Kurpfalz Regional Archiv

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Ein Mann verschönte das Ansehen der Kurpfalz

09.03.98 (Burgen & Schlösser, Landschaft & Orte)

Nicolas de Pigage Architekt und Gartenkünstler des 18. Jahrhunderts
Nicolas de Pigage zählt längst zu den bedeutendsten Architekten und Gartenkünstlern des 18. Jahrhunderts – auch wenn sich die internationalen Forschung mit dem gebürtigen Lothringer noch nicht so intensiv beschäftigt hat. Dies liegt vielleicht auch daran, dass die von ihm geschaffenen Werke in der Regionalität der alten Kurpfalz und des Herrschaftsbereiches um Düsseldorf stecken blieb. Außerdem darf man nicht vergessen, dass allzu viele Werke seiner gut fünfzigjährigen Achitektenkarriere nur Stückwerk blieben oder gar zerstört wurden: Der Ostflügel des Mannheimer Residenzschlosses brannte völlig ab, das Schloss in Oggersheim wurde geschleift und der Traum vom Bau eines neuen Prunkschlosses in Schwetzingen platzte wie eine Seifenblase.

Heute erinnern in Heidelberg das Karlstor und die Alte Brücke an den Architekten des Kurfürsten Carl Theodor und als sein einzig noch erhaltenes Hauptwerk an Bauwerken gilt die kurpfälzische Sommerresidenz Schloss Benrath in Düsseldorf.
Als die wohl schönste Schöpfung von Nicolas de Pigage betrachten nicht nur die Alt-Kurpfälzer den Schwetzinger Schlossgarten. Als der kunstsinnige Kurfürst Carl Theodor das bayerische Erbe antrat und nach München übersiedelte, zog es sein Baudirektor vor, eben diese Gartenanlage zu perfektionieren. Hier in Schwetzingen hatte er das Rokokotheater und das elegante Badhaus, die Moschee und die römischen Tempelanlagen errichtet.
Dem Schwetzinger Schlossgarten galt die Liebe von Nicolas de Pigage, sein architektonisches Meisterwerk aber errichtete er mit der Anlage von Park und Schloss Benrath. Von 1755 bis 1770 beschäftigte sich der Baumeister mit diesem Bauwerk. Es waren aber nicht die einzigsten Aufgaben, die ihm Kurfürst Carl Theodor in der seit dem Tod des Kurfürsten Johann Wilhelms (Jan Wellem) verwaisten Residenz am Niederrhein übertrug. Pigage hatte lokale Bauvorhaben zu überwachen und fertigte eine Bestandsaufnahme des Burg- und Marktplatzes an. Außerdem überwachte er 1760 den Transport der kurfürstlichen Gemäldesammlung, die wegen der drohenden Kriegsgefahr aus der Düsseldorfer Galerie in die Mannheimer Residenz gebracht wurde (und später den Grundstock der weltberühmten Alten Pinakothek in München legen sollte).
Nach Abschluss der Arbeiten an Schloss Jägerhof ordnete Carl Theodor 1769 an, dass „zu mehrerer Verschönung und Ansehen der Stadt und zur Lust der Einwohnerschaft nach den Plänen unseres kurpfälzischen Hofkammerraths und Oberbaudirektors von Pigage ein angenehmer Spaziergang einzurichten“ sei. Dies war die Geburtsstunde des Düsseldorfer Hofgartens, der heute aber in die lange Reihe der zerstörten Schöpfungen Pigages gehört. Seit den 1970er Jahren aber ist man wieder damit beschäftigt, diese Gartenanlage wenigstens in Teilen wiederherzustellen. In der Zwischenzeit konnte das Parterre im Garten der Kurfürstin in einen annähernd historisch korrekten Zustand zurückversetzt werden. Zudem wurde die Obstbaumwiese hinter dem östlichen Flügelhaus rekonstruiert.
Das Schloss Benrath selbst gilt ob seiner genialen Raumdisposition als einzigartiges Beispiel eines französischen Landschlosses. Für das Gebäude war es ein Glück, dass Carl Theodor das Juwel nie bewohnte und auch die Kurfürstin Elisabeth Auguste hier nur wenige Tage verbrachte. Und auch die späteren bayerischen, französischen und preußischen Regenten wussten mit dieser edlen Immobilie nur wenig anzufangen. So blieb die einzigartige Raumdisposition und die architektonische Ausstattung über die Jahrhunderte hinweg unverändert erhalten.
Das in zartem Rosa gehaltene Schloss wirkt von außen eher zierlich und eingeschossig. Das glockenförmig geschwungene Walmdach jedoch täuscht den Betrachter, denn immerhin beherbergt das Gebäude fünf Stockwerke mit zusammen 80 Räume der unterschiedlichsten Größen. Mit höchster Raffinesse wurden zwei völlig voneinander getrennte Lebensbereiche unter einem Dach geschaffen. Den beiden einander spiegelbildlich zugeordneten Appartements des kurfürstlichen Paares steht ein darauf bezogenes, völlig selbständiges System von Zimmerchen und Gängen der Dienerschaft gegenüber. Diese waren durch versteckte Türen mit dem Herrschaftsbereich verbunden.
Bei den Bauarbeiten konnte sich Nicolas de Pigage ganz auf sein eingespieltes kurpfälzisches „Team“ verlassen: der Bildhauer Verschaffelt, die Stukkateure Albuccio und Pozzi, die Holzschnitzer Augustin Egell und Johann Matthäus van den Branden, der Parqueteur Zeller und die Maler Lambert Krahe und Leydensdorff.
Der wohl schönste Raum des Schlosses Benrath aber ist der im Mittelpunkt der Schlossanlage gelegene kreisrunde Kuppelsaal. Dieser ist ein seltenes Beispiel gelungener Kugelarchitektur. So entspricht die Breite des Raumes genau der Höhe. Dem Raum lässt sich also eine Kugel mit 16 Meter Durchmesser einschreiben. Die besondere Wirkung des Raumes kommt aber erst zum Tragen, wenn man ihn von oben, von dem als Musikgalerie gedachten Umlauf betrachtet. Das um einen zentralen Stern angeordnete Fußbodenmuster scheint sich nach unten zu wölben.
Das absolute Geheimnis dieses Raumes aber liegt in seiner Akustik: Die Musik, die von der Galerie aus erklingt, kann in allen Räumen des Schlosses gehört werden.

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