Altlußheim im Wandel der Zeit

Altlußheim ist eine Gemeinde mit relativ langer und zum Teil auch sehr bewegter Geschichte. Erster amtlicher Nachweis über das Bestehen ist eine Urkunde vom 13. März 946, in der die Schenkung von Gelände in dem Dorf, „“das man Lußheim nennt“, an das Domkapitel in Speyer festgehalten wurde. Ausgesprochen wurde diese Schenkung durch den rheinfränkischen Herzog Konrad der Rote, um „ewiges Seelenheil“ zu erlangen.
Historische Funde und Ausgrabungen belegen jedoch, daß unser Raum schon viel früher besiedelt war. Die ersten Hütten und Häuser einer urzeitlichen Fischersiedlung entstanden am Rande des Hochgestades des noch ungezähmten Rheins. In der Römerzeit wuchs die Siedlung im Bereich der durch die Lußhardt führenden Römerstraße ständig an. 120 Reihengräber aus der Merowinger und Karolingerzeit lassen auf eine fränkische Geschichtsperiode schließen. Ein weiterer Beweis dafür ist das 1932 entdeckte „Fürstengrab von Altlußheim“, dessen wertvollste Grabbeilage ein Schwert mit Stilelementen des persischen Krönungsornates war.
Die Namensendung „-heim“ weist ebenfalls auf eine fränkische Siedlung hin. An diese Zeit erinnern noch heute rein fränkische Gehöfte (Rheinhäuser Straße 8 und Hauptstraße 74). Durch die Schenkung aller Besitztümer des Herzogs Konrad an das Hochstift Speyer konnte das Zisterzienserkloster Maulbronn errichtet werden, das bis 1138 alle Rechte über die Bestellung von Schultheiß, Bürgern und Leibeigenen ausübte und aus Pfarreinkünften und Ortserträgnissen den „Großen Zehnten“ erhielt. Schutz, Schirm und Vogtsgerechtigkeit blieben bei den Bischöfen von Speyer.
1353 kam das Kloster Maulbronn mit Lußheim unter pfälzische Hoheit und geriet damit später auch in den anhaltenden Fehdehändel zwischen dem Pfalzgrafen Friedrich I. und Herzog Ulrich von Württemberg. Als es 1460 bis 1462 zum offenen Krieg zwischen beiden kam, wurde das Dorf völlig zerstört. 1504 fiel das Kloster Maulbronn, und somit auch Lußheim, an Württemberg. Zu dieser Zeit war ein großer Teil der Bevölkerung noch immer Leibeigene des Klosters im Kraichgau.
Beteiligt am Bauernkrieg 1524/25, mußten die Lußheimer Bauern 40.000 Gulden Strafgeld aufbringen. Die Reformation wurde durch das protestantische Württemberg 1567 in Lußheim eingeführt. Infolge der Grenzlage zum katholischen Hochstift Speyer und der relativen Nähe Frankreichs kam es im Dreißigjährigen Krieg und während der Reunionskriege während des Pfälzischen Erbfolgekrieges des französischen Königs Ludwig XIV. zu leidvollen Zeiten für den kleinen Ort, der mehrmals geplündert und niedergebrannt wurde. 1692 zählte Lußheim gerade noch 18 Bürger, 13 Witwen und 28 Waisen. Zwei Drittel der Bevölkerung waren während des Krieges getötet worden.
Bis 1806 blieb man unter württembergischer Hoheit und wurde dann (mit 689 Einwohnern) durch die napoleonische Rheinbundakte dem neugebildeten Großherzogtum Baden zugesprochen. Von einer reinen Fischersiedlung wandelte sich Altlußheim über ein Bauerndorf zu einer ländlichen Wohngemeinde.
Von großer wirtschaftlicher Bedeutung war der Fährbetrieb der „Lossemer Fahr“ über den Rhein. Dieses Recht war damals damit verbunden, den Fährmann, damals „Fergenmeister“ genannt, für Lußheim und Ketsch zu stellen. Diese Fähre war über Jahrhunderte hinweg in Betrieb und die einzige Übergangsmöglichkeit nach Speyer. Im Jahre 1840 wurde eine erste Schiffsbrücke errichtet, die später für die Eisenbahnverbindung Heidelberg  Speyer, mit dem Bahnhof Lußhof auf Altlußheimer Gemarkung, erweitert wurde. Diese wurde erst 1938 von einer festen Eisenbahn und Straßenbrücke abgelöst, die aber bereits kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges von deutschen Pionieren auf dem Rückzug gesprengt wurde. Die noch heute bestehende Rheinbrücke nach Speyer wurde 1955 erbaut.
Die Gemarkung Altlußheim hatte (nach Abtrennung Neulußheims im Jahre 1821) eine Größe von 2.133 Morgen, davon 903 Morgen Acker, 205 Morgen Gemeindewald, 100 Morgen Rheinwald und den 925 Morgen großen privaten Hubwald. Nach Ende des 2. Weltkrieges gab es viele landwirtschaftliche Klein und Nebenerwerbsbetriebe. Sie reduzierten sich inzwischen auf 18 lebensfähige größere Betriebe. Von den noch in früheren Jahren vorherrschenden Sonderkulturen wie Tabak und Spargel ist man zwischenzeitlich abgekommen. Tabak wird nicht mehr angebaut und auch der Spargelanbau ist stark rückläufig. Heute überwiegen der Getreide und Zuckerrübenanbau, aber auch die Sonnenblumenfelder prägen im Sommer das Bild der Gemeinde.
Altlußheim ist mit seinen rund 5.500 Einwohnern eine liebens-, lebens- und wohnenswerte Gemeinde mit reizvollem Rheinpanorama, idyllischen Altrheinarmen und erholsamen Auwäldern. Ein moderner Schulhausneubau mit Turnhalle und Lehrschwimmbecken, sowie die Aufstockung der alten Schule beseitigte 1966 die durch den Bevölkerungszuwachs entstandene Schulraumnot. Die Errichtung der „Rheinfranken-Halle“ als Sport- und Mehrzweckhalle stellte 1982 wohl das größte (und auch teuerste) Bauwerk in der Geschichte der Gemeinde dar. Den Sporttreibenden stehen zahlreiche Sportstätten, den Kindern ein großer Abenteuerspielplatz und mehrere kleinere Kinderspielplätze als Tummelplätze zur Verfügung. Außerdem erfreut sich der Blausee mit seinen riesigen Liege- und Spielflächen großer Beliebtheit.

