Rokokotheater im Schloss Schwetzingen ein kostbarer Ort
Überraschung zum Jahreswechsel: Am 30. Dezember 1752 stellte man fest, dass die Kosten für den Bau des Schlosstheaters um knapp 400 Prozent gestiegen waren – innerhalb von sieben Monaten! Das berühmte Rokoko-Theater ist eines der Gebäude am nördlichen Zirkelbau im Schlossgarten Schwetzingen. Die Geschichte hört sich ganz aktuell an – und gehört doch ins 18. Jahrhundert, als in Schwetzingen noch Kurfürst Carl Theodor seine Sommer verbrachte. Nicolas de Pigage (1723–1796), in Lothringen geboren, war der Architekt des Schlosstheaters. Er studierte in Paris an der Académie Royale d’Architecture. Nach Aufenthalten in Frankreich, England, Italien und den Niederlanden kehrte Pigage in seine Heimatstadt Lunéville zurück. Hier war er vermutlich für den polnischen Exilkönig Stanislaus I. Leszczynski tätig. Auf Empfehlung kam Pigage 1749 als „Intendant dero Gärthen und Wasserkünste“ in die Kurpfalz, um für Kurfürst Carl Theodor den Neubau von Schloss Schwetzingen zu planen. Dieser wurde aber zugunsten der Errichtung von Schloss Benrath bei Düsseldorf aufgegeben.
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Schwetzingen
Historischen Wegeverlauf entdeckt
Archäologen werden im Schwetzinger Schlossgarten fündig
Archäologie im Garten: Der originale Verlauf der Wegeanlage von Friedrich Ludwig von Sckell lässt sich nach wie vor im Boden feststellen. Damit wird es möglich, sich der großartigen Gartenkomposition des berühmten Gartenarchitekten bis ins Detail wieder anzunähern.
Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, präsentierte bei einem Ortstermin am Merkurtempel gemeinsam mit Prof. Dr. Hartmut Troll, dem zuständigen Fachmann für die historischen Gärten bei den Staatlichen Schlössern und Gärten, und Dipl.-Ing. Petra Martin M.A, Referentin für Gartendenkmalpflege beim Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, die Arbeiten. Weiterlesen
Sanierung erfolgreich abgeschlossen
Merkurtempel im Schlossgarten Schwetzingen erstrahlt in neuem alten Glanz / 1,43 Millionen Euro-Investition des Landes Baden-Württemberg
Er ist das späteste der Bauwerke im berühmten Schlossgarten von Schwetzingen und stammt von dem großen Architekten Nicolas de Pigage: Der Merkurtempel, entstanden am Ende des 18. Jahrhunderts, ist eine Berühmtheit und eine Rarität. Jetzt konnte seine langjährige Sanierung abgeschlossen werden. 1,43 Millionen Euro hat das Land Baden-Württemberg investiert, um die malerische Ruine zu sichern und wieder zugänglich zu machen. Weiterlesen
Ein Traum in Rosa im Schlossgarten
Kirschblüte – ein Frühlingsereignis, auf das viele warten / Eindrucksvolles Naturereignis
Die Kirschblüte im Schwetzinger Schlossgarten: Das ist ein Frühlingsereignis, auf das viele warten. Jetzt sind die japanischen Zierkirschen bei der Gartenmoschee kurz davor, ihre überwältigende Blütenpracht zu entfalten. Weiterlesen
Zeichnungen zeigen die Moschee im 18. Jahrhundert
Neuerwerbungen für Schloss und Schlossgarten Schwetzinge / Seltene Zeichnungen aus dem 18. Jahrhundert sind jetzt im Zirkelbau beim Schwetzinger Schloss zu sehen
Die Staatlichen Schlösser und Gärten konnten mit Unterstützung der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg fünf rare Ansichten, Schnitte und Grundrisse der berühmten Gartenmoschee kaufen. Die detaillierten Zeichnungen zeigen die Moschee im Jahrhundert ihrer Entstehung und sind damit ein wichtiges Dokument für die Erhaltung des einzigartigen Baudenkmals in seinem Originalzustand. Weiterlesen
