Kurpfalz Regional Archiv

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Der elegante Schwung von Mannheim

18.11.95 (Städte & Gemeinden, Straßen, Fähren & Verkehr)

Sie war Mannheims erste feste Brücke. Sie war auch die erste
feste Brücke, die über den Neckar geschlagen wurde. Und als die
Kettenbrücke am 15. November 1845 dem Verkehr übergeben wurde, da
war doch tatsächlich ganz Mannheim auf den Beinen. Alle wollten
das Wunderwerk betrachten, wollten in dieser historischen Stunde
dabeisein und mitfeiern.

Auch die Umlandgemeinden feierten damals mit. Denn mehr als 30
Jahre hatte es seit der ersten Anregung gedauert, bis die
Erkenntnis da war, daß jetzt dringend gehandelt werden muß. Ging
es doch um einen dauerhaften Ersatz für die alte Schiffsbrücke,
die in der Fluchtlinie zwischen den Quadraten K 2 und K 3 den
hier hundert Meter breiten Fluß überquerte. Bei jedem Hochwasser
und jedem Eisgang mußte diese schwankende Bohlentrasse abgefahren
werden und noch häufiger repariert werden.

Insgeheim hatten die Mannheimer zwar gehofft, daß mit dem Bau der
MainNeckarBahn die dazu unweigerlich notwendige Neckarbrücke
auf Staatskosten errichtet würde. Dies trat auch ein  nur eben
an der falschen Stelle. Für damalige Begriffe weit im Osten, bei
Ladenburg, entstand die Brücke und führte die von Frankfurt
kommende Bahnlinie über Friedrichsfeld entweder nach Mannheim
oder Heidelberg. „Mannem hinne“, rief dort auf dem Bahnsteig der
Stationsvorsteher mit weithin hallender Stimme.

Nun mußte sich die von Oberbürgermeister Ludwig Jolly geleitete
Stadt ihrer eigenen Kraft besinnen. Finanziell stand es nicht
eben rosig um sie. Doch nicht zuletzt die 1842 erfolgte Neuanlage
des Hauptfriedhofs über dem Neckar und noch mehr der zunehmende
Warenverkehr machten die baldige Verwirklichung der
Brückenbaupläne ratsam.

In den Stadtgeschichtlichen Sammlungen des ReißMuseums sind noch
mehrere originale Kupferstiche und Lithographien aus dieser Zeit
zu sehen, die den imponierenden Bau zum Gegenstand haben. Mit
seinen zwei auf Flußpfeilern stehenden, zinnenbekrönten
Portaltürmen und den elegant durchgeschwungenen Ketten nimmt er
sich höchst eindrucksvoll aus. Die Konstruktion, die technisch an
eine Hängebrücke erinnert, stellte für die Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine großartige Ingenieurleistung dar.

Ihr Konstrukteur und Erbauer, IngenieurKapitän Wendelstadt, der
in Diensten des Königs von Hannover stand, hatte bei Hameln schon
zuvor eine Kettenbrücke über die Weser gebaut, die nur 108.000
Gulden gekostet hatte. Friedrich Daniel Bassermann war eigens
hingereist und hatte diesen für ihn neuartigen Flußübergang
besichtigt und danach seinen Gemeinderatskollegen den Planer
empfohlen. Wendelstadt legte 1839 für die Neckarbrücke einen
Kostenvorentwurf von 189.000 Gulden vor.

Die Kettenbrücke, mit deren Bau im Frühjahr 1842 begonnen wurde,
kostete wegen verschiedener Änderungen im Endeffekt zwar 372.000
Gulden, was etwa 642.000 Goldmark oder nach heutigem Geld etwa
sechs Millionen Mark entsprach, doch hielt sie bis 1891 den
zunehmenden Belastungen stand. Das Automobil und der steigende
Frachtverkehr machten dann endgültig eine Nachfolgerin, die
Friedrichsbrücke, nötig. Sie erinnerte mit ihren Portalpylonen
und Gitterverspannungen an die elegante Linienführung der alten
Kettenbrücke. Nach ihrer kriegsbedingten Sprengung 1945 folgte im
August 1950 die bislang letzte Version, die Kurpfalzbrücke.

Nach: MM, Hans Weckesser, 18.11.1995

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