Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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Die Braukunst im Mittelalter

04.02.14 (Brauchtum & Tradition, Speisen & Getränke)

In der Zeit zwischen der Völkerwanderung bis ins hohe Mittelalter stellte jeder Haushalt sein Bier für den eigenen Bedarf her. Es gehörte zu den Obliegenheiten der Frauen wie das Brotbacken. Gelang ein Sud besonders gut, so lud die Hausfrau ihre Nachbarinnen zum Bierkränzchen ein. Ein Brauch, aus dem später das Kaffeekränzchen entstand.
In alten Handbüchern ist die Rede vom Warmbier. Es wurde am Morgen bereitet und galt als Frühstück unserer Vorfahren. Bereitet wurde es mit Ei, Ingwer und Muskatnuss. Dieser weitverbreiteten Sitte schrieb man nicht zuletzt die gute Gesundheit der Bevölkerung zu, zumal dieses Warmbier auch als bewährtes Hausmittel Anwendung fand. Seit dem 9. Jahrhundert fanden auch die Mönche in den Klöstern Gefallen am Bierbrauen. In Germanien, Gallien, Britannien und bei verwandten Völkern errichtete man innerhalb der Klöster Brauereien. Diese waren an der Entwicklung des Brauwesens bahnbrechend beteiligt, und noch heute verdankt ihnen die Brauwissenschaft wichtige Erkenntnisse. Vor allem haben sie den Hopfen als Würzmittel populär gemacht.
Aus dem Mendelschen Bruderhausbuch, das 1397 in Nürnberg verfasst wurde, stammt die älteste Darstellung eines Bierbrauers in Deutschland. Der in diesem Bild gezeichnete sechszackige Stern, der seit altersher als Sinnbild der Durchdringung der sichtbaren und unsichtbaren Welt galt, ist das älteste Zunftzeichen der Brauer. An manchen alten Wirtshausschildern ist dieser Stern noch zu finden.
Im deutschen Sprachgebiet waren es hauptsächlich Benediktinerklöster, denen die Bereitung eines besonders guten Bieres gelang. Eines der ersten Brauklöster entstand in St. Gallen, zu dessen Wirtschftsbetrieb nach einem Grundriss vom Jahre 820 gleich drei Brauhäuser zählten, eines für die Mönche und Knechte des Klosters, eines für die Pilger und eines für die vornehmen kirchlichen und weltlichen Gäste. Dazu gehörten Darre, Malzquetsche, Kühl-, Gär- und Lagerhäuser sowie eine Böttcherwerkstatt (Küferwerkstatt). St. Gallen wurde beispielhaft für alle Klosterbrauereien.
Man darf nicht übersehen, dass das Bier für die Mönche ein nahrhaftes Getränk zu den Mahlzeiten war, dies vor allem während der Fastenzeiten, denn es galt die Regel, dass alles, was flüssig ist, auch während des Fastens genossen werden darf. Über den Bierverbrauch in den Klöstern liegen recht erstaunliche Angaben vor. Chronisten berichten, dass die Zuteilung für den Bierverzehr je Klosterinsasse bei fünf Mass am Tage gelegen habe. Einer Verordnung des Dekans Ekkehard I. zufolge standen jedem Klosterbewohner in St. Gallen täglich „sieben Essen mit reichlich Brot und fünf Zumessungen Bier“ zu.
Zunächst brauten die Klöster nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für die vielen Besucher, die täglich an die Klosterpforte klopften, um kostenlos Hunger und Durst zu stillen. Mit der Zeit aber fand die Geistlichkeit heraus, dass man das Bier auch verkaufen kann, wie das manche Hausbrauereien in den Städten längst getan haben. So entwickelten sich die Klosterbrauereien zu lukrativen Wirtschaftsbetrieben. Gegen Entgeld erhielten die Mönche das Recht, Bier gewerblich zu vertreiben. Wie Pilze schossen Klosterschenken aus dem Boden, in denen nicht nur Gäste bewirtet, sonder auch über die Gasse verkauft wurde. Aus einer damaligen Aufzeichnung geht hervor, dass in Nürnberg ein Kloster jährlich 4.500 Eimer Bier ausschenkte. Das sind etwa 3.000 Hektoliter. Ein Eimer fasste zwischen 60 und 70 Liter.
Von den bürgerlichen Brauereien und Gaststätten wurde die Klosterbiererzeugung immer mehr als schädliche Konkurrenz empfunden, zumal die Klosterbiere meistens besonders gut waren und billig abgegeben werden konnten, da die Mönche keine Arbeitslöhne zu bezahlen hatten und vielfach steuerliche Vergünstigungen genossen. Als im 12. Jahrhundert in den Städten grössere Handelsbrauereien gegründet wurden und das „Bier-Handwerk“ eine geachtete Stellung errungen hatte, wurde die Gegnerschaft so stark, dass es zu tätlichem Aufruhr gegen die klösterlichen Konkurrenten kam. Als Folge wurde von vielen Landesfürsten der öffentliche Verkauf von Klosterbier sowie die Führung von Bierschenken durch Klöster verboten. Als erster erliess Kaiser Sigismind (1410 bis 1437) ein solches Verbot.