Die Razzia und das "große Fressen"
Hunger! Ja, er tut weh! – Wir hatten ihn kennengelernt im Winter 1946/47 als Ostflüchtlinge im bombenzerstörten Mannheim. Wir, das waren wir fünf Geschwister im Alter von 11 bis 18 Jahren und unsere Mutter. Nein, eigentlich wir fünf alleine, denn unserer Mutter hatte all das Leid des Krieges das Gemüt krank gemacht. Auch die Kälte dieses Winters war schrecklich gewesen: eisige Temperaturen noch bis in den März hinein, dabei kaum etwas zum Heizen, Stromsperren. Die Kälte hat es leicht, in einen Hungrigen hineinzukriechen. – Also, solch einen Winter wollten wir nicht noch einmal erleben. Weiterlesen
Die Freimaurer in der Kurpfalz
Historische und biografische Einblicke zum regionalen Logenwesen des 18. Jahrhunderts
In- und ausländische Kunst- und Kulturhistoriker für Landschaftsparks zur Zeit der Aufklärung sowie für freimaurerische Symbolik waren in den letzten Wochen in Schwetzingen, um dem Schlossgarten einen Besuch abzustatten. Freilich nicht zu einem der üblichen Spaziergänge, sondern um im Zusammenhang mit dem Unesco-Weltkulturerbeantrag ganz gezielt nach garten- und gebäudearchitektonischen Elementen zu fahnden, die den Wert der Anlage als kurfürstliche Sommerresidenz des 18. Jahrhunderts besonders einzigartig geraten lassen. Weiterlesen
Dem Nachtwächter von "Suezingen" auf der Spur
Gleich über mehrere Jahrhunderte hinweg sorgten auch in Schwetzingen die Nachtwächter für Ruhe und Ordnung, ließen die Menschen im damals noch unbedeutenden Marktflecken ruhig schlafen. Weiterlesen
Eine Frage des Wassers
„Da trinke ich schon mal ein Glas Wasser – und dann ist es verseucht“, berichtete FWV-Stadtrat Toni Völker am Ende der jüngsten Gemeinderatssitzung seinen Kolleginnen und Kollegen am Ratstisch im Schwetzinger Rathaus. Die Information im Zusammenhang mit der bakteriellen Verunreinigung des Trinkwassers habe ihn erschrecken lassen, denn bisher habe er nichts davon gewusst, dass weite Teile des Hirschackers und auch des Bereichs „Langer Sand“ ihr Trinkwasser aus dem Wasserwerk Rheinau erhalten. „Ich dachte die ganze Zeit, bei mir und meinen Nachbarn läuft das gute Wasser aus der Schwetzinger Hardt aus dem Hahn.“ Weiterlesen
Fördermittel auch für private Investitionen im Sanierungsgebiet
Ab sofort dürfen sich die Eigentümer von Wohnungen und Häuser im Viertel zwischen der Dreikönigs- und Wildemannstraße sowie Mannheimer- und Hebelstraße bei Gebäudemodernisierungen und –instandsetzungen auf öffentliche Fördergelder freuen. Einstimmig beschloss der Schwetzinger Gemeinderat während seiner Sitzung am Donnerstagabend, die vom Land Baden-Württemberg bewilligten Fördermittel für das Sanierungsgebiet Quartier II nicht nur für die anstehenden Neuordnungsmaßnahmen im öffentlichen Bereich, sondern auch für Zuschüsse an modernisierungswillige private Gebäudeeigentümer zu verwenden. Weiterlesen
Von Kerweborscht und Kerweschlumpel
Wird in der Kurpfalz von der “Kerwe” gesprochen, huscht zumeist ein Strahlen über die Gesichter. “Ja, Kerwe ist bei uns noch immer einer der höchsten Feiertage im Jahr”, berichten die Menschen rechts und links des Rheines und sehen in diesem volkstümlichen Fest eine jener Traditionen, die noch heute eine Gemeinsamkeit der Menschen in der Kurpfalz darstellen.
