Kurpfalz Regional Archiv

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Wo der Fürst das Glück des Tages genoss

30.07.97 (Landschaft & Orte, Musik, Kunst & Kultur)

Wohl versteckt hinter Bäumen, Spalieren und Hecken liegt im Schwetzinger Schloßgarten die kleine, eher bescheiden wirkende Gartenanlage des „kurfürstlichen Badhauses“. In einem in sich geschlossenen Areal ließ Kurfürst Carl Theodor durch seinen Hofbaumeister Nicolas de Pigage in den Jahren 1769 bis 1775 eine entzückende Villa errichten. Der Fürst hielt sich gerne in dem bewußt dem Schloß entrückten Lust  und Ruhehaus, einem stillen Ort, auf. Hier war er ungestört vom offiziellen Hofgetriebe. Das intime Schlößchen im Park, gleich neben dem Apollohain, wurde bis zum Weggang nach München am Jahreswechsel 1777/78 zu seinem bevorzugten Aufenthaltsort.
Bei diesem fürstlichen Badhaus handelt es sich nicht um irgendein Gebäude im großen Barockgarten. Beim Betreten wird deutlich, daß es sich hier (nach den Zerstörungen der kurpfälzischen Residenzen Heidelberg  und Mannheim) um die einzige originale Innenarchitektur aus kurfürstlicher Zeit am Oberrhein handelt. Der kunstsinnige Regent hatte hier tatsächlich gewohnt und Besucher außerhalb des Protokolls empfangen. Hier besprach er sich mit Künstlern seines Hofes, die jederzeit Zutritt beim Fürsten fanden. Hier konnte er Mensch sein.
Der eingeschossige Pavillon enthält neun Räume, die ganz im Stile der „maisons de plaisances“ gehalten ist. Die Einrichtungen und Anfertigungen aus kurfürstlicher Zeit blieben zum großen Teil erhalten. Das besondere Interesse dabei gilt einem zierlichen Schreibtisch. Um 1775 wurde dieser von einem unbekannten kurpfälzischen Schreinermeister aus all den edelsten Hölzern hergestellt, die im Herrschaftsbereich des Kurfürsten wuchsen: Fichte, Kirschbaum, Rüsterwurzel, Ahorn, Rosenholz,
Nußbaum und Eiche. Dieses seltene handwerkliche Juwel aus dem Rokoko hatte (und hat noch immer) seinen Platz im Arbeitszimmer des Herrschers, dem aufwendigst ausgestatteten Raum des Badhauses.
Auch heute üben die Wandvertäfelungen der fürstlichen Zimmer einen ganz besonderen Reiz auf den Betrachter aus. Auf fein poliertem Nußbaum, Palisander, Mahgoni und Rosenholz vermitteln die sieben eingetieften Landschaftsmalereien des Hofkabinettmalers Ferdinand Kobell (1740 – 1799) ein idyllisches Flair.
Eine Rarität besonderer Art ist die noch aus dieser Zeit erhaltene Chinoiserie Tapete im Teezimmer, dem Chinesischen Zimmer. Die Möbel wurden aus exotischen Hölzern gefertigt und auf dem marmornen Kaminsims stehen feine chinesische Vasen und Figuren – gefertigt in der kurfürstlichen Porzellanmanufaktur zu Frankenthal.
Begeistert waren die Besucher früher immer wieder von dem zwölfarmigen Kronleuchter, der in Frankenthal von dem Hofbildhauer Franz Konrad Linck aus Speyer für Carl Theodor hergestellt worden. Daß heute nur noch ein achtarmiger Leuchter das Teezimmer ziert, liegt daran, daß das Original bereits 1856 von Schwetzingen in das großherzogliche Residenzschloß nach Karlsruhe gebracht worden war. Dort zerbrochen, wurde von der Nymphenburger Manufaktur 1910 eine Kopie des Kronleuchters angefertigt, die 1918 auf Umwegen in das Neue Schloß nach Baden Baden gelangte. Auf einer Auktion zurückgekauft, ziert heute nun wieder ein wuchtiger Kronleuchter das Badhaus.
Die Attraktion der Anlage aber ist seit jeher das Badezimmer des Kurfürsten mit den noch heute „modernen“ Vorsorgungseinrichtungen. Hofbaumeister  Nicolas de Pigage hatte einen Mehrzweckraum zwischen Kunst und Reinhaltung geschaffen. Das aus dunklem Marmor gefertigte ovale Badebecken ist über eine Treppe zu betreten. Die Zuführung des
Wassers, damals eine verspielte Idee des Rokokos, erfolgte aus der nahen Badhausküche, von wo eine unterirdische Wasserleitung in das Bad führte.
Prächtige Stukkaturen und Mineralien des Hofstukkateurs Josef Pozzi zieren noch immer die Wände, ebenso wie die Edelsteine und Spiegel die Decke. Man kommt sich vor wie in Neptuns Reiche beiden vielen dargestellten Delphinen, Tritonen und Najaden. Ebenfalls erhalten ist der Fußboden aus dieser Zeit, teils Marmor, teils Parkett. Den Mittelpunkt des Badhauses bildet der Ovalsaal, der durch seitliche Fenstertüren mit den Wohnräumen verbunden ist. Diese wurden übrigens nach dem kurfürstlichen Tagesablauf entsprechend eingerichtet.
In den Nischen stehen vergoldete Statuen von Frauen, die die vier Jahreszeiten darstellen. Sie zählen nach Auffassung von Kunstexperten zu den schönsten Arbeiten des Hofbildhauers Peter Anton Verschaffelt. Das große Deckengemälde  von Nicolas Guibal steht unter dem Motto „Aurora vertreibt die Macht“ und soll bis 1999 vollständig restauriert sein.
Bereits wenige Jahre nach seinem Umzug nach München machte der jetzt pfalzbaierische Kurfürst Carl Theodor den Schloßgarten für die Öffentlichkeit zugänglich. Dies zeigte seine Liberalität im Vergleich zu anderen Herrschern dieser Zeit. In der „churfürstlichen Verfügung“ ist zu lesen, daß er „keineswegs entgegen, vielmehr gnädigst gesonnen ist, einen jeden Aus  und Einheimischen ohne Unterschied des Standes, den fryen Zutritt in den Schwetzinger Herrschafftlichen großen Lust Garten
wie vorher milde zu gestatten“. Trotzdem verfielen Schloß und Garten nach dem Umzug des Hofstaates in einen Dornröschenschlaf. Erst das neuentstandene Großherzogtum Baden brachte wieder etwas Leben nach Schwetzingen. Von dem höfischen Leben in der kurfürstlichen Sommerresidenz mit seinen Festen, Theateraufführungen und anderen Höhepunkten war diese Zeit aber weit entfernt.

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