Die größte Gußstahlglocke der Welt hängt in Neustadt

Tiefe, wuchtige Töne schallen vom Turm der Stiftskirche in Neustadt herab über die ganze Stadt ins Land. Die Menschen in der Altstadt recken die Köpfe empor: Die „Kaiserglocke“ hat ihre Stimme erhoben und läutet damit ein besonderes Ereignis ein. Nicht oft ist sie zu hören, denn wenn das Gewicht von rund 350 Zentnern mit dem großen Klöppel in Schwingung gerät, hat das Gemäuer des Turmes schon einiges auszuhalten. Weiterlesen

Der Landesherr bestimmte die Religion

Schnell faßten die reformatorischen Gedanken durch den Einfluß der Universität Heidelberg auch Fuß in den Dörfern der Kurpfalz. So wurde bereits 1556 die alte katholische Georgskirche (heutiger Festhallenturm) durch Regierungsentscheid den Reformierten zugesprochen, die die Kirche gemeinsam mit den Lutheranern nutzten. Der Sitz des reformierten
Pfarrers war Reilingen. Von dort aus mußte er zudem noch Walldorf und Nußloch versorgen. Das älteste Kirchenbuch, das heute noch vorhanden ist, stammt aus der Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges. Alle früheren Bücher wurden während des Krieges mit Frankreich zerstört.
Zu den Herrschaftsregeln in der Kurpfalz gehörte auch der Grundsatz, daß der Landesherr zu bestimmen hatte, welcher Religion seine Untertanen anzugehören hatten. So machten auch die Hockenheimer viele Bekenntniswechsel in ihrer mehr als 1.200jährigen Geschichte mit  je nachdem, zu welchem Glauben sich eben der gerade regierende Herrscher bekannte.
Die Gleichberechtigung in Glaubensdingen kam erst mit Ende des Dreißigjährigen Krieges. Den Landesherren wurde verboten, die Untertanen zu einer bestimmten Religion zu zwingen. Um 1700 begann eine groß angelegte Rekatholisierung in der reformierten Kurpfalz. Auch die Katholiken in Hockenheim bekamen ihre Besitzungen zurück.
Die Christen evangelischen Glaubens mußte aber wieder nach Reilingen zur Kirche gehen. Nachdem man 1722 eine Notkirche auf dem freien Gelände im Bereich des heutigen Lutherhauses errichtet hatte, war 1750 der Bau einer festen
Kirche fällig. Als kleinen Seitenhieb auf die Katholiken im Dorf bauten die Evangelischen 1757 ihren Kirchturm als genaue Kopie des Glockenturms der Georgskirche.
Die evangelische Kirchengemeinde wurde immer größer und 1846 war man schließlich gezwungen, eine Empore in der Kirche einzuziehen. Diese wurde übrigens auch von den anderen Konfessionen benutzt. Als frühestes Zeichen der Ökumene in Hockenheim hielten zwischen 1814 und 1819 die Katholiken während der Bauphase an ihrer neuen Kirche (die heutige Festhalle) dort ihre Gottesdienste ab. 1823 entstand dann das evangelische Schulhaus (Gebäude hinter dem
Lutherhaus), da zur damaligen Zeit das Schulwesen noch Sache der Kirche war. 44 Jahre später wurde das Schulhaus zum Pfarrhaus umgebaut, nachdem jahrelang das Geld dafür gesammelt worden war. 1869 wurde die evangelische Kirchengemeinde in Hockenheim unabhängig von Reilingen.
Mit dem Einsetzen der Industrialisierung und der Entwicklung der Zigarrenfabriken ging es auch den Menschen in der größten Arbeiterwohngemeinde in Baden immer besser. Dies hatte natürlich auch seine Auswirkungen auf das Gemeindeleben der Protestanten. Längst war eine neue Kirche notwendig geworden und im Oktober 1905 wurde
schließlich der Grundstein hierzu gelegt. Zwei Jahre später folgte die Einweihung. Als Kirchplatz hatte die Stadt Hockenheim für den neubarocken Bau den alten Friedhof zur Verfügung gestellt. Mit der neuen Stadtkirche baute
man zugleich ein Pfarrhaus. Das bisherige Dienstgebäude der evangelischen Pfarrherrn hinter dem Lutherhaus diente später zuerst als Schwesternhaus und und bis zum Neubau des zweiten Pfarrhauses in der Kirchenstraße als Vikarswohnung.
Das Langhaus der alten Kirche an der Oberen Hauptstraße, ein Saal zu vier Fensterachsen mit dreiseitigem Chorschluß, wurde 1927/29 zum Lutherhaus umgebaut. Von der alten Kirche ist heute im wesentlichen nur noch der Grundriß erhalten.
Als besondere Zeugnisse der Vergangenheit hat man noch heute in der evangelischen Kirchengemeinde zwei gleiche Abendmahlskelche, die aus Silber gefertigt und anschließend vergoldet wurden. Einer alte lateinische Inschrift ist zu entnehmen, daß Pastor J.W. Radau-Hashus den Auftrag für diese handgearbeitete Kelche gegeben hatte.

Armut machte auch vor Kirche nicht halt

Ein Blick zurück in der Geschichte der Region zeigt, daß Wiesental mit Sicherheit zu den ärmsten Dörfern gehörte. Was selten war: in diesem kleinen Ort in der Lußhardt waren wirklich alle arm. Sogar die Pfarrei St. Jodokus und Nikolaus war mittellos und teilte damit das Schicksal der Menschen, die um 1750 in 139 Häusern mehr schlecht als recht lebten. Weiterlesen

Und eine Stimme sprach: "Wag's"

