Ein goldglänzender Psalter als Geschenk

Foto: Weltkulturerbe Lorsch

Grazer Verlag übergibt wertvolles Faksimile zum 30jährigen Welterbejubiläum an Kloster Lorsch

Zum 30jährigen Welterbejubiläum als UNESCO-Welterbestätte hat Kloster Lorsch von der Akademischen Druck- und Verlagsanstalt Dr. Paul Struzl aus Graz (ADEVA) am Dienstag, den 24. August 2021 ein wertvolles Faksimile als Geschenk erhalten. Es handelt sich um die hochwertige Nachbildung eines goldglänzenden Pracht-Psalters, der für Ludwig den Deutschen (ca. 806-876) mit meisterlicher Buchmalerei hergestellt wurde. Das Original der ornamental und figürlich gezierten Handschrift von alttestamentlichen Psalmentexten wird in der Berliner Staatsbibliothek verwahrt und war bisher lediglich als Digitalisat allgemein verfügbar.

Weiterlesen

Eine Wallfahrt nach Jerusalem 1495

Am 30. März 1495, einem Montag „vormittags 11 Uhr, nachdem die Hauptmahlzeit eingenommen“, ritt der Herzog aus Zweibrücken zunächst gen Westen, um ‑ wie man verabredet hatte ‑ seinen Schwager Graf Johann Ludwig von Nassau‑Saarbrücken zur gemeinsamen Pilgerreise abzuholen. Mit von der Partie waren die adeligen Gefolgsleute Schweickard von Sickingen (der Vater des berühmten Franz von Sickingen), Stephan von Venningen, Karl Boos von Waldeck und Heinrich von Schwarzenberg. Abgerundet wurde die Gruppe von einigen Reitknechten und schließlich von einem Chronisten des ebenso abenteuerlichen wie frommen Unternehmens, der sich in seinen Notizen lediglich als „Diener des Herzogs Alexander“ bezeichnete.

Bücher aus der NS-Zeit zurückgegeben

Pfälzische Landesbibliothek übergibt sechs Bücher, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden
Die Pfälzische Landesbibliothek hat sechs Bücher, die in der Zeit des Nationalsozialismus aus katholischen Pfarrbüchereien enteignet wurden, an das Bistum Speyer zurückgegeben. „Es handelt sich um belletristische Werke, die Geschichten erzählen, aber auch selbst eine spannende Geschichte haben“, erklärte Dr. Armin Schlechter vom Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz. Ein Erlass im Jahr 1940 verfügte, dass sämtliches nichtkonfessionelles Schrifttum aus den katholischen Pfarrbüchereien entfernt und für die Ausleihe gesperrt werden musste. Weiterlesen

Ein Rundweg ins Mittelalter

LaureshamKloster Lorsch macht Geschichte auf den Spuren Karls des Großen lebendig   / Landschaftliche, bauliche und museale Stationen
Nach dreijähriger Umbauzeit erstrahlt das UNESCO Weltkulturerbe, erweitert zum Welterbe Areal Kloster Lorsch, in neuem Glanz. Pünktlich zum 1250. Gründungsjubiläum der karolingischen Klostergründung und im Rahmen des Karlsjahres öffnete das neue Welterbe-Areal Kloster Lorsch seine Tore für die Besucher. Die ehemalige Reichsabtei Kloster Lorsch mit ihrer weltberühmten Königshalle zählte einst zu den größten und bedeutendsten Reichsklöstern des Mittelalters. Bereits 1991 wurde die Klosteranlage als zehntes deutsches Bauwerk in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen. Weiterlesen

Speyer – eine bedeutende Pilgerstadt

Speyer, ein bedeutender Marienwallfahrtsort, zog im Mittelalter nicht nur Jakobspilger an, sondern war auch Station von Rom- und Jerusalempilgern. Speyer als Station auf dem Weg nach Rom wird erstmals im Pilgerbericht des isländischen Abtes Nikolaus im 12. Jahrhundert und im Bericht des Albert von Stade aus dem frühen 13. Jahrhundert erwähnt. Besonders zahlreich sind jedoch die Spuren, die in der Stadt auf die Jakobspilger hinweisen. Weiterlesen

Der Disibodenberg – Zentrum geistigen Lebens

Alle edlen Geschlechter und berühmte Namen jedoch überstrahlt die große Heilige Deutschlands, Hildegard von Bingen, die zu Bermersheim bei Alzey um das Jahr 1098 geboren und auf dem Disibodenberg aufwuchs. Ihr Glanz erfüllte Deutschland – sie ist die einzige Heilige in dem Heiligenkalender der römischen Kirche, die den Ehrennamen „prophetissa – die Prophetin“ trägt. Weiterlesen

Die Freimaurer in der Kurpfalz

Historische und biografische Einblicke zum regionalen Logenwesen des 18. Jahrhunderts
In- und ausländische Kunst- und Kulturhistoriker für Landschaftsparks zur Zeit der Aufklärung sowie für freimaurerische Symbolik waren in den letzten Wochen in Schwetzingen, um dem Schlossgarten einen Besuch abzustatten. Freilich nicht zu einem der üblichen Spaziergänge, sondern um im Zusammenhang mit dem Unesco-Weltkulturerbeantrag ganz gezielt nach garten- und gebäudearchitektonischen Elementen zu fahnden, die den Wert der Anlage als kurfürstliche Sommerresidenz des 18. Jahrhunderts besonders einzigartig geraten lassen. Weiterlesen

