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Das Magdalenenkloster überm Hasenpfuhl vor Speyer

20.01.96 (Kirchen & Klöster)

„St. Magdalena ist das älteste Frauenkloster in der Stadt Speyer.
Es liegt nördlich des Domes in der Speyerer Vorstadt überm
Hasenpfuhl, welcher ist ein alter Rheinarm, der die Vorstadt von
der Speyerer Altstadt und dem Domhügel trennt. An ihm befand sich
im Mittelalter der Speyerer Stapelplatz“. Dieser Hinweis auf das
Kloster St. Magdalena und seine topographische Darstellung ist in
einem RheinReiseführer nachzulesen, der um die Jahrhundertwende
in Mainz gedruckt worden war.

Die Geschichte des Speyerer DominikanerinnenKlosters reicht
zurück bis ins frühe 13. Jahrhundert. Es ist eine wechselvolle
Geschichte des Nonnenklosters, das ursprünglich dem kleinen Orden
der Reuerinnen (Büßerinnen) angehörte. Erstmals belegt ist das
Kloster St. Maria Magdalena im Jahre 1232. Der Name der
Klosterpatronin St. Magdalena wurde dann beim Wechsel zu den
Dominikanerinnen 1304 beibehalten.

In den Auseinandersetzungen zwischen dem Bischof und der freien
Reichsstadt unterstützten die Nonnen immer wieder die Speyerer
Bürger, was dem Kloster durch eine stattliche Anzahl von
Schenkungen vergolten wurde. Die ständig wachsende Bedeutung des
klösterlichen Lebens überm Hasenpfuhl im ausgehenden Mittelalter
fällt mit dem glanzvollsten Abschnitt der Stadtgeschichte
zusammen.

Das Kloster schloß sich 1462 der ordensinternen Reformbewegung an
und erlebte eine große geistige Blüte. Kurz vor der
„Protestation“ auf dem Reichstag von 1529 und vor der Verlegung
des Reichskammergerichtes befinden sich Stadt und Kloster auf
einem
Höhepunkt. Damals gab es neben den vielen Stiftskirchen,
den Pfarrkirchen, den öffentlichen und privaten Kapellen in der
Reichsstadt auch fünf „Mannsklöster“.

Die Nonnen von St. Magdalena überstanden die Reformation und die
Zerstörung der Freien Reichsstadt 1689 im FranzösischPfälzischen
Erbfolgekrieg. Die teilweise Flucht der Ordensschwestern 1792 und
1793, auch die Säkularisation mit der Versteigerung des
Klosterbesitzes 1802, konnte den Fortbestand des Klosters nicht
unterbrechen. Einige der Nonnen kauften die Klostergebäude zurück
und wohnten darin, bis durch Urkunde vom 1. Dezember 1826 König
Ludwig I. von Bayern die Wiedererrichtung des Klosters überm
Hasenpfuhl genehmigte.

Ein wichtiges Datum im 19. Jahrhundert ist die Gründung eines
Erziehungshauses. Die 1816 gegründete „Lehranstalt für Kinder
weiblichen Geschlechts“ (beider Konfessionen) und die 1829
eröffnete, öffentlich geförderte Mädchenschule fanden in der
Stadt großen Anklang. Schon bald wurde die pädagogische Tätigkeit
der Nonnen unter der Anleitung der Priorinnen des Klosters zu
einem Schwerpunkt klösterlichen Wirkens.

Heute ist St. Magdalena bekannt als Mutterhaus einer
Kongregation, die sich vor allem im Schulbereich und in der
LateinamerikaMission engagiert. Zur Kongregation gehören 86
Schwestern in Deutschland und 78 Schwestern in Lateinamerika
(Stand 1996). Angesehen ist das Kloster aber auch als
Wirkungsstätte der seligen Edith Stein.

Einige Besonderheiten weist das Kloster im Schatten des Domes
allerdings auf: Als einziges der einst zahlreichen
mittelalterlichen Klöster der Rheinpfalz besteht St. Magdalena
bis zum heutigen Tag als klösterliche Gemeinschaft fort. Bewahrt
wurde nicht nur die Kontinuität der Schwesterngemeinschaft,
sondern auch das Klosterarchiv  das einzige ungestört erhaltene
mittelalterliche Klosterarchiv aus der Pfalz. Ungestört heißt, es
ist von Abgabe  und Umordnungsaktionen, wie sie vor allem im 19.
Jahrhundert vorkamen, verschont geblieben.

Zu den Schätzen des Klosterarchivs gehören Schutzbriefe von
Päpsten und Kaisern, Prozeßurkunden und Schenkungen. Besonders
reichlich sind Urkunden zur Wirtschaftsgeschichte des Klosters.
Die Besitzungen und Einkünfte kamen aus der ganzen Region: von
Frankenthal, Dannstadt und Deidesheim im Norden, Kandel und Landau
im Süden. Auch rechtsrheinisch gab es Besitzungen, so in Walldorf
und Dielheim. Besonders groß waren die Schenkungen aus der Stadt
Speyer.

Die älteste noch erhaltene Urkunde ist datiert im Oktober 1232.
Ein Speyerer Bürger namens Walter Bart schenkte dem Kloster
Einkünfte aus Walldorf (Baden). Unter den vier Siegeln befindet
sich auch das älteste Exemplar des Speyerer Stadtsiegels  das
bis ins 18. Jahrhundert geführt wurde. Das in der Speyerer
Stadtgeschichte beschriebene Stadtsiegel mit dem Speyerer Dom in
Nordansicht und der Madonna mit Kind wurde also schon vor dem
Jahr 1263 verwendet  früher, als alle Historiker bisher
angenommen hatten. Die Übereignung der Einkünfte aus Zehnten,
Wiesen, Zinsen und allen Beträgen, erfolgte mit Zustimmung der
Ehefrau Edelinde und der Kinder. Diese Urkunde enthält eine
interessante Klausel: Bei einem Wegzug aus Speyer würden die
Nonnen neben den anderen Schenkungen des Speyerer Bürgers Bart
auch das Klostergrundstück verlieren.

An den weitgehend unbekannten Archivalien, die seit dem späten
Mittelalter „überm Hasenpfuhl vor Speyer“ innerhalb der
klösterlichen Klausur sorgfältig gepflegt und gehütet worden
sind, läßt sich das Auf und Ab im Wohlstand des Klosters St.
Magdalena verfolgen und belegen. Sie erhellen aber auch eine
reiche mittelalterliche Klosterlandschaft, die im Südwesten
Deutschlands, außer in diesem glücklichen Fall, längst
verschwunden ist.

Aus: Die Rheinpfalz, 20.1.1996, Rudolf Joeckle

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