Dabei gibt es “die Kerwe” eigentlich gar nicht. Sie ist vielmehr ein Zusammenschluß der verschiedensten Dorffeste aus den letzten Jahrhunderten. Weiterlesen
Stafettenläufer rasten mit Eis von den Alpen bis nach Rom
Ein Blick in die Speiseeis-Geschichte
„Ein Sommer ohne Eis ist wie Weihnachten ohne Christollen“, pflegte Altbundeskanzler Helmut Kohl immer zu sagen, wenn er nach dem Besuch des Gottesdienstes im Speyerer Dom sich ein leckeres Eis in der Waffeltüte leistete. Ein Blick in die Geschichte des Speiseeises zeigt, daß bereits vor 5.000 Jahren viele Chinesen davon träumten. Denn nur wenige von ihnen bekamen mitten im Sommer kühle Köstlichkeiten, die aus Milch, Fruchtsäften, Gewürzen und gefrorenem Wasser zubereitet wurden. Weiterlesen
Wo der Fürst das Glück des Tages genoss
Wohl versteckt hinter Bäumen, Spalieren und Hecken liegt im Schwetzinger Schloßgarten die kleine, eher bescheiden wirkende Gartenanlage des „kurfürstlichen Badhauses“. In einem in sich geschlossenen Areal ließ Kurfürst Carl Theodor durch seinen Hofbaumeister Nicolas de Pigage in den Jahren 1769 bis 1775 eine entzückende Villa errichten. Der Fürst hielt sich gerne in dem bewußt dem Schloß entrückten Lust und Ruhehaus, einem stillen Ort, auf. Hier war er ungestört vom offiziellen Hofgetriebe. Das intime Schlößchen im Park, gleich neben dem Apollohain, wurde bis zum Weggang nach München am Jahreswechsel 1777/78 zu seinem bevorzugten Aufenthaltsort. Weiterlesen
Unübersehbare Spuren hinterlassen
200. Todestag von Kurfürst Carl Theodor / Mannheim und Schwetzingen von dem kurpfälzischen Regenten geprägt
Unübersehbare Spuren hinterlassen das kommende Jahr beschert der Kurpfalz einen ganz besonderen Denktag. Am 16. Februar 1999 jährt sich der Todestag von Kurfürst Carl Theodor zum 200. Mal. Wie kaum ein anderer hinterließ er seine Spuren in der Geschichte der Kurpfalz, bis er 1777 nach München umzog. Carl Theodor, am 11. Dezember 1724 geboren, entstammt der pfalzgräflichen Linie in Neuburg an der Donau, der Wittelsbacher Nebenlinie Pfalz-Neuburg-Sulzbach. Der Knabe, Sohn des späteren Herzogs Johann Christian Joseph von Pfalz-Sulzbach und von Maria Henriette Leopoldine, Tochter des Franz Egon de la Tour, Marquis zu Bergen op Zoom und Prinzen von Auvergne, war erst vier Jahre, als er die Mutter verlor. So lebte er bei seiner Urgroßmutter in Drogenbush bei Brüssel. Das dortige Schloss und dessen Umgebung wurden für den späteren Kurfürsten die Heimat seiner Kindheit.
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„Der Faule von der Pfalz"
Der Alte Fritz über Kurfürst Carl Theodor / Friedrich II. von Preußen neidete dem Kurpfälzer dessen kometenhaften Aufstieg
Carl Theodor, der pfälzische Kurfürst, überstrahlte sein Zeitalter wie kaum ein anderer. Er beeinflusste Kunst und Kultur, Politik und Wirtschaft in seinen Landen. Aber auch über die Grenzen seines gewaltigen Machtbereichs hinaus, nahm er als einer der Kurfürsten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen, besondere Macht ein. Doch er führte nie einen Krieg. Und das macht ihm vielfach einen Platz im Geschichtsbuch streitig, das scheinbar nur die Fürsten würdigt, deren Untertanen auf dem Schlachtfeld starben. So entstand um den Kurfürsten des Goldenen Zeitalters in der Pfalz, um sein Leben und um seine Politik einiges an Mythen aufzukommen.
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Wo der Fürst das Glück des Tages genoss
Wohl versteckt hinter Bäumen, Spalieren und Hecken liegt im Schwetzinger Schloßgarten die kleine, eher bescheiden wirkende Gartenanlage des „kurfürstlichen Badhauses“. In einem in sich geschlossenen Areal ließ Kurfürst Carl Theodor durch seinen Hofbaumeister Nicolas de Pigage in den Jahren 1769 bis 1775 eine entzückende Villa errichten. Weiterlesen
Von Spargeln und anderen Küchengeheimnissen
Jetzt ist es wieder soweit und die Liebhaber des königlichen Gemüses können aufatmen: Die erntefrischen Spargel der Saison 1997 sind überall in den Gemeinden entlang der Badischen Spargelstraße und darüber hinaus erhältlich. Wer weiß, wie die Geschichte verlaufen wäre, wenn nicht der kunstsinnige und trinkfreudige Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz nicht schon 1720 den Spargel im Hofgarten seiner Schwetzinger Sommerresidenz hätte anpflanzen lassen. Weiterlesen
Der Staat muss schlanker werden
