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Der Silberschatz von Lingenfeld

20.11.04 (Forschung & Archäologie, Geschichte allg.)

1969 fanden Bauern in Lingenfeld nahe der alten Straße von Speyer nach Germersheim einen Silberschatz, der angeblich in einem irdenen Topf im Erdreich vergraben war. Zu dem Schatz gehörten silberne Gefäße, Silbermünzen und Schmuckstücke. Aus unbegründeter Sorge, den Schatz ohne Belohnung an die Behörden abliefern zu müssen, meldeten die Finder den Fund nicht, sondern verkauften ihn weit unter Wert an Privatleute oder an den Kunsthandel.
Zum Glück blieb jedoch ein großer Teil des Schatzes in Speyer und Umgebung. Etwa 95% des Schatzfundes konnte rekonstruiert werden. Demnach bestand der Schatzfund aus sechs teilvergoldeten Silbergefäßen, die mit über 2369 Silbermünzen und darüber hinaus mit ganzen und zerbrochenen Schmuckstücken angefüllt waren. Die Silberbecher, die im südwestdeutschen Raum entstanden sind, stammen wohl aus vornehmen, adeligen Besitz. Durch die Münzen kann der Schatz in die Zeit zwischen 1347 und 1349 datiert werden. Die Zusammensetzung des Münzfundes mit einem fast 80 %-igen Anteil an verschiedenen Speyerer Hellern verweist auf die Herkunft aus der Stadt Speyer.
Der Fund von Lingenfeld lässt sich durch die Münzdatierung und durch seine Zusammensetzung mit einem historischen Ereignis in Verbindung bringen. Im Jahre 1348/49 setzte durch die Ausbreitung der Pest eine Pogromwelle gegen die jüdische Bevölkerung ein. Die Juden wurden zu Unrecht beschuldigt, durch Vergiftung der Brunnen die Pestepidemie ausgelöst zu haben. Sie wurden verfolgt, ermordet und ihr Besitz wurde geplündert.
In Speyer setzte – quasi als vorbeugende Maßnahme – die Verfolgung noch vor Ausbruch der Seuche ein. Einigen Juden gelang 1349 die Flucht aus Speyer. Offenbar hatte einer der Verfolgten den Weg zum sicheren kurpfälzischen Germersheim eingeschlagen. Bei Lingenfeld geriet er in eine gefährliche Situation, die ihn veranlasste seinen geretteten Besitz – den Silberschatz – zu vergraben. Aus unbekannten Gründen hatte er sein Eigentum später nicht mehr bergen können.
Das Eintauschen von Schmuck und kostbaren Gefäßen als Pfand für Geld bei jüdischen Geldverleihern ist durch verschiedene Quellen belegt. Christen durften im Mittelalter kein Geld gegen Zinsen oder Pfand verleihen. Die Silbergefäße und Schmuckstücke von Lingenfeld lassen vermuten, dass es sich hier um Gegenstände aus Pfandgeschäften eines jüdischen Geldverleihers handelt. Als der jüdische Bürger aus Speyer fliehen musste, hat er natürlich sein Bargeld und die wertvollen Pfänder mitgenommen. Sein weiteres Schicksal bleibt im Dunklen der Geschichte verborgen.

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