Kurpfalz Regional Archiv

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* Tanzen als Ausdruck besonderer Lebensfreude

13.03.09 (Hockenheim)

30 Jahre „I Danzatori Palatini“ / Tanzmeisterin Anni Avenius Motor und Motivatorin des Ensembles / Erfolgreiche Kinder- und Jugendarbeit
Tanzen ist nicht nur eine die Generationen übergreifende beliebte Sportart oder Möglichkeit der Bewegung, sondern bietet auch eine gute Gelegenheit, sich intensiv mit den verschiedensten Gesellschaftsformen vergangener Kulturepochen zu beschäftigen. Geschichte wird dadurch wieder lebendig – vor allem aber erlebbar.Was heute kaum jemand noch weiß, ist die Tatsache, dass bereits 1979 die Volkshochschule Hockenheim auf Anregung von Anna-Maria Avenius die Vielfalt der Möglichkeiten erkannte und als erste VHS in Baden-Württemberg erstmals einen Kurs für historische Tänze durchführte. Das Interesse übertraf alle Erwartungen und aus Freude am historischen Tanzen blieb die Gruppe zusammen. Die damaligen Aktiven gingen sogar noch ein Stück weiter als sie beschlossen, sich zudem noch intensiver mit dem umfangreichen Thema Tanzen zu beschäftigen. Schnell merkte man, dass Tanzen weit mehr ist als nur Bewegung und Musik: Geschichte, Theater, Kunst, Architektur, Mode, Literatur und das soziale Umfeld einer jeder Epoche prägen die tänzerischen Ausdrucksformen. Kulturgeschichte wurde, was bisher noch nie so verspürt wurde, plötzlich in der Gemeinschaft erlebbar. Das Leben der Menschen vor Jahrhunderten konnte spielerisch im Tanz vertieft – und als lebendige Geschichte erfahren werden. Die Gruppe „I Danzatori Palatini“ („Die pfälzischen Tänzer“) war geboren.
Es ist vor allem der vielseitig begabten Sportpädagogin Anna-Maria Avenius vom Hockenheimer Carl-Friedrich-Gauss-Gymnasium zu verdanken, dass diese Tanzformation in der Rennstadt heimisch wurde. Die Sportlehrerin wurde in den Jahren nicht nur zur „Trainerin“ der Tänzerinnen und Tänzer, sondern als echte Tanzmeisterin auch zur engagierten Motivatorin, die die Gruppe nicht nur beisammen hielt, sondern auch für eine ständige Vorwärtsbewegung sorgte.
Das Fundament der Gruppe bilden einige Lehrerinnen, Lehrer und ehemalige Schüler des Gauss-Gymnasiums. Sie sind von Anfang an mit dabei und bilden so die tragenden Säulen der „Pfälzischen Tänzer“. Studium und Berufsausbildung nach dem Abitur führten immer wieder dazu, dass Aktive die Gruppe verließen. Da sich aber immer wieder Schülerinnen und Schüler für das historische Tanzprojekt begeistern ließen, konnten die entstandenen Lücken aufgefüllt und der Nachwuchs in das Ensemble integriert werden. „Das ging bisher immer ganz problemlos und sichert seither unser Fortbestehen“, blickt Anni Avenius stolz auf die letzten 30 Jahre zurück.
Heute enthält das Repertoire zahlreiche Tänze unterschiedlicher Epochen und Gesellschaftsschichten vom 15. bis 19. Jahrhundert. Der Schwerpunkt liegt aber auf den Hoftänzen der Renaissance, der Barockzeit und des Rokokos.
Unter der Anleitung von Anni Avenius, die in der Zwischenzeit europaweit einen außerordentlich guten Ruf als Expertin für historische Tänze genießt, werden die Tänze grundsätzlich auf der Grundlage historischen Quellenmaterials und unter Einbeziehung verschiedener Zeitdokumente einstudiert. Langjährige Kontakte durch regelmäßige Fortbildungen bei anerkannten Tanzwissenschaftlern und -pädagogen entwickelten und erweiterten die Kenntnisse. Vor allem Barbara Sparti (Rom) und Madeleine Inglehearn (London) sind seit Jahren von der Gruppe um Anni Avenius begeistert und kommen immer wieder gerne in die Rennstadt, um den Tänzerinnen und Tänzer bei der oft schweißtreibenden Ausarbeitung historischer Tänze weiterzuhelfen.
Und weil sich die Kleidung unmittelbar auf die Körperhaltung und die Bewegung auswirkt, spielen die Kostüme eine ganz wesentliche Rolle. Stolz ist die Gruppe auf den im Laufe der Jahre recht angewachsenen Kostümfundus. Die Gewänder und Roben wurden alle nach Originalschnitten und historischen Bildvorlagen angefertigt. „Das Nationaltheater Mannheim und die Badische Landesbühne Bruchsal haben uns dabei sehr geholfen“, freut sich die Tanzmeisterin über diese professionelle Unterstützung. Aber auch die Maske spielt bei den stilechten Darstellungen der Epochen eine wichtige Rolle. Dank der Unterstützung durch erfahrene Maskenbildnerinnen sind die Tänzerinnen und Tänzer mittlerweile in der Lage, sich gekonnt und vor allem stilecht zu schminken. Übrigens eine wichtige Grundvoraussetzung, wenn der pfälzische Kurfürst oder der badische Markgraf wieder zum zum Fest „a grand parure“ befiehlt.
Da Anni Avenius und ihre Gruppe viel Wert auf Originalität legen, lässt man sich bei den Auftritten auch musikalisch von entsprechend geschulten Gruppen und Ensembles begleiten. „Nur so lässt sich die Zeit auch wirklichkeitsnah darstellen.“ Für „I Danzatori Palatini“ ist es immer wieder ein großes Vergnügen, das Leben längst vergangener Epochen wieder lebendig werden zu lassen. Am besten gelingt dies natürlich bei Veranstaltungen und Auftritten in der historischen Umgebung der prachtvollen Barockschlösser in Mannheim, Schwetzingen, Bruchsal oder Rastatt. Aber auch auf zahlreichen Reisen konnte der Geist vergangener Zeiten nacherlebt werden: Ob nun in die alten Universitätsstadt Greifswald, den Schlössern in Commercy und Nancy, oder in den kurkölnischen Schlössern im Rheinland. Diese und viele andere historische Stätten bildeten immer wieder die passenden Hintergründe für die Auftritte der Hockenheimer Tanzformation.
Am morgigen Sonntag wird man aus Anlass des 30-jährigen Bestehens war nicht „bey Hofe“ zu Gast sein, sondern sich selbst gebührend und zu Recht im „Stadtpark“-Saal feiern. Aber auch dort wird sicher einmal mehr der berühmte Funken auf die Gäste der Jubiläumsmatinee überspringen und verdeutlichen, dass die Freude am Tanzen noch immer die primäre Antriebsfeder ist, die diese Ensemble nun seit drei Jahrzehnten zusammenhält. Und dass „I Danzatori Palatini“ in all den Jahren zu einem Aushängeschild der vorbildlichen Kulturarbeit am Hockenheimer Gymnasium wurde und damit aber auch zu einem attraktiven Botschafter der Rennstadt und der gesamten Kurpfalz in ganz Europa, sei am Schluss nur am Rande erwähnt.  (og)

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