Der Eremit mit dem falschen Wanderstab

Schon manchem Wanderer ist in einem Weinberg auf der Forster Gemarkung „Kirchenstück“ ein hübscher barocker Bildstock aufgefallen. Wer sich damit beschäftigt hat, kommt unumwunden mit dem Heiligen Cyriakus in Kontakt. Er gilt als einer der wichtigsten Weinheiligen der Pfalz. Traditionell bringen ihm am 8. August die Weinbauern der Pfalz während einer Wallfahrt zur Stätte seines Wirkens, der Cyriakuskapelle bei Lindenberg, die ersten reifen Trauben zum Opfer dar. Weiterlesen

Sankt Wendelin und die Bruderschaft von Reilingen

Der Heilige Wendelin zählt zu den ersten Missionaren im Frankenreich des sechsten Jahrhunderts. Er lebte zur Zeit des Trierer Bischofs Magnerich (um 570) als Mönch oder Einsiedler in den Vogesen. Spuren oder gar sichere Quellen über seine Tätigkeit in unserem Raum gibt es nicht. Glaubt man alten Überlieferungen, soll der Missionar um 617 gestorben
sein. Sein Grab befindet sich seit dem elften Jahrhundert im saarländischen Sankt Wendel.
Der Mönch Wendelin  sein Name bedeutet im Alhochdeutschen „Wanderer oder Pilger“  wurde schnell zu einem bedeutenden Kapellen und Wallfahrtsheiligen. Vor allem im alemannischfränkischen Raum stieg er zum Volksheiligen auf und galt sehr früh als Patron der Landleute sowie für Flur und Vieh. Deswegen wird Wendelin stets dargestellt als Hirte
mit Stab und Tasche. Ein Gemälde im erzbischöflichen Museum von Utrecht zeigt ihn vor einer Klause sitzend umgeben von Lämmer, Rinder und Schweinen, im Hintergrund die Türme von Tholey oder Sankt Wendel. Grund für diese Darstellung ist die aus dem 14. Jahrhundert stammende legendäre Vita, die Wendelin zu einem iroschottischen Königssohn und Abt von Tholey machte.
Standesgemäß erzogen, verließ er seine Heimat im ärmlichen Pilgerkleid, um die heiligen Stätten in Rom aufzusuchen. Auf seinem Weg zurück kam er auch durch die Vogesen, wo er in der Stille der Wälder eine Klause gründete. Als Schweine und Kuhhirt verdiente er sich sein täglich Brot. Als er eines Tages kein Wasser mehr für die Tiere fand, stieß er, so die
Legende, voll Gottvertrauen mit dem Stab in die Erde, wo sich plötzlich eine Quelle auftat. Noch heute trägt diese Stelle den Namen Wendelinsbrunnen und wird von Menschen fleißig besucht, da das Wasser Krankheiten von Mensch und Tier abwenden soll.
Jahre später lebte Wendelin dann als Einsiedlerbruder des Klosters Tholey. Da er viel von Tieren verstand, kamen die Bauern zu ihm, wenn sie wegen ihres Viehs in Nöten waren oder Viehseuchen drohten. Bereits zu Lebzeiten wurde er ob seiner Wundertaten als Heiliger verehrt. Die Mönche des Kloster Tholey wählten ihn schließlich zum Abt, ein Amt, das
er noch 20 Jahre innehatte.
Nach seinem Tod wurde Wendelin in seiner alten Klause begraben, die schnell zu einem Pilgerziel wurde. Die Kapelle wurde durch fromme Schenkungen erweitert, um sie herum entstanden Pilgerhäuser. Immer mehr Menschen siedelten sich an, sodaß der Ort im 14. Jahrhundert mit den Stadtrechten und dem Namen Sankt Wendel ausgestattet wurde.
Längst galt Wendelin auch in der Kurpfalz als Schutzheiliger. Wie in vielen Orten entstand auch in Reilingen eine Bruderschaft zum Heiligen Wendelin. Die am 10. Juni 1451 gegründete Bruderschaft zählte zu den bedeutendsten ihrer Art. Wieder einmal wurde die besondere Stellung des kleinen Dorfes an der Kraich in der Nähe der Burg Wersau besonders
hervorgehoben, wie ein Kirchenbucheintrag von diesem Tag bezeugt. Auffallend ist nämlich, daß einzig allein in der Reilinger Bruderschaft das gesamte kurfürstliche Herrscherhaus aufgeführt wurde: „Hiernach volgen Bruder und Schwester, so sich in die löbliche Bruderschaft sant Wendels zu Reutlingen (Reilingen) verbrudert haben … des durchlauchtigsten, hochgeborenen fürsten und herrn, herrn pfaltzgraven Philippen, pfaltzgraven bey Reyn samt Margret, Philipps Gemahlin …“.
Aufgeführt sind weiter Pfalzgraf Ludwig und seine Frau Sybilla sowie die Pfalzgräfinnen Elisabeth, Markgräfin von Baden, Amalia, Herzogin in Bayern, und Helena, Herzogin zu Meckelberg. Es folgen dann die Namen der Pfarrer „zu Lossen (Lußheim), hockenheym, Rutlingen (Reilingen) und Ketsch“. Unter den insgesamt 40 Namen der Mitglieder der Bruderschaft sind abschließend auch sechs Familien aus Hockenheim, drei aus Reilingen, drei aus Lußheim und je eine aus
Insultheim und Bruchsal aufgeführt.
Dieser Eintrag ist auch der letzte in den Reilinger Kirchenbücher. Aus anderen Quellen ist nur noch zu erfahren, daß „Jost messerschmiydt, pferrer zu hockenheym“ für die Wendelinsbruderschaft „ein ied monat eine heiligmess in der Capellen zu Wersau“ zu lesen hatte. Diese Gottesdienste galten in der kurfürstlichen Familie als Pflich und Pilgertermin und mußten von wenigstem einem Familienmitglied wahrgenommen werden. Später schien man dies nicht mehr so ernst zu nehmen, denn ein späterer Vermerk berichtet, daß der „Keller zu Wersawe an herrenstatt“ an den Gottesdiensten teilnahm.
Wie lange nun diese Bruderschaft bestand, welche Aufgaben und Ziele sie hatte, liegt im Dunkel der Geschichte verborgen und bedarf noch einer gründlichen Aufarbeitung.                         og

