Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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Die Pfalz unter bayerischer Herrschaft

29.04.16 (Geschichte allg., Landschaft & Orte, Städte & Gemeinden)

Eine Entscheidung des Wiener Kongresses 1816 führt zur Neuordnung im Südwesten
Infolge der französischen Revolutionskriege fiel 1797/98 ein Großteil des linksrheinischen Gebiets samt der heutigen Pfalz an Frankreich. Die neuen Landesherren fassten einen Gutteil der pfälzischen Lande mit Rheinhessen im Departement du Mont-Tonnerre (Donnersberg-Departement) zusammen, dem ab Mai 1800 ein in Mainz residierender Präfekt vorstand. Zu dessen Unterstützung diente seit November 1800 – wie in allen anderen von Frankreich annektierten Gebieten – auch im Donnersberg-Departement ein Generalrat (Conseil general). Er war kein demokratisches Gremium, da seine 20 Mitglieder nicht gewählt, sondern von Napoleon Bonaparte aus dem Kreis der 600 Höchstbesteuerten berufen wurden. Seine Kompetenzen waren sehr begrenzt und lagen vor allem auf dem Gebiet der Steuererhebung und -verteilung. Nach Napoleons Niederlage und als Folge des Wiener Kongresses ging „das Gebiet auf dem linken Rheinufer“ am 30. April 1816 an das Königreich Bayern über.
Bayerns neuer König Maximilian I. Joseph versprach am 16. Juni 1816, die französischen „Institutionen“, d, h. die Verwaltung und Rechtsordnung (z. B. den Code Napoleon), in der ab 1817 als „Rheinkreis“ bezeichneten linksrheinischen Pfalz (seit 1838 „Rheinpfalz“) bestehen zu lassen. So überstand auch der Generalrat die Zeitenwende. Der Monarch verfügte am 24. September 1816 dessen neuerliche Einberufung, und zwar unter dem neuen Namen „Landrath“. Seine 20 jeweils für drei Jahre vom König ernannten Mitglieder entstammten den höheren Gesellschaftsschichten. Sie betrieben keine Interessenpolitik, sondern engagierten sich nachhaltig für das Gemeinwohl. Im Gegensatz zur napoleonischen Zeit vollzog sich die Zusammenarbeit zwischen dem neuen Landrath und der bayerischen Staatsregierung in einem ernsthaft-konstruktiven Verhältnis. Allerdings war der Landrath kein in freien Wahlen legitimiertes, sondern ein vom bayerischen Monarchen einmal im Jahr einberufenes Gremium.
Gleichwohl sah er für sich einen Selbstverwaltungsauftrag. Daher wird im Landrath, und nicht im Generalrat der Franzosenzeit, der „Urvater“ des heutigen Bezirkstags Pfalz gesehen. Im Übrigen diente der erfolgreich arbeitende Landrath des Rheinkreises als Modell für die 1828/29 in ganz Bayern geschaffenen Landräthe. Sie sind die Vorgänger der heutigen sieben bayerischen Bezirkstage.
Wenn auch der Landrath der Pfalz keine demokratische Grundlage hatte und seine Wünsche und Beschlüsse von der königlichen Billigung abhingen, wirkte er erfolgreich für die Belange der Pfalz. Denn häufig nutzte er sein ihm zustehendes Recht, auf die pfälzischen Bedürfnisse hinzuweisen. Damit setzte er sich intensiv für die Entwicklung und Förderung des Kreises Pfalz und seiner Einrichtungen ein. Beispielsweise kümmerte er sich um den Ackerbau, die Belebung von Handel und Industrie, den Ausbau des Straßen-, Wasser- und Schienennetzes, um die Verbesserung des Schul- und Unterrichtswesens, um Fragen der Brandversicherung, und um die Errichtung von Rheindämmen. 1825 gründete er ein Taubstummeninstitut in Frankenthal, das heutige Pfalzinstitut für Hören und Kommunikation; 1857 eröffnete er die „Kreisirrenanstalt“ bei Klingenmünster, das heutige Pfalzklinikum. Mitglieder des Landraths nahmen 1832 am Hambacher Fest teil und unterstützten die Revolution von 1848/49.
Durch das Selbstverwaltungsgesetz von 1919 wurde der pfälzische Landrath in „Kreistag der Pfalz“ umbenannt. Seine Mitglieder, darunter erstmals auch Frauen, wurden fortan gewählt. 1933 schalteten die Nationalsozialisten den Kreistag gleich und nannten ihn 1939 in „Bezirksverbandstag“ um. Im sog. „Dritten Reich“ kam es auch im Bezirksverband Pfalz – mit Wissen und Billigung seiner braunen Funktionäre – zur Ausgrenzung, Verfolgung und Ermordung jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie körperlich und psychisch kranker Mitmenschen.
Auf Druck der französischen Besatzungsmacht kam es bei der Gründung des Landes Rheinland-Pfalz zur Verankerung des Selbstverwaltungsrechts der Pfalz in der am 18. Mai 1947 vom Volk angenommenen Landesverfassung. Auf Grundlage der 1949 in Kraft getretenen Bezirksordnung erfolgte die Wiederbegründung des Bezirksverbands Pfalz als einzigem höherem Kommunalverband in Rheinland-Pfalz.
Am 16. Januar 1950 kamen die 35 pfälzischen Landtagsabgeordneten zur konstituierenden Sitzung des ersten Bezirkstags Pfalz der Nachkriegszeit zusammen. Die erste Wahl zum nun 29 Mitglieder zählenden Bezirkstag fand 1951 statt. Mit Eröffnung einer eigenen Zentralverwaltung hat der Bezirksverband Pfalz seit 1995 seinen Sitz in Kaiserslautern. 2004 wählte der Bezirkstag den damaligen Frankenthaler Oberbürgermeister Theo Wieder zum Bezirkstagsvorsitzenden, der seither dieses Amt bekleidet. Neben den oben erwähnten Einrichtungen unterstehen dem Bezirkstag Pfalz unter anderem das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde und die Pfalzbibliothek in Kaiserslautern sowie die Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt in Speyer. Darüber hinaus zeichnet der Bezirkstag für etliche weitere der Lebensqualität der Menschen in der Pfalz dienenden Einrichtungen der Bereiche Kultur, Bildung, Gesundheit, Natur- und Verbraucherschutz sowie Energie verantwortlich. Der Bezirksverband Pfalz hat als höherer Kommunalverband eine große Bedeutung für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft der Pfalz.
Quelle: Ulrich Burkhart, Zentralarchiv des Bezirkverbands Pfalz
www.bv-pfalz.de

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