Gleich hinter Neulußheim und Reilingen beginnt in Richtung Süden das große Waldgebiet der Lußhardt. Quasi als südliche Nachbarn liegen dort die Gemeinden der Stadt Waghäusel, der nördlichsten Großgemeinde des Landkreises Karlsruhe. Ihr Entstehen verdankt die Stadt dem Zusammenschluß der drei ehemals selbständigen Gemeinden Kirrlach, Waghäusel und Wiesental.
Die geschichtlichen Ursprünge der einzelnen Stadtteile reichen zurück bis weit ins 13. Jahrhundert. So wurde Kirrlach erstmals 1234 urkundlich in einem Vertrag des Domkapitels Speyer erwähnt. Fundgegenstände wie Tongefäße und Münzen lassen jedoch darauf schließen, daß auf Kirrlacher Gemarkung im 2. Jahrhundert n. Chr. ein römischer Gutshof bestanden haben muß. In der Nähe davon führte eine Römerstraße vorbei, deren Reste noch heute sichtbar sind. Die Entfaltung der Orte wurde durch Hungersnöte, Epidemien, Zerstörungen und ständige Kriegseinwirkungen immer wieder gestört.
Die  fürstbischöflichspeyerische Festung in Philippsburg, die eigentlich ein Schutzwall für das ganze Umland sein sollte, brachte die Region aber immer wieder in Bedrängnis durch Belagerungen und Einquartierungen. Der „Badischen Spargelstraße“ folgend kommt man in den zweiten Stadtteil, nach Wiesental. Der Ort wurde 1297 vom damaligen Speyerer
Bischof Friedrich von Bolanden gegründet. Auch im Raum Wiesental hinterließen bereits die Römer ihre Spuren. Gerätschaften aller Art und die Überreste eines Kastells sind recht eindrucksvolle Zeugen dieser frühen Epoche.
Vom Namen her am bekanntesten aber ist der Wallfahrtsort Waghäusel, dritter Ort im Städtebund. Der Ursprung der Siedlung geht auf die Kapelle „Zum Waghus“ zurück. Die Überlieferung berichtet, daß um das Jahr 1435 beim Wagbach ein Schäfer im Lußhardtwald ein etwa zwei Spannen hohes steinernes Marienbildnis gefunden habe. Freudig nahm der Schäfer seinen Fund als kostbaren Schatz mit nach Hause. Aber am nächsten Morgen war das Bildnis verschwunden. Er fand es dort wieder, wo er es entdeckt hatte. Nachdem sich dieser Vorfall einige Male wiederholte, errichtete der fromme Schäfer in einem großen Eichenhain eine Nische, in der er das Bild zur Verehrung durch Vorüberziehende aufstellte.
Eines Tages führte der Wagbach reißendes Hochwasser. Als der Schäfer sich nicht traute, seine auf dem gegenüberliegenden Ufer grasenden Schafe mit einem Nachen in Sicherheit zu bringen, rief ihm eine geheimnisvolle Stimme aus der Mariennische im Eichenstamm zu : „Wag’s, wag’s!“ Darauf setzte der Schäfer über und verlor keines der ihm
anvertrauten Tiere. Durch dieses Wunder und weitere Gnadenerweise verbreitete sich der Ruf des Bildnisses schnell.
Um 1470 ließ der Speyerer Fürstbischof Mathias von Rammung an dem Platz eine Kapelle mit dem Namen „Zum Waghus“ bauen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ließen sich in Waghäusel Kapuziner nieder und es entstand 1616 das heute noch existierende Kloster mit Wallfahrtskirche.
1724 errichtete der Rastatter Baumeister Michael Ludwig Rohrer für Fürstbischof Hugo von Schönborn ein Jagd und Lustschloß. Diese 16-eckige Eremitage diente den hohen Herren nach der Säkularisation bis 1810 als Wohnhaus und wird ob ihres Baustils noch heute in Fachkreises als Kleinod gehandelt.
Mit dem gesamten rechtsrheinischen Gebiet Speyers fiel das Schlößchen an die Badische Domäne und wurde 1837 an die Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation (die heutige Südzucker AG) veräußert, die dort noch bis vor Kurzem eine bedeutende Zuckerfabrik unterhielt.
Der Ort wurde aber auch bekannt durch die „Schlacht bei Waghäusel“ im Jahr 1849, als dort am 21. Juni die Badische Revolutionsarmee unter General Mieroslawsk von den Preußen besiegt wurde. (og)

Eine lange Reise in die Ungewissheit

Über die Wallfahrt zum Apostel Jakobus, oder: Was hat Santiago de Compostela mit Speyer gemeinsam?
„Jakobspilger“ heißt die Figur, die in hü­nenhafter Größe schon von weitem den Pro­spekt von der Maximilianstraße zum Dom be­herrscht. Er ist unterwegs nach Santiago de Compostela, dem Grab des Apostels Jakobus. Dorthin, in eine der wichtigsten Wallfahrts­orte der Römisch-Katholischen Christenheit seit dem Mittelalter, zog es jahrhundertelang die Scharen der Pilger. „Jakobs-“ oder „Ster­nenweg“ hieß die Straße, deren einzelne Ver­ästelungen sich im Nordosten Spaniens tra­fen. Seit dem 10. Jahrhundert war die Wall­fahrt nach Santiago de Compostela im­mer beliebter geworden. Eine wesent­liche Motivation bezog sie aus den Auseinandersetzungen, die die spani­schen Lokalherren gegen die Araber führten, die seit dem 8. Jahrhundert den größten Teil der iberischen Halb­insel beherrschten. Wer gegen diese „Ungläubigen“ kämpfte, konnte sich Verdienste für sein Seelenheil erwer­ben. Später trat an die Stelle des wirk­lichen Kampfes die Wallfahrt. Außer in Rom gab es sonst nirgendwo im abendländischen Kulturkreis ein Apo­stelgrab, und Jerusalem blieb für die meisten unerreichbar. So erklärt sich die große Beliebtheit des Ortes bei den Pilgern.
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Sankt Wendelin zu Reilingen

