Kurpfalz Regional Archiv

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Ein Qualitätsbegriff für Leib und Seele

20.08.06 (Hockenheim)

36. Schlacht- und Siedlerfest des MGV Eintracht / Deftige Leckereien / Wellfleisch mit Sauerkraut ein Renner / Allgäu-Duo Herbert & Werner lassen Tabakschuppen zum „Stadl“ werden
Seit vielen Jahren locken Hoffeste die Menschen in großen Scharen hinaus in die Rheinniederung. Zu den Höhepunkten im Veranstaltungskalender der idyllischen Umgebung der Ketschau oder des Siegelhains gehört das traditionelle Siedler- und Schlachtfest des MGV Eintracht. Die deftigen Spezialitäten aus dem Wurstkessel haben einen so guten Ruf, dass die Besucher inzwischen aus der ganzen Region in den wohl bäuerlichsten Teil der Rennstadt kommen. Trotz des zunächst wechselhaften Wetters und einem Sommergewitter mit wolkenbruchartigem Regen herrschte am Wochenende reges Treiben rund um das Christ-Schmitt’sche Hofgut. Ein Blick auf den großen Parkplatz verdeutlichte, dass viele Besucher sogar aus Mannheim, Heidelberg und den pfälzischen Nachbargemeinden angereist waren, um beim Siedlerfest ein paar vergnügliche Stunden zu verbringen.
Wieder einmal hatten die vielen Helferinnen und Helfer des MGV Eintracht die große Scheune zu einem urigen Lokal umfunktioniert. Geschickt nutzten sie dabei den erst vor wenigen Tagen eingebrachten und zum Trocknen aufgehängten Tabak und gewaltige Heuballen als passende Dekoration für einen Teil der großen Halle. Ein stimmungsvolles Bild nicht nur für die Augen: der würzige „Landgeruch“ vermischte sich mit den deftigen Gerüchen aus der Küche zu einem ganz besonderen Aroma. Und auch der Gestank – pardon Geruch – aus den Ställen der Schweine, Kühe und Pferde wurde ebenso wahrgenommen wie die lieblichen Duftwolken aus den umliegenden Bauerngärten mit ihren vielen Blumen. „Das ist die Landluft, wie wir sie lieben“, stellte die Mannheimerin Barbara Scherer noch einmal tief durchatmend fest und stellte sich mit ihrer Familie in die lange Reihe der Wartenden nach dem frisch aus der Brühe geholten Wellfleisch.
Auch zum 36. Siedlerfest im Siegelhain waren am Abend zuvor die hausgezogenen Schweine vom Bauern nebenan geschlachtet und zu den Leckereien verarbeitet worden, die die Kurpfälzer so schätzen: Leber- und Griebenwurst, Schwartenmagen und Bratwürste. Und die beiden Tage über dampfte in den großen Kesseln natürlich das Wellfleisch, das stets frisch auf den Tellern angerichtet und mit Sauerkraut, der typisch Hockenheimer Spezialität, serviert wurde. Den vielen Besuchern fiel einmal mehr die Entscheidung nicht leicht, nach dem frischen Griebenschmalz-Brot und dem Wellfleisch vielleicht doch noch eine Portion Hausmacher bei den flinken Bedienungen zu bestellen – oder doch lieber mit seiner Frau eine „Eintrachtpfanne“ zu teilen. Der Duft war einfach zu verlockend, um widerstehen zu können.
Der gestrige Sonntagvormittag gehörte einmal mehr dem Chorgesang. Traditionell konnte der Eintracht-Vorsitzende Siegfried Zahn nicht nur die drei Hockenheimer Brudervereine Liedertafel, Sängerbund-Liederkranz und Arbeitergesangverein zum musikalischen Frühschoppen begrüßen, sondern auch die „Harmonie“ aus St. Leon-Rot. Klar, dass nach so vielen wohlklingenden Stimmen auch zur Kaffeestunde die Halle voll besetzt war und zu den Klängen der „Blauen Husaren“ die vielen leckeren Kuchen- und Tortenspezialitäten reißend Absatz fanden. Und selbst im angrenzenden Biergarten gab es trotz der wechselhaften Witterung teilweise kaum noch ein freies Plätzchen.
Dies hatte das Regenwetter am Samstagabend zwar verhindert, was der guten Stimmung aber keinen Abbruch tat. In der großen Halle rückte man einfach noch näher zusammen, um einen schwungvollen und unterhaltsamen Abend mit dem Original Allgäu-Duo aus Füssen zu verleben. Mit Werner Fischer und Herbert Haupt waren zwei Ur-Bayern in die Rennstadt gekommen, die nicht nur für viel „Musi“, sondern mit ihrem krachtenledernen Humor für wahre Lachorgien sorgten. Keine Frage, die „Eintracht“ hatte mit dem Engagement dieser Vollblutmusiker einen guten Griff getan, der beim Publikum mit Beifallstürmen aufgenommen wurde und den Tabakschuppen zum „Stadl“ werden ließ.
Viele hatten gestern das Auto zu Hause gelassen und waren mit dem Fahrrad hinaus in die ländliche Umgebung gefahren. Vorbei an Mais- und Tabakfeldern erreichten sie den idyllisch gelegenen Siegelhain mit seinen schmucken Bauerngärten und fast erntereifen Apfel-, Birnen- und Pflaumenbäumen. Auf den Weiden grasten Kühe und Pferde, in den Pferchen grunzten die Schweine und ab und zu huschten auch mal ein paar Hühner über den Weg. Für die Kinder gab es so viel zu sehen. Und zum Austoben stand eine große Hupfburg bereit.
Das Siedler- und Schlachtfest wurde in diesem Jahr einmal mehr seinem gutem Ruf gerecht und bewies, dass es auch nach fast vier Jahrzehnten noch immer ein ganz besonderer Qualitätsbegriff für Leib und Seele ist.

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