Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

  • Museen + Ausstellugen

    … in Bearbeitung

  • Kategorien

  • Tagesarchiv

    Oktober 2024
    M D M D F S S
     123456
    78910111213
    14151617181920
    21222324252627
    28293031  
  • Monatsarchive

  • Admin

Ein Bollwerk rings um die Quadrate

04.10.91 (Städte & Gemeinden)

Am 17. März 1606 legte Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz den Grundstein der Stadt und Festung Mannheim, aber bereits 15 Jahre später war schon alles wieder dem Erdboden gleichgemacht. Kein Bauwerk der Stadt, mit Ausnahme des Schlosses, dürfte so gut dokumentiert sein wie die Festung Mannheim, die frühere „Veste uff dem Rhein“. Ein Bauwerk übrigens, das die Feinde Mannheims und der Kurpfalz nicht davon abzuhalten vermochte, die Stadt gleich dreimal (1622, 1688/89 und 1795 ) in Schutt und Asche zu legen. Die wenigen noch vorhandenen Reste der Bastion St. Jakobus stammen aus dem letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts. Gleich nach dem Frieden von Ryswik beauftragte Kurfürst Johann Wilhelm („Jan Wellem“) 1698 den General Menno van Coehorn, damals der wohl berühmteste holländische Festungsbauer, mit der Planung einer neuen Festung.
Ende 1699 legte der Kurfürst selbst den Grundstein. Mindestens sechs Jahre wurde an der Festung gebaut. Und nicht weniger als 900.000 Gulden wurden verbuddelt. 1703/04 entstand auch die Rheinschanze, die spätere Urzelle von Ludwigshafen. Erst nach 1709 wurde entschieden, vom Wiederaufbau der Zitadelle endgültig abzusehen. So blieb der Bauplatz frei für das Schloß, das dann 1720 von Kurfürst Carl Philipp nach einem Streit mit den Heidelbergern um die
Heilig-Geist-Kirche begonnen wurde. Und wie es sich für einen Herrscher gehörte, verewigte sich Carl Philipp auch als Namensgeber für eine der 13 Bastionen, die ansonsten nach den Aposteln benannt waren.
Nur die erste Bastion mit der Bezeichnung St. Salvator, die zwischen Schloß und Rhein lag und die Mittelachse der riesigen Gesamtanlage markierte, war dem „Erlöser Christus“ vorbehalten. Übertragen auf das „Letzten Abendmahl“ nahm somit Carl Philipp den Platz des Lieblingsjüngers Johannes ein, der bekanntlich „an der Brust des Herrn“ ruhte. Solche Anspielungen waren im 18. Jahrhundert durchaus geläufig und wurden von allen verstanden.
Nachdem die Residenz nach Mannheim verlegt wurde, wurde die zuvor zeitweise ruhende Befestigungsarbeit wieder verstärkt fortgesetzt. Der Landesherr wollte hinter schützenden Mauern residieren. Dem Fortifikationsdirektor Friedrich von Premelle stand damals der Ingenieurleutnant Johann Georg Baumgratz zur Seite. Letzterer war der Erfinder der „Mannheimer Quadratur“, indem er erstmals 1733 bei einer Neuvermessung der Stadt die Straßenquadrate kurzerhand mit Buchstaben und Zahlen bezeichnete.
Zur Zeit der beiden letzten Kurfürsten, die in Mannheim residierten, Carl Philipp und Carl Theodor, herrschte Friede in der Kurpfalz. Die Künste und Wissenschaften gediehen, den Festungswerken wurde aber kaum noch die nötige Aufmerksamkeit und Pflege zuteil. Sir Benjamin Thompson Graf von Rumford, Schöpfer der militärischen Pflanzgärten in Mannheim und des Englischen Gartens in München (sowie Namensgeber einer Suppe aus Erbsen, Graupen, Kartoffeln, Wurzelwerk und Schweinefleisch) stellte 1792 fest, die Festung Mannheim sei sehr heruntergekommen.
Als man die Gefahr der heranrückenden französischen Revolutionstruppen erkannte, wurde 1794 die Festung eilig verstärkt. Die ganze Arbeit hätte man sich sparen können, denn die Franzosen und später die Österreicher schossen ihre Kugeln nämlich über die Befestigungen hinweg mitten in die Stadt hinein. Am 23. November 1795 kapitulierte Mannheim.
Die Mannheimer haßten die nutzlosen Mauern mehr als die Feinde. Am 18. Dezember 1798 verfügte daher Carl Theodor in München, Mannheim solle keine Festung mehr sein. Die zwei Monate vor seinem Tod erteilte Erlaubnis zur „Zernichtung der Festungswerke“ war die letzte Wohltat, die er der Stadt erwies, in der er bis Silvester 1777 gelebt hatte. Freudig beteiligten sich die Mannheimer Frauen und Männer am Abriß der Wälle und am Zuschütten der Gräben.
Die Arbeiten dauerten bis 1811 an, wobei bald bezahlte Kräfte an Stelle der ermüdeten Bürger traten. Anstelle der Festungsmauern wurde rings um die Stadt ein Damm angelegt, der mit Bäumen bepflanzt und so zu einem beliebten Spazierweg des Biedermeiers von Mannheim wurde. Später verschwand auch die Dammchaussee, die Gärten rings um die alten Quadrate wurden eingeebnet und seit 1870 bebaut. Das Industriezeitalter hatte in der alten kurpfälzischen Residenz begonnen und die Stadt an Rhein und Neckar begann sich zu entwickeln.
Autor: unbekannt

Kommentare sind geschlossen.

 
error: Bitte nehmen Sie mit uns Kontakt auf: post@heimat-kurpfalz.de