Seit 1573 in der (Kur-)Pfalz heimisch / Zunächst nur zur Zierde und als Heilpflanze
In der Pfalz, der Heimat des Tabakanbaus in Deutschland, hat die Ernte begonnen. Bis in den November werden nun die Blätter der Pflanzen geerntet, ob allerdings die angestrebte Menge von etwa 1.200 Tonnen zustande kommt, steht nach Meinung von Experten dahin: Die vielen Niederschläge der vergangenen Wochen sind auch den Tabakpflanzen nicht bekommen, derzeit rechnet man mit einem Minus von zehn bis 20 Prozent. Seit 1573, als Pfarrer Anselmann im südpfälzischen Hatzenbühl im Gemeindegarten Saatgut des empfindlichen tropischen Nachtschattengewächses setzte, ist der Tabaka in der Pfalz heimisch. Das Klima und der Boden in der Südpfalz waren für die Pflanze ideal, noch heute liegt das Zentrum des Anbaus rund um Kandel und Neupotz. Weiterlesen
Kurpfalz
Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz und Baiern
Sammler und Mäzen, Förderer der Wissenschaften
Kurfürst Carl Theodor war kein Mann des Militärs, sondern ein kunstsinniger, musisch begabter und den Wissenschaften zugetaner Monarch. Er war Wittelsbacher und gehörte damit einer der ältesten und einflussreichsten Dynastien in Europa an, aus der 600 Jahre lang die bayerischen und pfälzischen Herrscher hervorgingen. Carl Theodor wurde am 10. Dezember 1724 nicht als Kurprinz, sondern in die wittelsbachische Nebenlinie Pfalz-Sulzbach hineingeboren.
Der amtierende Kurfürst Carl Philipp, der keine männlichen Nachkommen hatte, bestimmte Carl Theodor zu seinem Nachfolger und holte den Zehnjährigen 1734 an den Mannheimer Hof. Ein Jahr zuvor hatte er ihn mit seiner ältesten Enkelin, Elisabeth Auguste, verlobt und richtete im Januar 1742 ihre prunkvolle Hochzeit aus. Als er elf Monate später starb, trat Carl Theodor seine Nachfolge an. Weiterlesen
Himmeroder Rotel : Äußerst seltene Urkundenrollen
Urkunden zu den Besitzungen des Zisterzienserklosters Himmerod im Raum Speyer / Quellenedition präsentiert Himmeroder Rotel aus dem Bistumsarchiv Speyer
In einer kleinen Feierstunde wurde im Landesarchiv Speyer die neueste Publikation der „Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung“ vorgestellt: In der Reihe „Pfälzische Geschichtsquellen“ haben Dr. Johannes Weingart und Karl-Josef Zimmermann die „Himmeroder Rotel“ ediert, mittelalterliche Urkundenrollen (rotuli), die in dieser Form äußerst selten sind und im Bistumsarchiv Speyer aufbewahrt werden. Weiterlesen
Burg Wersau wird zur Schaustelle
Reilingen jetzt offiziell einer der rund 50 Korrespondenzorte der großen Wittelsbacher-Ausstellung in Mannheim, Speyer und Erbach
Eigentlich weiß man es bereits seit vielen Jahren – nur so richtig ins Bewusstsein ist es einem noch nicht gekommen: Reilingen ist – historisch betrachtet – ein echtes Wittelsbacher-Dorf! Heute meist als bayerisches Herrschergeschlecht bekannt, regierten die Wittelsbacher aber auch über Jahrhunderte in der Kurpfalz. Im Jahre 1214 hatte der Staufer Friedrich II. die Pfalzgrafschaft bei Rhein der bajuwarische Adelsfamilie übertragen. Was folgte war eine klassische Aufsteigergeschichte: 600 Jahre lang regierten die Wittelsbacher die Pfalz. Als Ludwig der Kelheimer 1214 als Erster aus dem Geschlecht der Wittelsbacher mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein belehnt wurde, gab es Reilingen (offiziell) noch gar nicht – wohl aber die Burg Wersau. Weiterlesen
Dicke Zigarren in zarten Händen
Frauen in der Arbeitswelt / Bedeutung für den industriellen Aufschwung Mannheims und der Kurpfalz
Ob nun als Schaffnerinnen, Pädagoginnen, Tabakarbeiterinnen oder Marktfrauen – der Anteil der Frauen am industriellen Aufschwung Mannheims und der Kurpfalz ist von unschätzbarem Wert. Weiterlesen
Die Auflösung der Kurpfalz
1803: Angesehener weltlicher Reichsstand von der politischen Landkarte getilgt
Die Ratifikation des Reichsdeputationshauptschlusses tilgte im Frühjahr 1803 das Kurfürstentum Pfalz von der politischen Landkarte des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Nachdem der Friede von Lunéville im Februar 1801 den Verlust seines gesamten linksrheinischen Besitzes völkerrechtlich sanktioniert hatte, fielen jetzt die Oberämter Heidelberg, Ladenburg und Bretten, einschließlich der beiden Hauptstädte Heidelberg und Mannheim, an den Markgrafen von Baden; das Oberamt Lindenfels, Otzberg und die pfälzischen Anteile von Umstadt gingen in den Besitz des Landgrafen von Hessen-Darmstadt über; der Fürst von Leiningen-Hardenburg übernahm das Oberamt Mosbach, der Fürst von Nassau-Usingen das Unteramt Kaub. Damit hatten alle Teile des jahrhundertelang angesehensten weltlichen Reichsstandes neue Herren gefunden.