Neue Aufgaben für das Forstamt Schwetzingen / Noch keine endgültige Entscheidung getroffen
Der Staat muß schlanker werden, Ämter und Dienststellen sollen auch in ganz Baden-Württemberg reduziert werden. Das Ziel der Landesregierung ist es, mit der Schließung ganzer Verwaltungsapparate die Kosten zu senken. In den zuständigen Gremien ist man sich seit einiger Zeit darüber einig, daß auch 27 der 190 staatlichen Forstämter geschlossen werden müssen. Lange Zeit hing auch über dem Forstamt in Schwetzingen das Damoklesschwert, denn niemand wußte genau, was die Zukunft bringen wird. Jetzt kann man aber im barocken Forstamtsgebäude neben dem Ysenburgischen Palais aufatmen, denn ein verwaltungsinterner Vorschlag der Forstdirektion in Karlsruhe stärkt dem Forstamt den Rücken. Sollte die Landesregierung in Stuttgart jetzt nicht noch anders entscheiden, wird das Staatliche Forstamt Schwetzingen erhalten bleiben. Weiterlesen
Das Tischleindeckdich des Kurfürsten
Wenn Kurfürst Carl Theodor zu Tische saß, stand immer einer hinten dran. Majestät geruhte zu dürsten, der Lakai reichte ihm den Kelch und Hochwohlgeboren leerte ihn in einem Zug. Große Schlucke, das gehörte in jenen fernen höfischen Tagen zum guten Ton, und das Glas rückte man besser außer Reichweite der Tafelgesellschaft. Denn hatten die Mitesser in der fürstlichen Runde erstmal einen in der (pardon!) Krone, wären fallsüchtige, mit blutrotem Burgunder gefüllte Gläser auf dem Tisch fatal gewesen. Ein Fleck auf der Prunktoilette war nämlich in jener vorchemischen Reinigungszeit der textile SuperGAU, das sündhaft teure Gewand war im Eimer. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Es war also ein Gebot der Vorsicht, keine Gläser auf den Tisch, sondern eilfertige Diener hinten dranzustellen. Weiterlesen
Mit viel Puder und Pomade
Bei einem Besuch der kurpfälzischen Sommerresidenz wird man ganz
am Ende des Appartements der Kurfürstin mit einem im wahrsten
Sinne des Wortes haarigen Thema konfrontiert: der Puderkammer.
In diesem kleinen Zimmer im südlichen Turm des Schlosses ließ
sich die allergnädigste Landesmutter die Frisur von ihrem
Coiffeur nach dem neuesten Stand der im 18. Jahrhundert ständig
wechselnden Haarmode gestalten und pflegen.
Das Puderzimmer gehört zu den am längsten genutzten Räume im
Schloß und stammt noch von der zuerst hier stehenden Wasserburg
ab. Beim Bau der barocken Schloßanlage wurde ein großer Teil der
herrschaftlichen Burg in den Neubau integriert. Dazu gehörte auch
der frühere Burgfried, wo sich auch die kleine Kammer befand, die
erst in den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts umgestaltet wurde.
Damit gehört die Puderkammer wohl zu den ältesten Räumen im
Schwetzinger Schloß.
Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts hatte es noch ausgereicht,
die schlichten Locken der kurfürstlichen Haarpracht in den
Ankleideräumen entsprechend zu bestäuben. Damit erhielten sie
jene zeitlose Blässe, die damals „en vogue“ war. Doch die neue
Mode ließ Haartürme auf den adeligen Köpfen des Landes entstehen,
die nicht selten 80 Zentimeter und mehr erreichten. Man mußte
sich also neue Tricks und Kniffe in der täglichen Toilette
einfallen lassen, um eine gleichmäßige Farbwirkung zu erreichen.
Kurfürstin Elisabeth Augusta nahm in dem neu gestalteten
Zimmerchen, dessen Decke künstlich abgesenkt worden war, unter
einem großen Leinenmantel vor dem Spiegel Platz. Eine Seidenmaske
mit Glaseinsätzen für die Augen hielt sie sich vor das Gesicht.
Dann ging eine Bedienstete mit einem großen Blasebalg daran, den
Puder gegen die Decke des Raumes zu blasen. Der feine Staub
schwebte wieder sanft herab und färbte die Locken einheitlich
weiß und duftig. Doch schon vor dieser letzten Puderschicht war
das Haar abwechselnd mit Unmengen von Pomade und Puder gestaltet
worden.
Der helle Staub, mit dem jung und alt die Haare einzufärben
pflegten, hielt die Locken zugleich rein und locker. Außerdem
verhinderte er, daß die Haare durch die benutzte Pomade
zusammenklebten und somit ihre Zartheit von Wolkentürmen
verloren.
Einfacher Puder war aus Weizenmehl, feinere aus Bohnen oder
Stärkemehl bereitet. Gedörrtes Eichenmoos gab dem Puder, je nach
modischem Geschmack, eine graue Tönung. Mit entsprechenden
Extrakten aus Rosenwasser, Nelken oder Lavendel versehen,
verströmten die Frisuren zudem angenehme Düfte.
