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Eine kleine archäologische Sensation

03.11.10 (Reilingen)

Grabungsarbeiten im Bereich der Burg Wersau bestätigen geophysikalische Bodenanalyse, fördern aber auch Funde aus unterschiedlichen Epochen zu Tage / Flächengrabung als Ziel / Kommt eine Lehrgrabung der Universität Heidelberg?
Eigentlich kennt jedes Kind eine Burg, jeder junge Mensch weiß, wie so eine mittelalterliche Festung aussieht, und jeder Erwachsene hat in seinem Leben schon die eine oder andere besucht. Wenn es aber um die Burg Wersau bei Reilingen geht, dann wird es schwierig. Gesehen hat sie noch niemand, kennen tun sie nur wenige. Auf alten Plänen sind verschiedene Ansichten zu sehen, Archivalien geben in Beschreibungen das Aussehen einer Burganlage wider, die im Mittelalter zu den bedeutendsten Einrichtungen ihrer Art im Rhein-Neckar-Raum gehört haben muss. Dies jedenfalls machen die inzwischen zweijährigen Forschungsarbeiten rund um die Burg Wersau deutlich – und seit einigen Tagen ist auch tatsächlich von ihr etwas zu sehen. Zwar keine Sternstunde der Archäologie, aber dennoch eine kleine Sensation – zumindest für den kurpfälzischen Raum und die regionale Heimatforschung. Bereits aufwändige geophysikalische Bodenuntersuchungen hatten 2007 zum Ergebnis geführt, dass die Wersau als „Burg unter der Grasnarbe“ in der Erde am südöstlichen Ortsrand von Reilingen vor sich hinschlummert. Groß war die Freude bei den „Freunden Reilinger Geschichte“, als im Sommer das Landesdenkmalamt einer Grabungskampagne zur archäologischen Erforschung der Überreste der Burg Wersau zustimmte. Zwar sollten nur ein paar Gräben gezogen werden, um zu sehen, was sich wirklich unter der Grasnarbe verbirgt, was sich aber daraus entwickelte, sprengte gar den Erwartungshorizont der schon immer sehr optimistischen Mitglieder des Arbeitskreises Burg Wersau. Und die Arbeiten, die eigentlich nur auf zwei, drei Wochen ausgelegt waren, dauern ob der Menge von Funden noch immer an. Seit Mitte September ist nun ein Grabungsteam des Landesdenkmalamtes, Außenstelle Kalrsruhe, auf dem Gelände der Burg Wersau aktiv, und würde ohne den nahen Winter und bei genügend vorhandenen Haushaltsmitteln sicher noch Wochen vor Ort sein. „Die Funde sind so großartig, so einzigartig, dass wir der Burg Wersau eigentlich nur durch eine Flächengrabung gerecht würden“, betont der wissenschaftliche Grabungsleiter Dr. Folke Damminger. Leider habe man aber nicht den finanziellen Spielraum, so dass man zunächst nur auf punktuelle Stichgrabungen haben vornehmen können. Zunächst sei sogar nur geplant gewesen, einen rund 33 Meter langen Graben auszuheben, um zu schauen, was sich im Untergrund so alles verbirgt. Und das ist in der Tat sehr viel: Da im Bereich der Burg Wersau seit dem 11. Jahrhundert gebaut und gesiedelt wird (so zumindest die bisherigen Erkenntnisse), und seit dieser Zeit auch immer wieder kriegerische Handlungen oder Feuer für Zerstörungen gesorgt hätten, ist der gesamte Bereich voller Bauschutt aus nahezu acht Jahrhunderten. Mittelalterliche Ziegel, Schiefereindeckung und viel Keramik aus der alten Zeit wurden ebenso gefunden wie Betonbausteine, Ziegel oder Elektrokabel aus dem 20. Jahrhundert. An manchen Stellen sind es bis zu fünf und mehr Bodenschichten bis man im Mittelalter angekommen ist. Mit anderen Worten: An manchen Stellen liegt das historische Bodenniveau bis zu drei Meter tiefer als heute. An anderen Stellen traf man bereits nach 30 Zentimeter auf erstes Mauerwerk. Dies gilt vor allem für den Bereich der Vorburg, wo wahrscheinlich Mauern der ehemaligen Stallungen ans Tageslicht gefördert wurden.
Ganz besonders spannend geht es im Bereich vor der heutigen Schlossmühle zu, wo eigentlich gar nicht hätte gegraben sollen, weil dort keine Funde von der Geophysik angezeigt worden waren. Die eigenen Forschungen des Arbeitskreises Burg Wersau waren aber hier zu ganz anderen Ergebnissen gekommen. Den Bitten der Heimatfreunde nachkommend wurde also auch hier der Boden geöffnet – und man wurde fündig. Je mehr gegraben wurde, um so mehr Überresten aus der Vergangenheit wurde man gewahr. Inzwischen sind diese so zahlreich und in sich so verschieden, dass mehr Fragen im Raum stehen als Antworten. So hoffen nun alle darauf, dass die Uni Heidelberg im Rahmen ihrer Lehrgrabungen im Bereich der Burg Wersau aktiv wird, denn schließlich wurde hier 1386 die päpstliche Genehmigung zur Gründung der Universität dem Pfalzgrafen Ruprecht überreicht.

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