Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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* "Reytlinger Walfahrd" – Tradition in der Moderne

15.10.09 (Reilingen)

Seit Generationen wird in Reilingen der Namenstag des heiligen Wendelins, des Namensgebers der katholischen Kirche sowie des Schutzpatrons der ganzen Gemeinde, mit einem zweitägigen Fest und einer großen Pferdeprozession gefeiert / Ein Blick in die Geschichte
Seit Generationen wird in Reilingen das Wendelinsfest gefeiert. Dem heilige Wendelin ist nämlich nicht nur die katholische Pfarrkirche geweiht, er ist vielmehr seit über 700 Jahren auch Schutzpatron des Dorfes zwischen den Wäldern der Lußhardt und Schwetzinger Hardt. Eng verbunden mit diesem Patronat ist auch ein noch immer nicht umfassend erforschtes Stück Heimatgeschichte, das am Sonntag in der Spargelgemeinde wieder viele Pferdefreunde anlocken wird: Die „Reytlinger Walfahrd“ zum heiligen Wendelin, dem Schutzpatron der Landleute, Hirten und Herden, Schäfer, Bauern und des Viehs. Getreu der seit Jahrhunderten überlieferten Bauernweisheit „Sankt Wendelin verlass‘ uns nie, schirm unsern Stall, schütz unser Vieh“ wurde der Volksheilige einst vor allem bei Viehseuchen sowie für gedeihliche Witterung und gute Ernte angerufen.
In Erinnerung an die früheren Wallfahrtstage wird auch in diesem Jahr nach dem Festgottesdienst zum Wendelinsfest (mit Beteiligung des Kirchenchores und des Kindergartens St. Anna) in Reilingen gegen 10.45 Uhr eine Reiterprozession durch das Unterdorf über die Hauptstraße vor die Kirche ziehen, um dort an der traditionellen Segnung der Tiere, Reiter und Gespannfahrer teilzunehmen.
Bereits in der Gründungsurkunde der „Löblich Bruderschaft sant Wendels zu Reutlingen“ (Reutlingen ist eine der ehemaligen Schreibweisen von Reilingen) vom 10. Juni 1451 wird eine „wallfard ad Sancti Wendalini“ erwähnt, die zum „lobpreys des sant Wendels“ in die gleichnamigen „Capell by Wersawe“, also der Burg Wersau, führte. Diese Kirche war 1446 erbaut „in Ere sant Wendels des heyligen beichtigers geweyhet“ worden.
Schätzt man die wenigen Überlieferungen richtig ein, muss die Reilinger Wallfahrt von besonderer Bedeutung für die ganze Kurpfalz und das Bistum Speyer gewesen sein. Einzig allein hier wurde nämlich fast die gesamte kurfürstliche Familie als Mitglied in der Wendelinsbruderschaft aufgeführt. Noch immer ist über diese Bruderschaft wenig bekannt. So weiß man nur, dass ihr die Aufgabe zufiel, sich um Wallfahrer und Pilger zu kümmern und das (wahrscheinlich) am oder in der Nähe des Kraichbach gelegene „Gutleutehaus“ zu führen. Die Urkunde von 1451 ist derzeit der einzige bekannte schriftliche Vermerk. An die Tradition der Wallfahrt erinnert noch heute in der Wendelinskiche die gut erhaltene Statue ihres Schutzpatrons, der um 570 als Einsiedler in den Vogesen lebte und dessen Grab sich seit dem elften Jahrhundert im saarländischen St. Wendel befindet.
In Erinnerung an diesen Volksheiligen findet in diesem Jahr nach über 200-jähriger Unterbrechung bereits wieder der 11. Wendelinsritt der Neuzeit statt. Organisiert vom Reiterverein Reilingen werden am Sonntag/morgen wieder viele Reitergruppen und festlich geschmückte Kutschen vor die Kirche ziehen, wo der Ortsgeistliche allen Tieren und Menschen den traditionellen Wendelinssegen spenden wird. Der Festzug endet für die Reiter und Gespannfahrer auf dem Gelände des Reitervereins, wo ein Mittagessen auf sie wartet. Für alle anderen wird ganz dem alten Pilgerbrauch folgend der Festtag mit einem Mittagessen beim dann beginnenden Wendelinsfest im Josefshaus fortgesetzt.

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