Kirchen prägen bereits seit vielen Jahrhunderten die Ansichten von Städten und Dörfern. Ihre Türme sind weithin sichtbar und dienten einst Reisenden als Orientierungshilfe. Nicht selten wachte ein Türmer von oben herab über die Geschicke der Stadt. Von hier aus konnten anrückende Truppen ebenso früh ausgemacht wie ein beginnendes Feuer erkannt werden.
Das Morgen und Abendläuten kündete die Arbeitszeit an, die nur vom Angelusläuten zur Mittagszeit für eine kurze Pause unterbrochen werden durfte. Dinge, die damals praktisch und notwendig waren, sind heute längst zur Tradition geworden.
Auch in Reilingen prägen seit Jahrhunderten die Kirchtürme das Ortsbild. Seit 1905 ist es vor allem der Turm der neugotischen katholischen Kirche, der weithin in die Rheinebene ragt. Am kommenden Montag feiert ihr Schutzheilige, der Heilige Wendelin, seinen Namenstag. Grund genug für die Pfarrgemeinde, an diesem Wochenende ihr traditionelles
Wendelinsfest zu feiern.
Wer aber zur Zeit einen Blick zur Turmspitze hinauf wirft , stellt fest, daß diese eingerüstet wurde. Dringende Instandsetzungsarbeiten machten dies erforderlich. Die acht offenen Ornamentfenster des Glockenturmes müssen erneuert werden, da die Teile aus gelbem Sandstein durch Umwelteinflüsse stark verwittert sind und erst jüngst drohten, herabzustürzen. Nach den Sanierungsarbeiten soll zudem die Gelegenheit genutzt werden, Schallrolläden in die Fenster der Glockenstube einzubauen. Diese sollen die für manchen Zeitgenossen störenden Schallspitzen schlucken und dem Geläut einen gedämpften, volleren Klang geben. Für das Glockengestühl ist die neue Ausstattung zudem aber auch ein dringend notwendiger Witterungsschutz. Die Instandsetzungsarbeiten sind mit 120.000 Mark veranschlagt und werden sich noch einige Zeit hinziehen.
Fast den gleichen Geldbetrag mußte die katholische Kirchengemeinde übrigens zu Beginn dieses Jahrhunderts aufbringen, um den Neubau der Kirche zu finanzieren. Die Baukosten beliefen sich damals auf 142.076,76 Mark. Ein Betrag, der aber aufgrund der Wertschöpfung nicht mit einem gleichen Betrag von heute verglichen werden kann. So kostete um 1900 ein
Glas Bier im „Hirsch“ zwölf Pfennig und der Arbeiter verdiente beim Kirchenbau in der Stunde noch nicht einmal eine Mark. Als im Juni 1905 der Hauptaltar der neuen Kirche zu Ehren des Heiligen Wendelins geweiht wurde, übernahm man einfach den Namen des Kirchenpatrons von der alten Vorgängerkirche.
Diese hatte seit 1788 bis zur Weihe der neuen Kirche an der Ecke Haupt und Hockenheimer Straße neben dem Rathaus gestanden. Um damals den Kirchenbau zu ermöglichen, verpflichteten sich 29 Reilinger Familien am 12. Oktober 1788, „was zur Unterhaltung und Herstellung derselben mangelt, jedesmal aus ihrem eigenen Vermögen, in solang obgemelter Fundus abgehet, beizuschießen“.  Grund dafür war die Finanznot der katholischen Kirchengemeinde, die um 1740 aus gerade mal 40 Haushaltungen bestand. Die Katholiken feierten seit dem 17. Oktober 1743 ihre Gottesdienste in einer „Capell unter dem Rathaus“ ihre Gottesdienste. Zu den Gottesdiensten kam regelmäßig ein Kapuzinerpater aus Waghäusel, da man seit der Reformation keinen eigenen Pfarrherrn mehr hatte und das Verhältnis zur Hockenheimer Muttergemeinde nicht gerade bestens war.
Die Wendelinskirche hatte man mit der zweiten kurpfälzischen Kirchenteilung (1707) an die Reformierten abgeben müssen. Seitdem mußten die Reilinger zu den Gottesdiensten in die gotische Georgskirche nach Hockenheim laufen. Bereits 1726 wurde daher an das Landkapitel St. Leon der Speyerer Diözese die Bitte gerichtet, „under dem Ratshauß“ ihre Gottesdienste abhalten zu dürfen. Erst 17 Jahre später genehmigte das „hochwürdigste Vikariat Speier“ diese Bitte.
Die Geschichte der katholischen Kirche in Reilingen ist aber viel älter. Den schriftlichen Quellen nach gehörte Reilingen zunächst zur Pfarrei in Hockenheim. 1364 wurde der Ort im Zusammenhang mit der „ecclesia parochialis in Hochekein, Spirensis diocesis“ erwähnt. Erst 1446 konnte in Reilingen eine eigene Kapelle gebaut werden. Diese wurde bereits vor
551 Jahren dem Heiligen Wendelin geweiht. Dies bezeugt ein Aktenvermerk von 1451: „… ecclesia parochialis Sancti Wendalini connfessoris in Ruttlingen Spirensis dyocsis“. Man blieb Filialort von Hockenheim, dessen Pfarrer in Reilingen nur dann die Messe las, wenn er keine Verpflichtung in der Nachbargemeinde hatte. Dafür bekam er von den Gläubigen jährlich vier Gulden und zudem auf Geheiß von Pfalzgraf Otto nach jedem Gottesdienst ein Mittagessen im Wersauer Schloß.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Spannungen mit dem Hockenheimer Pfarrer, da beide Seiten das Recht am Opferstockgeld der Kapelle für sich in Anspruch nahmen. Erst 1473 schlichtete Pfalzgraf Otto den Streit. Die Reilinger verpflichteten sich „die obgenannt Capellen zu ewigen Tagen in guten Bau zu halten“. In einem Vertrag wurde außerdem das Gehalt und die Aufteilung des Opferstockes geregelt.
Es war dann Pfalzgraf Philipp, der sich dafür einsetzte, daß die Reilinger Katholiken im kommenden Jahr ihr 500. Pfarrjubiläum feiern dürfen: 1498 wurde eine selbständige „Pfarre“ eingerichtet und das Dorf dazu verpflichtet, „die neue Pfarrkirche an Bau und sonst mit allen geistlichen Gezierden ewiglich zu handhaben“. Im heutigen Unterdorf wurde sofort mit dem Bau einer Kirche begonnen und wiederum dem beliebten Volksheiligen geweiht. Was aus der alten Kapelle wurde, ist nicht überliefert. Die Heimatforschung geht aber davon aus, daß sie abgerissen wurde. Der verbliebene Schlußstein wurde in der Erdgeschoßkapelle des Turmes der evangelischen Kirche eingemauert und ist dort noch heute an dem kurpfälzischen Wappen zu erkennen.
Mit der Reformation war auch in Reilingen, je nach Bekenntnis des regierenden Kurfürsten, mal die calvinistische, lutherische oder katholische Religion bestimmend. Zeitweise fanden in der Wendelinskirche sogar Gottesdienste aller drei Konfessionen statt. Die Katholiken wurden wieder von Hockenheim aus betreut. Ihre Kirche war, wie bereits erwähnt,
durch die beiden Kirchenteilungen in der Kurpfalz letztendlich den Reformierten zugesprochen worden.
Heute ist dies längst alles Geschichte, die Ökumene wird auch in der Spargelgemeinde praktiziert. Und wer die Geschichte von Sankt Wendelin zu Reilingen betrachtet, stellt fest, daß es da mehr gibt als nur einen eingerüsteten Glockenturm im Herzen der Gemeinde. Auf jeden Fall ist für genügend Gesprächsstoff beim Wendelinfest im Josefshaus gesorgt  und
dies über alle Konfessionsgrenzen hinweg.                                        og

Hildegard von Bingen: Eine Frau mit einem beeindruckenden Lebenswerk

Hildegard von Bingen gilt als eine der bedeutendsten Frauen des deutschen Mittelalters und ist heute weit über die Grenzen ihrer
rheinhessischen Heimat hinaus bekannt. Ihre Zeitgenossen zog sie ebenso in ihren Bann wie die Menschen, die heute nach Sinn, Orientierung, Ganzheit und Heil suchen. Alles, Himmel und Erde, Glaube, Natur und Heilkunde, das menschliche Dasein in all seinen Facetten, war für sie ein Spiegel der göttlichen Liebe, Geschenk und Aufgabe zugleich. Weiterlesen

Unter dem Kaiserdom ruhen die toten Salier

Speyerer Dom als Grabeskirche der deutschen Herrscher
Es gibt nur wenige Bauwerke, die Glanz und Größe der Geschichte so vereinen wie der Kaiserdom in Speyer. Rechnet man zu der eigentlichen Bauzeit noch einmal alle Umbauten hinzu, wurde fast 900 Jahre an der monumentalen Kirche am Rhein gebaut. Und für fast 300 Jahre war sie zugleich Grabeskirche der deutschen Herrscher.
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Viermal zerstört, viermal wieder aufgebaut

Als an einem stürmischen Tag im März des Jahres 1606 Kurfürst
Friedrich IV. von der Pfalz am Zusammenfluß von Rhein und
Neckar,nahe dem Dorf Mannenheim, den Grundstein zur Festung
Friedrichsburg legte, konnte niemand ahnen, daß aus dem kleinen
Dorf, das erstmals 766 im Lorscher Codex urkundlich erwähnt
wurde, einmal eine bedeutende Handels und Industriestadt
entstehen würde. Zerstörung und Wiederaufbau prägten in den
folgenden Jahrhunderten die Stadtgeschichte: Viermal wurde
Mannheim zerstört, viermal wurde es wieder aufgebaut.

