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Dom zu Speyer wurde später geweiht

10.11.16 (Forschung & Archäologie, Kirchen & Klöster, Museen & Archive)

bleitafelHistorische Grab-Bleitafel Grundlage für die Neudatierung
Der Kaiserdom in Speyer ist später geweiht, als bisher angenommen. Bisher wird eine erste Dom-Weihe auf das Jahr 1041 datiert. Jetzt widerlegt modernste Technik dieses Datum. Wissenschaftler der Universität Heidelberg haben mit Hilfe eines 3D-Scanners das genaue Datum nachweisen können, an dem der östliche Teil des Doms geweiht wurden – einige Jahre vor der Weihe des gesamten Domes. Diese erste Weihe fand demnach nicht wie bisher vermutet anno 1041 statt, sondern erst zwei Jahre später am 13. März 1043. Grundlage für die Neudatierung ist die Bleitafel, die Kaiserin Gisela bei ihrer Bestattung am 11. März 1043 mit ins Grab gegeben wurde. Die fast völlig zerstörte Inschrift konnte jetzt mit Hilfe eines 3D-Scanners rekonstruiert werden.
Der Text bestätigt, dass drei Erzbischöfe und mindestens zwölf Bischöfe nach Speyer gekommen waren. So viele geistliche Würdenträger hätten kurz nach dem Tod von Gisela niemals so rasch nach Speyer kommen können. Die Schlussfolgerung, Bischöfe und Erzbischöfe waren ohnehin in Speyer, um sich bei einer langfristig geplanten Domweihe zu versammeln.
Diese Erkenntnis bedeutet allerdings nicht, dass in der Vergangenheit Feierlichkeiten anlässlich der Domweihe falsch begangen wurden. Für diese Anlässe bleibt laut Bistum das Datum der Weihe des gesamten Doms anno 1061. Dieses Jahr ist wissenschaftlich eindeutig belegt.
Die Bedeutung der Bleiplatte der Kaiserin Gisela
Kaiserin Gisela starb am 15. Februar 1043 in Goslar, ihr Leichnam wurde nach Speyer überführt und am 11. März an der Seite ihres bereits 1039 verstorbenen Gemahls Konrad II. beigesetzt. Als im Jahr 1900 die Königs- und Kaisergräber im Speyerer Dom geöffnet wurden, fanden sich im Grab Giselas unter anderem die aus Kupfer gefertigte Grabkrone und eine bleierne Inschriftentafel, eine sogenannte Grabauthentik.
Diese Bleiplatte trägt eine insgesamt 14-zeilige Inschrift, von der aber nur die ersten drei Zeilen und der Beginn der vierten Zeile deutlich eingraviert sind. Der sich anschließende Text wurde lediglich in einer Art Vorzeichnung eingeritzt und kann heute mit bloßem Auge kaum noch erkannt werden. Dem Ausgräber Hermann Grauert war es nach eigenen Angaben jedoch noch möglich, den Text zu entziffern. Laut seiner Lesung haben an der Beisetzung der Kaiserin nicht nur ihr Sohn Heinrich III., sondern zahlreiche Bischöfe und Erzbischöfe teilgenommen. Sollte die Lesart Grauerts richtig sein, würde die Vermutung nahe liegen, dass sich die Anwesenheit der geistlichen Würdenträger in Speyer nicht auf die Bestattung Giselas bezog, sondern auf eine Teilweihe der liturgisch wichtigen Ostteile des Doms. Das Datum der Schlussweihe 1061 bleibt von der Untersuchung unberührt.
Um Gewissheit über den Text zu erlangen, wurde die Tafel im Sommer diesen Jahren im Historischen Museum der Pfalz mit einem Streifenlichtscanner untersucht. Der Scanner ist in der Lage, selbst kleinste Unebenheiten, die für das menschliche Auge nicht mehr wahrnehmbar sind, zu erkennen und darzustellen, so dass Inschriften, die mittlerweile verloren scheinen, rekonstruiert werden können. Den Anstoß zu dieser Untersuchung gab Matthias Untermann, Professor für Mittelalterliche