Ein ständiger Wechsel der Religionen

„Bevor wir abreisten, ließ uns der Magistrat sein Beileid
ausdrücken und dankte für den Unterricht, den wir der Jugend
erteilt hätten, und für die Unterweisung des Volkes in der
Predigt. … Bei den Protestanten sah man kein Zeichen von Freude
und Jubel, wohl aber des Bedauerns.“ So erlebten die Jesuiten
ihren Abschied 1649 von Heidelberg nachdem der Westfälische
Frieden zu Münster dem unheilvollen Dreißigjährigen Krieg
zwischen den Protestanten und Katholiken ein Ende gesetzt hatte.

Bereits 1622 hatte die katholische „Liga“ unter Tilly die
kurpfälzische Residenzstadt erobert. In dem Sieg über die
Kurpfälzer sahen Kaiser Ferdinand, die Spanier und Bayern ein
Zeichen Gottes zur Wiedereinführung der katholischen Religion an
Rhein und Neckar. Konsequenz wurde die Gegenreformation
vorangetrieben. Da Bevölkerung aber nur widerwillig der
religiösen Umerziehung folgte, mußten 1629 rigorose Maßnahmen
ergriffen werden: die Menschen wurden zum katholischen
Gottesdienstbesuch gezwungen.

Mit der Rekatholisierung wurden die Jesuiten betraut. Bereits
1624 hatten sie eine kleine Privatschule für zunächst 25 Kinder
eingerichtet. Bereits vier Jahre später hatte sich daraus ein
Vollgymnasium entwickelt. 1629 konnte auch der Lehrbetrieb der
Universität wieder in Betrieb genommen werden. Die Jesuiten
bekamen die theologische und philosophische Fakultät übertragen.
Trotzdem konnte der Lehrbetrieb nicht vollständig aufgebaut
werden, denn 1633 eroberten die Schweden die Kurpfalz mit
Heidelberg für die protestantische „Union“ zurück.

Nach der Rückeroberung durch bayerische Truppen setzten die
Jesuiten 1635 ihre Arbeit fort. Wegen der dauernden Kriegsunruhen
gelang es nicht mehr, den Universitätsbetrieb vollständig
aufzubauen. Lediglich das Gymnasium konnte bis 1640 wieder mit
den üblichen fünf Klassen aufgebaut werden. Im gleichen Jahr ging
an Maximilian von Bayern die Nachricht, daß sich „kaum der dritte
Theil realiter und im Herzen katholisch befindet“.

Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde die Pfalz 1649 dem
calvinistischen Pfalzgrafen Karl Ludwig wieder übergeben. Die
Jesuiten verließen wieder Heidelberg und ließen eine nicht
unbedeutende katholische Minderheit zurück. Ihre Gottesdienste
durften sie in Privatwohnungen feiern, auch der Besuch eines
öffentlichen Gottesdienstes in Handschuhsheim wurde erlaubt.
Dennoch nahm die Zahl der Katholiken ständig weiter ab.

Mit Kurfürst Karl II. (16801685) starb die reformierte Linie
PfalzSimmern aus. Dieser folgte die katholische Linie
PfalzNeuburg mit dem Kurfürsten Philipp Wilhelm (16851690).
Dieser rekatholisierte die Kurpfalz erneut, jedoch ohne Nachteile
für die Reformierten und Lutheraner. Der Herrscher rief 1686 die
Jesuiten nach Heidelberg zurück und erregte die Gemüter, als er
eine feierliche Fronleichnamsprozession genehmigte und daran
sogar noch selbst teilnahm. Der neue Landesherr war um religiösen
Ausgleich und Gewissensfreiheit bemüht, aber seine Gunst galt
klar den Katholiken.

Als 1693 die Kurpfalz und Heidelberg im Pfälzischen Erbfolgekrieg
von den Truppen Ludwig XIV. besetzt und zerstört wurden, mußten
die Jesuiten erneut aus der Residenzstadt fliehen. Erst nach dem
Frieden von Rijswijk konnten sie 1697 in die Stadt zurückkehren.
In den folgenden Jahren kamen immer mehr Katholiken zurück in die
Kurpfalz und siedelten so auch in Heidelberg. 1700 kamen der
kurpfälzische Hof und die Regierung wieder von Düsseldorf zurück
an den Neckar. Kurfürst Johann Wilhelm öffnete alle Kirchen in
der Pfalz zum gemeinsamen Gebrauch durch Katholiken, Reformierte
und Lutheraner. Nach dem Einrichten der Simultankirchen
verkündete er 1701 erstmals im deutschen Reichsgebiet
Gewissensfreiheit und öffentliche Religionsausübung für alle
Konfessionen und gewährte damit volle Freiheit der
konfessionellen Entscheidung.

