Eine Region – und ihre historische Bedeutung

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In die Zukunft blicken, in der Gegenwart leben und aus der Vergangenheit lernen!

Denkmale prägen das Bild unserer Kulturlandschaften. Dorfkirchen und Altstädte, Burgen und Schlösser, Parks und technische Bauten machen Geschichte in unserem schnelllebigen Alltag erfahrbar. Sie erzählen eindrucksvoll von vergangenen Zeiten. Da die Erhaltung des Kulturerbes im Interesse der gesamten Öffentlichkeit liegt, engagieren wir uns wie viele Bürger dafür, unsere Umwelt, die gebaute Umgebung, vor allem aber die regionale Heimatgeschichte, Brauchtum und Traditionen als wertvolles Kulturerbe für zukünftige Generationen zu bewahren – und wollen so zur Förderung der Heimatforschung aktiv beitragen!

Bitte beachten Sie, dass unser Projekt derzeit keine tagesaktuelle Berichterstattung bietet, sondern lediglich eine – wenn auch umfangreiche – Sammlung von Texten, Fotos, Karten und andere Informationen zu Geschichte und Brauchtum in der Kurpfalz, der Freien Reichsstadt Speyer sowie des Fürstbistums Speyer ist.

Die Textsammlung wird laufend erweitert, eine Mediathek derzeit aufgebaut! Und noch immer suchen wir nach einer optimalen Darstellung unseres Angebotes …

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Mail an post@heimat-kurpfalz.de

Funde und fliegende Brunnenelemente

Brunnenbassin des Abteigartens Bronnbach ist wieder in den Garten geschwebt
Nach dem Abschluss der Steinsanierung von Mauer, Balustrade und barocken Figuren im Abteigarten des Klosters Bronnbach steht bis zur Wiedereröffnung die eigentliche Gestaltung des Gartens im Fokus. Die Arbeiten gehen gut voran, so dass der Abteigarten wie geplant im Frühjahr 2017 eröffnet werden kann. Er soll, Landrat Reinhard Frank, ein besonderer Anziehungspunkt werden und zusätzliche interessierte Besucher nach Bronnbach führen. Die Klosteranlage steht im Eigentum des Main-Tauber-Kreises. Weiterlesen

"… auf ewige Zeiten zugehören"

Historisches Museum der Pfalz zeigt Ausstellung zum Jubiläumsjahr des Bezirksverbandes
Unter dem Titel „auf ewige Zeiten zugehören… Die Entstehung des Rheinkreises – 200 Jahre Bezirkstag Pfalz“ blickt das Historische Museum der Pfalz auf die Zeit vor 200 Jahren zurück: 1816 wird die Pfalz bayerisch und bekommt einen „Landrath“. Seit 1946 gehört die Pfalz zwar nicht mehr zu Bayern, sondern zu Rheinland-Pfalz, aber den 1816 gegründeten „Landrath“ gibt es in veränderter Form immer noch: Es ist der heutige Bezirkstag Pfalz. Die Ausstellung ist als Historisches Schlaglicht in die Sammlungsausstellung „Neuzeit“ integriert und noch bis 8. Januar 2017 zu sehen. Weiterlesen

Nur ein hastiger Blick auf Speyer

sp1844_turnerWilliam Turners letzte Deutschlandreise 1844
Zwischen 1817 und 1844 ist William Turner, fasziniert von den Städten und Landschaften, wiederholt nach oder durch Deutschland gereist. Von 1839 bis 1844 besuchte er Deutschland jedes Jahr, nahm meist die Strecke von Köln bis Mannheim den Rhein entlang, um dann in Heidelberg Station zu machen. Dann setzte er häufig seinen Weg in die Schweiz fort. Er hielt seine Eindrücke in Hunderten von Zeichnungen und Aquarellen – meist am Ort verfertigt – fest, doch von Speyer ist nur eine einzige Skizze in einem der über dreihundert Skizzenbücher Turners zu finden. Weiterlesen