Diese Verschwendung von feinstem Weizenmehl rief bald Kritiker
auf den Plan, die an dem modischen „Firlefanz“ kein gutes Haar
ließen. Immerhin verstäubte allein ein Soldat der Kurfürstlichen
Garde Mitte des 18. Jahrhunderts wöchentlich 500 Gramm Mehl.
Schon zu Beginn des Jahrhunderts war die französische
Gesellschaft wegen dieses hohen Verbrauches an Mehl gerade noch
an Unruhen in der Bevölkerung vorbeigekommen. Da das Mehl für das
dringend benötige Brot gebraucht wurde, und mit der Zeit der
Weizenpreis ständig stieg, wurde um 1740 das Pudern der Frisuren
wegen Mehlknappheit zeitweise verboten.
Der Adel hielt aber an der alten Haarzier fest und weicht zur
Färbung des Schopfes sogar auf Gips aus. Besonders bei Regen
sollen dabei die „unmöglichsten Creationen“ entstanden sein …
Doch nicht jedem war es vergönnt, sein Haar zu pudern. Die
Gesellschaft in der Kurpfalz teilte sich in die Stände der
Gemeinen und derer, die gepuderte Frisuren zur Schau tragen
konnten. Ein Blick in die wechselvolle Geschichte zeigt, daß die
Ausformung der Haartracht auch viel über den Stand und den Beruf
des Menschen aussagte. Nur die höchsten Würdenträger zeigten sich
im Zeitalter der Aufklärung noch mit dem altmodischen, höfischen
Luxus der üppig gelockten Perücken. So ließ sich die
gesellschaftliche Stellung eines Mannes in jener Zeit am Schnitt
seiner Perücke ablesen. Je höher seine Position war, desto
wuchtiger, aber auch konservativer war der Schnitt seiner
Haarpracht.
Um 1730 trugen die Frauen auch in Mannheim und Heidelberg ihr
Haar eher kurz, zu kleinen Locken gelegt. Die schlichte
Gestaltung, wie man sie auf den Porträts der Hofdamen im Schloß
wiederfindet, sollte als zarte Schöpfung des aufkommenden
„Goldenen Zeitalters“ die Gesichtszüge lediglich untermalen und
das aparte Minenspiel der Damen sanft zur Geltung bringen. Bei
festlichen Anlässen wie dem Neujahrsball schmückte man sich am
kurfürstlichen Hof noch zusätzlich mitlangen Locken, die in den
Nacken fielen, und steckte sich kleine, verzierte Nadeln ins
Haar.
Nach einem kurzen modischen Ausrutscher in der Jahrhundertmitte,
bei dem man sich als Dame die Haare im Nacken zu Zöpfen flocht
und hochsteckte, wurden die Frisuren durch den Einfluß von Madame
Pompadour wieder betont schlicht und luftig, als wollten sie
einen schwungvollen Anlauf nehmen für ihre künftigen Kapriolen.
Ab 1766 schossen die „Coiffuren extraordinaire“ sprichwörtlich in
die Höhe. Marie Antoinette ist zwar nicht die Erfinderin der
Hochfrisur, wohl aber eine engagierte Wegbereiterin, die den
„wandelnden Meterfünfzig“ auf dem Kopf salonfähig machte.
In ihrer Zeit entstand der mit allerlei Preziosen geschmückte
„pouf au sentiment“. Man schmückte sich mit „fremden Federn“,
ließ Figuren, ja sogar ganze Idyllen en minuature ins wogende
Haarmeer einarbeiten. 1775 hieß es in einem Bericht über eine
höfische Gesellschaft „im Parke zu Schwetzingen“:“Man siehet eine
Dame mit einem Dorfe auf dem Kopf, dort eine mit einem ganzen
Walde, auch welche mit Windmühlen. Daß dergleichen Gebäude sehr
geräumig sind, hat einem Künstler Gelegenheit gegeben, den Werth
einer solchen Zierrath noch durch Mechanik zu erhöhen, er hat
dort, wo es hinpaßt, kleine Orgeln versteckt angebracht“.
Wegen der gewaltigen Haarpracht war das Reisen in der Kutsche
beschwerlich geworden. Die Damen mußten sich in die Karossen
hineinknien oder sogar den Kopf aus dem Fenster halten, um die
Haarpracht nicht zu zerstören. 1776 erhöhte man in London sogar
die Türen der St. Paul’s Cathedral und auch im kurpfälzischen
Hoftheater klagte man über „Sichtverhinderung zur Bühne“.
