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Feinheiten der kurpfälzischen Sprachkuriositäten

20.09.06 (Reilingen)

Sprachkurs „Kurpfälzisch fer Neigeplackte“ im Reilinger Lutherhaus / Freunde Reilinger Geschichte und Evangelischer Frauenkreis hatten eingeladen / Doris Steinbeißer und Eberhard Reuß einmal mehr in Hochform
„Herr Dokter, moi Aagetrobbe kann isch doch awwer a fer mei Atzlaag nemme?“ Augentropfen eignen sich auch für Hühneraugen. Wobei aber „Atzlaag“ auch „Ewwerzwacke“ heißen kann. Aber Obacht auf den feinen Unterschied: „Atzelaag dun drigge, awwer Ewwerzwacke dun zwicke.“ Und beide zusammen „dun pätze“!Wer jetzt noch immer Probleme mit der heimischen „Sprooch“ zwischen Weinstraße und Odenwald haben sollte, dem wäre unbedingt ein Sprachkurs anzuraten. Und zwar am besten „Kurpfälzisch fer Neigeplackte“ mit Doris Steinbeißer und Eberhard Reuß. Die beiden Wortakrobaten kennen nicht nur die Feinheiten der kurpfälzischen Sprachkuriositäten, sondern wissen auch, diese humorvoll und kurzweilig an ihre Zuhörer weiterzugeben. Und diese saßen auf Einladung der Freunde Reilinger Geschichte und des evangelischen Frauenkreises in großer Zahl im großen Saal des Reilinger Lutherhauses.
Mit einem grammatikalischen Grundkurs für die „Sprooch, die wo mer hier schwätze“ ging es auch gleich in die Vollen: Beisitzanzeigende Fürwörter, Wortdopplungen oder die richtigen Konjugationsformen. Dabei zeigte sich schnell, dass nicht nur die Ketscher „Quasselstripp“ mit dem losen Mundwerk ihr Handwerk gelernt hat. Die eher oberlehrerhaft wirkenden Übersetzungen von Eberhard Reuß („Wir merken uns …“) bieten als gelungenes Pendant trockenen Humor vom Feinsten. Beeindruckend auch, wie mit dem urkurpfälzischen Ausdruck „Heer, her mol her“ jongliert wurde. Je nach Intonation kann dieses kleine Wörtchen nämlich sowohl als Empörungs-, Annäherungs-, oder Begrüßungsausdruck verwendet – und kombiniert werden.
Der sprachliche Nachhilfeunterricht der etwas anderen Art kam bei den Zuhörern nicht nur gut an, sondern bot auch Tipps zur aktiven Freizeitgestaltung: „Wannse ned wisse, was se mache solle, do hed isch ebbes“, sagt Frau Steinbeißer. „Gehsch zum Dokter unn zahlsch zeh Euro Eitritt fers Wardezimmer.“ Na und? „Ah heer, do konnsch disch hiehogge, Heftlin lese un lernschd inderessande Leit kenne mit interessande Krankheite…“. Wirklich? „Hajo, außerdem konnsch verzähle, zuheere, redde, babble, dischbediere. Un des alles fer zeh Euro fer ä Verddeljohr!“
Die Reilinger applaudierten lang und herzlich auch dafür, dass Doris Steinbeißer und Eberhard Reuß bewusst auf die typischen Schenkelklopfer-Gags seichter Comedy-Veranstaltungen verzichteten. Haben sie auch nicht nötig, denn sie beherrschen die Jongelage mit ihrer „Muttersprooch“ und kombinieren sie gekonnt mit aktuellem Zeitgeschehen der großen Welt in ihrer Kurpfalz. Wie sonst wohl könnte es gelingen, den Vogelgrippevirus H5N1 mit den entsprechenden Mannheimer Quadraten zu verknüpfen.
Alla dann bis zum nächsten Mal. Awwer ratzfatz!

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