Brücke nur für Spezialloks

SchiffsbrückeDie Schiffsbrücke von Speyer und ihre Bedeutung für den Eisenbahnverkehr
1864 wurde die bis dahin in Speyer endende Stichbahn bis zur bayrischen Festung Germersheim verlängert. Dort wurde, um ihn im Kriegsfall schnell abbauen zu können, nur ein Fachwerkbahnhof gebaut, da die Festung sich nicht nur gegen Frankreich richtete, sondern auch gegen Baden, gegen das Bayern zeitweise einen Krieg erwog. Das zweite Gleis, das bereits trassiert, aber nicht ausgelegt war, wurde 1875 zwischen Schifferstadt und Speyer, 1906 schließlich bis nach Lauterburg ergänzt. Hier war bereits 1876 der Anschluss nach Straßburg erreicht worden, der nach der Reichsgründung und dem Anschluss des Elsaß 1871 dringend geboten schien.
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Die amtlichen Bekanntmachungen früher und heute

Auch in Reilingen informierte der Rats- oder Polizeidiener die Bevölkerung
Über viele, viele Jahrzehnte hinweg wurden die notwendigen Bekanntmachungen der Gemeindeverwaltung an die Einwohnerschaft durch das Ausschellen und durch das Anschlagen der entsprechenden Schriftstücke an die Verkündungs- oder Anschlagtafel vorgenommen. Ob diese beiden sich ergänzenden Bekanntmachungsarten zeitgleich oder zu verschiedenen Zeiten hier praktiziert wurden, ist nicht mehr auszumachen und auch nicht von Bedeutung.
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Aufschlussreiches Protokollbuch gefunden

Geschichte der Sozialdemokratie in Hockenheim aufgearbeitet
Das genaue Gründungsjahr des SPD-Ortsvereins Hockenheim war bis vor zwei Jahren (1996) durch fehlende Dokumente und Unterlagen nicht eindeutig belegbar. Untersuchungen früherer Jahre sowie Befragungen älterer SPD-Mitglieder ergaben die Annahme eines vagen Bezuges zum Gründungsjahr des Arbeitergesangvereins Hockenheim von 1906. Ein Parteiverbot von 1933 bis 1945 durch das Naziregime, verbunden mit lebensbedrohlichen Gewaltanwendungen und Verfolgungen von Sozialdemokraten führten sicherlich dazu, dass wichtige Parteidokumente inklusive Vereinsfahne wahrscheinlich vernichtet, oder aus Angst vor Repressalien anderweitig der Öffentlichkeit entzogen wurden.
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Mannheims wechselvolle Geschichte – mal vorne, mal hinten

„Mannem hinne“ rief der Zugführer den Einsteigenden in den
Dampfzug von Frankfurt Richtung Süden zu. Sie mußten die hinteren
Wagen benutzen, denn in Friedrichsfeld zwischen Mannheim und
Heidelberg wurden die Mannheimer Wagen abgekuppelt. Dieser Ruf
machte sich selbständig. Für die Mannheimer wurde daraus ein
„Mannem vorne“.

Mannheim ist keine gewachsene Stadt. Es entsteht auf Befehl von
oben an der Stelle eines Fischerdorfes an zwei schiffbaren
Flüssen, einer damals wie heute günstigen Lage. Gegründet durch
den Willen eines absolutistisch regierenden Kurfürsten der
Barockzeit und gebaut nach den damaligen Idealvorstellungen: eine
Stadt als Festungsanlage mit der Friedrichsburg an höchster
Stelle. Zu dieser Zeit wurde bereits der Stadtgrundriß mit
rechtwinkligen, geradlinigen Straßen in Quadrate eingeteilt.