Glaubensflüchtlinge aus Holland und Frankreich gehörten zu den
ersten Einwohnern. Um weitere Siedler anzuziehen, wurden der
Stadt im Jahre 1607 zahlreiche Privilegien zugestanden, so zum
Beispiel die Befreiung von Steuern und Abgaben. Die Stadtrechte
erhielt Mannheim 1652 von Kurfürst Carl Ludwig.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts verlegte Kurfürst Carl Philipp
seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim. Unter den Kurfürsten
Carl Philipp und Carl Theodor war der pfälzische Hof Mittelpunkt
des geistigen, künstlerischen und gesellschaftlichen Lebens in
Deutschland. Die Blütezeit Mannheims endete 1778 mit der
Übersiedlung des Kurfürsten Carl Theodors nach München.

Von 1834 an entstand der große binnenländische Umschlag und
Stapelplatz für Handelsgüter und Getreide. Mannheim stieg zum
Zentrum der Rheinschiffahrt auf. Um die Jahrhundertwende
erreichte die Entwicklung Mannheims als Handelsplatz ihren
Höhepunkt. Durch die Erweiterung der Rheinschiffahrt über
Mannheim hinaus verlor die Stadt ihre Bedeutung als
Umschlagplatz. Die Stadtväter erkannten, daß nur durch die
Ansiedlung weiterer Industriebetriebe eine Weiterentwicklung
möglich war. Voraussetzung dafür war der Bau des Industriehafens,
der 1907 fertiggestellt wurde.

In den zwanziger Jahren beeinflußten einschneidende politische
Ereignisse die Geschicke der Stadt: Weltwirtschaftskrise und
Massenarbeitslosigkeit. Auch in Mannheim gab es viele, die im
Nationalsozialismus einen Ausweg aus der Krise sahen. Daneben gab
es erbitterten Widerstand gegen die neuen Machthaber, der sich
vor allem in den traditionellen Arbeiterwohnbezirken
konzentrierte.

Der Zerstörung der alten Synagoge im Quadrat F 2 in der
sogenannten „Reichskristallnacht“, mit der auch in Mannheim die
Judenverfolgung begann, sollte bald die Zerstörung der gesamten
Innenstadt, der Industrie und Hafenanlagen folgen. Dem Feuersturm
fielen sämtliche bedeutende Bauwerke aus der Barockzeit zum
Opfer. In der schwer zerstörten Stadt lebten bei Kriegsende 1945
nur noch knapp über 100.000 Einwohner, die meisten in Not und
Behelfsunterkünften.

Hauptziel des Wiederaufbaus war daher zunächst, ausreichenden
Wohnraum zu schaffen. Dabei sind vor allem in den
Stadtrandbezirken neue Wohngebiete entstanden. Bei allem Bemühen
um den Wiederaufbau kam dennoch die Kultur nicht zu kurz: Bereits
in den fünfziger Jahren leistete sich Mannheim den Luxus eines
Theaterneubaus.

Zügig ging auch der Wiederaufbau der Hafenanlage und der
Industriebetriebe voran. Neben den traditionellen Mannheimer
Industriezweigen, dem Fahrzeug und Maschinenbau, den Chemie und
Mühlenbetrieben, hat sich in den letzten Jahrzehnten der Handels
und Dienstleistungsbereich enorm ausgeweitet.

Nachdem sich durch das Entstehen von BadenWürttemberg die
geopolitische Lage zum Nachteil Mannheims geändert hatte  die
Stadt geriet in eine Randlage  weckt die Europäische Union
weitgespannte Hoffnungen. Politische Grenzen werden ihre
Bedeutung verlieren und Mannheim wird seine Standortvorteile in
die Waagschale werfen können: Die Lage an den bedeutendsten
europäischen Verkehrsadern im Zentrum eines bedeutenden
Wirtschaftsraumes mit hervorragender technologischer
Infrastruktur.

Quelle: unbekannt

Reform der Feier- und Festtagsordnung

Bischof Franz Christoph von Hutten sorgt im Jahr 1770 mit seiner Entscheidung für „Unruhe“ im Bistum Speyer 
Die Reformfreudigkeit deutscher Fürsten in der Zeit vor der Französischen Revolution ist in erster Linie auf die Bewegung der Aufklärung zurückzuführen. Diese Aufgeschlossenheit ist nicht nur bei weltlichen, sondern auch bei geistlichen Territorien in ganz Europa wahrzunehmen. Sie wollten die „brüchig gewordenen Werte der Vergangenheit in ihrem Wahrheitsgehalt analysieren“ und neue Maßstäbe setzen. Die Reformfreudigkeit ist auch bei dem Speyerer Bischof Franz Christoph von Hutten festzustellen. Während seiner Regierungszeit von 1743 bis 1770 hat er eine Vielzahl von Reformgesetzen im weltlichen und kirchlichen Bereich erlassen. Allein über 400 Verordnungen für den kirchlichen Bereich sind überliefert. Weiterlesen

Das Magdalenenkloster überm Hasenpfuhl vor Speyer

„St. Magdalena ist das älteste Frauenkloster in der Stadt Speyer.
Es liegt nördlich des Domes in der Speyerer Vorstadt überm
Hasenpfuhl, welcher ist ein alter Rheinarm, der die Vorstadt von
der Speyerer Altstadt und dem Domhügel trennt. An ihm befand sich
im Mittelalter der Speyerer Stapelplatz“. Dieser Hinweis auf das
Kloster St. Magdalena und seine topographische Darstellung ist in
einem RheinReiseführer nachzulesen, der um die Jahrhundertwende
in Mainz gedruckt worden war.

Die Geschichte des Speyerer DominikanerinnenKlosters reicht
zurück bis ins frühe 13. Jahrhundert. Es ist eine wechselvolle
Geschichte des Nonnenklosters, das ursprünglich dem kleinen Orden
der Reuerinnen (Büßerinnen) angehörte. Erstmals belegt ist das
Kloster St. Maria Magdalena im Jahre 1232. Der Name der
Klosterpatronin St. Magdalena wurde dann beim Wechsel zu den
Dominikanerinnen 1304 beibehalten.

In den Auseinandersetzungen zwischen dem Bischof und der freien
Reichsstadt unterstützten die Nonnen immer wieder die Speyerer
Bürger, was dem Kloster durch eine stattliche Anzahl von
Schenkungen vergolten wurde. Die ständig wachsende Bedeutung des
klösterlichen Lebens überm Hasenpfuhl im ausgehenden Mittelalter
fällt mit dem glanzvollsten Abschnitt der Stadtgeschichte
zusammen.

Das Kloster schloß sich 1462 der ordensinternen Reformbewegung an
und erlebte eine große geistige Blüte. Kurz vor der
„Protestation“ auf dem Reichstag von 1529 und vor der Verlegung
des Reichskammergerichtes befinden sich Stadt und Kloster auf
einem
Höhepunkt. Damals gab es neben den vielen Stiftskirchen,
den Pfarrkirchen, den öffentlichen und privaten Kapellen in der
Reichsstadt auch fünf „Mannsklöster“.

