Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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Madame am Hofe des Sonnenkönigs

09.07.98 (Personalia)

Noch heute ist die Liselotte von der Pfalz überall in der weiten Kurpfalz ein Begriff und vor allem durch ihre über 50.000 Briefe nach deren Veröffentlichung populär geworden. Selbst in Frankreich kennt man Elisabeth Charlotte, Prinzessin von der Pfalz, spätere Herzogin von Orléans, unter „La Palatine  Duchesse D’Orléans“.
Als Tochter des Kurfürsten Carl Ludwig erblickte sie im Heidelberger Schloß das Licht der Welt. Ihr Vater war mit der kurfürstlichen Familie erst 1649 aus dem Exil in Holland in seine Herrschaft an Rhein und Neckar zurückgekehrt, wohin er mit seinen Eltern, dem unglücklichen „Winterkönig“ Friedrich V. und Prinzessin Elisabeth Stuart, hatte fliehen müssen.
Zurückgekehrt nach Heidelberg heiratete Carl Ludwig 1650 Charlotte, die Tochter des Landgrafen von Hessen-Kassel. Die Ehe stand von Anfang an unter einem unglücklichen Stern. Zwar wurde am 27. Mai 1652 ihre Tochter Elisabeth Charlotte geboren, aber bereits wenig später wandte sich der Kurfürst der jungen Hofdame Louise von Degenfeld zu. Nach fünf Jahren „Ehe über die linke Hand“ heiratete Carl Ludwig 1657 seine große Liebe nach seiner umstrittenen, selbst erklärten Scheidung von seiner Frau.
Louise von Degenfeld schenkte ihm 14 Kinder, die nach einem längst ausgestorbenen pfälzischen Adelsgeschlecht die Titel Raugrafen und Raugräfinnen erhielten. Damit die kleine Liselotte nicht den ständigen Streitereien ihrer leiblichen Eltern ausgesetzt war, schickte sie ihr Vater im Juni 1659 zu seiner Schwester Sophie nach Hannover, die dort mit Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg vermählt war. Bei ihrer „ma tante Sophie“ blieb die pfälzische Prinzessin vier Jahre lang. Mit ihr unternahm sie mehrere Reisen nach Den Haag und übersiedelte mit ihr 1662 auf die Iburg bei Osnabrück. Ob der innigen Verbindung stürzte ihr Tod 1714 Liselotte in tiefe Verzweiflung.
Im Juli 1663 kehrte Liselotte auf Wunsch ihres Vaters in das heimatliche Schloß nach Heidelberg zurück, wo sie die folgenden acht Jahre im Kreise ihrer Halbgeschwister verbrachte.
Im Jahre 1671 wurde die 19jährige Liselotte aus politischem Kalkül ihres Vaters mit dem Bruder des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV., dem Herzog von Orléans, verheiratet. Am 20. Oktober 1671 verließ sie mit ihrem Gefolge das Heidelberger Schloß und die heimatliche Kurpfalz, die sie nie wieder sehen sollte.
Nach ihrer Heirat lebte sie als Herzogin von Orléans im Schloß von Versailles in einer gänzlich anderen Welt als im ländlich geprägten Heidelberg. In Frankreich erlebte Elisabeth Charlotte die Welt voller Glanz und Pracht eines absolutistischen Hofes. Sie erhielt den offiziellen Titel „Madame“, der ihres Mannes war „Monsieur“. Aus ihrer Ehe, die sie als heilige Pflicht betrachtete, gingen drei Kinder hervor, von denen zwei überlebten. Durch ihren Sohn und ihre Tochter wurde sie zur Stammutter vieler europäischer Könige und Fürsten. Nachfahren Liselottes sind beispielsweise König Juan Charlos von Spanien, König Albert von Belgien, der Graf von Paris, Otto von Habsburg, die Prinzen von Bayern sowie die Nachfahren der Könige von Italien, Portugal, Bulgarien und Sachsen  um nur die direkten verwandschaftlichen Verbindungslinien zu nennen.
Als eifrige Briefeschreiberin wurde Liselotte zu eine der berühmtesten Chronistinnen ihrer Zeit. Rund 60.000 Briefe sollen es gewesen sein, von denen die meisten verloren gegangen sind. Aber die noch erhaltenen mehr als 4.000 Briefe zeigen, daß Liselotte mit einer scharfen Beobachtungsgabe, aber auch mit Witz und Ironie ausgestattet war. In zuweilen kräftiger und deutlicher Sprache berichtete sie über das Leben am Hof von Versailles. Sie schrieb über den König und die Mitglieder
des Hofes, über Tagespolitik, Religion und Konfession, Theater und „Amusements“, über Skandale und Intrigen, aber auch über Krankheiten, Ärzte, Medizin und Tod, sowie über alltägliche Dinge wie Essen und Trinken  kurzum, über alles, was das Leben am glänzendsten Hof Europas mit sich brachte.
Immer wieder tauchen in ihren Briefen aber auch die Erinnerungen an ihre pfälzische Heimat auf, der sie zeitlebens mit ihrem Herzen verbunden blieb. Hilflos mußte sie von ferne mit ansehen, wie ihre geliebte „Churpfalz“, die Residenzstadt Heidelberg und das Schloß der Familie über dem Neckar im Pfälzischen Erbfolgekrieg, den Ludwig XIV. wegen der Erbansprüche Liselottes gegenüber ihrem kinderlos verstorbenen Bruder ihres Vaters in ihrem Namen führte, 1693 zerstört
wurden.
Liselotte überlebte viele ihrer engsten Verwandten („mey bagage“) und die meisten ihrer Widersacher, wie auch den König (gestorben 1715) und ihren Mann, der schon 1701 gestorben war. In ihren letzten Lebensjahren weilte sie oft im Schloß von St. Cloud. Dort starb sie auch am 8. Dezember 1722. Zwei Tage später wurde ihr Leichnam in die Königsgruft
nach St. Denis überführt.
Saint-Simon, ein kritischer zeitgenössischer Beobachter am französischen Hof, schrieb über sie einmal: „Madame war eine Prinzessin nach altem  Stil. Sie hielt auf Ehre, Tugend, Rang, Rang Größe und war unerbittlich in Hinsicht auf Schicklichkeit. Sie war nicht ohne Geist, und alles, was sie sah, sah sie sehr richtig. Eine gute und treue Freundin, zuverlässig, wahrhaftig, aufrichtig, leicht einnehmbar und verletzlich und sehr schwer eines Besseren zu überzeugen; grob, gefährlich wegen ihrer Vorliebe für Auftritte in der Öffentlichkeit, sehr deutsch in all ihren Lebensgewohnheiten, dabei freimütig, ohne Rücksicht auf Bequemlichkeiten für sich und andere, mäßig, schroff und voll eigener, wunderlicher Grillen“.                         og

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