„Alt Heidelberg du feine,
Du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine,
Keine andere kommt dir gleich!“
(J. V. v. Scheffel)
Wem schlägt nicht das Herz höher beim Worte „Heidelberg“, wen zieht’s nicht hin mit allen Mächten der Sehnsucht zu der Königin deutscher Musenstädte, die residiert in der schönsten der schönen Landschaften Germaniens? Von Jahr zu Jahr huldigen ihr Hunderttausende aus aller Herren Länder in unversieglicher Begeisterung. Heidelberg ist das Mekka der Schönheitssucher in Gottes weitem Garten. Berg und Tal, Wald und Feld, Strom und Bach, Paläste und heimelige Häuslein, stolze Plätze, schmale, lauschige Gassen, unvergleichliche Denkmäler der Vergangenheit und neuzeitliche, bedeutungsvolle Schöpfungen, überwältigende Romantik und zarteste Lyrik, hohe Kunst und hehre Wissenschaft, geistvoller Ernst und ausgelassenste Fröhlichkeit, traute Schenken, würziger Wein und schäumendes Bier, herzliebe Mädel, lustige Kumpane sind hier vereinigt zu einem köstlichen Gemisch.
„Stadt fröhlicher Gesellen,
An Weisheit schwer und Wein,
Klar ziehn des Stromes Wellen,
Blauäuglein blitzen drein.“
(Scheffel)
Schaue an der Brüstung der Molkenkur auf dies wunderbare Stück Erde. Zwischen zwei dichtbewaldeten Bergkuppen ruht ein lachendes Tal. Drin wälzt der Neckar seine grüne Flut. Auf dem leichten Wellengekräusel hüpft das Spiegelbild einer einzigartigen Stadt. Am linken Ufer reiht sich, eng und schmal, zwischen Fluß und Berg, das Dächergewirr der Altstadt in langer, langer Strecke aneinander. Machtvoll streben Halle und Turm der Heiliggeistkirche in formenschön Spätgotik darüber hinweg. Am andern Ufer folgen dem Wasserlaufe, hart an den Fuß des Heiligenberges geschmiegt, prächtige Villen, vornehme Wohngebäude. Über den Neckar schreiten die gleichmäßigen steinernen Bogen der alten Brücke, die Goethe eine der schönsten nannte. Aus dem in die Altstadt hineindringenden Blättermeer des Schloßberges ragt in den blauen Aether gigantisch auf die deutsche Alhambra: das majestätische Heidelberger Schloß.
Nur schwer scheidet der Blick und schweift nach Westen, dahin, wo das Tal geweitet, wo in der breit gelagerten Rheinebene des Neckars geschlängelter Lauf in der Ferne verloren geht. Einem überquellenden Füllhorne gleich ergießen sich neue Stadtteile vereint durch die Friedrichsbrücke aus dem engen Flußtale hinaus in die Ebene und entlang der Bergstraße. Ganz draußen am Rheinstrom schimmern aus sonnig zarten Schleiern die Riesenschlote der Rheinau, flimmern die ernsten Umrisse des Kaiserdomes zu Speyer, leuchten die violetten Kuppen der Hardt.
Reich, wie die Schönheiten der Natur, sind die denkwürdigen Erinnerungen Heidelbergs. Im 12. Jahrhundert errichtete ein unbekannt Gebliebener die erste Burg auf dem Jettenbühl und ein Vorwerk auf dem Gaisberg. Im Schutze der Burg vergrößerte und entwickelte sich die spärliche Ansiedelung im Tal zu einem ordentlichen Gemeinwesen, das dem Bistum Worms gehört haben muß, denn 1225 gab Bischof Heinrich von Worms die Feste Heidelberg mitsamt der Ortschaft dem Pfalzgrafen Ludwig I. von Bayern als Leben, der sie zu seiner Residenz erkor.
Anfangs des 14. Jahrhunderts wurde die Pfalz von Bayern getrennt. Der erste Kurfürst der Kurpfalz, Ruprecht I., wählte Heidelberg wiederum zur Residenz. Dieser geistvolle Herrscher gründete 1386 die Universität, die nach Prag und Wien die älteste deutsche Hochschule war und bald zu hoher Berühmtheit gelangte.
