Kurpfalz Regional Archiv

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Die Raugräfinnen von Heidelberg

05.08.98 (Geschichten & Erzählungen, Personalia)

Zu den bekanntesten Kirchen in der Heidelberger Altstadt gehört auch die Peterskirche. Hier begegnet man einem prächtigen Grabmal, das für zwei Frauen errichtet wurde, die im Leben der berühmten Liselotte von der Pfalz eine bedeutende Rolle spielten. Die beiden Damen sind ihre Halbschwestern, die Raugräfinnen Amalie Elisabeth und Louise von Degenfeld. Beide erhielten von Liselotte, eigentlich Elisabeth Charlotte Herzogin von Orléans, unzählige Briefe aus Frankreich, denn als Schwägerin des Sonnenkönigs Ludwig XIV. lebte Versailles.sie seit ihrer Heirat am Hofe von Versailles.
„Unter den Kirchen ist die älteste jene zu St. Peter, ursprünglich Kapelle zur heiligen Jungfrau in der Einöde“, ist in einem bereits 1834 erschienenen Fremdenführer über die Peterskirche zu lesen, die für den Autor K.C. von Leonhard „sehenswerth bleibt, um der Denksteine willen, denen man zahllose im innern und auf dem umgebenden Gottesacker findet.“
In der ersten urkundlichen Erwähnung Heidelbergs (1196) in einer Urkunde des Klosters Schönau wird ein „Leutpriester“ genannt, der „zu Sancta Petri“ Gottesdienste für das einfache Volk hielt. Daß die Peterskirche im Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen erfuhr, daß der Gottesacker (Friedhof), der sie umgab, dem Eisenbahntunnel weichen mußte, der in unserer Zeit zu einem Straßentunnel umgebaut wurde, sei nur am Rande erwähnt.
Im Mittelpunkt soll vielmehr das Marmordenkmal an der Stirnwand des Chores stehen, das einmal den beiden Raugräfinnen, den Halbschwestern der Liselotte von der Pfalz gewidmet ist, zum anderen ihrem Großneffen Friedrich Wilhelm Christoph von Degenfeld-Schomburg, der bereits elfjährig gestorben war. Eigentlich wurde das Denkmal von dessen Eltern errichtet, aber gleichzeitig auch dazu genutzt, die in der Peterskirche begrabenen Großtanten des Jungen zu würdigen.
Zu dem recht unbekannten Titel einer „Raugräfin“ kamen Louise und Amalie Elisabeth durch ihre Mutter. Sie hatte mit Kurfürst Carl Ludwig bereits während seiner Ehe mit der Mutter von Liselotte von der Pfalz, Charlotte, ein Verhältnis. Der Regent war also, wie man damals zu sagen pflegte, „zur linken Hand“ verheiratet. Nach seiner Trennung von Kurfürstin Charlotte suchte er für seine zweite Frau, die Freiin von Degenfeld, einen passenden Titel. Carl Ludwig entschied sich für den Titel eines längst ausgestorbenen Adelsgeschlecht der Raugrafen.
Liselotte selbst hatte ein ganz besonders herzliches Verhältnis zu ihren beiden Halbschwestern. So schrieb die Herzogin von Orléans aus Paris am 15. Dezember 1708 an die Raugräfin Amalie Elisabeth folgende Zeilen: „Liebe Amelie, wir sind einander zu nahe, umb uns, wie wir auch sein mögen, nicht von weitem oder nahe lieb zu haben. Es ist kein mensch in der welt perfect und ohne fehler, eines muß des anderen seine entschuldigen, aber wo gute gemüter sein, als wie bei Louise, ihr und die zeitung, so ich Euch heut von meiner gesundheit zu sagen habe, ich, da kompt man als wohl zu recht, das geblüt leßt sich fühlen.“
Nur wenige Tage vor ihrem Tod schrieb Liselotte von der Pfalz im Dezember 1722 ihrer Halbschwester Louise, ihr waren die meisten Briefe die zeitung, so ich Euch heut von meiner gesundheit zu sagen habe, überhaupt gewidmet: „Herzallerliebste Louise, die zeitung, so ich Euch heut von meiner gesundheit zu sagen habe, werden Euch wohl gar nicht gefallen. Ich werde täglich elender, möchte wohl ein schlimm end nehmen, aber ich bin gottlob zu allem bereit, bitte nur den Allmächtigen, mir geduld zu verleihen in meinen großen Schmerzen, so ich nach und tag ausstehen muß, sowohl durch meine erschreckliche schwachheit, als auch sonsten mein elender leben.“
Daß die beiden Raugräfinnen nicht in der Heiliggeistkirche, der Grablege der kurfürstlichen Familie, beigesetzt wurden sondern in der Peterskirche, lag daran, daß die beiden Töchter aus der morganatischen (nicht standesgemäßen) Ehe des Kurfürsten Carl Ludwig durch den damals in Düsseldorf befindlichen Hof gesellschaftlich nicht anerkannt waren.
Die beiden Raugräfinnen Amalie Elisabeth, sie starb 1709, und Louise von Degenfeld, sie starb 1733 in Frankfurt, wurden, was auch in alten Dokumenten nachzulesen ist, unterhalb des Marmordenkmals im Kirchenboden in einer Gruft bestattet. Bis heute fanden aber noch keine ar chäologischen Ausgrabungen statt, die diese Grablege auch belegen könnten. So zeugen allein das Marmordenkmal und die Grabplatte der Amalie Elisabeth, die jetzt in einer Seitenwand eingelassen ist, von der letzten Ruhestätte der beiden Raugräfinnen.                              og

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