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Kupferstecher aus Speyer hat Mozart gedruckt

27.01.06 (Personalia)

Heinrich Philipp Boßler mit besten Beziehungen zur musikalischen Welt / Arbeiten heute sehr selten und teuer
Speyer ist unter den Städten, in denen Mozart nicht war, von besonderer Bedeutung. Im Zuge der derzeitigen Allgegenwart des Musikgenies werden gern Anknüpfungspunkte gesucht, um etwas vom Glanz des Jubilars auf die eigene lokale Gegenwart zu lenken. Speyer hat aber dazu eine besondere Berechtigung.
Im Jahre 1780 hatte sich der Kupferstecher Heinrich Philipp Boßler (1744 bis 1812) in Speyer niedergelassen und auf der Basis eines von ihm entwickelten neuen Notendruckverfahrens, das den bekannten ästhetisch überlegen war, einen Musikverlag gegründet. Trotz seiner Bedeutung ist er unbekannt geblieben, weil von ihm, anders als bei den Kollegen wie Schott in Mainz, André in Offenbach oder Breitkopf in Leipzig, kein Archiv erhalten ist. Der Sammler und Musikantiquar Hans Schneider hat 1985 als Erster in einem umfangreichen Werk den Verlag und seine Bedeutung aufgearbeitet.
Boßler hatte beste Beziehungen in die musikalische Welt. Er arbeitete mit den Wiener Verlagen Artaria, Kozeluch und Hoffmeister zusammen, ging auf die Leipziger Buchmesse. Ein besonderes Kennzeichen seiner Verlagstätigkeit war die Herausgabe von Sammelwerken und musikalischen Zeitschriften; er druckte auch Musikbeilagen für literarische Zeitschriften wie Sophie von La Roches „Pomona“ und verlegte namhafte Komponisten, unter anderem Haydn und Beethoven. Seine Druckmaschine war offenbar geeignet, auf Reisen mitgenommen zu werden, so dass er auch unterwegs gedruckt hat.
Im Speyerer Zusammenhang ist seine Arbeit für Mozart von Bedeutung. Er muss ihn schon 1784 (in Wien?) getroffen haben, denn aus diesem Jahr stammt sein Porträtkupferstich des Meisters. Schriftliche Zeugnisse über die Begegnung sind nicht bekannt. In seinem „Archiv der auserlesensten Musikalien“ druckt er ihn 1786 zum ersten Mal.
Als selbstständige Separatdrucke brachte er immerhin 13 Kompositionen heraus, neben kammermusikalischen Werken und Liedern wie „Das Veilchen“ vor allem das große Klavierkonzert KV 453, das in der von Boßler gedruckten Fassung noch heute wegen der Kadenz grundlegend für die kritische Musikwissenschaft ist.
In seiner „Musikalischen Korrespondenz“ Nr. 1 vom 4. Januar 1792 teilt er Mozarts Tod mit: „Mozart! Dieser Liebling der Musen ist todt! Seine Verdienste um die Tonkunst sind zu wichtig, als daß wir es blos bei der kalten Anzeige seines Absterben sollten bewenden lassen …“ Mit der Ankündigung eines Drucks des Klavierkonzerts KV 451 verbindet er wenig später einen weiteren Nachruf.
Seit etwa 1791 stagnierte der Verlag; Boßler verließ wegen der bevorstehenden Kriegsereignisse Speyer in Richtung Darmstadt, ging dann später als Impresario einer Glasharmonika-Virtuosin nach London. Dort verliert sich die Spur seiner Druckmaschine. Er starb 1812 in Leipzig.
Mit dem Verlag Boßler war Speyer in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts in enger Verbindung mit der Wiener Klassik, besonders mit Mozart und auch mit Haydn. Es war nur ungünstig für ihn, dass er in Speyer zu weit von den musikalischen Zentren wie Wien entfernt lag und so die vor Ort präsenten Kollegen die Geschäfte machen konnten.
Boßler-Drucke sind heute äußerst selten und sehr teuer. Die Landesbibliothek Speyer besitzt einen bedeutenden Teil seiner Produktion.
Aus: DIE RHEINPFALZ – Speyerer Rundschau
Autor: Jürgen Vordestemann
27. Januar 2006

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