Glanzvolle Tage rauschten über Alt -Heidelberg dahin. Zur Zeit der Renaissance wetteiferten Kurfürsten und Bürgerschaft in der Entfaltung fleißiger Bautätigkeit. 1550 – 1610 entstanden unter den Kurfürsten Friedrich II., Otto Heinrich und Friedrich IV. die wunderbaren Renaissancepaläste: der gläserne Saalbau, der Ott -Heinrichsbau und der Friedrichsbau. Um 1610 stand das Schloß in vollstem Glanz inmitten feenhafter Luxusgärten, die der „Winterkönig“, Friedrich V., seiner Gemahlin zu Ehren hatte anlegen lassen. Die pfälzische Residenz zählte ungefähr 6.000 Einwohner und war das Muster einer schmucken, mittelalterlichen Stadt mit prächtigen öffentlichen und privaten Bauten.
Da nahten die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges. Tilly, der schon nahezu die ganze Pfalz erobert hatte, trat 1622 mit Feuer und Schwert auf. Trotz tapferer Gegenwehr war nach einigen Monaten Belagerung Stadt und Schloß in seiner Macht. Die protestantischen Universitätslehrer wurden vertrieben, die berühmte Universitätsbibliothek wanderte zur größten Betrübnis der Heidelberger nach Rom.
Nur zehn Jahre lang besaßen die Kaiserlichen Heidelberg, dann eroberten die Schweden Schloß und Stadt. Zwei Jahre später, 1635, gelang den Kaiserlichen die Rückeroberung. Des Winterkönigs Sohn Karl Ludwig, der 1649 zur Regierung gelangte, richtete die Universität wieder ein und suchte nach besten Kräften Wunden, die der Krieg geschlagen, zu heilen. Aber noch hatte die Stadt das schlimmste nicht überstanden: den Befehl Ludwigs XIV.: “Brûlez le Palatinat!“ An den wunderbar ornamentierten Fassaden des Schlosses schlugen 1689 die Flammen empor. Kräftige Minen zerrissen das Mauerwerk. Der rote Hahn hüpfte von Haus zu Haus. Heidelberg und die Pfalz waren eine Wüste. Ludwig XIV. aber ließ ein feierliches Tedeum halten und eine Denkmünze prägte er: „Heidelberga deleta“, sein Bild und “Ludovicus Magnus, rex Christianissimus“!
An der Schwelle des 17. Jahrhunderte zog wohltätiger Friede durch die Lande, den die Bürgerschaft, immerwährender Religionszwiste wegen, jedoch nicht vollkommen genießen konnte. Zwar wurde die Stadt nach dem alten Lageplan wieder aufgebaut, Herrscher besserten an den Schloßüberresten dies und das aber der Glanz der Kurfürstenresidenz war und blieb verblichen. Der katholische Kurfürst Karl Philipp verlegte, des Streites der protestantischen Bürgerschaft müde, 1720 den Hof und gesamte Regierung nach Mannheim. Die Universität, die unter mißlichen Verhältnissen schwer gelitten hatte, sank fast zur Bedeutungslosigkeit herab.
Der gute Wille des nächsten Kurfürsten Karl Theodor, der Stadt zu helfen, Handel und Wandel zu heben, Industrie einzuführen, hatte geringen Erfolg. Seine Absicht, dem von ihm wiederhergestellten Teile des Schlosses dann und wo zu residieren, durchkreuzten des Himmels Mächte. Ein Blitzstrahl schlug 1764 zu Trümmern, was Ludwigs XIV. General Melac übrig gelassen und die Kurfürsten nach dessen Schreckenstaten wieder geschaffen hatten. Vernichtet waren die Hoffnungen der Heidelberger. Zähneknirschende Unzufriedenheit, Sorge, revolutionäre Gesinnung schritten durch die freudenleeren Straßen der vom Schicksal den Staub gepeitschten Stadt. Jeder neunzehnte Pfälzer soll damals ein Bettler gewesen sein.