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Die Freimaurer in der Kurpfalz
Historische und biografische Einblicke zum regionalen Logenwesen des 18. Jahrhunderts
In- und ausländische Kunst- und Kulturhistoriker für Landschaftsparks zur Zeit der Aufklärung sowie für freimaurerische Symbolik waren in den letzten Wochen in Schwetzingen, um dem Schlossgarten einen Besuch abzustatten. Freilich nicht zu einem der üblichen Spaziergänge, sondern um im Zusammenhang mit dem Unesco-Weltkulturerbeantrag ganz gezielt nach garten- und gebäudearchitektonischen Elementen zu fahnden, die den Wert der Anlage als kurfürstliche Sommerresidenz des 18. Jahrhunderts besonders einzigartig geraten lassen. Weiterlesen
Die Kurpfalz und das Kloster Lorsch
Vortrag von Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard (Staatssekretär für Wissenschaft und Kunst, Wiesbaden) anlässlich der Vertragsunterzeichnung zwischen der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und dem UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Lorsch am 29. Juli 2005
Starkenburg und Kurpfalz mit Lorsch an der Schnittstelle: Nicht immer näherten sich von Norden – die Mainzer – und – von Süden – die Kurpfälzer – mit solch freundlichen Absichten der ehemaligen, zur Zeit der Karolinger gegründeten, im Mittelalter mächtigen und heute kulturhistorisch bedeutenden Reichsabtei Lorsch. Irgendwie hat diese Region mit ihren Schnittstellen ja stets die Interessen Vieler bewegt:
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Im Rittersaal bogen sich die Bretter
Weihnachten am kurfürstlichen Hof in Mannheim / Festtagsglanz mit ausufernden Begleiterscheinungen
Alle Jahre wieder kommt dieser heimtückische Gemüts-Erreger, mit dem selig machenden Christkind schleicht er sich ein, und Liselotte von der Pfalz leidet im fernen Paris als Herzogin von Orleans unter dem weihnachtlichen Heimweh-Schub: Ja in der kurpfälzischen Heimat, da richtete man zum Fest Tische wie kleine Altäre her, schreibt sie sehnsüchtig 1660, und erinnert an den frühen Lichterglanz, der ihre Kindheit erhellte: Auf diese Tische stellte man Buchsbäume und befestigte an jedem Zweiglein ein Kerzchen; „das sieht allerliebst aus und ich möchte es noch heutzutage gerne sehen. . .“
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Die Ungarn kämpften in der Kurpfalz gegen Frankreich
Ab 1792 griff der französische Revolutionskrieg auch auf das Gebiet der grenznahen Kurpfalz über. Eine scheinbar nicht mehr abreißen wollende Folge kriegerischer Auseinandersetzungen vernichtete Hab und Gut der friedlich lebenden Menschen. Weiterlesen
Von Kerweborscht und Kerweschlumpel
Wird in der Kurpfalz von der “Kerwe” gesprochen, huscht zumeist ein Strahlen über die Gesichter. “Ja, Kerwe ist bei uns noch immer einer der höchsten Feiertage im Jahr”, berichten die Menschen rechts und links des Rheines und sehen in diesem volkstümlichen Fest eine jener Traditionen, die noch heute eine Gemeinsamkeit der Menschen in der Kurpfalz darstellen.
Dabei gibt es “die Kerwe” eigentlich gar nicht. Sie ist vielmehr ein Zusammenschluß der verschiedensten Dorffeste aus den letzten Jahrhunderten. Weiterlesen
Dem Rheingold auf der Spur
Bereits in der Kelten und Römerzeit wurde entlang des Rheins einem Handwerk nachgegangen, das man zunächst sich nicht vorstellen konnte: die Goldwäscherei. Das Gold stammte aus alpinem Gestein, das überwiegend von schweizerischen Gewässern mitgeschleppt und vom Wasser des Rheins in feinsten Körnchen und Flitterstaub ausgewaschen wurde. Vor der
Rheinregulierung kam es ab Basel zur stärksten Ablagerung durch die Bildung zahlreicher Sandbänke. Weiterlesen
Wo Graf Boppo einst regierte
Beeindruckend erhebt sich neckaraufwärts kurz hinter Heidelberg das Festungsstädtchen Dilsberg, 323 Meter hoch über dem Fluß gelegen. Wer es sich leisten kann und etwas Kondition mitbringt, sollte den Berg zu Fuß erklimmen. Am schönsten ist noch immer die Anreise mit dem Schiff. Weiterlesen
Ein Dichter namens Müller
Goethes kostbare Freundschaft
An den 250. Geburtstag von Friedrich Müller, den alle Maler Müller nennen, zu erinnern, ist keine trockene Chronistenpflicht. Er ist der bedeutendste Dichter des pfälzischen Raums aus dem 18. Jahrhundert. Johannes Friedrich Müller wurde am 13. Januar 1749 im kurpfälzischen Kreuznach geboren. In Zweibrücken erhielt er seine Ausbildung zum Maler. Seine ausgezeichneten Tierradierungen sind noch heute sehr begehrt. Rasch wurde er mit dem Hofleben vertraut und entwickelte im Freundeskreis sein literarisches Talent.
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Sankt Wendelin und die Bruderschaft von Reilingen
Der Heilige Wendelin zählt zu den ersten Missionaren im Frankenreich des sechsten Jahrhunderts. Er lebte zur Zeit des Trierer Bischofs Magnerich (um 570) als Mönch oder Einsiedler in den Vogesen. Spuren oder gar sichere Quellen über seine Tätigkeit in unserem Raum gibt es nicht. Glaubt man alten Überlieferungen, soll der Missionar um 617 gestorben
sein. Sein Grab befindet sich seit dem elften Jahrhundert im saarländischen Sankt Wendel.
Der Mönch Wendelin sein Name bedeutet im Alhochdeutschen „Wanderer oder Pilger“ wurde schnell zu einem bedeutenden Kapellen und Wallfahrtsheiligen. Vor allem im alemannischfränkischen Raum stieg er zum Volksheiligen auf und galt sehr früh als Patron der Landleute sowie für Flur und Vieh. Deswegen wird Wendelin stets dargestellt als Hirte
mit Stab und Tasche. Ein Gemälde im erzbischöflichen Museum von Utrecht zeigt ihn vor einer Klause sitzend umgeben von Lämmer, Rinder und Schweinen, im Hintergrund die Türme von Tholey oder Sankt Wendel. Grund für diese Darstellung ist die aus dem 14. Jahrhundert stammende legendäre Vita, die Wendelin zu einem iroschottischen Königssohn und Abt von Tholey machte.
