Die Fischer von Ketsch
02.08.96 (Landwirtschaft & Forsten, Städte & Gemeinden)
Da das alte Fährmannshaus am Ketscher Rheinufer baufällig
geworden war, wurde ein neues geplant und 1790 errichtet. Dieser
neuen Fergenunterkunft war aber kein Glück beschieden, denn
bereits vier Jahre später wurde es von einem schweren Sturm
beschädigt und 1801 gar vom noch ungezähmten Rhein unterspült.
Dem Fährmann Thomas Jünger und seiner Familie blieb nichts
anderes übrig, als das vom Einsturz bedrohte Haus zu räumen.
Anders als in den Jahrhunderten zuvor wurde das recht große
Gebäude aber nicht wieder erneuert. Die Auswirkungen der
Revolutionskriege mit Frankreich, die Auflösung der Kurpfalz und
des Fürstbistums Speyer und schließlich die 1820 beginnende
Rheinregulierung durch Tulla verhinderten immer wieder das
geplante Vorhaben.
Der Fährbetrieb litt nicht nur unter dem sich immer wieder
wechselnden Frontverlauf sondern auch unter einer zunehmenden
Reparaturhäufigkeit der Fähre. Auch die Umgebung der Anlegestelle
veränderte sich ständig. Aus alten Unterlagen ist zu entnehmen,
daß 1801 „die Höhen des Ufers zwischen Bronnen und Färchenhauß“
vor dem Einrutschen wegen ständiger „Schwämmungen“ geschützt
werden mußten. Dabei handelte es sich um den Bereich des späteren
Enderlegartens zwischen dem Dorfbrunnen an der Brühler Straße und
dem Bruchgraben, wo das Fergenhaus (Fährhaus) stand.
Die gesamte Uferböschung wurde mit Steinen, Erde und
Weidengeflecht aufgefüllt und bepflanzt. Bereits 1804 versuchte
das kurfürstlich-badische Rentamt das rund neun Ar große Areal zu
verkaufen, nachdem ein Teil bereits an den Einhornwirt Philipp
Jakob Knittel verkauft worden war. Um 1885 wurde diese Wirtschaft
übrigens in „Enderle“ umgenannt.
Das Gelände um das ehemalige Fährenhaus wird noch um 1815 in den
Akten als „Herrschaftliches Fischerplätzchen“ geführt, aber 1816
kaufte dann der Einhornwirt den restlichen Bereich, so daß das
ganze Fährengelände (heute in etwa der Bereich zwischen Café
Rheininsel und der Tankstelle) an ihn fiel.
Der Ketscher Heimatforscher Robert Fuchs nimmt an, daß erst
später nach 1833, als die Familie Stratthaus das „Einhorn“
übernahm, das Gelände, das Enderlegarten genannt wurde, als
Bierausschank ausgebaut wurde. Er vermutet sogar, daß der später
beliebte Biergarten erst nach der Umbenennung des Lokals in
„Enderle“ um 1885 entstand. Der Biergarten blieb bis nach dem
Zweiten Weltkrieg erhalten und wurde Anfang der 50er Jahre als
Hausgrundstück verbaut.
Eng mit dem Grundstück ist auch die Geschichte der Ketscher
Fischer verbunden. Sie nutzten das Gelände um das Fährenhaus als
sicheren Platz in der Nähe des Rheines, um ihre Geräte, Netze und
Boote aufzubewahren. Fischer und Fährleute kamen stets gut
miteinander aus, oft übte man ja beide Berufe gleichzeitig aus.
So war der bereits erwähnte Fährmann Thomas Jünger zugleich noch
Fischmeister und Rheingraf. Um 1830 schlossen sich die Fischer
Heinrich Gredel, Philipp Jakob Leiberich, Kaspar Limbeck, Adam
Gredel und Wilhelm Rohr zu einer Konsortium zusammen, um die
Ketscher Fähre gemeinsam zu betreiben.
Eines sei noch am Rande vermerkt: Es war übrigens just dieser
Enderlegarten, in dem der Angelsportverein 1928 in den 30er
Jahren seine ersten Fischerfeste feierte. Daß sich daraus einmal
das wohl bekannteste Fischerfest der ganzen Region, das Ketscher
Backfischfest, entwickeln sollte, daran dachte zu dieser Zeit
wohl noch niemand. (og)