Mit dem Rückgang der Klosterbrauereien und dem Aufschwung der Handelsbrauereien in den Städten wurde das Bier zum allgemeinen Getränk. Fachmännisch ausgebildete Brauer verbesserten das bisher wenig schmackhafte Bier. An Stelle der vielen Gewürze gebrauchten sie Hopfen, der dem Getränk einen angenehmen bitteren Geschmack verleiht und seine Haltbarkeit erhöht. Der Hopfen war zwar schon lange vor unserer Zeitrechnung bei den bierbrauenden Völkern Asiens bekannt gewesen. Aber das Wissen um seine Verwendbarkeit als Würzstoff für das Bier ist später für lange Zeit verlorengegangen.
Schon seit Jahrhunderten wird das Bierbrauen durch Verordnungen und Gesetze geregelt. Die erste Verordnung erschien bereits im Jahre 1155 in Augsburg. Sie lautet: „Wenn ein Bierschenker schlechtes Bier macht oder ungerechtes Mass gibt, soll er gestraft werden, und überdies soll dasselbe Bier vernichtet, oder den Armen umsonst ausgeteilt werden.“ Das bekannteste und berühmteste Braugesetz ist aber das sogenannte Reinheitsgebot, die wohl älteste lebensmittelrechtliche Vorschrift. Das Reinheitsgebot wurde von dem bayrischen Herzog Wilhelm IV. im Jahre 1516 erlassen und beinhaltet, dass zum Bierbrauen nur Gerstenmalz, Hopfen und Wasser zugelassen sind.
Bis heute hat sich das Reinheitsgebot vielerorts behaupten können. Die bis Ende 1982 gültige Schweizerische Lebensmittelverordnung weist darauf hin, dass man unter einem Bier ein aus Gerstenmalz, Hopfen und Wasser hergestellten Getränk zu verstehen hat. Diese Definition entsprach genau dem Reinheitsgebot. Zwar wird darin auch noch die Hefe erwähnt, die heute als Reinkultur unter Ausschluss schädlicher Mikroorganismen gezüchtet wird, während ehemals die Gärung durch die aus der Luft zufällig hinzutretenden wilden Hefen bewirkt wurde.
Die seit 1983 gültige neue Lebensmittelverordnung hat dieses Gebot insofern gelockert, als sie neben dem Gerstenmalz auch die Verwendung von Weizenmalz und als Zusatz weitere stärke- und zuckerhaltige Rohstoffe in bestimmten Mengen erlaubt.
Natürlich wurde auch früher geprüft, ob alle Vorschriften bei der Bierherstellung eingehalten wurden. Wissenschaftliche Untersuchungen waren aber noch nicht möglich, und man musste sich allein auf den Geschmack verlassen. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde eine Qualitätsprüfung beispielsweise mit dem Hosenboden vorgenommen. Die amtlichen Prüfer setzten sich, mit ledernen Hosen bekleidet, auf eine Bank, die mit dem zu untersuchenden Bier bestrichen wurde. Drei Stunden lang mussten sie auf dem gleichen Fleck ruhig sitzen bleiben. Auf Kommando hatten sie dann gleichzeitig aufzuspringen. Blieb die Bank an den Hosen kleben, so war das Bier gut geraten.
Wohl hat das Brauen nach dem Reinheitsgebot die Qualität des Bieres erheblich verbessert. Ein Verlass auf stets gleichbleibende Qualität war jedoch nicht möglich. Bierbrauen hiess: Mit dunklen Mächten gegen Verderbnis und Missglücken des Gebräus zu ringen. Man kannte noch keine Mittel, verderbliche Keime vom Sud fernzuhalten, und die Gefahr des „Umschlagens“, des Sauerwerdens des Bieres, war ein für Brauer gefürchtetes Schreckgespenst. Wenn von zehn Suden sieben gelangen, so galt das als gute Leistung.
Noch im Jahre 1840 wurde ein Braumeister, der besonders gute Erfolge hatte, beschuldigt, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Da man sich die Vorgänge beim Bierbrauen nicht erklären konnte, versuchte man, durch allerlei geheimnisvolle Handlungen und durch Hersagen von Sprüchen Unheil vom Bier fernzuhalten. Ein altes Sprichwort besagt: „Beim Bier gesungen, gerät das Bier wohl.“, wobei Lieder gewählt wurden, die dem Teufel nicht gefielen. Oder man bedeckte den Gärbottich mit einem Balken, auf den man ein Kreuz und eine Schere legte und die Balkenenden mit Salz bestreute, um die bösen Geister abzuschrecken.
Auch zu allerlei Kräutern wurde Zuflucht genommen. In einem Buch aus dem Jahre 1759 findet sich der Ratschlag: „Wenn man Bier brauet, soll man einen guten Strauss grosser Brennesseln auf den Rand des Bottichs legen, so schadet der Donner dem Bier nicht.“

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