In der Pfälzischen Religionsdeklaration von 1705 teilte der
Kurfürst die Kirchen und das Kirchenvermögen im Verhältnis 5:2
zwischen Reformierten und Katholiken. Die Heiliggeistkirche in
Heidelberg wurde wie viele andere Kirchen in der Kurpfalz durch
eine Scheidemauer geteilt. Der konfessionelle Gegensatz war in
der Kurpfalz nahezu identisch mit dem sozialen Gegensatz zwischen
besitzenden und auch besser gebildeten Reformierten und den armen
ungebildeten Katholiken. Ihnen wandte sich nun die alle Formen
der Volksfrömmigkeit fördernde Seelsorge der Orden und die Gunst
des Kurfürsten zu.

Neben den Jesuiten kamen die Franziskaner, Kapuziner, Karmeliter,
Dominikaner, AugustinerChorfrauen und Dominikanerinnen nach
Heidelberg, wo um 1720 unter 400 reformierten und 200
lutherischen auch 180 katholische Familien lebten.

Quelle: unbekannt

Jesuiten prägten die Entwicklung der Kurpfalz

Der Seelsorger (Operarius) des Kurfürsten Carl Philipp (1661 – 1742), Franz Seedorff, der Seelsorger Matthäus Vogel, der Fabeldichter und Bibliophile Francois Joseph Terrasse Desbillons und der in der Mannheimer Sternwarte forschende Hofastronom, Landvermesser und Kartograph Christian Mayer trugen alle ein „SJ“ hinter ihrem Namen. Damit bekannten sie sich zum Jesuitenorden, der 1534 von Ignatius von Loyola gegründet worden war. Weiterlesen

"Ecclesia parochialis in Hochekein"

Mit eine der Keinzellen von Hockenheim ist die katholische Pfarrei, deren erste Erwähnung bereits aus dem Jahre 1364 stammt. Heute sind sich die Geschichtswissenschaftler aber fast sicher, daß dies auf keinen Fall das Entstehungsjahr der ersten Kirche in der Stadt war. In einem alten Rechnungsbuch, in dem die Pfarrgemeinde zum ersten Mal genannt wurde,
ist folgender Eintrag zu lesen: „… ecclesia parochialis in Hochkein Spirensis diocesis, cuius fructus 12 march. argenti fuit …“
(Pfarrkirche in Hockenheim, Speyerer Diözese, deren Früchte 12 Mark Silber gewesen sind). Für die damalige Zeit war dieser Betrag recht enorm. Ihn konnte nur eine Gemeinde mit einer gewissen Größe und einem entsprechenden, in den Jahren gewachsenen Wohlstand abführen. Als Kirchenpatron wurde schon damals der Heilige Georg erwähnt.
Diese erste, 1364 genannte Pfarrkirche, deren Ursprung noch immer im Dunkel der Geschichte verborgen liegt, wurde bereits 1490 durch einen gotischen Neubau abgelöst. Über den Zustand dieser Kirche gibt es einen Vermerk aus dem Jahre 1650. Darin ist zu lesen, daß die obere Hälfte des Turmes eingestürzt und das Langhaus dadurch zerschmettert worden sei. Nach einer Besetzung durch französische Truppen waren 1736 die Kirchenstühle „totaliter ruiniret“. Trotz der Wiederherstellung war das Schicksal der alten Kirche besiegelt. Sie wurde Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissen, denn sie war erneut zu klein, aber auch wiederum baufällig geworden. Eine Erinnerung an diese alte Kirche ist noch heute der gotische Turm mit dem Grundstein von 1490 über der Festhalle.
An der selben Stelle entstand 1814 bis 1819 eine neue Kirche, die vom großherzoglichen Baumeister Weinbrenner entworfen worden war. Die darin untergebrachten 500 Kirchenplätze reichten trotz des Einbaus einer Empore nur bis 1911. Für die immer weiter wachsende katholische Pfarrgemeinde mußte ein neues Gotteshaus erstellt werden. Da bereits
zwischen 1894 und 1896 an der Oberen Hauptstraße, Ecke Heidelberger Straße, also am Fortuna-Eck, das Pfarrhaus errichtet worden war, bestimmte der katholische Stiftungsrat nach Rücksprache mit der Stadtverwaltung das Gelände des ehemaligen Brauerei-Gasthauses „Zum Schwarzen Lamm“ zum neuen Standort. 1911 konnte die im reinen Jugendstil
errichtete Georgskirche schließlich nach nur zweijähriger Bauzeit eingeweiht werden.
Nach diesem kurzen Rückblick auf die Geschichte der vier katholischen Kirchen sollte noch kurz auf die Besetzungspraxis der Pfarreien eingegangen werden. Zur Zeit der ersten Erwähnung hatte das Bistum Speyer, also der Bischof, das Recht, den Pfarrer einzusetzen. Dies blieb so bis ins 18. Jahrhundert, als es zwischen dem Fürstbistum und der Kurpfalz zu einem Streit über dieses Recht kam. Die Hintergründe dazu waren in dem ständigen hin und her nach der Reformation zu suchen. Nach langen Verhandlungen einigte man sich darauf, in Zukunft nach einem Dreierrhythmus den jeweiligen Pfarrer einzusetzen: zweimal der Kurfürst von der Pfalz und einmal der Bischof von Speyer.
Nach der Gründung Badens ging 1805 das Patronatsrecht an den Großherzog über. Und erst sei der Abschaffung der Monarchie nach dem 1. Weltkrieg setzt der Erzbischof von Freiburg den neuen Pfarrer in Hockenheim ein. So war der 1917 seine Amtszeit beginnende Stadtpfarrer Josef Englert der letzte Pfarrer, der durch den Großherzog berufen wurde. Der spätere Ehrenbürger der Rennstadt, Dekan Johannes Beykirch, war der erste katholische Pfarrer von Sankt Georg, der vom Freiburger Erzbischof eingesetzt wurde.
Auch wenn sich das Stadtbild in den vergangenen Jahrhunderten geändert hat  der gotische Festhallenturm und noch mehr aber der weithin sichbare Jugendstilturm der Georgskirche sind und bleiben ein Symbol einer lebhaften Vergangenheit. (og)