Standesgemäß erzogen, verließ er seine Heimat im ärmlichen Pilgerkleid, um die heiligen Stätten in Rom aufzusuchen. Auf seinem Weg zurück kam er auch durch die Vogesen, wo er in der Stille der Wälder eine Klause gründete. Als Schweine und Kuhhirt verdiente er sich sein täglich Brot. Als er eines Tages kein Wasser mehr für die Tiere fand, stieß er, so die
Legende, voll Gottvertrauen mit dem Stab in die Erde, wo sich plötzlich eine Quelle auftat. Noch heute trägt diese Stelle den Namen Wendelinsbrunnen und wird von Menschen fleißig besucht, da das Wasser Krankheiten von Mensch und Tier abwenden soll.
Jahre später lebte Wendelin dann als Einsiedlerbruder des Klosters Tholey. Da er viel von Tieren verstand, kamen die Bauern zu ihm, wenn sie wegen ihres Viehs in Nöten waren oder Viehseuchen drohten. Bereits zu Lebzeiten wurde er ob seiner Wundertaten als Heiliger verehrt. Die Mönche des Kloster Tholey wählten ihn schließlich zum Abt, ein Amt, das
er noch 20 Jahre innehatte.
Nach seinem Tod wurde Wendelin in seiner alten Klause begraben, die schnell zu einem Pilgerziel wurde. Die Kapelle wurde durch fromme Schenkungen erweitert, um sie herum entstanden Pilgerhäuser. Immer mehr Menschen siedelten sich an, sodaß der Ort im 14. Jahrhundert mit den Stadtrechten und dem Namen Sankt Wendel ausgestattet wurde.
Längst galt Wendelin auch in der Kurpfalz als Schutzheiliger. Wie in vielen Orten entstand auch in Reilingen eine Bruderschaft zum Heiligen Wendelin. Die am 10. Juni 1451 gegründete Bruderschaft zählte zu den bedeutendsten ihrer Art. Wieder einmal wurde die besondere Stellung des kleinen Dorfes an der Kraich in der Nähe der Burg Wersau besonders
hervorgehoben, wie ein Kirchenbucheintrag von diesem Tag bezeugt. Auffallend ist nämlich, daß einzig allein in der Reilinger Bruderschaft das gesamte kurfürstliche Herrscherhaus aufgeführt wurde: „Hiernach volgen Bruder und Schwester, so sich in die löbliche Bruderschaft sant Wendels zu Reutlingen (Reilingen) verbrudert haben … des durchlauchtigsten, hochgeborenen fürsten und herrn, herrn pfaltzgraven Philippen, pfaltzgraven bey Reyn samt Margret, Philipps Gemahlin …“.
Aufgeführt sind weiter Pfalzgraf Ludwig und seine Frau Sybilla sowie die Pfalzgräfinnen Elisabeth, Markgräfin von Baden, Amalia, Herzogin in Bayern, und Helena, Herzogin zu Meckelberg. Es folgen dann die Namen der Pfarrer „zu Lossen (Lußheim), hockenheym, Rutlingen (Reilingen) und Ketsch“. Unter den insgesamt 40 Namen der Mitglieder der Bruderschaft sind abschließend auch sechs Familien aus Hockenheim, drei aus Reilingen, drei aus Lußheim und je eine aus
Insultheim und Bruchsal aufgeführt.
Dieser Eintrag ist auch der letzte in den Reilinger Kirchenbücher. Aus anderen Quellen ist nur noch zu erfahren, daß „Jost messerschmiydt, pferrer zu hockenheym“ für die Wendelinsbruderschaft „ein ied monat eine heiligmess in der Capellen zu Wersau“ zu lesen hatte. Diese Gottesdienste galten in der kurfürstlichen Familie als Pflich und Pilgertermin und mußten von wenigstem einem Familienmitglied wahrgenommen werden. Später schien man dies nicht mehr so ernst zu nehmen, denn ein späterer Vermerk berichtet, daß der „Keller zu Wersawe an herrenstatt“ an den Gottesdiensten teilnahm.
Wie lange nun diese Bruderschaft bestand, welche Aufgaben und Ziele sie hatte, liegt im Dunkel der Geschichte verborgen und bedarf noch einer gründlichen Aufarbeitung. og
Wo war König Löwenherz wirklich?
Im bekannten Geschichtsbild der Kurpfalz gibt es keinen Zweifel daran: Richard Löwenherz, König von England und Herr über Aquitanien, mußte 1193/94 fast ein Jahr als politische Geisel des deutschen Kaisers Heinrich VI. auf der Festung Burg Trifels bei Annweiler im Pfälzer Wald zubringen. Was seit Jahrhunderten jedes Kind an Rhein und Neckar weiß, soll jetzt plötzlich ein Märchen, eine Sage sein? Dann jedenfalls, wenn es nach dem renomierten britischen Historiker John Gillingham ginge.
Unstrittig und gesichert sind zwei wichtige Eckdaten: Am 25. März 1193 hielt Richard Löwenherz auf dem Reichstag in Speyer vor den versammelten Fürsten eine glänzende Rede und verteidigte sich gegen die Vorwürfe des deutschen Kaisers. Und am 5. Februar 1194 weilte der englische König in Mainz, von wo er mit einem Schiff die Heimreise antrat, die ihn über Köln, Brüssel und Antwerpen führen sollte.
Zahlreiche Urkunden und Briefe, die Richard Löwenherz während dieses Zeitraumes ausfertige, belegen aber noch mehr: Der König hatte sich während seiner Geiselhaft nicht nur auf dem Trifels, sondern in der ganzen Pfalz, im Elsaß und in den Städten Hagenau, Speyer, Worms und Mainz aufgehalten.
Interessant ist bei der ganzen Diskussion, daß diese gesicherten Daten in England seit 1935 bekannt sind. In jüngster Zeit wurden die genannten Quellen von deutschen Historikern gesichtet und ausgewertet. Und in der Tat: Die Geschichte um Richard Löwenherz und seine Gefangenenzeit auf dem Trifels muß umgeschrieben werden. Richard hatte sich nicht ununterbrochen auf dem Trifels aufgehalten, sondern reiste zeitweise mit dem Kaiser im Land umher, der damals ohne feste Residenz regierte.
