Kirrweiler – fürstbischöfliche Sommerresidenz und Oberamt
29.06.11 (Brauchtum & Tradition, Städte & Gemeinden)
Kirrweiler, einst Fürstbischöfliches Oberamt sowie Sommerresidenz im Hochstift Speyer, wird den Domnapf anlässlich des 950. Jahrestages der Domweihe am Sonntag, 2. Oktober, füllen. Damit kommt nach 400 Jahren – zuletzt 1611 zur Amtseinführung des Bischofs Philipp von Sötern – der Festwein wieder aus dem Zehntkeller der früheren Speyerer Oberhirten. Wie es alter Speyerer Tradition bei ganz besonderen Ereignissen entspricht, soll der edle Tropfen nach dem Festgottesdienst im Dom „zu des Volkes Lust und Fröhlichkeit“ ausgeschenkt werden. Munden soll eine „Domnapf Cuvée“, komponiert aus weißen Rebsorten, wie sie heute auf dem säkularisierten Besitztum der Speyerer Fürstbischöfe wachsen.
Dem Oberamt Kirrweiler und der dortigen Schaffnerei („Schlössel“ genannt) unterstanden zu Feudalzeiten die Ämter Deidesheim, Edesheim und Marientraut. Hier wurden Zehnt und auch Weinzehnt reglementiert und entrichtet. Kirrweiler war historisch betrachtet ein früher Hort Pfälzer Weinkultur. In der Kellerei der Fürstbischöfe stand die erste und lange Zeit auch einzige Kelter der Region. Nach der Versteigerung als Nationalgut kamen Schaffnerei und Kellerei in wechselnden Besitz. Kontinuität kam mit dem Jahr 1925. Seit die Urgroßeltern Julia und Johannes Schwaab Herrenhaus und Gut ihrem damals 23-jährigen Sohn Daniel ersteigerten, ist die aus Alsterweiler stammende Winzerfamilie hier ansässig. Von Daniels vier Söhnen übernahm der Älteste das Schlössel mit dem Zehntkeller, die jüngeren Brüder gründeten auf dem Areal des untergegangen Schlosses jeweils eigene Weingüter.
Die nächste Generation sind die Weinmacher von heute. Als „Die vier Schwaaben“ taten sich die Cousins jetzt zusammen, um in einer einmaligen Aktion den Domnapf zu füllen. Beteiligt sind die auf dem ehemals fürstbischöflichen Besitz begüterten Weingüter Markus Schwaab, Konrad Schwaab, Fridolin Schwaab und das Weingut Schlössel (Martin und Daniel Schwaab). Als Ältester von Vieren spricht Martin Schwaab auch für seine Vettern Markus, Hubert und Hans Peter, wenn er sagt: „Für die ganze Familie ist es eine große Ehre, wenn wir dieses Jahr gemeinsam den Domnapf füllen dürfen.“
Der Weinort Kirrweiler an der Südlichen Weinstraße war zu Feudalzeiten Oberamt und Sommerresidenz der Speyerer Kirchenfürsten. Während die Marienburg im Sturm der Französischen Revolution unterging, haben das „Schlössel“, die ehemalige Fürstbischöfliche Schaffnerei, und der dazugehörige Zehntkeller die Zeiten überdauert. Seit 1925 ist hier das Weingut Schlössel der Familie Schwaab zuhause. Auf Anregung von Kirrweilers Bürgermeister Rolf Metzger hat das Weingut aus den Trauben eines noch heute sich im Besitz des Bischöflichen Stuhles befindenden Weinbergs auf Kirrweilerer Gemarkung einen Wein gekeltert. Davon geht der Zehnt als Geschenk der Gemeinde Kirrweiler nach Speyer. Laut Bürgermeister Metzger soll dies zur jährlichen Tradition werden, um die alten historischen Verbindungen wieder neu zu knüpfen und zu beleben.