Die Nonnen von St. Magdalena überstanden die Reformation und die
Zerstörung der Freien Reichsstadt 1689 im FranzösischPfälzischen
Erbfolgekrieg. Die teilweise Flucht der Ordensschwestern 1792 und
1793, auch die Säkularisation mit der Versteigerung des
Klosterbesitzes 1802, konnte den Fortbestand des Klosters nicht
unterbrechen. Einige der Nonnen kauften die Klostergebäude zurück
und wohnten darin, bis durch Urkunde vom 1. Dezember 1826 König
Ludwig I. von Bayern die Wiedererrichtung des Klosters überm
Hasenpfuhl genehmigte.

Ein wichtiges Datum im 19. Jahrhundert ist die Gründung eines
Erziehungshauses. Die 1816 gegründete „Lehranstalt für Kinder
weiblichen Geschlechts“ (beider Konfessionen) und die 1829
eröffnete, öffentlich geförderte Mädchenschule fanden in der
Stadt großen Anklang. Schon bald wurde die pädagogische Tätigkeit
der Nonnen unter der Anleitung der Priorinnen des Klosters zu
einem Schwerpunkt klösterlichen Wirkens.

Heute ist St. Magdalena bekannt als Mutterhaus einer
Kongregation, die sich vor allem im Schulbereich und in der
LateinamerikaMission engagiert. Zur Kongregation gehören 86
Schwestern in Deutschland und 78 Schwestern in Lateinamerika
(Stand 1996). Angesehen ist das Kloster aber auch als
Wirkungsstätte der seligen Edith Stein.

Einige Besonderheiten weist das Kloster im Schatten des Domes
allerdings auf: Als einziges der einst zahlreichen
mittelalterlichen Klöster der Rheinpfalz besteht St. Magdalena
bis zum heutigen Tag als klösterliche Gemeinschaft fort. Bewahrt
wurde nicht nur die Kontinuität der Schwesterngemeinschaft,
sondern auch das Klosterarchiv  das einzige ungestört erhaltene
mittelalterliche Klosterarchiv aus der Pfalz. Ungestört heißt, es
ist von Abgabe  und Umordnungsaktionen, wie sie vor allem im 19.
Jahrhundert vorkamen, verschont geblieben.

Zu den Schätzen des Klosterarchivs gehören Schutzbriefe von
Päpsten und Kaisern, Prozeßurkunden und Schenkungen. Besonders
reichlich sind Urkunden zur Wirtschaftsgeschichte des Klosters.
Die Besitzungen und Einkünfte kamen aus der ganzen Region: von
Frankenthal, Dannstadt und Deidesheim im Norden, Kandel und Landau
im Süden. Auch rechtsrheinisch gab es Besitzungen, so in Walldorf
und Dielheim. Besonders groß waren die Schenkungen aus der Stadt
Speyer.

Die älteste noch erhaltene Urkunde ist datiert im Oktober 1232.
Ein Speyerer Bürger namens Walter Bart schenkte dem Kloster
Einkünfte aus Walldorf (Baden). Unter den vier Siegeln befindet
sich auch das älteste Exemplar des Speyerer Stadtsiegels  das
bis ins 18. Jahrhundert geführt wurde. Das in der Speyerer
Stadtgeschichte beschriebene Stadtsiegel mit dem Speyerer Dom in
Nordansicht und der Madonna mit Kind wurde also schon vor dem
Jahr 1263 verwendet  früher, als alle Historiker bisher
angenommen hatten. Die Übereignung der Einkünfte aus Zehnten,
Wiesen, Zinsen und allen Beträgen, erfolgte mit Zustimmung der
Ehefrau Edelinde und der Kinder. Diese Urkunde enthält eine
interessante Klausel: Bei einem Wegzug aus Speyer würden die
Nonnen neben den anderen Schenkungen des Speyerer Bürgers Bart
auch das Klostergrundstück verlieren.

An den weitgehend unbekannten Archivalien, die seit dem späten
Mittelalter „überm Hasenpfuhl vor Speyer“ innerhalb der
klösterlichen Klausur sorgfältig gepflegt und gehütet worden
sind, läßt sich das Auf und Ab im Wohlstand des Klosters St.
Magdalena verfolgen und belegen. Sie erhellen aber auch eine
reiche mittelalterliche Klosterlandschaft, die im Südwesten
Deutschlands, außer in diesem glücklichen Fall, längst
verschwunden ist.

Aus: Die Rheinpfalz, 20.1.1996, Rudolf Joeckle

Auf religiösen Pfaden im Odenwald

Frömmigkeit in den vor allem ländlich geprägten Teilen des
östlichen Odenwaldes kam nach außen hin durch die zahlreichen
religiösen Stätten zum Ausdruck. Es waren nicht nur die Klöster
und Kirchen, es waren auch die vielen christlichen Kleinode, wie
Bildstöcke, Kapellen, Steinkreuze und Madonnenstatuen, die
Stationen der Besinnung waren. Diese lebendigen Zeugen
christlicher Kultur und Vergangenheit haben sich bis heute trotz
aller religiösen Reformen im Odenwald sichtbar erhalten.

Wer offenen Auges und Herzens den Odenwald durchstreift, wird
vieles finden, das in ihm ein Lebensbild dieses frommen Völkchens
entstehen läßt. So wird er in der Nähe Michelstadts die
Einhardsbasilika finden, das wohl älteste Gotteshaus des
Odenwaldes. Erbaut wurde es um das Jahr 830 von Einhard, Kaiser
Karl des Großen Berater, Biograph und Baumeister.

Oder er wird inmitten des Barockstädtchens Amorbach das ehemalige
Benediktinerkloster, auch Marienmünster genannt, besuchen, dessen
romantische Türme den Reisenden schon von weitem grüßen.
Sehenswert in dieser Abteikirche sind vor allem die weithin
bekannte und größte Orgel der Gebrüder Stumm (177482), die
Stuckarbeiten des Johann Michael Feichtmayr und die
klassizistische Klosterbibliothek, die bis heute mit all ihren
Kostbarkeiten erhalten ist.

Folgt man auf religiösen Pfaden den Madonnenstatuen und
Kreuzigungsgruppen von teils beachtlicher bildhauerischer
Qualität, den barocken Bildstöcken, Brückenheiligen und
Wegekapellen durch das „Madonnenländchen“, so erwartet den Pilger
in Walldürn die mächtige Wallfahrtskirche zum „Heiligen Blut“,
neu errichtet in den Jahren 1698 bis 1727. Noch bis ins Jahr 1000
hier der Ort Turninu, im Volksmund „Dürn“ genannt. Zu Walldürn
wurde das Städtchen durch jenes geheimnisvolle Geschehen im Jahre
1330, als einem Priester das Mißgeschick widerfuhr, einen
gefüllten Kelch umzustoßen. Auf dem Korporale, dem Kelchtuch,
erschien dort, wo der geweihte Wein auf dem Linnen seine Spuren
hinterließ, das Bild des Gekreuzigten, von elf dornengekrönten
Häuptern umrankt. Das Bekanntwerden dieses Ereignisses machte den
Gnadenort so berühmt, daß er zur bedeutendsten Pilgerstätte des
Odenwaldes wurde.