Da trat das 19. Jahrhundert durch die verlotterten Tore, gefolgt von der segenspendenden Glücksgöttin. Heidelberg und die rechtsrheinische Kurpfalz fielen 1803 an Baden, dessen Herrscher Karl Friedrich schon im gleichen Jahre der verwahrlosten Universität durch fürstliche Dotation neues Leben gab. Und neues Leben sproß allüberall auf. Die Hochschule gewann bald den ehemaligen Ruhm, weit über Deutschland, zurück. Ueber 170 Dozenten und mehr als 2500 Studenten gehören gegenwärtig der „Ruperto Carola“ an.
Ansichten und Neigungen ändern sich. Fand man in launigen Zopfzeit die gleichmäßige Ebene und zierlich zugestutzte Gartenkunstwerke lieblich und schön, so hatten die Romantiker mehr Sinn für die Natur in ihrer reinen Ursprünglichkeit. Heidelberg mit den grünumrankten Burgtrümmern galt jetzt als Ideal landschaftlicher Schönheit. Tausende und Abertausende suchten dieses Ideal. Seit es Eisenbahnen und Dampfboote gibt, seit das Reisen Mode geworden, wälzt sich jahraus, jahrein ein ungeheurer Fremdenstrom zur Stadt am Neckar und am Rheine. Nahezu 200 000 Reisende werden alljährlich in den Fremdenlisten aufgezeichnet. Viele lassen sich zu dauerndem Aufenthalt nieder.
Eine weitere Anziehungskraft erhält Heidelberg durch seine von der Bad Heidelberg A. G. neu erbohrte, stark radiumhaltige Thermalsolquelle. Die in Verbindung damit zu schaffenden Einrichtungen bringen die Stadt in die Reihe der hervorragenden Kur – und Badeorte Deutschlands. Heidelberg hat heute über 70.000 Einwohner. Diese kraftvolle Entwicklung des Gemeinwesens ist aber nicht allein der Universität und dem Fremdenverkehr zu verdanken. Ein gut Teil dazu hat die Industrie beigetragen. Die großgewerblichen Bauten liegen aber vor dem Bahnhofsviertel an der Bergheimerstraße und beeinträchtigen so den Charakter Heidelbergs als vornehme Fremdenstadt durchaus nicht.
Imposante neuzeitliche Bauten, zahlreiche großstädtische Kaufläden haben das Anheimelnde der Altstadt nicht zu verwischen vermocht. Jeder Stadtteil hat seine eigenen Reize. Still, vornehm, beschaulich ist’s in der Sofienstraße und in den Anlagen, heiter und genußvoll am Neckar entlang, kleinstädtisch in den schmalen Gäßlein Alt Heidelbergs, prachtvoll im Rohrbacher und besonders im Neuenheimer Villenviertel, romantisch an den Bergstraßen beiderseits des Flusses.
Geistige Genüsse bietet Heidelberg in Hülle und Fülle. In erster Reihe gewährt sie die Universität mit ihren wissenschaftlichen und populären Veranstaltungen. Die riesengroße Universitätsbibliothek, die archäologische Sammlung, die Anatomie, die städtische Kunst und Altertümersammlung, die Gemäldeausstellung des Kunstvereins, die Landessternwarte, die zoologische Sammlung, der botanische Garten verdienen hier erwähnt zu werden.
Berühmt ist das Musikleben Heidelbergs. Die Konzerte des Bachvereins unter Dr. Wolfrums Leitung hatten Weltruf. Eines guten Ansehens erfreut sich auch das Stadttheater. An Unterhaltung und Vergnügen mangelt es nicht. Wenn die ersten Frühlingsboten, Schlüsselblumen und Veilchen, sprießen, wenn der Mandeln Blüte der Berge Rand in jungfräuliches Weiß hüllt, an Lätare, zieht die Jugend in hell Scharen in unendlich langer Kette mit blumen und bändergeschmückten, brezel- und äpfelbesteckten Sommerstäben, mit mächtigen Strohmännern, durch die Straßen. Dann schallt’s aus tausend Kehlen unermüdlich: „Strih, strah, stroh, der Summerdag ist do.”
