Kurpfalz Regional Archiv

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Das Tischleindeckdich des Kurfürsten

04.10.96 (Speisen & Getränke)

Wenn Kurfürst Carl Theodor zu Tische saß, stand immer einer hinten dran. Majestät geruhte zu dürsten, der Lakai reichte ihm den Kelch und Hochwohlgeboren leerte ihn in einem Zug. Große Schlucke, das gehörte in jenen fernen höfischen Tagen zum guten Ton, und das Glas rückte man besser außer Reichweite der Tafelgesellschaft. Denn hatten die Mitesser in der fürstlichen Runde erstmal einen in der (pardon!) Krone, wären fallsüchtige, mit blutrotem Burgunder gefüllte Gläser auf dem Tisch fatal gewesen. Ein Fleck auf der Prunktoilette war nämlich in jener vorchemischen Reinigungszeit der textile SuperGAU, das sündhaft teure Gewand war im Eimer. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Es war also ein Gebot der Vorsicht, keine Gläser auf den Tisch, sondern eilfertige Diener hinten dranzustellen.
Auf der Festtagstafel fehlt denn auch das Kristall. Ansonsten ein exquisites Tischleindeckdich: Messer, Gabeln und das Porzellan sind vom Feinsten. In der Mitte der Tafel steht noch eine weibliche Figur aus weißem Bisquitporzellan. Unbemalt, unglasiert und nur leicht geschürzt lädt die Schöne zu Tisch. Wenn  Kurfürstens allerdings im kleinen Kreis von 150 Freunden feierten, bogen sich die Tische unter der Last der Speisen, war kein Tischtuch mehr zu sehen. Da wurde alles aufgefahren, was die Küche zu bieten hatte.
Was da aus den Terrinen dampfte, dürfte unserem heutigen Geschmack wohl nicht mehr so ganz entgegenkommen. Hauptsächlich Breiiges schleppten die Diener aus dem Küchentrakt herbei. Der Adel hatte zwar einen gesunden Appetit, aber äußerst ungesunde Zähne. So aß man am liebsten kleine Brocken, Hasenpfeffer oder sonst was Zerteiltes. Fünf
Hauptgänge gehörten zu einem Souper, zwei Suppen vorneweg und zum Nachtisch Süßes satt. Eis war war allem während der Sommermonate im Schwetzinger Schloß sehr beliebt. Die süßen Bomben schlugen ein bei Hofe, doch auch bei eingelegten Früchten sagten die Herrschaften nicht „Non“.
Über sechs bis acht Stunden zogen sich die Gaumenfreuden hin. Tafelmusik wurde serviert, das gehörte zum fürstlichen Essen wie das Salz in die Suppe, und eigens für die kulinarischen Großereignisse komponierten die Hofkapellmeister Zwischengerichte nach Noten. Die „Brandenburgischen Konzerte“ von Bach sind beispielsweise ein solcher Ohrenschmaus für die Zeit nach dem Brei und vor dem Eis.
In der Küchenabteilung hatte man für solch feine Zwischentöne vermutlich wenig Gehör. Dort führte der Küchenmeister mit dem Rührlöffel ein strenges Regiment und beschäftigte eine ganze mit Messer und Schabern bewaffnete Kompagnie. Er war ein höchst wichtiger Mann bei Hofe, von der Bedeutung mit einem Feldherrn zu vergleichen. Und in der Tat hatte
er bei Feierlichkeiten gewaltige Schlachten zu schlagen, damit die warmen Gerichte nicht als kalte Platte endeten.
Gefeiert wurde in jenen Tagen nicht zu knapp. Namenstage, Geburtstage der Majestäten, kirchliche Festtage oder Weihnachten. Der Kalender gab immer einen Grund her, und vor allem Kurfürst Carl Theodor liebte nicht nur schöne Bauten, schöne Gärten und erbauliches Theater, sondern auch Wein, Weib und Gesang.
Trotz allem: Die diversen Geliebten von Carl Theodor waren bei Tischgesellschaften nicht erwünscht. Weder am ersten Tisch, wo der Kurfürst mit Gemahlin Elisabeth Auguste seinen Platz hatte, noch an der Katzenbank durften sich die Herzensdamen des Herrschers blicken lassen. Auch sonst war das Publikum handverlesen. Nur Personen von edlem Geblüt wurden freigehalten bei den Lustbarkeiten, die Unsummen verschlangen: Allein 40 Prozent der Steuereinnahmen gingen für die verschiedenen Hofstäbe des „Sonnenkönigs von der Pfalz“ drauf, und als Carl Theodor zum Jahresende 1777/78 das kurbayerisches Erbe antrat und nach München umzog, folgten ihm rund 3.000 Beamte, Künstler, die im Dienst seiner Durchlaucht standen.
Damit ging das prunkvolle höfische Leben auch in Schwetzingen zu Ende, von dem Voltaire schwärmte: „Ich bin augenblicklich im Lustschloß seiner Durchlaucht des Kurfürsten von der Pfalz. Es fehlt mir nur Gesundheit, um alle Vergnügungen zu genießen, die man hier schätzt. Französische Komödie, große italienische Oper, Balletts, große Essen,
Konversation, Höflichkeit, Würde, Einfachheit. Das ist der Mannheimer Hof im Sommer.“
Autor: unbekannt

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