Nachdem Papst Eugen IV. das Blutwunder in einer päpstlichen Bulle
(Erlaß) 1445 bestätigte, sollen im 15. Jahrhundert jährlich mehr
als 100.000 Menschen nach Walldürn gepilgert sein. In prunkvoll
feierlichen Prozessionen zogen auch in späteren Jahrhunderten
Pilgermassen aus Köln, Mainz, Würzburg, Fulda und auch aus der
Kurpfalz zu Fuß mit Kreuz und Fahnen quer durch den Odenwald.

Gerade an diesen Wegen befinden sich die schönsten
SandsteinWegekreuze und GelübteBildstöcke von meisterhafter
Gestaltung und Ausführung. An des Odenwalds östlicher Grenze, der
Tauber, liegt das ZisterzienserKloster Bronnbach. Es zählt noch
heute zu den bedeutendsten Klosteranlagen Süddeutschlands.
Gegründet wurde Bronnbach als sogenanntes Tochterkloster von
Maulbronn. Sehenswert hier in Bronnbach ist vor allem der rundum
erhaltene romanische Kreuzgang, der Josephssaal, mehrere
Barockaltäre und das wertvolle, holzgeschnitzte Chorgestühl. Der
Gesang der Mönche ist aber längst verklungen.

Interessant und im Odenwald sehr selten sind Friedhöfe (etwa
Schlierbach bei Lindenfels), auf denen Gräber mit Totenbrettern
versehen sind. Diese Totenbretter, auf denen früher die Leichen
aufgebahrt waren, wurden, mit dem Namen des Verstorbenen
beschriftet, über dem Grab als Totenmal errichtet. Von diesem
religiösen Brauch ist man heute völlig abgekommen.

In Zeiten der grassierenden Pest, wie während des 30jährigen
Krieges, in denen ganze Dörfer ausstarben, war oft kein Platz
mehr auf den Kirch und Friedhöfen, so daß die Toten weit
außerhalb der Ortschaften auf sogenannten Pestfriedhöfen
beigesetzt werden mußten. Hier und da sind solche Plätze heute
noch bekannt.

Nicht nur Friedhöfe, auch andere Orte der Stille, wie die
Walpurgiskapelle bei Weschnitz, die Kapelle St. Amorsbrunn bei
Amorbach, die Ruine der Wallfahrtskapelle Lichtenklinger Hof bei
Eitersbach, mitten im Wald gelegen, das St. Martin und
Veitskirchlein bei Mudau oder einfach eine Madonna am Wegesrand
regten auch früher schon zum Nachdenken über Werden und Vergehen
an.

Aus: RNZ, 1995, Herbert Seipel

Abriss, Neubau und Probleme mit dem Kandel

Der domkapitularische Bauhof in Speyer im 18. Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert befand sich der Bauhof des Speyerer Domkapitels auf dem Gelände, auf dem heute das Historische Museum der Pfalz steht. Zuvor lag der Bauhof beim Schlegelhof (heute Domplatz 6, Prot. Landeskirchenarchiv). Er wurde, gleich den anderen Gebäuden, beim Stadtbrand von 1689 eingeäschert. Beim Wiederaufbau der Stadt verlegte das Domkapitel seinen Bauhof an die Große Pfaffengasse. 1774 verfasste der damalige domkapitularische Archivar Joh. Michael Anton Loebel (1712 – 1786) folgende geschichtliche Zusammenstellung über den Bauhof: Weiterlesen

Politische Faktoren bestimmten das Schicksal der Heidelberger Klöster

Das Schicksal der Heidelberger Stifte (die Stiftsherren einer
meist größeren Kirche lebten voneinander weitgehend unabhängig in
eigenen Wohnungen) und Klöster (die Mönche leben in einer
Wohngemeinschaft innerhalb des Klosters in einer in sich
geschlossenen Anlage) wurde vor allem durch politische Faktoren
bestimmt. Zunächst litt das kirchliche Leben unter der
intoleranten Religionspolitik der Kurfürsten, die nach der Devise
„cuius regio eius religio“ die Untertanen zwangen, sich zur
Religion des jeweiligen Herrschers zu bekennen (bis etwa 1650).
Zweitens litt man unter dem Wechsel der Fronten während des
Dreißigjährigen Krieges und des Pfälzischen Erbfolgekrieges.
Schließlich wurde das kirchliche Leben durch die einseitige
Förderung bestimmter Konfessionen nach 1650 durch Kurfürst Karl
Ludwig und der katholischen Linie von PfalzNeuburg
eingeschränkt.

Unter Kurfürst Friedrich IV. wurde das ehemalige Benediktiner
und schließlich Nonnenkloster Neuburg oberhalb des Neckars bei
Heidelberg seiner Gemahlin Juliane als Witwensitz überschrieben.
Später wird es als Lusthaus im Sinne von Landhaus bezeichnet.
1622 wurde es von kurpfälzischen Truppen gegen Tilly verteidigt.
1648 fielen die Reste von Kloster Neuburg wieder der reformierten
Kirche zu. Unter Kurfürst Karl Ludwig wurden die Klosterbauten
erneuert, 1672 der Kirche ein Turm hinzugefügt und die
Wehrhaftigkeit wiederhergestellt.

Es diente nun als Fräuleinstift, das für die Töchter des
kurpfälzischen Adels bestimmt war. Das ehemalige Kollegiatsstift
wandelte sich bald in eine „Versorgungsanstalt“ für
unverheiratete Frauen. Das Stift Neuburg behielt aber durchweg
seinen religiösen Charakter. Die Sitten waren damals streng: So
durften die Stiftsfräuleins nur in der Begleitung zweier alter
reitenden kurpfälzischen Gardisten zu Spaziergängen aufbrechen.
Es sollte so darauf geachtet werden, daß in den betreffenden
Gegenden keine Studenten den Stiftsfräuleins „gefährlich werden
können“.
Im Gründungsjahr (1672) bewohnten zwölf Damen und drei
Vorsteherinnen das Stift. Auch „Lutherische“ durften in das Stift
der Reformierten aufgenommen werden, sofern sie „Religionsgezänk“
vermieden.

Als die katholische Neuburger Linie des Hauses Wittelsbach die
Kurfürsten stellte, erhoben Benediktiner und Jesuiten Anspruch
auf das Kloster. Nach der Vertreibung der Reformierten wurde die
Stiftskirche am 11. Mai 1698 für den katholischen Gottesdienst
eingeweiht. Das Lusthaus fand um 1700 eine Verwendung als
Armenhaus.