Und während dieser Zeit kümmerte sich der englische König weiter um seine Staatsgeschäfte, schrieb Briefe und fertigte Urkunden aus. Dies tat er vor allem in Worms und Speyer, wo vor allem der kirchliche Verwaltungsapparat ihm hilfreich zur Seite stand.
Trotz allen Forschungen weiß man noch immer nicht genau, wo Richard während der von Urkunden nicht bezeugten Zeit seinen Aufenthalt hatte. Die chronikalischen Berichte sind alle viel zu vage. So ist es möglich, daß der König die ganze Zeit von Mai bis Oktober 1193 in Worms verbrachte und von November bis Ende Januar 1194 wieder in Speyer war. Genauso könnte er diese Zeit aber auch in anderen kaiserlichen Pfalzen und Burgen verbacht haben. Der englische Historiker Lionel Landon geht sogar davon aus, daß Richard nur am 1. April 1193 auf dem Trifels weilte.
Soweit wollen alle anderen Wissenschaftler doch nicht gehen. Daß Löwenherz aber wirklich nur sehr kurze Zeit auf der pfälzischen Burg blieb, wissen auch der Volkskundler Helmut Seebach aus Annweiler und der Burgwart Hans Reither zu berichten. In einem jüngst veröffentlichten Werk, das die ganze Löwenherz-Diskussion in der Kurpfalz erst richtig auslöste, schreiben beide: „Als Hauptaufenthaltsort während Richards etwa einjähriger Gefangenschaft vom 23./24. März 1193 bis zu seiner Befreiung am 4. Februar 1194 kann die Festung Trifels angesehen werden, wenngleich er nur knapp drei Wochen hier weilte.“
Der britische Wissenschaftler John Gillingham von der „London School of Economics and Political Science“ jedoch möchte diese These so nicht unterstützen. Denn die durch Urkundenausfertigung verbrieften Aufenthaltsorte Richards weisen zu große Lücken auf. Und wo sich der König in dieser Zeit aufhielt, das weiß, wie gesagt, noch heute niemand.
Nicht erklären kann sich der Forscher auch die Tatsache, daß die englischen Forschungsergebnisse von 1935 erst jetzt in der Kurpfalz bekannt wurden. Er vermutet, daß die englischen Publikationen in der Zeit des Dritten Reiches nicht nach Deutschland kamen und dann in Vergessenheit gerieten.
Trotz aller Diskussionen bleibt eines sicher: Die auf dem Trifels heute verwahrten Reichskleinodien sind Kopien der Originale in Wien. Verliert die Kurpfalz jetzt vielleicht einen Mythos?
Königliches Geschenk für Werinbold
Die älteste Urkunde im Landesarchiv Speyer dokumentiert eine Schenkung König Ludwigs des Jüngeren aus demm Jahre 878
Im Frühjahr vergangenen Jahres ist es dem Landesarchiv in Speyer gelungen, den bis dahin im Staatsarchiv Luzern lagernden Gatterer-Apparat zu erwerben. Innerhalb eines Jahres konnte dieser Bestand von etwa 4.500 Originalurkunden und einer Sammlung zur Urkundenlehre (Diplomatik) von etwa 8.000 Kupferstichen, Originalsiegeln, Siegelabgüssen, wertvollen Handschriften und Frühdrucken so aufgearbeitet werden, daß er der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnte. Seitdem erfreut sich diese vor allem Rheinhessen-Pfalz berücksichtigende Urkundensammlung, die im Wesentlichen aus der kurpfälzischen Verwaltung der in der Reformation säkularisierten Klöster erwachsen ist, immer größerer Beliebtheit.
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Die Ritter ohne Burg
Für knapp vier Jahrhunderte gab es in der heutigen Pfalz ein
Rittergeschlecht, das als die „Ritter von Friesenheim“ in die
Geschichte der Kurpfalz einging. Die Wurzeln dieser Familie sind
im Worms des 12. Jahrhunderts zu finden, wo sie als Ratsherren
wichtige Posten in der bischöflichen Stadtherrschaft einnahmen.
Als Ministeriale gehörten sie zum Niederadel, der vor allem zu
dieser Zeit versuchte, dem Geburtsadel ebenbürtig zu werden.
Um 1200 übertrugen die Grafen von Lauffen, die ihren Sitz auf dem
Dilsberg am Neckar hatten, ihren linksrheinischen Besitz als
Lehen den Wormser Adeligen. Da diese noch keinen herrschaftlichen
Familiennamen hatten, nannten sie sich nach ihrem Lehensbesitz
„Ritter von Friesenheim“. Da sie im Ort selbst keinen Wohnsitz
hatten, blieben sie weiter Bürger von Worms. Die Stadt aber
mußten sie 1233 nach einem heftigen Streit zwischen Bischof und
Bürgerschaft mit diesem als dessen Gefolgsleute verlassen. Sie
verdingten sich als Burgsmannen des Bischofs von Speyer und
bewohnten die Kropsburg auf den Höhen der Haardt zwischen St.
Martin und Edenkoben.
Dieses „Asyl“ schien aber nur von kurzer Dauer gewesen zu sein,
denn bereits ein Teil der nächste Generation der „Ritter von
Friesenheim“ tauchte wieder in alten Wormser Urkunden auf, wo sie
ihre alten Stellungen in der städtischen Verwaltung wieder
eingenommen hatten. Der Frieden dauerte bis 1340: Erneut kam es
zu Auseinandersetzungen zwischen Bischof und Stadt. Die
Streitereien hatten zur Folge, daß Johannes von Friesenheim vom
Papst in den Bann gesetzt wurde. Der Familie blieb nichts anderes
übrig, als Worms wieder zu verlassen. Johannes, Ritter von
Friesenheim, trat in den Dienst des Kurfürsten von der Pfalz und
wurde zum Burgmann in Wachenheim bestellt.
