Jubiläumskonzert „725-85-50“ begeistert über 500 Zuhörer in der Fritz-Mannherz-Mehrzweckhalle / Musik, Witz, Tränen und gute Laune kennzeichnen ein außergewöhnliches Konzertereignis von historischer Dimension für Reilingen
Wohl eines der bewegendsten Konzerte, das Reilingen in seiner nunmehr  725-jährigen Geschichte erlebt haben dürfte, ging am frühen Sonntagabend  mit stehenden Ovationen zu Ende – und nicht wenige der über 500 Zuhörer  hatten dabei Tränen in den Augen. Zu emotional waren die Momente am  Ende eines außergewöhnlichen musikalischen Erlebnisses in der  Fritz-Mannherz-Mehrzweckhalle. Dass dieses Konzert in die  Kulturgeschichte der Spargelgemeinde eingehen wird, können all die  bestätigen, die diese gut zwei Stunden unter dem Motto „725-85-50“  miterleben durften. Was sich hinter diesem seltsamen Konzerttitel  versteckte, wurde schnell deutlich, denn gleich drei Jubiläen wurden auf  einmal gefeiert: 725 Jahre Reilingen, 85 Jahre Musikverein „Harmonie“  und 50 Jahre Dirigententätigkeit von Willi Ehringer. Kein Wunder also,  dass der über 83-jährige Kapellmeister an diesem Abend im Mittelpunkt  des Geschehens stand. Dabei weniger als Gefeierter, sondern noch immer  aktiver Dirigent, Arrangeur und Musiker. Sicher, auch an Willi Ehringer  sind die vielen Lebensjahre nicht spurlos vorüber gegangen, die Folgen  einer schweren Augenoperation sind immer noch zu verspüren. Aber  spätestens als die ersten Takte erklangen, war er im wahrsten Sinne des  Wortes „der Alte“. Mit seinem besonderen Gefühl für die Musik und seine  Musiker hatte Ehringer für das Jubiläumskonzert so geschickt ein buntes  Potpourri beliebter und weniger bekannter Stücke zusammengestellt, dass  sich der musikalische Bogen nicht nur vom Mittelalter bis in die Neuzeit  spannte, sondern dem interessierten Zuhörer auch die Entwicklung der  Musikkapelle „seiner Harmonie“ vor Augen geführt wurde. Auch wenn sich hie und mal ein Fehler oder eine rhythmische Ungenauigkeit einschlich, tat dies dem Konzerterlebnis höchstens gut um zu merken, dass hier die Musik von engagierten Freizeitmusikern noch hausgemacht wird, die ihr Hobby lieben und als wichtiges Kulturgut pflegen.
So wurde aber auch mit  einer beschwingten Leichtigkeit noch einmal das allererste Musikstück  aufgeführt, das Willi Ehringer mit seinen ersten zehn Musikerinnen und  Musiker in Reilingen einstudiert hatte, den Militärmarsch „Hipp Hipp  Hurra“. Je länger das Konzert dauerte, umso deutlicher wurde einem  bewusst, welche Entwicklung der Klangkörper in den letzten 50 Jahren  unter seinem Kapellmeister genommen hat. Und dass es sogar noch heute  aktive Musiker aus dieser Zeit in der „Harmonie“ gibt, wurde zudem mit  Staunen zur Kenntnis genommen. Da die Ausbildung junger Musikerinnen und  Musiker beim Musikverein seit dieser Zeit einen breiten Raum einnimmt,  war es nicht verwunderlich, dass diese sich auch ins Konzertgeschehen  mit einbringen durften. Alexander Hartmann und Benjamin Wolf brillierten  beim „Concerto für zwei Trompeten“ des Barockkomponisten Antonio  Vivaldi, während sich die beiden Flötisten Christiane Seitz und Dr. Arne  Ruban beim amerikanischen Traditionsmarsch „Stars and Stripes“ gekonnt  in Klangszene setzten. Dabei wurde einmal mehr deutlich, wie gut Willi  Ehringer seine Musikerinnen und Musiker kennt. Hoch gelobt als einer der  besten Arrangeure für Blasmusiken in der heutigen Zeit gelingt es dem  erfahrenen Musiklehrer immer wieder, selbst die schwierigsten Stücke  seinen Kapellen auf den Leib zu schreiben. Und dass es Ehringer vor  allem der Swing und Jazz angetan hat, weiß man nicht erst aus seinen  Tagen als Bandleader der legendären „Dixieland Allstars“. So endet  natürlich das „Concerto Nr. 1 in B-Moll“ von Peter Tschaikowsky  natürlich ein bisschen anders als vom Komponisten gedacht – aber der  Romantiker hätte an der Reilinger Version sicher auch seine Freude  gehabt.
Ob nun im weiteren Verlauf des Konzertes eine Melodienfolge aus „Kiss me, Kate“ oder der Swing-Klassiker „Pennsylvania 6-5000“ zu hören waren, immer wieder war die Ehringer’sche „Handschrift“ herauszuhören. Großartig dabei die verschiedenen Arrangements des wohl bekanntesten Lieds der Welt, „Lili Marleen“: Ob nun im Stil eines Walter von der Vogelweide, oder wie es wohl Mozart, Beethoven oder Johann Strauß wohl komponiert hätten. Aber auch im typischen Glenn Miller-Sound begeisterte dieser musikalische Spass.
Freude bereitet wurde aber auch dem jubilierenden Dirigenten  selbst: So tauchten mit Werner Propp (Saxophon), Hans Schüller (Gitarre)  und Michael Stumberger (Harmonika) plötzlich die Musiker der  Oktoberfest-Kultformation „Echt Guat“ auf, mit denen Willi Ehringer  längere Zeit in Las Vegas gastiert und vor dem Fürsten von Monaco  mehrmals gespielt hatte. Das gemeinsam vorgetragene „What a wonderful  world“ ließ nicht nur die gestandenen Musiker hin und wieder vor Rührung  stocken. Der wohl emotionalste Höhepunkt aber war sicher der Moment,  als mit Peter und Willi Ehringer Vater und Sohn gemeinsam auf der Bühne  standen, um sich mit dem legendären Arrangement von „Oh mein Papa“ als  Zugabe vom Publikum zu verabschieden.
Damit ging nicht nur ein Abend  voller musikalischer Überraschungen zu Ende (so Bürgermeister Walter  Klein in seinen Dankesworten an Willi Ehringer), sondern zugleich auch  ein konzertantes Dankeschön, vielleicht sogar auch eine musikalische  Liebeserklärung an die Jubiläumsgemeinde Reilingen, ihrem musikalischen  Botschafter, dem Musikverein „Harmonie“ – und natürlich Willi Ehringer.