Das Sommersemester beschert eine Reihe pompöser studentischer Feste mit Wagenkorso und Schloßbeleuchtung, Neckarfahrt und prunkhaftem Bankett. Jetzt ist die Zeit der Kongresse und Versammlungen. Es ist die Zeit der Regatten der Ruderklubs, der Schwimmwettkämpfe im Hallenbad und im Neckar. Alltäglich spielt das städtische Orchester im Schloßpark und im Stadtgarten. Und auf den Herbst voller Farbenpracht und prickelnden Bergsträßlerweine locken zuguterletzt des Winters Freuden droben auf den Rodelbahnen des Königsstuhls, zu denen die Drahtseilbahn bequem hinaufbefördert.
Das Herrlichste aber sind und bleiben die Schloßbeleuchtungen. Tausende und Abertausende streben diesen zu. Von Mannheim bringt Extrazug um Extrazug immer neue Schaulustige. Der langen Neuenheimer Landstraße ganze Breite ist besetzt, Kopf an Kopf. Die Nacht ist dunkel. Kleine Fünklein weisen nach dem Himmelsgewölbe, leuchtende Pünktchen lassen ahnen, wo Berge schlummern, leise Ruderschläge deuten hin auf die Nähe des Wassers. Sonst Stille ringsum. Die Zeit ist da. Donner rollt vom Königsstuhl zum Heiligenberg. Die Köpfe recken sieh.
Drüben lodert ein feuriger Brand. Von der Bergwand steigt’s herauf, blutigrot. Jetzt steht’s vor uns: das Schloß mit seinen Mauern und Zinne Türmen und Bastionen, mit seinen unheilbaren Wunden, und dennoch in unendlicher Pracht, in gewaltiger Erhabenheit. Alles ist dunkel. Nur das Schloß ist da, feenhaft, wundersam. Und wer die, Flammen träumerisch verglühen, dann ist’s, als ob ein verwehter Funke zu uns herübergeflogen. Die alte Brücke brennt. In Glut getaucht enthüllt sie ihre edlen Formen. Im dunklen Schoß des Neckars aber rasselt’s und prasselt’s. Ein Heer von Feuerkugeln steigt auf und sinkt in die Flut. Von fernher kommt ein Schiff. Aus dem Geheul des Pulvers treten harmonische Klänge immer deutlicher hervor. Das singt und klingt:
„Gaudeamus igitur
Juvenes dum sumus“,
und tausend hochgestimmte Herzen klingen und singen nach.
Quelle: Aus dem Badischens Verkehrsbuch 1898
Universität
Melanchthon als Ratgeber in Heidelberg
Kirchenreformator, christlicher Humanist, Lehrer Deutschlands, Vorreiter des ökumenischen Dialogs: Philipp Melanchthon, der große Erneuerer, hat auch Heidelbergs Geschichte entscheidend mitgeprägt. Weiterlesen
„Die Pfalz bracht er in guten Stand“
An der südlichen Chorwand der Stiftskirche in Neustadt an der
Weinstraße steht ein großer, hoher DoppelGrabstein für Kurfürst
Ruprecht I. von der Pfalz und für seine Gemahlin Beatrix. Der
Kurfürst starb am 13. Februar 1390 und wurde noch vor der Weihe
des Gotteshauses in der Mitte des Chores, also an besonders
bemerkenswerter Stelle, beigesetzt. Doch dies allein ist nicht
der Anlaß, warum wir uns hier im Badischen und wie in der Pfalz
dieses Kurfürsten aus dem 14. Jahrhundert noch immer erinnern.
Dafür gibt es gleich zwei gewichtige Gründe.
Als Ruprecht anno 1319, erst zehnjährig, zusammen mit einem
älteren Bruder und einem „Brudersohn“ (Cousin) gleichen Namens,
in den Besitz seines väterlichen Erbes kam, ging damit ein
Bruderstreit im Hause Wittelsbach zu Ende. Abgespielt hatte sich
dieser Krach zwischen Ruprechts Vater, Kurfürst Rudolf I., und
König Ludwig dem Bayer. Der Bayer hatte zuletzt die gesamten
wittelsbachischen Lande in der Hand gehabt, gestand jedoch 1329
durch den Hausvertrag von Pavia den Nachkommen seines Bruders die
„Pfalz by Rhin“ wieder zu, samt den Gebieten im Nordosten des
bayerischen Herrschaftsgebietes, die daraufhin den Namen Oberpfalz
erhielten. Damit waren Bayern und die Pfalz bis Ende des 18.