Die einst in Worms ansässige Familie hatte sich so in den Jahren
auf drei Linien aufgeteilt, die in Worms, Wachenheim und auf der
Kropsburg wohnten. Nur noch die Wormser Linie nannte sich „von
Friesenheim“, die anderen hatten längst den Namen ihres neuen
Wohnortes angenommen.
Das Friesenheimer Lehen gehörte inzwischen der Kropsburger Linie
der Familie. Da sich diese intensiv um ihren südpfälzischen
Besitz kümmerte, verkaufte man um 1280 den für sie entfernt
gelegenen Besitz in Friesenheim, der so an die Grafen von Dürn
fiel. Diese hatten die Dilsberger Grafschaft geerbt. Den Besitz
in Friesenheim verkauften sie an König Rudolf von Habsburg
weiter, der ihn dann 1288 den Pfalzgrafen bei Rhein weitergab.
Das Geschlecht der „Ritter von Friesenheim“, die dort nie eine
Burg hatten oder residierten, starb 1532 mit dem Tod der letzten
Familienangehörigen, der Elsa von Wachenheim, aus.
Das Erbe einer Nonne
Lange Zeit bevor es die Stadt Ludwigshafen gab, gab es den
heutigen Stadtteil Friesenheim als selbständige Gemeinde. Das
Dorf scheint während der fränkischen Landnahme um 500 gegründet
worden zu sein, denn der Name der Siedlung deutet auf einen
fränkischen Sippenführer namens Friso hin, der in der Nähe des
Rheins einen Gutssitz, also das „Heim des Friso“ anlegte.
Zur gleichen Zeit kamen auch andere Adelsfamilien in die Region
und siedelten sich zusammen mit ihren Leibeigenen an. Aus einer
dieser Familien entstammte eine Nonne namens Hitta, die der
Siedlung zur ersten urkundlichen Erwähnung verhalf. Am 17. März
771 vermachte Hitta nämlich ihren gesamten Besitz, den sie von
ihrem Vater geerbt hatte, dem Kloster Lorsch.
Im Urkunden und Besitzbuch des Reichsklosters, dem „Codex
Laureshamensis“ ist die Schenkung wie folgt beschrieben: „Meine
Schenkungen befinden sich im Wormsgau und zwar in den Gemarkungen
Friesenheim, Mundenheim, Hemshof und in Karlbach. Ich übergebe
alles, was mir rechtlich aus der väterlichen Erbschaft
zugeflossen ist, nämlich Hofstätten, Felder, Wiesen, Weiden,
Wege, Wälder, Weinberge, Wohnhäuser und sieben Hörige …“
Die eigentliche Besitzgeschichte Friesenheims bleibt für
Jahrhunderte kompliziert, denn teilweise gehörten Güter dem
Kloster Lorsch, aber auch Besitzungen des elsässischen Klosters
Murbach, des Bistums Worms, der Salier und der Grafen von Lauffen
sind nachweisbar. Sicher ist nur, daß der Ort im 13. Jahrhundert
an die Pfalzgrafen fiel, als der linksrheinische
Herrschaftsbesitz vergrößert wurde. Bereits durch Kaiser
Friedrich Barbarossa hatten die Pfalzgrafen einen Teil des
salischen Erbes erhalten, darunter auch die Herrschaftsrechte und
Güter in Friesenheim. Überhaupt kam dem Dorf eine besondere
Bedeutung zu, denn es lag nahe am Rheinübergang, der besonders
gesichert war.
Pfalzgraf Ludwig II. übernahm 1288 den ehemaligen Lehnsbesitz der
Ritter von Friesenheim, zu dem 1291 auch noch die Gerichtsbarkeit
über das Dorf hinzu kam. Friesenheim gehört damit zum
eigentlichen Grundbesitz der Pfalzgrafen und späteren Kurfürsten
in der Pfalz, der auch kontinuierlich in deren Eigentum blieb.
Quelle: unbekannt
Das Jagdschloß Hirschbühl im Auwald
Die Rheinuferlandschaft des 16. Jahrhunderts ist mit dem
Rheinufer von heute nicht mehr zu vergleichen. Dichte Auenwälder
bildeten einen nahezu undurchdringlichen Grüngürtel. Lediglich zu
Jagdzwecken wurde der wildreiche Auwald genutzt. Vor allem die
Kurfürsten schätzten diese Gebiete ob der Artenvielfalt und der
damit verbundenen Jagderfolge.
In einer Flußschlinge nordöstlich des Dorfes Friesenheim (heute
ein Stadtteil von Ludwigshafen), die später durch die
Rheinbegradigung durchschnitten wurde, erbaute man 1556 das
Jagdschloß Hirschbühl. Von diesem Gebäudekomplex gibt es heute
nur noch eine skizzenhafte Darstellung auf einer Rheinkarte von
1580, denn das Schloß wurde 1622 während des Dreißigjährigen
Krieges zerstört und im 19. Jahrhundert führte das neue Rheinbett
über die Ruinen oder knapp daran vorbei. Die wenigen Überreste
wurden dann beim Bau der BASF endgültig abgetragen und aus dem
einst artenreichen Auwald wurde eine Industrielandschaft.
Erhalten aber ist eine ausführliche Inventarliste und
Beschreibung des Jagdschlosses Hirschbühl, so daß man sich noch
heute ein recht gutes Bild von der Anlage nahe des Rheines machen
kann. Das Hauptgebäude war dreistöckig errichtet worden und
erhielt weitere Neben und Wirtschaftsgebäude. In jedem Stockwerk
gab es sieben Räume, die Gemächer des kurfürstlichen
Herrscherpaares lagen im Mittelgeschoß. Die Räume der Angehörigen
und der persönlichen Diener konnten über einen langen Gang
erreicht werden.
