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Von Frechen und anderen Frechheiten

04.09.06 ("Hoggemer Perspektiven", * Lokalreporter-Archiv)

Hoggemer Perspektiven (6)

Nein! Nein! Nein! Ich habe wirklich nicht vergessen, dass jede Medaille zwei Seiten hat. Nicht wenige Leserinnen und Leser der HOCKENHEIMER WOCHE meldeten sich persönlich, per E-Mail oder telefonisch, um daran zu erinnern, dass es nicht nur Hockenheimer waren, die dafür sorgten, dass mit den Jahren die Rennbesucher immer weiter aus der Stadt verdrängt wurden. Es waren über eine längere Periode hinweg gerade die Besucher der Motorradrennen, die für Missstimmung und Zerstörung in der Stadt sorgten. Damals war es nämlich gerade umgekehrt: Draußen im Wald war (fast) nichts los, wer „Action“ suchte, der zog in Gruppen, ja wilde Horden durch Hockenheims Straßen. Straßenschilder wurden bei diesen „Ausflügen“ umgeknickt, Gullideckel herausgenommen und hin und wieder auf dort parkende Autos geworfen. In den Gastwirtschaften der Stadt wurden andere Rennbesucher angepöbelt, Bedienungen belästigt und bei Schlägereien so manche Einrichtung demoliert. Die Folge: die bis dahin noch wirklich gastfreundlichen Rennstädter machten im wahrsten Sinne des Wortes ihre Läden dicht, die Angst ging an den Samstagabenden vor Motorradrennen um.
Die wildesten Horden lagerten bis zu Beginn der 1980-er Jahre im legendären Contikreisel direkt an der Südtribüne (Block A) und dem Zugang zur Innentribüne. Sie kamen regelmäßig aus dem schwäbischen Ludwigsburg und Umgebung, um bei Rennen „mal so richtig mitzumischen“. In den Mitgliedern bekannter Motorradbanden aus Mannheim, Frankfurt oder aus dem Elsass hatten sie ihre natürlichen „Gegner“. Diese lagerten wiederum im Gemeindewald beim Alten Fahrerlager, wo meist der Hockenheimer Angelsportverein die Renngäste verköstigte. Hier, wo es genügend freien Platz gab, flogen in der Nacht zum Rennsonntag meist die Fäuste, Tausende von Gläser gingen zu Bruch, viele Tische und Bänke wurden zu Kleinholz verarbeitet.
Erinnern wir uns an die damalige Zeit, dann haben wir noch Hundertschaften der Bereitschaftspolizei aus Bruchsal vor Augen, die in diesen Nächten versuchten, für Ruhe zu sorgen und die Bewohner der Stadt vor Übergriffen zu schützen.
Vor allem die Anwohner der Continentalstraße und Waldstraße litten unter diesen Zuständen, später auch in großem Maß die Bewohner des Birkengrunds. Aber egal wie man sich nun auch verhielt – keine Lösung schien optimal zu sein. Zugegebenermaßen keine leichte Zeit für die betroffenen Hockenheimer und für die Verantwortlichen im Hockenheimer Rathaus oder bei der Ring GmbH. Die dann nach vielen Protesten und langen Diskussionen getroffenen Entscheidungen waren für den Augenblick sicher populär und trafen den Nerv der Zeit. Im nachhinein entpuppten sich dann aber viele Veränderungen und im Gemeinderat gefundenen Lösungen als wenig hilfreich und eher schädigend für die Zukunft der Rennstadt. Anstatt einfach den Vorschlägen, Wünschen und Forderungen der Rennstreckenbetreiber und des Bürgermeisters zu folgen und diesen stets kopfnickend wie die Brecht’schen „Ja-Sager“ zu folgen, wäre es wohl doch besser gewesen, einer damals immer wieder geforderten Stadtentwicklungsplanung mehr Gehör zu schenken. Da aber diese Ideen meist aus den Reihen der Grünen und andere alternativer Gruppen stammten, wurden diese mehr als einmal von den alteingesessenen Ratsmitglieder ins Lächerliche gezogen und als „Spinnerei“ abgetan.
Heute rächt sich diese Arroganz und Überheblichkeit, die sich eigentlich gar nicht viel geändert hat – wenn es um die Zukunft der Formel 1 geht. Irgendwie noch immer traumtänzerisch wurde von der Ring GmbH die Meldung der Medien, dass Hockenheim 2007 aus dem Grand Prix-Kalender gestrichen worden sei, als „frech“ (das Verhalten der Presseleute) kommentiert. Ist es aber vielmehr nicht eine Frechheit, dass noch immer nicht mit offenen Karten in Sachen „Zukunft des Hockenheimrings“ gespielt wird und die Informationen nach wie vor – wenn überhaupt – nur zufällig und tröpfchenweise an die Öffentlichkeit gelangen? Es wäre doch langsam an der Zeit, allen Hockenheimern klaren Wein einzuschenken! Immerhin haben auch sie mit ihren Steuermitteln zum Umbau der Rennsportanlage beigetragen – und müssen für die haushohe Verschuldung irgendwie auch ein bisschen „büßen“ (es fehlen u.a. Mittel für wichtige Dinge in der Stadt) . Wenn das keine „Frechheit“ ist … Otmar A. Geiger
In der nächsten Ausgabe der HOCKENHEIMER WOCHE lesen Sie, wie örtlicher Vereine und von Anwohner des Motodroms von der Ring GmbH unter Druck gesetzt wurden, und es stellt sich die Frage, was aus den teuren Ergebnissen eines Wettbewerbs für Stadtplaner in Sachen Umgestaltung der Hockenheimer Innenstadt wurde …

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