Der Landesherr bestimmte die Religion

Schnell faßten die reformatorischen Gedanken durch den Einfluß der Universität Heidelberg auch Fuß in den Dörfern der Kurpfalz. So wurde bereits 1556 die alte katholische Georgskirche (heutiger Festhallenturm) durch Regierungsentscheid den Reformierten zugesprochen, die die Kirche gemeinsam mit den Lutheranern nutzten. Der Sitz des reformierten
Pfarrers war Reilingen. Von dort aus mußte er zudem noch Walldorf und Nußloch versorgen. Das älteste Kirchenbuch, das heute noch vorhanden ist, stammt aus der Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges. Alle früheren Bücher wurden während des Krieges mit Frankreich zerstört.
Zu den Herrschaftsregeln in der Kurpfalz gehörte auch der Grundsatz, daß der Landesherr zu bestimmen hatte, welcher Religion seine Untertanen anzugehören hatten. So machten auch die Hockenheimer viele Bekenntniswechsel in ihrer mehr als 1.200jährigen Geschichte mit  je nachdem, zu welchem Glauben sich eben der gerade regierende Herrscher bekannte.
Die Gleichberechtigung in Glaubensdingen kam erst mit Ende des Dreißigjährigen Krieges. Den Landesherren wurde verboten, die Untertanen zu einer bestimmten Religion zu zwingen. Um 1700 begann eine groß angelegte Rekatholisierung in der reformierten Kurpfalz. Auch die Katholiken in Hockenheim bekamen ihre Besitzungen zurück.
Die Christen evangelischen Glaubens mußte aber wieder nach Reilingen zur Kirche gehen. Nachdem man 1722 eine Notkirche auf dem freien Gelände im Bereich des heutigen Lutherhauses errichtet hatte, war 1750 der Bau einer festen
Kirche fällig. Als kleinen Seitenhieb auf die Katholiken im Dorf bauten die Evangelischen 1757 ihren Kirchturm als genaue Kopie des Glockenturms der Georgskirche.
Die evangelische Kirchengemeinde wurde immer größer und 1846 war man schließlich gezwungen, eine Empore in der Kirche einzuziehen. Diese wurde übrigens auch von den anderen Konfessionen benutzt. Als frühestes Zeichen der Ökumene in Hockenheim hielten zwischen 1814 und 1819 die Katholiken während der Bauphase an ihrer neuen Kirche (die heutige Festhalle) dort ihre Gottesdienste ab. 1823 entstand dann das evangelische Schulhaus (Gebäude hinter dem
Lutherhaus), da zur damaligen Zeit das Schulwesen noch Sache der Kirche war. 44 Jahre später wurde das Schulhaus zum Pfarrhaus umgebaut, nachdem jahrelang das Geld dafür gesammelt worden war. 1869 wurde die evangelische Kirchengemeinde in Hockenheim unabhängig von Reilingen.
Mit dem Einsetzen der Industrialisierung und der Entwicklung der Zigarrenfabriken ging es auch den Menschen in der größten Arbeiterwohngemeinde in Baden immer besser. Dies hatte natürlich auch seine Auswirkungen auf das Gemeindeleben der Protestanten. Längst war eine neue Kirche notwendig geworden und im Oktober 1905 wurde
schließlich der Grundstein hierzu gelegt. Zwei Jahre später folgte die Einweihung. Als Kirchplatz hatte die Stadt Hockenheim für den neubarocken Bau den alten Friedhof zur Verfügung gestellt. Mit der neuen Stadtkirche baute
man zugleich ein Pfarrhaus. Das bisherige Dienstgebäude der evangelischen Pfarrherrn hinter dem Lutherhaus diente später zuerst als Schwesternhaus und und bis zum Neubau des zweiten Pfarrhauses in der Kirchenstraße als Vikarswohnung.
Das Langhaus der alten Kirche an der Oberen Hauptstraße, ein Saal zu vier Fensterachsen mit dreiseitigem Chorschluß, wurde 1927/29 zum Lutherhaus umgebaut. Von der alten Kirche ist heute im wesentlichen nur noch der Grundriß erhalten.
Als besondere Zeugnisse der Vergangenheit hat man noch heute in der evangelischen Kirchengemeinde zwei gleiche Abendmahlskelche, die aus Silber gefertigt und anschließend vergoldet wurden. Einer alte lateinische Inschrift ist zu entnehmen, daß Pastor J.W. Radau-Hashus den Auftrag für diese handgearbeitete Kelche gegeben hatte.

Und eine Stimme sprach: "Wag's"