Das Erdgeschoß war den Jäger und Fischern vorbehalten, aber auch
die Silberkammer war dort untergebracht. Darin wurde das
wertvolle Geschirr aufbewahrt, das von einem eigenen
„Silberknecht“ bewacht wurde. Im Obergeschoß waren die Diener und
die Jagdgesellschaft untergebracht. Dazu hatte man 15 Betten
aufgestellt. Die Einrichtung war einfach und wenig bequem. Von
Luxus keine Spur. Selbst im Zimmer des Kurfürsten gab es
lediglich einen Kachelofen, einen Tisch mit Bank und ein
Himmelbett als äußeres Zeichen seiner Würde. An den Wänden hingen
zehn Hirschgeweihe. Die Schloßküche war auf größere Gelage
vorbereitet, denn die Jagdbeute wurde zu dieser Zeit meist
gleich an Ort und Stelle verzehrt.
Für seine Jagdleidenschaft besonders bekannt war Pfalzgraf Johann
Casimir. Der „Jäger aus Kurpfalz“ war im Schloß Hirschbühl ein
häufiger Gast. Aus den Jahren 1582, 1585 bis 1589 sind seine
Schießregister noch erhalten. Der Pfalzgraf führte über seine
Jagden und die Jagdergebnisse genau Buch. So ist unter dem
Eintrag vom 11. September 1585 zu lesen, daß er an diesem Tag
sechs Hirsche erlegte: zwei in der Nähe des Jagdschlosses, vier
während einer anschließenden Treibjagd in der weiter nördlich
gelegenen Petersau.
Die Jagdsaison um das Schloß Hirschbühl war kurz und dauerte nur
von Ende August bis Mitte September. Aber diese knapp drei Wochen
nutzten die Jagdgesellschaften ausgiebigst. Immerhin galt der
Auwald als eines der besten Jagdreviere in der ganzen Kurpfalz.
Quelle: unbekannt
Jesuiten prägten die Entwicklung der Kurpfalz
Der Seelsorger (Operarius) des Kurfürsten Carl Philipp (1661 – 1742), Franz Seedorff, der Seelsorger Matthäus Vogel, der Fabeldichter und Bibliophile Francois Joseph Terrasse Desbillons und der in der Mannheimer Sternwarte forschende Hofastronom, Landvermesser und Kartograph Christian Mayer trugen alle ein „SJ“ hinter ihrem Namen. Damit bekannten sie sich zum Jesuitenorden, der 1534 von Ignatius von Loyola gegründet worden war. Weiterlesen
Das Maß war voll bis oben hin
Zu einem Biergarten in der Kurpfalz gehören sie einfach dazu: knackige Brezel und schäumendes Bier. Während die Brezel erst spät hier heimisch wurde, galt die Region zwischen Rhein und Neckar schon immer als typisches Bierland. Urkundlich gesichert sind die ersten Biersieder in Speyer bereits im Jahre 1438, als sich ein Mann aus Bamberg in der Reichsstadt niederließ. Weiterlesen
Die Raugräfinnen von Heidelberg
Zu den bekanntesten Kirchen in der Heidelberger Altstadt gehört auch die Peterskirche. Hier begegnet man einem prächtigen Grabmal, das für zwei Frauen errichtet wurde, die im Leben der berühmten Liselotte von der Pfalz eine bedeutende Rolle spielten. Die beiden Damen sind ihre Halbschwestern, die Raugräfinnen Amalie Elisabeth und Louise von Degenfeld. Beide erhielten von Liselotte, eigentlich Elisabeth Charlotte Herzogin von Orléans, unzählige Briefe aus Frankreich, denn als Schwägerin des Sonnenkönigs Ludwig XIV. lebte Versailles.sie seit ihrer Heirat am Hofe von Versailles.
„Unter den Kirchen ist die älteste jene zu St. Peter, ursprünglich Kapelle zur heiligen Jungfrau in der Einöde“, ist in einem bereits 1834 erschienenen Fremdenführer über die Peterskirche zu lesen, die für den Autor K.C. von Leonhard „sehenswerth bleibt, um der Denksteine willen, denen man zahllose im innern und auf dem umgebenden Gottesacker findet.“
In der ersten urkundlichen Erwähnung Heidelbergs (1196) in einer Urkunde des Klosters Schönau wird ein „Leutpriester“ genannt, der „zu Sancta Petri“ Gottesdienste für das einfache Volk hielt. Daß die Peterskirche im Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen erfuhr, daß der Gottesacker (Friedhof), der sie umgab, dem Eisenbahntunnel weichen mußte, der in unserer Zeit zu einem Straßentunnel umgebaut wurde, sei nur am Rande erwähnt.
Im Mittelpunkt soll vielmehr das Marmordenkmal an der Stirnwand des Chores stehen, das einmal den beiden Raugräfinnen, den Halbschwestern der Liselotte von der Pfalz gewidmet ist, zum anderen ihrem Großneffen Friedrich Wilhelm Christoph von Degenfeld-Schomburg, der bereits elfjährig gestorben war. Eigentlich wurde das Denkmal von dessen Eltern errichtet, aber gleichzeitig auch dazu genutzt, die in der Peterskirche begrabenen Großtanten des Jungen zu würdigen.
Zu dem recht unbekannten Titel einer „Raugräfin“ kamen Louise und Amalie Elisabeth durch ihre Mutter. Sie hatte mit Kurfürst Carl Ludwig bereits während seiner Ehe mit der Mutter von Liselotte von der Pfalz, Charlotte, ein Verhältnis. Der Regent war also, wie man damals zu sagen pflegte, „zur linken Hand“ verheiratet. Nach seiner Trennung von Kurfürstin Charlotte suchte er für seine zweite Frau, die Freiin von Degenfeld, einen passenden Titel. Carl Ludwig entschied sich für den Titel eines längst ausgestorbenen Adelsgeschlecht der Raugrafen.