Jahrhunderts getrennt, und es gab fortan eine ältere (pfälzische)
und eine jüngere (bayerische) Linie der Wittelsbacher.
Das Glück begünstigte den jüngeren Ruprecht aber auch noch
weiterhin, denn 1353 starb sein älterer Bruder und Mitregent der
Pfalz, so daß Ruprecht alleiniger Landesherr wurde. Schon 1356
bestätigte Kaiser Karl IV. durch die Goldene Bulle die erbliche
Kurwürde für den Pfälzer und sein Haus, das damit die bayerische
Linie der Wittelsbacher an politischer Macht und auch an Ansehen
überflügelte zumal der pfälzische Kurfürst als Erztruchseß das
vornehmste weltliche Reichsamt ausübte.
Nun konnte Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz ungehindert und mit
kaiserlichem Wohlwollen sein Territorium abrunden und
konsolidieren. So erwarb er beispielsweise die Grafschaft
Zweibrücken, faßte weitverstreute Besitzungen und Rechtsansprüche
zu einem stattlichen Fürstenbesitz zusammen und machte damit ein
Sprüchlein wahr, das kurz und lakonisch die Erfolge des
Kurfürsten und des Menschen Ruprecht umreißt. Es befindet sich
auf einem Bildnis, das den Kurfürsten mit seinen zwei Frauen,
Elisabeth und Beatrix, zeigt und lautet: „Ruprecht, den man den
rothen nannt/Die Pfalz bracht er in guten Stand/Zwo Fürstin warn
ihm außerkorn/Von Naumur und von Berg geborn“.
Mit seiner Politik unterstützte Ruprecht I. den Kaiser Karl IV.
und trat auch für die Wahl des nächsten Thronanwärters aus dem
Hause Luxemburg, für Karls Sohn Wenzel, ein. Aber noch auf einem
anderen Gebiet wollte er es Karl IV. gleichtun. Hatte dieser 1348
die erste Universität im damals noch vorwiegend deutschen Prag
gegründet, so gründete der Pfälzer 1386 die Universität von
Heidelberg, die heute als die älteste Einrichtung dieser Art in
Deutschland gelten darf.
Vorausgegangen war das große abendländische Schisma. Während die
Deutschen den römischen Papst Urban VI. anerkannten, hielten es
die Franzosen mit dem in Avignon residierenden Gegenpapst Clemens
VII.. Dieser Entscheidung schloß sich auch die Universität von
Paris an. Daraufhin verließen die meisten deutschen Studenten
Paris, ebenso die Professoren, unter ihnen so namhafte Gelehrte
wie Konrad von Gelnhausen und Marsilius von Inghen.
Beide beauftragte Kurfürst Ruprecht I. damit, in Heidelberg nach
dem Pariser Muster ein Generalstudium einzurichten, aus dem nach
der kirchlichen Genehmigung durch Papst Urban VI. am 26. Juni
1386 die Universität Heidelberg hervorging. Die päpstliche Bulle
hatte der Kurfürst auf der Burg Wersau (bei Reilingen) vom
römischen Gesandten entgegengenommen. So wurde Heidelberg zum
geistigen Mittelpunkt des Landes, ja ganz Deutschlands. Eine
glückliche Hand bewies Ruprecht mit der Wahl des Niederländers
Marsilius von Inghen zum ersten Rektor seiner Universität. Dieser
Mann war Gelehrter, Hochschullehrer und Organisator in einer
Person und „einer der größten Anreger und Geistesvermittler
jener schicksalhaften Epoche“.
Damit begann, während sich die Biographie ihres Gründers dem Ende
zuneigt, die nunmehr über sechs Jahrhunderte reichende Geschichte
seiner Heidelberger Universität, der „Rupertina“. Seit ihrer
Neuordnung durch das 13. Organisationsedikts des badischen
Kurfürsten und späteren Großherzogs Karl Friedrich im Jahre 1803
führt die Universität die Doppelbezeichnung „RupertoCarola“ und
gedenkt so dankbar des Gründers und des Erneuerers.
Aus: Konradsblatt, Februar 1990, Hans Leopold Zollner