Freies Glaubensbekenntnis, Handelsprivilegien, die Aufhebung von
Leibeigenschaft und Fron, Abschaffung des Zunftzwangs, der sich
aber erst 200 Jahre später im Liberalismus verwirklichen ließ,
die Befreiung von Zoll und Steuern für das Gewerbe begünstigten
den Zuzug nach Mannheim. Die unentgeltliche Zuweisung von
Bauplätzen und billige Lieferung von Baumaterialien seitens des
Kurfürsten förderten die Bautätigkeit.

Das Beständige, Gewachsene, die Tradition fehlte im Vergleich zu
den alten Handelsstädten. Die Festungsfunktion zog Unsicherheit
und Gefahren an, die sich beide handelsfeindlich auf die Stadt
auswirkten. So war die Lebensfähigkeit der Stadt einzig und
allein von der Politik des Kurfürsten abhängig. Schon zu Beginn
des 30jährigen Krieges wurde 1622 die Friedrichsburg
einschließlich der Stadtanlage von Tillys Truppen zerstört. 1689
nach dem Wiederaufbau wurde Mannheim auf Anordnung von Ludwig XIV
im Pfälzischen Erbfolgekrieg niedergebrannt, die Bürger verjagt.
Noch 1695 war es bei Todesstrafe verboten, sich auf den Trümmern
niederzulassen.

Um 1700 wurden wieder die ersten Häuser errichtet. Gleichzeitig
wurde mit dem Bau des Rathauses auf F 1 begonnen, dem ältesten,
noch heute vorhandenen Bauwerk Mannheims. Der Wiederaufbau
basierte auf dem alten Gründungsschema. Doch durch die
Freihaltung einiger Quadrate von Bebauung wurde das strenge
Gefüge aufgelockert. Bauplätze waren zwar unentgeltlich, aber
diesmal mit Bauverpflichtungen und Bauvorschriften versehen.
In der Oberstadt beim geplanten Schloß lagen die größeren
Grundstücke, die Unterstadt blieb dem Kleinbau vorbehalten. Diese
Aufteilung entsprach der sozialen Fürsorge im Rahmen der
Bodenparzellierung des Absolutismus und blieb bis zur Mitte
unseres Jahrhunderts erhalten.

1720 verlegte der Kurfürst KarlPhilipp seine Residenz von
Heidelberg nach Mannheim. Damit setzte eine verstärkte
Bautätigkeit ein. Zehn Jahre später war der Stadtraum vollständig
überbaut. Zur selben Zeit wurde das Schloß bis 1760 gebaut und
auf die vorhandene Stadtstruktur ausgerichtet. Neben dem Escorial
in Madrid ist das Mannheimer Barockschloß das zweitgrößte in
Europa.

Die Stadt erlebte in dieser Zeit eine Blüte. Dank der Förderung
von Kunst und Wissenschaft durch den nachfolgenden Kurfürsten
Carl Theodor wurde Mannheim innerhalb kurzer Zeit ein
europäisches Kulturzentrum: Theater, Musik, die „Mannheimer
Schule“ und eine Gemäldesammlung, die später den Grundstock für
die Münchner Pinakothek bilden sollte. Viele führende Geister
dieser Zeit besuchten die Stadt, lebten oder arbeiteten hier, wie
Goethe, Schiller, Mozart oder Voltaire.
Der kurfürstliche Hof mit Gefolge und die Garnison stellten
während dieser Zeit die Hälfte der Bevölkerung. Sie bestimmten
Konsum und Handel.

Durch die wittelsbachische Erbfolge kam 1778 Bayern eigentlich
zur Kurpfalz, Carl Theodor aber verlegte die Residenz von
Mannheim nach München. Die Stadt verlor damit ihre
Existenzgrundlage. Die einseitig ausgerichtete Struktur
verursachte nach dem Wegzug für die verbleibende Bevölkerung eine
wirtschaftliche Notlage.

