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Die Geschichte des Karl-Ludwig-Sees

24.02.97 (Arbeit & Soziales, Landschaft & Orte)

Wer als Kind mit dem Fuhrwerk, zum Beispiel mit Fritz Mergenthaler, von Oftersheim aus die anderthalb Wegstunden auf dem Heuweg durch den Hardtwald in Richtung „See“ zockelte, um Heu zu holen, und über die Kraichbachbrücke kam, dem bot sich ein unvergleichlicher Anblick. Soweit das Auge reichte, sah man Wiesen, in der Ferne die Herrenteich Ziegelei und mitten im Gelände gleich einem Orientierungspunkt die „Schwarze Hütte“. Hie und da standen einige Pappeln, auf den Wiesen beobachtete man einzelne Menschengruppen beim Mähen oder Heumachen. Ab und zu der Ruf eines Wiesenvogels, sonst Ruhe und flimmernder Sonnenschein über dem weiten Land.
Der ehemalige Karl-Ludwig-See zwischen Hockenheim und Ketsch war einstens ein von Oftersheim abgetrennter Gemarkungsteil und ein für die Gespann  und Handfröner des Dorfes verhaßtes Arbeitsgebiet. Die Fron wurde oft ohne jede Rücksicht auf die bäuerlichen Belange mitten in der Erntezeit festgesetzt. Unter dem Kurfürsten Ludwig VI. (1576 – 1583) wurde eine große Fischweiheranlage geschaffen. Der See heißt daher in den alten Urkunden mit Recht Ludwigsee. Erst im 18. Jahrhundert taucht die Bezeichnung Karl-Ludwig-See auf.
Der See hatte drei Weiher. In dem einen Becken befanden sich die Karpfen, im anderen die Hechte und in dem letzten die Schleien, andere Fische und Schildkröten.Den Fischern von Altrip oblag es, im See mit „eigenem Garn und Nachen“ zu fischen und die Erträge an die Hofkammer in Heidelberg abzuliefern. Zur Aufsicht und Pflege wurde ein See- oder Wiesenknecht bestellt. Dieser konnte das herrschaftliche Seehaus mit Stallung und Scheune, den Wiesen von einem Falltor zum anderen frei nutzen. Außerdem nutzte er den Distrikt in und um die Weiher einwärts des Grabens, den Damm und acht Morgen „Seeäcker“. Dieser Lohn wurde ergänzt um zehn Gulden und vier Malter Korn „in speyerischer Messung“.
Die Größe des Sees kann man einem Erbbestandsbrief des Kurfürsten Carl Theodor vom 17. Mai 1783 entnehmen. Das Gelände wurde erst  in jener Zeit für die Erbbeständer abgesteint und vermessen. Es betrug „ohngefähr 495 bis 600 Morgen“ versumpftes Wiesengelände. Die Frischwasserzufuhr erfolgte vom Kraichbach her durch den sogenannten Seebach, der durch
Hockenheimer Gemarkung führte.
Die sieben Hardtwalddörfer mußten einst in Fron die Weiher nebst dem Seebach ausheben. Sie hatten außerdem die Pflicht, alle sechs Jahre den Bach und die Seeufer zu reinigen und auszuheben. Aus einer Oftersheimer Gemeinderechnung von 1730 geht hervor, daß die Gemeinde nach altem Brauch jährlich einige Handfröner für den Karl-Ludwig-See stellen und einige Gulden als Naturalfron für dieses Wiesengelände entrichten mußten. Die Walddörfer haben damals einen „Seegrafen“ gehalten. Der Oftersheimer erhielt beispielsweise jährlich vier Gulden 49 Kreuzer Lohn für seine Aufsichtstätigkeit.
Der Karl Ludwig See war, wie auch die angrenzenden Hardtgewanne, eine selbständige, abgesonderte Gemarkung. In dem Erbbestandsbrief von 1783 heißt es: „Die Beständer sind keiner Gemeinde einverleibt“. Die Badische Regierung erließ 1810 eine Verfügung, daß „künftighin das ganze Erbbestandsgut dem Oftersheimer Dorfgericht, jedoch ohne daß solches der Oftersheimer Gemarkung beigeschlagen und hieraus Lasten, die aus dem Gemeinderecht fließen, gelegt werden dürfen“, unterworfen sein soll. Dafür mußte die Gemeinde Oftersheim ein eigenes Lagebuch über die abgesonderten Gemarkungen führen. Oftersheim unterstand die Polizeigewalt, die Feldhut, die Grundbuchführung und die standesamtlichen Funktionen.
Nach den Rechnungsbelegen von 1832bis 1839 haben der Bürgermeister und der Ratschreiber von Oftersheim zusammen mit dem Karl-Ludwig-See-Rechner die Geschäfte geführt. Die erste nachweisbare Karl-Ludwig-See-Rechnung wurde von Rechner Jakob Gund für die Zeit vom 17. Dezember 1829 bis 30. April 1834 erstellt.
Die Karl-Ludwig-See-Companie bildete ein eigens für sich bestehendes Ganzes. Die einzelnen Eigentümer mußten die Kosten der Wege, Brücken, Schleusen und Grabenbauten aus eigenen Mitteln bestreiten. In den nachfolgenden Jahren bis heute gab es in der Genossenschaft nur wenige Wechsel in der Leitung.
Die Geschichte des Karl-Ludwig-Sees ist ein aufschlußreiches Beispiel, wie der Wandel in der Agrarstruktur von der einst extensiven zur intensiven und schließlich zur mechanisierten und spezialisierten Landwirtschaft vollzogen wurde. Die Entwicklung zur Industriegesellschaft gestaltete die Landschaft grundlegend um. Die ökologische Struktur des Sees wurde hierbei besonders hart getroffen und in kaum reparabler Weise verändert.
Aus: Schwetzinger Zeitung (idt), 24.2.1997

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