen Mätressen und den fünf Kindern öffentlich  trotz Ehefrau
 ein harmonisches Familienleben pflegte, mißbilligte die rüde
Behandlung seiner Schwägerin. Er bot der 42jährigen ein Schloß in
der Oberpfalz als Witwensitz an. Dort verbrachte sie still und
zurückgezogen die restlichen Lebensjahre.

Nur zu ihren Kindern pflegte sie einen innigen Kontakt. Denn bei
aller Kritik an ihrem Lebenswandel war sie eine gute und
liebevolle Mutter. Als ihr Lieblingssohn Karl August die
Herrschaft in Zweibrücken erbte, führte er die verheimlichte
Halbschwester unter dem Namen Fräulein von Einsiedel am Hofe ein.
Er stattete sie großzügig mit Einkünften aus und vermählte sie
mit dem Obristen seiner Leibgarde, dem Freiherrn von Montigny.

Aus: Rheinpfalz, Wiltrud Ziegler, 12.11.1994

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