Nach dem Abzug des Hofes blieb Mannheim als Hauptstadt der
Kurpfalz zunächst noch Verwaltungszentrum. 1803 wurde die
Kurpfalz aufgelöst, der Rhein zur Staatsgrenze und zur
Zollschranke. Mannheim selbst wurde zur Grenzstadt im
nordwestlichen Zipfel des von Napoleon neugeschaffenen
Großherzogtums Baden, zu dessen Hauptstadt Karlsruhe ernannt
wurde.

Bereits 1799 war unter dem Jubel der Bevölkerung mit der
Schleifung der Befestigungsanlagen begonnen worden. Nach dem
Entwurf des Mannheimer Gartenarchitekten Sckell sollte um den
Kern der Innenstadt, die bis in die ehemaligen Bastionen hinein
erweitert werden sollte, ein breiter Grüngürtel gelegt werden,
durchflossen von einem sternförmigen Bach. Dieser Entwurf kam
aber nicht zur Ausführung. Stattdessen wurden zur Erschließung
des eingeebneten Geländes die Straßen des Stadtgrundrisses
gradlinig bis zum Stadtgraben weitergeführt. Ein beträchtlicher
Teil des Geländes wurde zur Deckung der Schleifungskosten an
Privatleute verkauft und als Gärten genutzt.
Neubauten entstanden in dieser Zeit nur wenige. Die Stadt behielt
das Bild einer typischen Residenzstadt, die nun anstelle von
Befestigungsanlagen von einem romantischen Grüngürtel eingerahmt
wurde. Das vorhandene wirtschaftliche und finanzielle Vakuum ließ
keine großen Weiterentwicklungen zu.

1827 begann der badische Pionieroffizier Gottfried Tulla mit der
Korrektur des Friesenheimer Rheinbettes. Der nunmehr stillgelegte
Rheinarm wurde zum Hafen ausgebaut und 1840 eingeweiht. Im
gleichen Jahr wurde die Eisenbahnlinie Mannheim  Heidelberg als
erste badische Staatsbahnstrecke eröffnet. Baden trat 1855 dem
Deutschen Zollverein bei, so daß Mannheim dank seiner günstigen
Verkehrslage an zwei schiffbaren Flüssen wieder zu einem
Handelsmittelpunkt werden konnte.

Mit der Eröffnung des regelmäßigen Dampfschiffahrtverkehrs
zwischen Rotterdam und Mannheim wurde 1842 der Mannheimer Hafen
als Endpunkt der Großschiffahrt auf dem Rhein zum wichtigen
Umschlagplatz von Im und Exportartikeln für den süddeutschen
Raum. Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes wurde die Stadt ein
Umschlagplatz für ganz Südeuropa. Die Zahl der Handelsbetriebe
wuchs sprunghaft an, bevorzugter Standort für diese Betriebe war
die westliche Stadthälfte links und rechts der Planken. 1850
waren bereits ganze Erdgeschoßzonen, die bisher dem Wohnen
dienten, in Gewerbeflächen umgewandelt.

Die hier und in den Handelsgebieten angebotenen Arbeitsplätze
ließen die Zahl der Einwohner rasch anwachsen und bedeuteten eine
rege Bautätigkeit, die sich zunächst auf Umbaumaßnahmen im
Stadtkern beschränkte. So wurden ein und zweigeschossige Häuser
abgerissen und drei und viergeschossige gebaut. Die 1856
erlassene Bauordnung gestattete eine maximale Geschoßzahl von
vier Etagen. Sie wurde zuerst im Jungbusch vorgenommen, im
Anschluß an die am dichtesten besiedelte westliche Unterstadt.
Ansonsten brachte der wirtschaftliche Aufschwung für das
Stadtbild keine einschneidenden Veränderungen. Handel und Verkehr
innerhalb eines großen Bereiches, verbunden mit neuen
Transportmöglichkeiten und Standortvorteilen boten der Stadt eine
gesunde Basis zur Entwicklung.