Auch für den Besuch bei der eher konservativen Großmutter mußte
man sich etwas einfallen lassen. Mit einer Sprungfeder konnte man
für die Dauer des Besuches die Frisur züchtig und damit niedrig
halten. Doch kaum verließ man die Oma, betätigte man einen
Schalter und der „pouf à la bonne maman“ schnellte wieder in die
gewünschte Höhe.
Wie aber entstand nun diese meisterliche Haarkunst? Zunächst
besorgte sich die Dame von Welt ein passendes, elastisches
Unterkissen, das man „toque“ nannte. Es bestand aus Wolle, Werg
und Draht, über das eigenes oder Pferdehaar gezogen wurde. Dann
spannte man das gründlich ausgekämmte, mit Pomade und Puder
versteifte Haupthaar über das eiförmige Kissen. Das Seitenhaar
wurde zu großen Locken gedreht. Hatte das eigene Haar nicht die
erforderliche Länge, wurde es entsprechend ergänzt.
Den Rohstoff für die Perücken lieferten Haarsammler, die von Dorf
zu Dorf in der Kurpfalz zogen und das kostbare Material
aufkauften. Dabei wurde auch vor dem Haar der Toten nicht
zurückgeschreckt. Besonders Frauenhaar galt das Interesse der
Sammler. Es wurde bevorzugt, weil es ein Leben lang unter Hauben
geschützt aufbewahrt wurde. Von Wind und Wetter gegerbtes
Männerhaar war dagegen spröde.
Die Pflege der Frisuren war nicht ganz einfach. Waschen des
Haares war auch im ansonsten so reinlichen Hof der kurpfälzischen
Wittelsbacher nicht üblich. Noch 1789 war Wasser an den meisten
Höfen ein verzichtbares Übel. Der Aufputz blieb oft zwei Wochen
lang unberührt, nicht selten kam zwei Monate lang kein Kamm an
die Haare.
Im Innern des Kopfputzes entstand so bald ein seltsames
Eigenleben. In einer zeitgenössischen Schilderung des höfischen
Lebens ist zu lesen: „Als der Kamm an das natürliche Haar
angesetzt wurde, beobachtete ich Schwärme von Tierchen, die in
alle Richtungen auseinanderliefen, weswegen ich meinen Stuhl ein
wenig vom Tisch abrückte. Andere Zeitgenossen berichten sogar von
Mäusen, die in den hohen Frisuren ihre Nester errichtet hatten
sollen.
Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts hieß es auch bei den
adeligen Damen wieder „Zurück zur Natur“.
Aus: Schwetzinger Zeitung, rs, 5.2.1996
Kummer und Not zur Jahreswende 1945/46
Ein Jahr ging zu Ende, das einmal in die Geschichte eingehen
würde: Trauer um Millionen von Gefallenen und Toten durch die
Kriegseinwirkungen, Angst um die unzähligen Verschollenen, Sorge
ums tägliche Überleben. Die Angst um das Verhungern wird
gemildert durch das Glück, überhaupt überlebt zu haben.
Wiedersehensfreude und die Hoffnung auf eine bessere Welt prägten
die Gefühle am Jahreswechsel 1945/46 überall in der Kurpfalz.
Nur wenige Zeitungen erschienen zum ersten Silvester nach Ende
des 2. Weltkrieges und auf den wenigen Seiten war immer wieder zu
lesen, daß sich die Menschen „vom Ungeist des Nationalsozialismus
und Militarismus“ zu trennen hätten. In der Rhein-Neckar-Zeitung
forderte der spätere Bundespräsident Theodor Heuss die Leser auf,
daß das „neue Jahr das Volk an der Arbeit sehen“ möge und „die
Grundlagen für eine bessere Zukunft zu schaffen“.
Im „Schwetzinger Morgen“ war von den Wünschen der Bürger zu
lesen: „Gar soviele erhoffen sich endlich Klarheit über das
Schicksal der vielen Vermißten und wünschen ihnen und den bereits
als gefangen ermittelten Soldaten eine baldige, gesunde Heimkehr.
Andere gehen in Richtung des Aufbaues oder der Bedachung halb
zerstörter Häuser. Dazu kommen noch zahlreiche Gedanken und
Hoffnungen bezüglich der Sicherung einer beruflichen Existenz.“
Trotzdem schließt der Verfasser damit, daß „Tränen, Kummer und
Not wohl noch lange unsere ständigen Begleiter sein werden“.