Gleich hinter Neulußheim und Reilingen beginnt in Richtung Süden das große Waldgebiet der Lußhardt. Quasi als südliche Nachbarn liegen dort die Gemeinden der Stadt Waghäusel, der nördlichsten Großgemeinde des Landkreises Karlsruhe. Ihr Entstehen verdankt die Stadt dem Zusammenschluß der drei ehemals selbständigen Gemeinden Kirrlach, Waghäusel und Wiesental.
Die geschichtlichen Ursprünge der einzelnen Stadtteile reichen zurück bis weit ins 13. Jahrhundert. So wurde Kirrlach erstmals 1234 urkundlich in einem Vertrag des Domkapitels Speyer erwähnt. Fundgegenstände wie Tongefäße und Münzen lassen jedoch darauf schließen, daß auf Kirrlacher Gemarkung im 2. Jahrhundert n. Chr. ein römischer Gutshof bestanden haben muß. In der Nähe davon führte eine Römerstraße vorbei, deren Reste noch heute sichtbar sind. Die Entfaltung der Orte wurde durch Hungersnöte, Epidemien, Zerstörungen und ständige Kriegseinwirkungen immer wieder gestört.
Die  fürstbischöflichspeyerische Festung in Philippsburg, die eigentlich ein Schutzwall für das ganze Umland sein sollte, brachte die Region aber immer wieder in Bedrängnis durch Belagerungen und Einquartierungen. Der „Badischen Spargelstraße“ folgend kommt man in den zweiten Stadtteil, nach Wiesental. Der Ort wurde 1297 vom damaligen Speyerer
Bischof Friedrich von Bolanden gegründet. Auch im Raum Wiesental hinterließen bereits die Römer ihre Spuren. Gerätschaften aller Art und die Überreste eines Kastells sind recht eindrucksvolle Zeugen dieser frühen Epoche.
Vom Namen her am bekanntesten aber ist der Wallfahrtsort Waghäusel, dritter Ort im Städtebund. Der Ursprung der Siedlung geht auf die Kapelle „Zum Waghus“ zurück. Die Überlieferung berichtet, daß um das Jahr 1435 beim Wagbach ein Schäfer im Lußhardtwald ein etwa zwei Spannen hohes steinernes Marienbildnis gefunden habe. Freudig nahm der Schäfer seinen Fund als kostbaren Schatz mit nach Hause. Aber am nächsten Morgen war das Bildnis verschwunden. Er fand es dort wieder, wo er es entdeckt hatte. Nachdem sich dieser Vorfall einige Male wiederholte, errichtete der fromme Schäfer in einem großen Eichenhain eine Nische, in der er das Bild zur Verehrung durch Vorüberziehende aufstellte.
Eines Tages führte der Wagbach reißendes Hochwasser. Als der Schäfer sich nicht traute, seine auf dem gegenüberliegenden Ufer grasenden Schafe mit einem Nachen in Sicherheit zu bringen, rief ihm eine geheimnisvolle Stimme aus der Mariennische im Eichenstamm zu : „Wag’s, wag’s!“ Darauf setzte der Schäfer über und verlor keines der ihm
anvertrauten Tiere. Durch dieses Wunder und weitere Gnadenerweise verbreitete sich der Ruf des Bildnisses schnell.
Um 1470 ließ der Speyerer Fürstbischof Mathias von Rammung an dem Platz eine Kapelle mit dem Namen „Zum Waghus“ bauen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ließen sich in Waghäusel Kapuziner nieder und es entstand 1616 das heute noch existierende Kloster mit Wallfahrtskirche.
1724 errichtete der Rastatter Baumeister Michael Ludwig Rohrer für Fürstbischof Hugo von Schönborn ein Jagd und Lustschloß. Diese 16-eckige Eremitage diente den hohen Herren nach der Säkularisation bis 1810 als Wohnhaus und wird ob ihres Baustils noch heute in Fachkreises als Kleinod gehandelt.
Mit dem gesamten rechtsrheinischen Gebiet Speyers fiel das Schlößchen an die Badische Domäne und wurde 1837 an die Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation (die heutige Südzucker AG) veräußert, die dort noch bis vor Kurzem eine bedeutende Zuckerfabrik unterhielt.
Der Ort wurde aber auch bekannt durch die „Schlacht bei Waghäusel“ im Jahr 1849, als dort am 21. Juni die Badische Revolutionsarmee unter General Mieroslawsk von den Preußen besiegt wurde. (og)

Die Jesuiten als Theologen und Baumeister

Nur wenige Jahre nach der Zerstörung Heidelbergs und der Kurpfalz
durch die Truppen des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. im
Pfälzischen Erbfolgekrieg beauftragte Kurfürst Johann Wilhelm den
katholischen Jesuitenorden, in Heidelberg ein Kollegium zu
errichten. Da gerade zu dieser Zeit das Baumaterial knapp war,
stellte die kurfürstliche Verwaltung Steine vom zerstörten Dicken
Turm des Heidelberger Schlosses ebenso zu Verfügung wie Bauholz
aus der Schwetzinger Hardt. Der Sand kam aus dem Stadtgraben und
zahlreiche Bauern der Region mußten zur Beförderung des Materials
Frondienst leisten.

Um die wirtschaftliche Unabhängigkeit der neuen
Bildungseinrichtung zu sichern, sprach der Kurfürst den Jesuiten
das frühere Kloster Neuburg mitsamt seinen Besitztümern und
Einkünften zu. Stadtbaumeister Johann Adam Breunig hatte die
Bauleitung übernommen und konnte 1711 das Ende der Bauarbeiten
vermelden. Rund 40 Priester lebten in den Jahren bis 1773 in dem
neuen Gebäude zusammen. Ihre Aufgabengebiete erstreckten sich vom
Universitätsgelehrten, über den Seelsorger und Schullehrer bis
hin zum Studenten und Laienbruder für die Arbeit im Hause.

Die Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Architekten und
Stadtbaumeister wurde auch beim Bau der Jesuitenkirche (Beginn
1712) fortgesetzt. Die Arbeiten zogen sich über Jahre dahin und
konnten erst 1759 mit der Unterstützung des Kurfürsten Carl
Theodor und dessen Baumeister Franz Wilhelm Rabaliatti
fertiggestellt werden. Nach Ende der Bauarbeiten galt die
Begeisterung uneingeschränkt dem gelungenen Bauwerk mit seinen
zehn Altäre und dem Ausdruck der barocken Frömmigkeit im Innern
der Kirche. Das Erlöserbild über dem Hochaltar und die große
Erlöserstatue erinnerten daran, daß auch die Heidelberger nach
dem Vorbild der Hauptkirche des Ordens „Il Gesù“ in Rom zu Ehren
Gottes errichtet wurde.

