Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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Armut machte auch vor Kirche nicht halt

25.04.98 (Kirchen & Klöster, Landschaft & Orte)

Ein Blick zurück in der Geschichte der Region zeigt, daß Wiesental mit Sicherheit zu den ärmsten Dörfern gehörte. Was selten war: in diesem kleinen Ort in der Lußhardt waren wirklich alle arm. Sogar die Pfarrei St. Jodokus und Nikolaus war mittellos und teilte damit das Schicksal der Menschen, die um 1750 in 139 Häusern mehr schlecht als recht lebten.Für den Pfarrer Caspar Ignatius Käpplein gab es zunächst kein Pfarrhaus, weshalb er bei seinem Amtsantritt für einige Zeit im Gasthaus „Zum Ritter“ provisorisch unterkam.Am schlimmsten aber war für den Priester, daß wegen des fehlenden Geldes
nicht einmal mehr Öl für das „Ewige Licht“ in der Kirche gekauft werden konnte. Und mußten die Sterbesakramente überbracht werden, fehlte im Dorf der „kleine Himmel“, die würdige, von den Ministranten getragene Stoffbedachung, die über dem Priester mit dem Allerheiligsten gehalten wurde.
Caspar Ignatius Käpplein war bereits 1734 in Wiesental als Pfarrer eingesetzt worden. Der mit 29 Jahren vom Fürstbischof von Speyer zum Dekan ernannte Geistliche berichtete 1753 in einer ausführlichen Schilderung dem Landes  und Kirchenfürsten über die schlimme Situation in Wiesental.
Die handschriftlichen Aufzeichnungen blieben der Nachwelt erhalten und liegen heute im Generallandesarchiv in Karlsruhe. Sie geben ein eindrucksvolles Zeugnis einer Zeit, die noch immer gern als „gute, alte Zeit“ tituliert wird:
„Es ermahnten mich mein Ambt und mein Schuldikeit, von hiesiger Pfarre ein gar gründlich und gewissenhaft Bericht zu geben. Dem zufolge setze ich den Statum, wie sich derselbe dermals befindet. Mein Name ist Caspar Ignatius Käpplein, bin gebürtig zu Eibelstadt im Herzogtum Franken. Habe absolviert Philosophiam und Theologiam universam. Kein Grad außer Magister der Philosophie. Ordinierret bin ich zu Fulda mit dem Titel eines Missionspriesters. Meine Collation auf die hiesige Pfarrei habe ich von einem Hochwürdigsten Bischof zu Speyer, bin daselbst confiriert und versehe diese meine Pfarre im 19. Jahr ohne Kaplan, bin alt 47 Jahr. In meinem Haus habe ich eine Base, welche ist meines Bruders Tochter, als Haushälterin begnügend, eine Viehmagd und einen kleinen Vetter.
Der Schulmeister nennt sich Peter Lenz, gebürtig zu Kirchzell, ist zwar wider den Willen der Gemeinde eingedrungen worden, verrichtet aber sein Amt mit allgemeinem Vergnügen des ganzen Ortes. Er versteht sich auf Volks- und Choralgesang wie auch auf Instrumentalmusik. Versteht auch die Rechenkunst und hat eine gute Hand zu schreiben. Versieht dieses sein Schulambt im siebten Jahr.
Das Pfarrhaus ist erbaut worden im Jahr 1731 von Ihrer Hochfürstlichen Eminenz höchst seligen Andenkens. Die Scheuer aber mit anderen Notwendigkeiten von Ihrer Hochfürstlichen Gnaden, unserm dermalen glorwürdigst regierenden gnädigsten Fürsten und Herren. Und befindet sich alles in solchem Stand, daß ich nicht zu klagen, sondern untertänigst zu danken habe.
Das Schulhaus ist ein mit Steinen vornehm von der Gemeinde aufgebautes Haus, welches zugleich zu einem Rathaus dienen muß. Es hat die notwendige Gelegenheit, bedarf auch keiner Reparation, und ich weiß nichts dabei zu notieren.
Die Kirch ist neu gebaut worden in den Jahren 1739, 40 und 41 von  Ihrer Hochfürstlichen Eminenz p.m. aus Kameralmitteln laut eines von der hiesigen Gemeinde eingegebenen untertänigsten Revers. Es ist diese Kirch in gar gutem Stand, daß ich an derselben nichts auszustellen weiß, als daß sie für die hiesige Gemeinde gar zu klein sei.
Es ist diese Kirche auch geweiht samt drei Altären, welches geschehn ist im Jahr 1742, am fünften August, von Ihrer Hochfürstlichen Eminenz p.m.
Erstens geht ab bei dem Hochwürdigen Hut das ewige Licht und kann von den Einkünften der Kirche nicht remediert werden.
Es geben vor einiger Zeit an die Käufer bei ihren Kaufkontakten von jedem Gulden einen Kreuzer, und so hat solches Kreuzergeld schon soviel betragen, daß 56 Gulden schon sind ausgelehnt worden, welches Geld mit der Zeit, wenn es zur genügsamen Summe anwachsen wird, zur Fundation desselben wird genommen werden.
Zweitens geht ab im Kirchhof das Beinhaus, drittens bei Versehung der Kranken der kleine Himmel. Es kann aber für diesmal wegen Armut der Kirche und der Gemeinde dieses Defectum nicht gesteuert werden.
Über andere Rubriken zu antworten, finde ich für unnötig.“
Kurz und knapp endet der Bericht von Pfarrer Caspar Ignatius Käpplein. Der Priester starb 1774 und fand seine letzte Ruhestätte als Dekan, der 40 Jahre seine Pfarrei betreute, in einer Gruft des während seiner Amtszeit gebauten Gotteshauses.
Das Kreuzergeld war übrigens bis 1772 auf 500 Gulden angewachsen. Der Fürstbischof zeigte sich großzügig und beließ das Geld der armen Gemeinde. Dafür mußte sie sich aber „auf ewiglich“ verpflichten, das „Ewige Licht“ in der Kirche zu unterhalten. Die neue Kirche wurde dann erst 1844 erbaut und steht noch heute weithin sichtbar in Wiesental, einer längst wohlhabend gewordenen Gemeinde im Bruhrain.

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