Wer sich nicht dank eigenem Land oder Vieh selbst versorgen
konnte, gute Beziehungen, etwas zum Tauschen oder
Organisationstalent hatte, für den blieb Schmalhans noch lange
Küchenmeister. Daß es bald wenigstens ein bißchen mehr zu essen
geben könnte, ließen Berichte über die Entwicklung der
zugewiesenen Lebensmittelmengen hoffen. So verdoppelte sich etwa
die einem Normalverbraucher über 18 Jahren zustehende Brotmenge
von 5.600 auf 11.450 Gramm im Monat. Die Fleischration
vergrößerte sich auf 440 Gramm ebenfalls pro Monat.
Lebensmittel waren denn auch am begehrtesten auf dem blühenden
Schwarzmarkt. Und mancher machte auch mit heißer Ware gute
Geschäfte solange ihn die Ordnungshüter nicht schnappten. Ein
Erfolg des Hockenheimer Landpolizeiposten wurde beispielsweise
Ende Januar 1946 vermeldet. So wurde ein Mann aus der Nähe von
Sinsheim geschnappt, der mit einem Fahrrad und zwei beladenen
Handwagen unterwegs war. In der Nähe des damaligen Bahnhofs
Talhaus versuchte er, allerlei an den Mann und die Frau zu
bringen. Die Polizisten stellten vier geschlachtete Gänse, drei
Hühner, zehn Pfund Zucker, ein Pfund Butter, über 400 Zigaretten,
224 Fingerringe, 36 Schlüsselketten und 12 Paar Damenstrümpfe
sicher. Ein Tag später hingen überall in der Stadt warnende
Flugblätter an den Wänden: „Wer gestohlene Sachen kauft, macht
sich der Hehlerei schuldig!“
Als „Sünde an der Heimat“ wurde in einer anderen Ausgabe des
„Schwetzinger Morgens“ der Holzdiebstahl aus dem nahen Hardtwald
und aus öffentlichen Anlagen angeprangert. Dies galt vor allem
für die Menschen, die immer wieder in den Schwetzinger
Schloßgarten eindrangen und dort „an völlig gesunden Bäumen auf
grobe Art Äste entfernten“.
Als vorbildlich gelobt wurde dagegen eine fürsorgliche Aktion der
örtlichen Gastwirte, deren Gäste nicht wie sonst üblich ein
Brikett oder einen Holzscheit mitzubringen brauchten. Sie
besorgten sich gemeinsam Brennholz über das Forstamt im
Hardtwald, damit dem Gast „nicht nur ein gutes Glas Bier oder gar
Glas Wein, sondern auch ein warmes Lokal zur Verfügung steht“.
Ablenkung von den Sorgen bereiteten zu jener Zeit unter anderem
Filme, Konzerte und Theateraufführungen. So freuten sich in
Schwetzingen die Menschen über eine Aufführung von Bernhard Shaws
„Candida“ durch eine Theatertruppe der US-Armee und in Hockenheim
führte ein Laientheater in der „Rose“ zur Fastnachtszeit den
Schwank „Die spanische Fliege“ auf. In Reilingen kam der Erlös
eines nach Dreikönig gezeigten Lustspieles den Kriegsgefangenen
und deren Familien zugute. Nicht nur wegen des guten Zwecks
sprach dieses ein breites Publikum im Saal des „Engels“ an,
sondern wohl auch wegen des Titels „Arm wie eine Kirchenmaus“.
Geschmuggelter Wein und falsche Leberwurst
Nicht nur an den Festtagen biegen sich bei den meisten Menschen
der heutigen Zeit die Tische unter der Last der Leckereien. Die
Not leidender Menschen wenn auch manchmal mitten unter uns
scheint weit entfernt zu sein, man will leben. Im strengen Winter
1946 mit Temperaturen von unter minus 15 Grad, die die Kraichbach
und auch das Wasser im Waschlavoir in der ungeheizten Wohnung
zufrieren ließen, und Schneehöhen, von denen Kinder heute nur
noch erstaunt hören, konnten die meisten Menschen selbst von
einem einfachen Mahl nur träumen. Selbst Fastnacht wurde wenn
überhaupt nur bescheiden gefeiert.
Georg Zahn aus Hockenheim hatte ebenso wie zwei seiner Kameraden
das Glück, schon aus der amerikanischen Gefangenschaft
heimgekehrt zu sein. Darauf wollten die jungen Männer natürlich
am liebsten mit einem Glas Wein anstoßen. Wo aber sollte man zu
dieser Zeit in Hockenheim Wein herbekommen? Dank der im
Kriegsgefangenenlager geschlossenen Freundschaft zu einem Winzer
aus Rauenberg sollte es kein Problem sein, an den Wein zu kommen.
Wohl aber der Transport, denn wie die Lebensmittel in den Läden
war auch der Wein von der US-Militärregierung in Weinheim
beschlagnahmt worden.