Bereits 1706 hatten die Jesuiten nach einer Entscheidung des
Kurfürsten die Vorlesungen für Philosophie, Theologie und
Kirchenrecht an der Universität übernommen. Dazu wurden sieben
Jesuitenprofessoren angestellt. Einer der berühmtesten Jesuiten
an der Heidelberger Universität war der Astronom Christian Mayer,
der 1752 den neu gestifteten Lehrstuhl für Mathematik und
Experimentalphysik erhielt und im Dachgeschoß des Schwetzinger
Schlosses und hinter der Mannheimer Jesuitenkirche beim
Residenzschloß Sternwarten errichtete.

Für die jüngeren Schüler wurde 1715 bis 1717 das
Jesuitengymnasium in Heidelberg errichtet. Hier wurden
hauptsächlich geistes und naturwissenschaftliche Fächer gelehrt.
Bekannt waren zu jener Zeit aber vor allem die zahlreichen
Theateraufführungen, die selbst bei den Protestanten immer wieder
auf großen Beifall stießen. Auch die kurfürstliche Hofhaltung
erfreute sich an den kreativen Kräften der Schüler, von denen
nicht wenige auch aus protestantischen Familien stammten. Diese
hatten den Jesuiten ihre Kinder mit der Vorgabe anvertraut, daß
sie wegen ihrer Religion keinen Schaden erleiden sollten, was
auch über alle Jahre hinweg eingehalten wurde.

Die Jesuiten erwiesen sich auch als geschickte Baumeister, denn
1728 wurde für die Studenten aller Fakultäten auf Wunsch des
Kurfürsten Karl Philipp ein Wohnheim erstellt, in dem um 1770
über 130 junge Männer wohnten. In der Zeit zwischen 1750 und 1765
wurde durch den kurpfälzischen Landbaumeister Rabaliatti das
Seminarium Carolinum errichtet.

Zu den schönsten Sehenswürdigkeiten Heidelbergs zählt noch heute
die Madonna auf dem Kornmarkt unterhalb des Schlosses. Diese
wurde vom Kurfürsten beim Bildhauer Peter van den Branden 1718 auf
Anregung der 1713 von den Jesuiten gegründeten Marianischen
Bürgersolidarität in Auftrag gegeben. 1717 wurde von den Jesuiten
eine erste große Volksmission mit über 4.000 Teilnehmern
abgehalten. 1748 und 1750 kam eigens der Kurfürst Carl Theodor
mit seinem Hof zur Passionsprozession der Jesuiten am Palmsonntag
von Mannheim herübergeritten.

Der Kurfürst legte großen Wert auf die religiöse Bildungsarbeit
der Jesuiten und anderen Orden, um so dem katholischen Glauben
neue Ausstrahlung und Attraktivität zu verleihen. Die vielen
Madonnen und Heiligenfiguren an den Fassaden des barocken
Heidelbergs zeugen noch heute vom wiedergekehrten Volksglauben,
wie auch das Standbild des Heiligen Nepomuks, das 1738 auf der
Alten Brücke aufgestellt wurde.

Zu Beginn der 70er Jahre des 18. Jahrhunderts wurde der Druck der
absolutistischen Herrscherhöfe Europas auf Papst Klemens XIV.
immer stärker, denen die Macht und der Einfluß der Jesuiten auf
die Menschen in den Staaten zu groß geworden war. Der schwache
Kirchenfürst hob 1773 den Jesuitenorden auf. Kurfürst Carl
Theodor reagierte nur zögernd und widerwillig. Seine ganze Sorge
galt den ehemaligen Ordensangehörigen, für die er bestens sorgte.
Das Ordensvermögen der kurpfälzischen Jesuiten überschrieb er der
aus Frankreich kommenden Priesterkongregation der Lazaristen. Bis
1794 führten diese die Aufgaben der Jesuiten in Seelsorge,
Schule und Universität fort.