Die Heiliggeistkirche (Baubeginn 1398) inmitten der alten Stadt
Heidelberg gelegen, war die Stiftskirche des ehemaligen
Kollegiatstiftes. Nach der Reformation und dem vorübergehenden
Sieg des Luthertums unter Kurfürst Ludwig VI. erreichten die
Reformierten 1583 die Rückgabe der Heiliggeistkirche. Die
berühmte „Bibliotheca Palatina“ war auf den breit angelegten
Emporen der Kirche untergebracht. Diese wertvolle Büchersammlung
mußte aber 1623, nach der Einnahme Heidelbergs durch Tilly, dem
Vatikan übergeben werden, wo sie noch heute eingelagert ist.

Im Verlauf des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde bei der zweiten
Einnahme der Stadt durch die Franzosen (1693) die gesamte Stadt
ein Opfer der Flammen. Auch der Dachstuhl und Turmhelm der
Stiftskirche wurde zerstört und die Gräber geplündert. Bereits
fünf Jahre später wurde das Dach wiederhergestellt, zusätzlich
erhielt es einen Dachreiter. Der Turm wurde mit einem achteckigen
Dachaufbau und einer Welschen Haube versehen.

1605 wurde der Chor den Katholiken und das Schiff den
Reformierten zugesprochen. Beide Bauteile wurden deshalb 1606
durch eine Mauer voneinander getrennt und erhielten gesonderte
Eingänge. 1719 wurde diese Scheidemauer wieder abgetragen, ein
Jahr später jedoch auf Intervention der Reformierten hin, wieder
errichtet. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse verlegte Kurfürst
Karl Philipp seine Residenz endgültig nach Mannheim, zumal das
Heidelberger Schloß, wie auch die Stadt, im Pfälzischen
Erbfolgekrieg zerstört worden war.

Die Scheidemauer wurde 1886 anläßlich eines Jubiläums nur
vorübergehend entfernt. 1894 war der Chor den Altkatholiken
zugewiesen worden und als diese zu einem Umzug in die
Erlöserkirche bereit waren, konnte man schließlich im Jahre 1936
die Scheidemauer endgültig beseitigen.

Die Kirche St. Georg wiederum war Teil eines Kollegiats der
Zisterzienser, in dem Studenten ihre Wohnungen hatten.
Vorübergehend wurde es als Geschützhaus benutzt, 1685 vollständig
restauriert, aber bereits 1693 durch Brand wieder sehr stark
beschädigt.

Das Franziskanerkloster auf dem heutigen Karlsplatz war bis 1565
eine Lateinschule. Nach der Zerstörung im PfälzischOrléanschen
Erbfolgekrieg wurden 1698 Kirche und Kloster wieder aufgebaut und
im Jahr 1804 jedoch gänzlich abgerissen. Der Dachreiter befindet
sich noch heute auf der evangelischen Kirche in Ziegelhausen.

An das ehemalige Dominikanerkloster erinnert heute nur noch eine
Mauer. Die Kirche stand an der Stelle, wo 1863 der Friedrichsbau,
im Volksmund „Anatomie“ genannt, errichtet wurde.

Das Augustinerkloster war 1552 aufgelöst worden, die Kirche wurde
als theologischer Hörsaal genutzt. Die Gesamtanlage wurde 1693
ebenfalls ein Raub der Flammen.

Das Kapuzinerkloster, gegenüber dem heutigen Kurpfälzischen
Museum an der Heidelberger Hauptstraße gelegen, diente den
Bürgern der Stadt 1693 als Hauptzufluchtsort, wurde später von
den Franziskanern erworben und Mitte des 19. Jahrhunderts
abgerissen.

In Heidelberg gab es aber noch weitere Klöster zur Zeit der
Kurfürsten: Die Karmeliter, das Schwarznonnenkloster der
Augustinerinnen und das Weißnonnenkloster der Dominikanerinnen.

Doch noch einmal zurück zum Stift Neuburg oberhalb des Neckars:
Das ganze Anwesen war 1799 der Universität überlassen worden und
wurde 1804 schließlich an eine Privatperson verkauft. 1825 erwarb
ein „Schwiegerneffe“ Goethes das Kloster. Es wurde ein
gastfreundliches Haus für Künstler der deutschen Romantik.
Alexander von Bernus war der letzte profane Besitzer bevor 1927
die Benediktiner das Anwesen wieder erwarben. 1928 zur Abtei
erhoben, ist es das einzige heute noch bestehende Kloster in
Heidelberg.

Aus: Schwetzinger Zeitung, ra, 20.10.1994

Licht und Schatten im regen Wechsel

Die Kirche in Lußheim wurde laut Pfarrer Specht (1883) im Jahr 881 erstmals erwähnt. Sie stand damals auf dem höchsten Punkt des Ortes, an der Stelle des alten heidnischen Hains, des jetzigen Friedhofs und war dem heiligen Nikolaus geweiht. Im Jahr 946 schenkte der rheinfränkische Herzog Konrad der Rote, Ort und Kirche Bischof Reginbald I. für das Hochstift Speyer. Im Jahr 1138 schenkte Bischof Günter von Speyer Ort und Kirche dem kurz zuvor gegründeten ZisterzienserKloster Maulbronn. Die Äbte von Maulbronn waren nun Grundherren, Zehntherren und Richter für Zivilsachen in Lußheim bis 1806. Weiterlesen

Der Speyerer Judenhof als architektonisches Kleinod

Über Jahrzehnte hinweg dämmerte in Speyer zwischen Hinterhäusern ein verfallenes und mit Unkraut bewachsenes Areal dahin. Lediglich ein paar Mauerreste erinnerten daran, daß hier einmal die Synagoge der alten Reichsstadt stand, die bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgetragen worden war. Den Einwohnern der Stadt schien vergessen, welches architektonisches Kleinod hier tief im Boden verborgen liegt. Weiterlesen

Während des Gebets Kirche abgedeckt

Jodokuskirche WiesentalGeschichte der Kirche von Wiesental eng mit dem (Alt-)Bistum Speyer verbunden / Bischöfliches Ja zu Messen im Rathaus
Im Frühjahr 1739 erteilte der Speyerer Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn den Auftrag, „die alte ohnehin sehr kleine und baufällige Kirche dahier zu Wiesenthal abbrechen, und von Grundauf neu aufbauen“ zu lassen. Auf das Areal des im Dreißigjährigen Krieg – wohl um das Jahr 1623 – errichteten Gotteshauses, das 1689 während des Pfälzischen Erbfolgekriegs größtenteils zerstört worden war, sollte nach dem Willen des Regenten ein schmuckes Barockkirchlein zu stehen kommen.
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Hildegard – die mysthische Medizinerin

Im 12. Jahrhundert drängten vor allem adlige Frauen verstärkt in die kirchlichen Orden. Bereits um 1200 mußten die Klöster
Zulassungsbeschränkungen erlassen. Religiöse Sehnsucht, Frauenüberschuß, materielle Absicherung und ein von Männern unabhängiges Leben mit der Möglichkeit, sich frei zu entfalten, werden heute in der Wissenschaft als Antrieb für diese mittelalterliche „Frauenbewegung“ genannt. Weiterlesen