Kunstgeschichte am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg. Zusammen mit Dr. Lenelotte Möller, Präsidentin der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, ist er verantwortlich für die wissenschaftliche Einordnung des durch die Untersuchung lesbar gewordenen Textes der Bleiplatte.
Durchgeführt wurde der Scan unter der Leitung von Dr. Susanne Krömker vom Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg. Eigentümer der Bleiplatte sowie aller Funde aus den Kaisergräbern ist das Bistum Speyer.  Beherbergt sind die Funde aus dem Speyerer Dom im Historischen Museum der Pfalz.
Die Inschrift auf der Bleiplatte von Kaiserin Gisela lautet:
ANNO. DOM(INICAE) INCARN(ATIONIS) D.CCCC.XCVIIII.III.IDVS NOV(EMBRIS) FELICIT(ER) NATA
GISILA.IMPERATRIX / CVONRADI IMPERATORIS CONIVX. MAT(ER) PIISSIMI REGIS HENRICI.TERCII. IN
IMPERIO CVM / VIRO SVO XIIII ANNIS MENSIBVS VIIII DIEBVS XVII VIXIT IN VIDVITATE AVT III ANNIS MENSI […]
„Im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 999, am 11. November, ist die Kaiserin Gisela glücklich geboren worden, die Gattin Kaiser Konrads, die Mutter des sehr frommen Königs Heinrich III. Sie hat mit ihrem Mann in der Herrschaft vierzehn Jahre, neun Monate, 17 Tage gelebt, im Witwenstand aber drei Jahre […]“
Der sich dann anschließende Text, der lediglich vorgeritzt wurde und mit Hilfe des Streifenlichtscanners in diesem Sommer entziffert werden konnte, heißt:
ANNIS MENSIbus VIII diebus X domino serviens ex huius vite laboribus anno dominicae incarnat MXLIII indictione XI kal. XV. mart felicius ad dominum migravit v.enim idus martias sepulta ab episcopo Sigebodone Spirensi in eadem civitate presente filio suo Henrico asstantibus (sic) et cooperantibus archiepiscopo Bartone Maguntino et suis suffraganeis Hazechone Wormacensi. Wilhelmo Strazburgensi. Eppone Constanciensi. Burchardo Halberstadensi. Ruodolfo Baderbrunnensi. Dietmaro Cu[riensi]. [Siu]deger Babenberg[ensi]. Gebehardo Aistetensi.
Design[atoribus?] […] H[?] […]Hunfredo Magdeburgensi. Herim[anno] [Colon.?] […] [Gebehar]d Radesponensi. Frider[ico Gebensi?] […]fo ses vis.
„[…] acht Monate und zehn Tage; dem Herrn dienend. Aus der Mühsal dieses Lebens ist sie im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1043, in der 11. Indiktion am 15. Februar selig zum Herrn eingegangen und am 11. März begraben worden von Bischof Sigibodo von Speyer in dieser Stadt, in Gegenwart ihres Sohnes Heinrich, in Anwesenheit und unter Mitwirkung des Erzbischofs Bardo von Mainz und seiner Suffraganbischöfe Azecho von Worms, Wilhelm von Straßburg, Eberhard von Konstanz, Burchard von Halberstadt, Rotho von Paderborn, Thietmar von Chur, Suidger von Bamberg, Gebhard von Eichstätt sowie der mit unterzeichnenden Bischöfe […] [von Hildesheim?], [Gebhar]d III. von Regensburg, Fried[rich von Genf?]“
Durch den Streifenlichtscan konnte nun die Lesung Grauerts in allen wichtigen Punkten bestätigt werden. Dr. Lenelotte Möller machte aus epigraphischer Sicht eine weitere, unerwartete Entdeckung: Der sorgfältig gravierte Teil der Inschrift weist andere Buchstabenformen auf, als der nur flüchtig vorgeritzte.

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