Liselotte selbst hatte ein ganz besonders herzliches Verhältnis zu ihren beiden Halbschwestern. So schrieb die Herzogin von Orléans aus Paris am 15. Dezember 1708 an die Raugräfin Amalie Elisabeth folgende Zeilen: „Liebe Amelie, wir sind einander zu nahe, umb uns, wie wir auch sein mögen, nicht von weitem oder nahe lieb zu haben. Es ist kein mensch in der welt perfect und ohne fehler, eines muß des anderen seine entschuldigen, aber wo gute gemüter sein, als wie bei Louise, ihr und die zeitung, so ich Euch heut von meiner gesundheit zu sagen habe, ich, da kompt man als wohl zu recht, das geblüt leßt sich fühlen.“
Nur wenige Tage vor ihrem Tod schrieb Liselotte von der Pfalz im Dezember 1722 ihrer Halbschwester Louise, ihr waren die meisten Briefe die zeitung, so ich Euch heut von meiner gesundheit zu sagen habe, überhaupt gewidmet: „Herzallerliebste Louise, die zeitung, so ich Euch heut von meiner gesundheit zu sagen habe, werden Euch wohl gar nicht gefallen. Ich werde täglich elender, möchte wohl ein schlimm end nehmen, aber ich bin gottlob zu allem bereit, bitte nur den Allmächtigen, mir geduld zu verleihen in meinen großen Schmerzen, so ich nach und tag ausstehen muß, sowohl durch meine erschreckliche schwachheit, als auch sonsten mein elender leben.“
Daß die beiden Raugräfinnen nicht in der Heiliggeistkirche, der Grablege der kurfürstlichen Familie, beigesetzt wurden sondern in der Peterskirche, lag daran, daß die beiden Töchter aus der morganatischen (nicht standesgemäßen) Ehe des Kurfürsten Carl Ludwig durch den damals in Düsseldorf befindlichen Hof gesellschaftlich nicht anerkannt waren.
Die beiden Raugräfinnen Amalie Elisabeth, sie starb 1709, und Louise von Degenfeld, sie starb 1733 in Frankfurt, wurden, was auch in alten Dokumenten nachzulesen ist, unterhalb des Marmordenkmals im Kirchenboden in einer Gruft bestattet. Bis heute fanden aber noch keine ar chäologischen Ausgrabungen statt, die diese Grablege auch belegen könnten. So zeugen allein das Marmordenkmal und die Grabplatte der Amalie Elisabeth, die jetzt in einer Seitenwand eingelassen ist, von der letzten Ruhestätte der beiden Raugräfinnen. og
Die größte Gußstahlglocke der Welt hängt in Neustadt
Tiefe, wuchtige Töne schallen vom Turm der Stiftskirche in Neustadt herab über die ganze Stadt ins Land. Die Menschen in der Altstadt recken die Köpfe empor: Die „Kaiserglocke“ hat ihre Stimme erhoben und läutet damit ein besonderes Ereignis ein. Nicht oft ist sie zu hören, denn wenn das Gewicht von rund 350 Zentnern mit dem großen Klöppel in Schwingung gerät, hat das Gemäuer des Turmes schon einiges auszuhalten. Weiterlesen
Wo Graf Boppo einst regierte
Beeindruckend erhebt sich neckaraufwärts kurz hinter Heidelberg das Festungsstädtchen Dilsberg, 323 Meter hoch über dem Fluß gelegen. Wer es sich leisten kann und etwas Kondition mitbringt, sollte den Berg zu Fuß erklimmen. Am schönsten ist noch immer die Anreise mit dem Schiff. Ausgestiegen in der hessischen Vier-Burgen-Stadt Neckarsteinach. Der anstrengende Aufstieg aber wird belohnt von einer baugeschichtlichen Kostbarkeit der Kurpfalz – und einer herrlichen Aussicht weit über die Region. Der Blick reicht weit hinunter ins Neckartal, das im Westen in die Rheinebene ausläuft. In südöstlicher Richtung ist der Steinsberg („Kompaß des Kraichgaues“) mit seiner Burg bei Sinsheim zu erkennen. Und dann natürlich die weiten Wälder des sagenumwobenen Odenwaldes.
Graf Boppo von Dilsberg, der im 13. Jahrhundert die 1150 erbaute Burg und den dazugehörigen Besitz übernahm, sorgte ungewollt dafür, daß die Festung zu einem Außenposten der Kurpfälzer wurde. Als Burgmann stand er im Dienst des Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein. Als Vasall des mächtigen Nachbarn war er der Wächter an der Eingangspforte zum Odenwald. Seit 1368 gehörte der Dilsberg dann endgültig zur Kurpfalz. Die Heidelberger Herrscher gestalteten die Burg zu einer Stadtfestung um. Die dort wohnenden Leibeigenen wurden zwar in die Freiheit entlassen, mußten aber beim Ausbau des Dilsberg mithelfen. Außerdem wurde ihnen auferlegt, alljährlich fünf Heller in den Hausbau zu investieren. Es entstand eine in der ganzen Kurpfalz einzigartige städtebauliche Rarität. Aus der Burg Dilsberg wurde eine Festungskleinstadt, deren neuerbauten Häuser von einer starken, rund um die Bergspitze laufende Ringmauer geschützt wurden. Noch heute prägt diese Bauform das Bild der Stadt, deren Erscheinungsbild die Besucher immer wieder aufs neue verwundert.
Im Krisenfall sollte die als uneinnehmbar geltende Festung als Rückzugsmöglichkeit für den Heidelberger Hof dienen. Da die Kurpfalz in ihrer Geschichte ständig militärischen Bedrohungen ausgesetzt war, mußten die Kurfürsten mehr als einmal von der rettenden Möglichkeit gebrauch machen. Als aber die kaiserlichen Truppen unter Tilly 1622 die Festung belagerten, mußte der Dilsberg zum ersten Mal aufgeben. Es folgten mehrere Besatzungswechsel, ehe die Burg 1648 am Ende des Dreißigjährigen Krieges wieder an die Kurpfalz zurückkam. Die Eroberung durch die Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg fügte der Stadt selbst keine größeren Schäden zu. Selbst das französische Revolutionsheer mußte 1799 unverrichteter Dinge wieder abziehen. Eine Invalidenbesatzung unter einem 95jährigen Kommandanten hatte den Dilsberg verteidigt.