Die drei Hockenheimer wären keine Hockenheimer gewesen, hätten
sie nicht eine Möglichkeit gefunden, doch noch an den Wein zu
kommen. „Wir haben unserem Freund Arm und Kopf verbunden und ihn
auf eine Trage gelegt“, wußte Oskar Haas die Geschichte immer
wieder lebendig zu erzählen. Da von einem Arzt „Seuchengefahr“
attestiert worden war, gelang es dem Trio, an einen
MilitärSanitätswagen zu kommen, der damals für die
Zivilbevölkerung eingesetzt worden war.
So kam man unbehelligt von den vielen Straßenkontrollen über
Reilingen, Walldorf und Wiesloch nach Rauenberg. Spät in der
Nacht wurden drei Kisten „1941er Mannaberg Riesling“ verladen und
unter dem „Kranken“ versteckt, der nun auf umgekehrtem Weg seine
Reise in das Hockenheimer Krankenhaus antreten sollte. Wiederum
kam man ohne Probleme durch die Sperren, denn vor Krankheiten
oder gar Seuchen hatten die GIs an den Kontrollen eine panische
Angst: „Ein kurzer Blick auf das Arztschreiben genügte und wir
wurden sofort weitergeschickt“. In Hockenheim angekommen, wurden
die Flaschen sofort geöffnet und zur Freude vieler Stammgäste im
„Grünen Baum“ ausgeschenkt.
Das Faible eines reichen bayerischen Molkereibesitzers für den
Wein aus dem Kraichgau, den er während seiner Studienzeit in
Heidelberg kennengelernt hatte, kam dem Reilinger Heinrich Krämer
zugute. Krämer hatte nach seiner Flucht aus einem
Kriegsgefangenenlager in der Nähe von Innsbruck für einige Zeit
in der Molkerei in Memmingen gearbeitet. Heimgekehrt nach
Reilingen, nahm er Kontakt auf mit einem Winzer in Malsch. Immer
wieder habe er die Reise nach Memmingen angetreten, erinnerte
sich Krämer und erzählte von den überfüllten Zügen: „Die Menschen
hingen wie Trauben sogar draußen auf den Trittbrettern und ich
stand mit 20 Flaschen Wein im Rucksack auf der untersten Stufe.
Den ganzen Weg hatte ich mehr Angst, abzustürzen, als von der
Polizei kontrolliert zu werden“. Für jede Flasche gab es ein
Pfund Butter, die dann teilweise wieder in Mehl oder andere Güter
des täglichen Bedarfs eingetauscht wurde.
Aus nichts etwas einigermaßen Schmackhaftes zu zaubern das war
die Kochkunst dieser mageren Jahre. Die Not machte auch in
Hockenheim erfinderisch und so reichte man unter der Hand ein
„Geheimrezept“ weiter, wie man ohne Leber oder Fleisch eine
ErsatzLeberwurst herstellen konnte. Dabei schwörte jeder Ort in
der Kurpfalz auf „sein“ Rezept. Es gab zahlreiche Varianten für
falsche Leberwurst, am beliebtesten in der Region um Hockenheim
aber war die „Leberwurst“, die aus einer Mehlschwitze mit Wasser
und etwas Milch hergestellt wurde. In diese Masse wurde Hefe
gegeben und mit Salz, Pfeffer und vor allem viel Majoran gewürzt.
Und das Essen wurde dann zu einer Delikatesse, wenn es dazu
Sauerkraut gab. (og)
Der südliche Zirkelbau des Schwetzinger Schlosses
Die Zirkel in Schwetzingen wurden gebaut, weil das Schloß zu klein geworden war und ein Neubau an finanziellen Überlegungen scheiterte. Der nördliche Zirkelbau diente als Orangerie, der südliche bot sozusagen die Ersatzsäle für Feste des Hofes. Der Speise und Spielsaal erhielten daher eine besonders reiche Ausstattung, von der heute nur noch die herrlichen Stukkaturen von Guiseppe Antonio Albucci und einige der schönen, geschmiedeten Blumenlaternen vorhanden sind. Weiterlesen
Holzdiebstahl wurde zum Volkssport
Aus dem Jahr 1837 ist eine Mitteilung des Großherzoglich badischen Forstamtes in Schwetzingen erhalten, in der über „einfallende Rotten“ berichtet wird, die „in Schaaren Gehölz in die Dörfer der Hardt“ gebracht hatten, um es dort zu verkaufen. Worin lagen aber die Ursachen, daß sich der Forstfrevel zu einem Massenphänomen entwickelte?
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