Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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„Der Faule von der Pfalz"

29.11.98 (Burgen & Schlösser, Personalia)

Der Alte Fritz über Kurfürst Carl Theodor / Friedrich II. von Preußen neidete dem Kurpfälzer dessen kometenhaften Aufstieg
Carl Theodor, der pfälzische Kurfürst, überstrahlte sein Zeitalter wie kaum ein anderer. Er beeinflusste Kunst und Kultur, Politik und Wirtschaft in seinen Landen. Aber auch über die Grenzen seines gewaltigen Machtbereichs hinaus, nahm er als einer der Kurfürsten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen, besondere Macht ein. Doch er führte nie einen Krieg. Und das macht ihm vielfach einen Platz im Geschichtsbuch streitig, das scheinbar nur die Fürsten würdigt, deren Untertanen auf dem Schlachtfeld starben. So entstand um den Kurfürsten des Goldenen Zeitalters in der Pfalz, um sein Leben und um seine Politik einiges an Mythen aufzukommen.

Lange Zeit wurde Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz in der Geschichtsschreibung sehr einseitig, ja sogar negativ bewertet. Dieses Bild versuchte Ralf Wagner im Rahmen der Sonderführungen „Aspekte eines Zeitalters“ im Schwetzinger Schloss zu revidieren. Dabei zeigte sich der profunde Kenner der Ereignisse jener Zeit durchaus auch bereit, verklärte Bilder und Gedanken mit Vehemenz, aber durchaus faktisch begründet, in den Räumlichkeiten der Schwetzinger Sommerresidenz umzuwerfen. Wie radikal er dabei vorgehen wollte, zeigte Wagner bereits auf der ersten Station seiner Führung.
Im Speisesaal sah er im Bild über dem Kamin nicht, wie bislang vermutet, die zweijährige Kurfürstin Elisabeth Auguste, sondern deren Ehemann Carl Theodor im zarten Kindesalter. Zum einen begründet er dies damit, dass die Kurfürstin damals noch einen Bruder gehabt hat, der sicherlich eher im „Familienalbum“ dargestellt worden wäre. Ferner sprechen für Carl Theodor andere dynastische Überlegungen. Außerdem wird das Kind von der Kindfrau in Blau präsentiert – der traditionellen Jungenfarbe.
Im weitern Verlauf der Führung zeichnete Ralf Wagner ein sehr interessantes und logisch aufgebautes Bild der Persönlichkeit des Kurfürsten. Dabei würdigte er seine Verdienste und Leistungen auf den Feldern der Musik, der Wissenschaft und der bildenden Kunst. Der Politiker, der Carl Theodor der Geschichtsschreibung zufolge nie gewesen sein soll, trat immer mehr in den Hintergrund. So fand der Kurfürst auch in seiner Zeit wenig Erwähnung, und wenn doch, dann wie beim Alten Fritz, Friedrich II. von Preußen, der dem „faulen von der Pfalz“ seinen kometenhaften Aufstieg neidete.
Legendär scheint auch das Mätressentum am Hofe des kurpfälzischen Herrschers. Ralf Wagner wies aber darauf hin, dass Carl Theodor seinen unehelichen Kindern eine gute Erziehung angedeihen ließ. So engagierte er beispielsweise Wolfgang Amadeus Mozart als Musiklehrer seiner Kinder. Auch versorgte er seine Söhne und Töchter später mit Besitztümern und Titeln. Auch auf das leibliche Kind Carl Theodors, das im Kindbett verstarb, ging Ralf Wagner im Rahmen der Führung ein.
Wagner legt gerade in dieser Situation besonderen Wert auf den Menschen hinter dem fürstlichen und politischen Zeremoniell. So zeigt er auch Gemälde damaliger Künstler, die den Kurfürsten sehr privat, aber immer sympathisch darstellen.
Carl Theodor war selten besonders energisch oder rücksichtslos. So konnte er, wie Wagner mit historischen Quellen nachweist, niemandem eine schlechte Nachricht überbringen. Es ist die Geschichte überliefert, wie Pater Seedorf erfuhr, dass seine Macht am Hofe gebrochen sei. Carl Theodor ließ einfach den Schreibschrank des bislang einflussreichen Jesuiten verschließen. Dieser verstand die Geste und zog sich zurück. (str)
Quelle:  Schwetzinger Zeitung, 28.11.1998

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