Kurpfalz Regional Archiv

Geschichte(n) und Brauchtum aus der (Kur-)Pfalz

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Die den Besen verlor

30.04.98 (Brauchtum & Tradition, Geschichten & Erzählungen)

Schon bei unseren Vorfahren galt die Nacht zum 1. Mai als die Walpurgisnacht, in der sich die Hexen zum Tanze trafen. Hie und da in der Kurpfalz lebt seit einigen Jahren die alte Tradition des Mummenschanzes wieder auf. Fast in Vergessenheit geraten ist auch eine Sage rund um das Heidelberger Schloß, die der Volksbrauch der Walpurgisnacht zuschlägt.
So soll einst in dieser Nacht eine noch junge Hexe mit Namen Vitzlibutzlia auf ihrem Besen rund um den Königstuhl unterwegs gewesen sein, um sich zusammen mit einer Hexenschar im Odenwald am Hexentanzplatz zu treffen. Neugierig schaute sie hinunter auf die alte Stadt und das gewaltige Schloß der pfälzischen Kurfürsten. Die Hexe schien richtig gedankenverloren gewesen sein, denn sie verlor einfach ihren Besen, der polternd in den Schloßhof fiel. Sie selbst landete
unsanft in den Bäumen. Über sich selbst schimpfend machte sich Vitzlibutzlia zu Fuß auf den Weg zum Schloßeingang, um wieder ihren Besen zu holen. Die kleine Pforte im großen Tor, im Volksmund als „Nadelöhr“ bekannt, trug damals wie heute einen dicken großen Eisenring, „harter Anklopfer“ genannt. Die Hexe war so erregt, daß sie damit so heftig klopfte, daß selbst die Schloßwache erschrocken zusammenfuhr.
Beim Anblick der Hexe dachte man natürlich nicht darain, sie in das kurfürstliche Schloß einzulassen. Vitzlibutzlia schien vor Wut zu explodieren und biß so heftig in den Klopfring, daß noch heute die Spuren davon zu sehen sind. Als Ersatz für den Besen nahm sie dann einen alten Rechen, der an einer Ecke der Schloßmauer stand. Auf ihm ritt die Hexe dann unter dem Spott der Schloßwache und unter dem Gelächter der anderen Hexen zum Tanzplatz im Odenwald.
Betrachtet man den „Hexenbiß“ im Ring eher nüchtern, kann man auch zu dem Ergebnis kommen, daß dieser bereits beim Schmieden vor einigen hundert Jahren entstanden sein kann. Egal, ob nun der Biß einer Hexe oder eine abgebrochene Stabzunge  die Geschichte um den geheimnisumwitterten Klopfring fesselt noch heute die Schloßbesucher aus aller Welt.
Dies gilt natürlich auch für die Sage vom Rittersprung auf dem Schloßaltan. Als vor langer Zeit im Friedrichsbau des Schlosses ein Feuer ausgebrochen war, setzte einer der anwesenden Ritter alles daran, die Gäste in Sicherheit zu bringen. Als er endlich dem Feuer entrinnen wollte, war es zu spät: er war von den Flammen rundum eingeschlossen. In seiner Not sprang er von hoch oben aus dem Fenster. Im Himmel hatte man sein Tun beobachtet und dankte ihm damit, den Sprung auf den Schloßaltan unverletzt zu überstehen. Die Wucht beim Auftreffen war so groß, daß der Fuß tief in die Sandsteinplatte eindrang ohne daß diese platzte. So ist noch immer der Eindruck des ritterlichen Fusses zu sehen, der vor allem von den Schloßbesuchern aus Übersee und Fernost aus allen Perspektiven fotografiert wird.
Für den unromantischen Betrachter ist dies alles eine Naturerscheinung im Sandstein. Aber diese Version möchte keiner droben auf dem Schloßaltan hören. Lieber träumt man ein wenig und läßt seine Phantasie spielen.

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