Quelle: unbekannt

Wasserholen war kein Vergnügen

Wasser gehörte schon immer als wichtigstes Lebensmittel zum Alltag des Menschen
Den „Quell des Lebens“, wie bereits die Babylonier das Wasser nannten, schöpfte man zu Beginn der Menschheit und noch lange danach aus fließenden Gewässer. Schon recht früh lernten sie zudem die Technik des Brunnenschlagens. Das Wasser kam zum Menschen. Jetzt wurde es möglich, auch abseits von Flüßen, Seen und Bächen zu siedeln. Am Beispiel von Plankstadt soll einmal die Entwicklung der Wasserversorgung in der Kurpfalz aufgezeigt und ihre Bedeutung verdeutlicht werden. Weiterlesen

Von Ritterromantik keine Spur

Die Ritter, die auf ihren Burgen zwischen Pfälzerwald und
Odenwald lebten, waren nicht zu beneiden. Zwar ging es ihnen
wesentlich besser als den Bauern, von deren Abgaben sie lebten,
doch im Vergleich zu den reichen Handelsherren entbehrten die
Adeligen vieler Bequemlichkeiten. Sie, die „Pfeffersäcke“,
wohnten in den Städten, in der Behaglichkeit ihrer Bürgerhäuser;
sie, die Herren Ritter, hausten auf ihren Burgen weitab von jeder
größeren Ansiedlung.

Ein weitgereister Ritter aus der Pfalz verkündete in einer noch
erhaltenen Handschrift: „An Unterhaltung fehlt es nicht. Viel
Eselschreien, Pfauenkreischen  davon hab ich die Nase voll! Mir
tost der Bach mit Hurlahei den Kopf entzwei. Er ist schon völlig
wund!“ Keine Rede von deftigen Festgelagen, wie sie heute bei den
„Rittermahlen“ in alten Burgen fröhlich gefeiert werden.
Minnegesang, edle Frauen? Fehlanzeige! „Kein feiner Umgang mehr,
stattdes: Nur Kälber, Geißen, Böcke, Rinder und Bauerndeppen.
Häßlich schwarz, im Winter ganz verrotzt. Macht froh wie
PanschWein, Wanzenbiß …“

Die Auswirkungen auf das Familienleben waren geradezu verheerend:
„In der Beklemmung hau ich oft die Kinder in die Ecken. Da kommt
die Mutter angewetzt, beginnt sogleich zu zetern. Gäb sie mir mit
der Faust, ich müßt auch das erdulden“.

Wo bleibt da die Ritterlichkeit, wo bleibt die Romantik? Ein
treffliches Stichwort: Es waren die Romantiker des 19.
Jahrhunderts, die das Bild und das Leben in einer Ritterburg
schufen und idealisierten. Sie, die die mittelalterliche
Literatur, die Heldenepen und Minnelieder dem Staub der Archive
entrissen hatten, nahmen die darin beschriebenen
Idealvorstellungen des Rittertums für bare Münze. In ihrer
Phantasie wurde so selbst aus dem heruntergekommensten
Strauchritter ein stolzgesinnter Kriegsmann von eherner Kraft
oder wie sonst die überspannten Formulierungen der damaligen Zeit
lauteten.

Ein Gespräch mit Ulrich von Hutten, dem Humanisten, der auf der
nordhessischen Steckelsburg aufgewachsen war, hätte die
Heidelberger Romantiker von damals (und auch die von heute) rasch
ihrer Illusionen beraubt. 1518 schrieb der Ritter an seinen
Freund, den Nürnberger Patrizier Willibald Pirckheimer: „Die Burg
ist nicht gebaut, um schön sondern um fest zu sein, von Wall und
Graben umgeben, innen eng, da von Stallungen für Vieh und Herden
verbaut. Daneben liegen die dunklen Kammern, angefüllt mit
Geschütz, Pech und Schwefel und dem üblichen Zubehör der Waffen
und Kriegswerkzeuge. Überall stinkt es nach Pulver. Dazu kommen
die Hunde mit ihrem Dreck. Eine liebliche Angelegenheit, wie sich
denken läßt, und ein feiner Duft! Reiter kommen und gehen, unter
ihnen Räuber, Diebe, Banditen; denn für alle steht unser Haus
offen. Man hört das Blöken der Schafe, das Brüllen der Rinder,
das Hundegebell, das Rufen der Arbeiter auf dem Felde, das
Knarren und Rattern von Fuhrwerken, ja wahrhaftig auch das Heulen
der Wölfe, da der Wald so nahe ist. Ihr Bürger lebt in den
Städten nicht nur angenehmer, sondern auch bequemer.