Mit dem Ende der Kurpfalz – 1803 teilte Napoleon ganz Europa nach seinem Gutdünken auf – wurde der Dilsberg badisch. Die großherzoglich-badische Armee ließ zeitweise auf der Festung ein berüchtigtes Militärgefängnis errichten. Was aber Kriege nicht erreicht hatten, verordnete die badische Verwaltung: Ab 1822 wurde die Burg zum Abbruch freigegeben. Erst der Jugendbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es zu verdanken, daß der noch erhaltene Teil der Burg, und damit der einzigartige Zauber der Festungsstadt über dem Neckar gerettet wurde.
Zu den wieder renovierten Gebäuden der Anlage gehört auch das Kommandantenhaus, dessen baugeschichtlichen Anfänge und die ursprüngliche Nutzung noch immer im Dunkel der Geschichte verborgen liegen. Sicher ist nur, daß ein „Ambtmann“ als Verwaltungsbeamter ab dem späten Mittelalter auf der Burg regierte. Im Oblag im Kriegsfalle auch die militärische Aufsicht. Zu Beginn des 14. und mitte des 16. Jahrhunderts wurden kleinere Umbaumaßnahmen durchgeführt. Um dem militärischen Kommandanten das Leben in der Burg etwas bequemer zu machen, wurde der kurpfälzische Baumeister Rabaliatti (er ging vor allem als Erbauer des Schwetzinger Sommerschlosses in die Geschichte ein) Mitte des 18. Jahrhunderts mit einem weiteren Umbau beauftragt. Im 19. Jahrhundert schließlich wurde das Kommandantenhaus zur Schule und zum Rathaus für die Gemeinde umgebaut. Die letzte Umbaumaßnahme liegt noch gar nicht weit zurück: 1997 ließ der Rhein-Neckar-Kreis das Gebäude zum Kulturzentrum umbauen. Seitdem beziehen für jeweils drei Monate internationale Nachwuchskünstler als Stipendiaten des Landkreises das Kommandatenhaus, in dem auch die Junge Philharmonie Rhein-Neckar eine ständige Heimstatt gefunden hat.
Die Mannheimer Hofkapelle im Zeitalter Carl Theodors
„Kein Orchester der Welt hat es je in der Ausführung dem Mannheimer zuvorgethan. Sein Forte ist ein Donner, sein Crescendo ein Catarakt, sein Diminuendo ein in die Ferne hinplätschernder Krystallfluss, sein Piano ein Frühlingshauch“, urteilte der Literat Christian Daniel Friedrich Schubart, während sich Friedrich Klopstock durch die Mannheimer Hofkapelle gar in die „Wollüste der Musik“ gehoben sah.
Nüchterner dagegen die Einschätzung eines Fachmannes in Sachen Musik: Der fürstbischöfliche Hofkapellmeister Leopold Mozart berichtete 1763 nach einem Konzert in der Schwetzinger Sommerresidenz nach Salzburg: „… das Orchester ist ohne widerspruch das beste in Teutschland.“
Überhaupt blickte das musische Europa bewundernd an den kurpfälzischen Hof, wo Kurfürst Carl Theodor die besten Instrumentalvirtuosen und Komponisten für sein Orchester verpflichtet hatte. Die Ansammlung von außerordenlichen Talenten war so groß, daß der englische Musikgelehrte Charles Burney nach einem Besuch am Mannheimer Hof von einer „Armee von Generälen der Musica“ sprechen konnte ein Ensemble voller Virtuosität und kompositorischer Kompetenz.
Schon unter Carl Theodors Vorgänger Carl Philipp waren Musiker aus der schlesischen Residenz Breslau und Innsbruck, wo Carl Philipp als kaiserlicher Statthalter residiert hatte, in die kurfürstliche Kapelle gekommen. Zudem fanden die Düsseldorfer Instrumentalisten, darunter zahlreiche Holländer, nach dem Tod des kurfürstlichen Bruders Johann Wilhelm Brot und Arbeit am kurpfälzischen Hof. Zudem verdeutlichten französische und elsässische Namen die enge Verbindung nach Zweibrücken und zu dessen Herzog Christian IV..
Der Glanz der kurfürstlichen Residenzen Mannheim und Schwetzingen verblaßte jäh, als in der Silvesternacht 1777 ein reitender Bote aus München die Nachricht vom Tod des Kurfürsten Maximilian III. Joseph von Bayern überbrachte. Noch im Morgengrauen des neuen Jahres brach Carl Theodor nach München auf, um das Erbe seines Vetters anzutreten. Der Hof und mit ihm das Orchester folgten bald darauf.
Für 35 Jahre war die Kurpfalz ein musikalischer Mittelpunkt Europas gewesen. Die „Mannheimer Schule“ wurde zu einem Begriff in der Musikgeschichte. Einzigartig für diese Zeit waren Organisation und Disziplin des Orchesters. Ein Nicken des Kopfes, ein Zucken des Ellenbogens des „Instrumentalmusicdirectors“ Christian Cannabich reichte aus, um eine präzise Ausführung der Kompositionen zu gewährleisten.
Wie er war auch der böhmische Konzertmeister Johann Stamitz ein Violinvirtuose ersten Ranges. Er führte was heute selbstverständlich ist einen einheitlichen Bogenstrich und das gleichzeitige Einsetzen des Orchesters ein. Virtuosen und Komponisten waren auch unter den ungewöhnlich stark besetzten Bläsern, wo von 1758 an (in der allgemeinen
Orchestergeschichte sehr früh) auch Klarinetten zu finden waren, für die sich der junge Mozart bei seinen Schwetzinger (1763) und Mannheimer Aufenthalten (1777/78) besonders interessierte.
Als einer der bedeutendsten Oboenvirtuosen seines Jahrhunderts komponierte der bereits zur zweiten Generation der Hofmusiker gehörende Ludwig August Lebrun, Sohn eines aus Brüssel zugewanderten Oboisten, fast ausschließlich Konzerte für dieses Instrument und konnte diese durch die Gunst des Kurfürsten in ganz Europa zur Aufführung bringen.
Carl Theodor liebte sein Orchester und ließ sich diese Liebe auch etwas kosten. Als 1778 die Hofkapellen von Mannheim und München zusammengeführt wurden, lagen die Einnahmen der Kurpfälzer um etwa ein Drittel höher als die ihrer bayerischen Kollegen . . . og