So ging es also auf den Burgen des niederen Adels zu. Spuren von
Romantik fanden sich allenfalls auf den schon ehe schloßähnlichen
Anlagen des Hochadels, der Fürsten, der Könige, der Kaiser. Hier,
bei Hof, gab es das „höfische“ Leben mit all seiner Raffinesse,
nicht aber in den Ritterburgen weitab von den Zentren der Macht.

Im Winter allerdings dürfte es auch dem Kaiser oft ungemütlich
geworden sein, obwohl die meist in der Ebene angelegten Pfalzen
den Unbilden des Klimas eher zu trotzen vermochten als die
windumheulten Felsennester. „Möhte ich verslafen des winters
zit!“, wünschte sich Walther von der Vogelweide, und dazu hatte
er allen Grund. Denn heizen im heutigen Sinn ließ sich eine Burg
nämlich nicht. Die dicken Mauern strahlten Kälte ab, gegen die
die Wärme aus den offenen Kaminen vergeblich ankämpfte. Heizbar
waren zudem nur wenige Räume, so das Frauenhaus, die Kemenate,
deren Namen von „Kamin“ abgeleitet ist. Im Winter pfiff ein
eisiger Wind durch die Burg, denn Fensterglas hielt in den
Anlagen des niederen Adels erst gegen Ende des Mittelalters
Einzug. Zuvor verschloß man die Fenster mit Holzläden und
verstopfte die Ritzen mit Stroh. Gicht und Rheuma dürften die
Recken häufiger gelähmt haben als in der Schlacht empfangene
Wunden.

Vor dem Aufkommen der Kachelöfen muß die Luft in den Räumen nach
unseren Maßstäben äußerst gesundheitsgefährdend gewesen sein. Die
Kaminfeuer verräucherten die Zimmer, und der Qualm von Kerzen,
Öllampen oder Kienspänen, die der Beleuchtung dienten, trug
ebenfalls zu der „dicken Luft“ bei. Die offenen Feuer und
Lichtquellen brachten auch ganz greifbare Gefahren mit sich, denn
das Innere der Wohngebäude bestand größtenteils aus Holz.

Der Winter bedeutete zumindest für die Bewohner abgelegener
Burgen eine Zeit der Isolation. Nach starkem Schneefall waren
viele Anlagen von der Außenwelt abgeschnitten. Neben
gelegentlichen Besuchen blieb außer Brettspielen wie Dame und
Schach die Jagd als Abwechslung. Sie bot auch Gelegenheit, die im
Winter recht eintönige Speisekarte mit Frischfleisch
anzureichern.

In der warmen Jahreszeit kamen die Feinschmecker eher auf ihre
Kosten: Fleisch, Geflügel, Wild, Fisch, Eier, Frischgemüse, Obst
und Weißbrot fanden selbst die kleinen Adeligen auf ihrer Tafel
vor, während sich die Bauern in der Regel mit Sauerkraut,
Hülsenfrüchten, dunklem Brot und Brei begnügen mußten.

„Höfisch“ ging es bei den Mahlzeiten nicht gerade zu. Gabeln waren
noch weitgehend unbekannt. Löffel, Messer und Finger galt es als
Hilfsmittel zur Nahrungsaufnahme zu benutzen, wobei sich häufig
mehrere Personen aus einer Schüssel bedienten. Regelrechte
Freßorgien kamen nicht selten vor, während Saufereien wohl eher
die Regel waren. Über den 1495 in Worms abgehaltenen Reichstag
vermeldet der Chronist denn auch, daß sich „die Edelleut mit
Saufen auf diesem Reichstag ziemlich säuisch gehalten“. Dies
zeigt, wie es zumindest im späten Mittelalter um die ritterlichen
Tugenden der „maze“ (Maßhalten) und der „zucht“ (Selbstdisziplin)
bestellt war.

Ob die Versuche, den üblen Manieren mittels „Tischzuchten“
aufzuhelfen, viel Erfolg hatten, muß bezweifelt werden. Sie
werfen aber ein Licht auf die damals üblichen Sitten in den
pfälzischen Landen links und rechts des Rheines: „Derjenige ist
ein ehrloser Sack, der sich über die Schüssel beugt und mit dem
Mund ebenso laut schmatzt wie ein Schwein  der soll beim Vieh
essen“. Deutliche Worte! Auch das Schneuzen ins Tischtuch oder in
die Hand galt als unfein. Andere Regelwerke verboten das Spucken
über die Tafel und legten den Blaublütigen nahe, Essensreste
nicht über den Tischnachbarn hinweg, sondern rücklings den Hunden
zuzuwerfen.

Kein Wunder bei dem herumliegenden Unrat, daß sich die
Burgbewohner mehr mit Ungeziefer als mit Belagerern
herumzuschlagen hatten. Toiletten im heutigen Sinne gab es noch
nicht und die Ecken, die dafür genutzt werden, spotteten jeder
Beschreibung. Aus den Aborterkern plumpste das „Geschäft“ direkt
in den Graben oder an den Fuß der Mauer. Im Sommer dürfte die
Lage einer Burg schon auf größere Entfernungen zu „erschnüffeln“
gewesen sein. Aborttürme gehörten eher zu den Raritäten.
Doppelsitzige Aborte dagegen finden sich häufiger  eine
zweifelsohne kommunikationsfördernde Einrichtung.

Intimsphäre in unserem heutigen Sinne gab es sowieso nicht. Dafür
waren die Raumverhältnisse auf den Burgen viel zu beengt. In der
Regel schlief die Familie des Herrn in einem gemeinsamen Bett,
die Knechte verbrachten die Nächte auf dem Boden des Saals.
Prüderie war den Menschen des Mittelalters ohnehin fremd.

Das Mobiliar war nach heutigen Maßstäben gemessen mehr als
dürftig. Zum Sitzen dienten einfache Bänke oder Hocker, schön
geschnitzte Stühle blieben hohen Herrschaften vorbehalten. Vor
den Mahlzeiten trugen die Diener Klapptische in den Saal, die
nach dem Essen wieder „aufgehoben“ und entfernt wurden. Primitive
Bettgestelle, Truhen und Wandbehänge vervollständigten die
spartanische Einrichtung.

Das Leben auf den ach so romantischen Burgen hatte also wenig
Erhebendes, doch immerhin boten sie ihren Bewohnern Sicherheit.
Das änderte sich, als im 15. Jahrhundert Durchschlagskraft und
Zielgenauigkeit der Geschütze enorme Fortschritte machten. Die
Burgen verloren ihren strategischen Wert, aus den fast
uneinnehmbaren Festen wurden kaum zu verfehlende Zielscheiben.
Ritter, die es sich leisten konnten, zogen die Konsequenzen:
Einige bauten ihre Burgen zu wohnlicheren Schlössern um, andere
kehrten ihnen den Rücken, lebten in der Ebene oder gleich in der
Stadt. Die Burgen verfielen, wurden zerstört und als billige
Steinbrüche benutzt.

Nach: MM, 11.7.1989, Klaus Backes