Quelle: unbekannt

Sankt Wendelin zu Reilingen

Kirchen prägen bereits seit vielen Jahrhunderten die Ansichten von Städten und Dörfern. Ihre Türme sind weithin sichtbar und dienten einst Reisenden als Orientierungshilfe. Nicht selten wachte ein Türmer von oben herab über die Geschicke der Stadt. Von hier aus konnten anrückende Truppen ebenso früh ausgemacht wie ein beginnendes Feuer erkannt werden.
Das Morgen und Abendläuten kündete die Arbeitszeit an, die nur vom Angelusläuten zur Mittagszeit für eine kurze Pause unterbrochen werden durfte. Dinge, die damals praktisch und notwendig waren, sind heute längst zur Tradition geworden.
Auch in Reilingen prägen seit Jahrhunderten die Kirchtürme das Ortsbild. Seit 1905 ist es vor allem der Turm der neugotischen katholischen Kirche, der weithin in die Rheinebene ragt. Am kommenden Montag feiert ihr Schutzheilige, der Heilige Wendelin, seinen Namenstag. Grund genug für die Pfarrgemeinde, an diesem Wochenende ihr traditionelles
Wendelinsfest zu feiern.
Wer aber zur Zeit einen Blick zur Turmspitze hinauf wirft , stellt fest, daß diese eingerüstet wurde. Dringende Instandsetzungsarbeiten machten dies erforderlich. Die acht offenen Ornamentfenster des Glockenturmes müssen erneuert werden, da die Teile aus gelbem Sandstein durch Umwelteinflüsse stark verwittert sind und erst jüngst drohten, herabzustürzen. Nach den Sanierungsarbeiten soll zudem die Gelegenheit genutzt werden, Schallrolläden in die Fenster der Glockenstube einzubauen. Diese sollen die für manchen Zeitgenossen störenden Schallspitzen schlucken und dem Geläut einen gedämpften, volleren Klang geben. Für das Glockengestühl ist die neue Ausstattung zudem aber auch ein dringend notwendiger Witterungsschutz. Die Instandsetzungsarbeiten sind mit 120.000 Mark veranschlagt und werden sich noch einige Zeit hinziehen.
Fast den gleichen Geldbetrag mußte die katholische Kirchengemeinde übrigens zu Beginn dieses Jahrhunderts aufbringen, um den Neubau der Kirche zu finanzieren. Die Baukosten beliefen sich damals auf 142.076,76 Mark. Ein Betrag, der aber aufgrund der Wertschöpfung nicht mit einem gleichen Betrag von heute verglichen werden kann. So kostete um 1900 ein
Glas Bier im „Hirsch“ zwölf Pfennig und der Arbeiter verdiente beim Kirchenbau in der Stunde noch nicht einmal eine Mark. Als im Juni 1905 der Hauptaltar der neuen Kirche zu Ehren des Heiligen Wendelins geweiht wurde, übernahm man einfach den Namen des Kirchenpatrons von der alten Vorgängerkirche.
Diese hatte seit 1788 bis zur Weihe der neuen Kirche an der Ecke Haupt und Hockenheimer Straße neben dem Rathaus gestanden. Um damals den Kirchenbau zu ermöglichen, verpflichteten sich 29 Reilinger Familien am 12. Oktober 1788, „was zur Unterhaltung und Herstellung derselben mangelt, jedesmal aus ihrem eigenen Vermögen, in solang obgemelter Fundus abgehet, beizuschießen“.  Grund dafür war die Finanznot der katholischen Kirchengemeinde, die um 1740 aus gerade mal 40 Haushaltungen bestand. Die Katholiken feierten seit dem 17. Oktober 1743 ihre Gottesdienste in einer „Capell unter dem Rathaus“ ihre Gottesdienste. Zu den Gottesdiensten kam regelmäßig ein Kapuzinerpater aus Waghäusel, da man seit der Reformation keinen eigenen Pfarrherrn mehr hatte und das Verhältnis zur Hockenheimer Muttergemeinde nicht gerade bestens war.
Die Wendelinskirche hatte man mit der zweiten kurpfälzischen Kirchenteilung (1707) an die Reformierten abgeben müssen. Seitdem mußten die Reilinger zu den Gottesdiensten in die gotische Georgskirche nach Hockenheim laufen. Bereits 1726 wurde daher an das Landkapitel St. Leon der Speyerer Diözese die Bitte gerichtet, „under dem Ratshauß“ ihre Gottesdienste abhalten zu dürfen. Erst 17 Jahre später genehmigte das „hochwürdigste Vikariat Speier“ diese Bitte.
Die Geschichte der katholischen Kirche in Reilingen ist aber viel älter. Den schriftlichen Quellen nach gehörte Reilingen zunächst zur Pfarrei in Hockenheim. 1364 wurde der Ort im Zusammenhang mit der „ecclesia parochialis in Hochekein, Spirensis diocesis“ erwähnt. Erst 1446 konnte in Reilingen eine eigene Kapelle gebaut werden. Diese wurde bereits vor
551 Jahren dem Heiligen Wendelin geweiht. Dies bezeugt ein Aktenvermerk von 1451: „… ecclesia parochialis Sancti Wendalini connfessoris in Ruttlingen Spirensis dyocsis“. Man blieb Filialort von Hockenheim, dessen Pfarrer in Reilingen nur dann die Messe las, wenn er keine Verpflichtung in der Nachbargemeinde hatte. Dafür bekam er von den Gläubigen jährlich vier Gulden und zudem auf Geheiß von Pfalzgraf Otto nach jedem Gottesdienst ein Mittagessen im Wersauer Schloß.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Spannungen mit dem Hockenheimer Pfarrer, da beide Seiten das Recht am Opferstockgeld der Kapelle für sich in Anspruch nahmen. Erst 1473 schlichtete Pfalzgraf Otto den Streit. Die Reilinger verpflichteten sich „die obgenannt Capellen zu ewigen Tagen in guten Bau zu halten“. In einem Vertrag wurde außerdem das Gehalt und die Aufteilung des Opferstockes geregelt.
Es war dann Pfalzgraf Philipp, der sich dafür einsetzte, daß die Reilinger Katholiken im kommenden Jahr ihr 500. Pfarrjubiläum feiern dürfen: 1498 wurde eine selbständige „Pfarre“ eingerichtet und das Dorf dazu verpflichtet, „die neue Pfarrkirche an Bau und sonst mit allen geistlichen Gezierden ewiglich zu handhaben“. Im heutigen Unterdorf wurde sofort mit dem Bau einer Kirche begonnen und wiederum dem beliebten Volksheiligen geweiht. Was aus der alten Kapelle wurde, ist nicht überliefert. Die Heimatforschung geht aber davon aus, daß sie abgerissen wurde. Der verbliebene Schlußstein wurde in der Erdgeschoßkapelle des Turmes der evangelischen Kirche eingemauert und ist dort noch heute an dem kurpfälzischen Wappen zu erkennen.
Mit der Reformation war auch in Reilingen, je nach Bekenntnis des regierenden Kurfürsten, mal die calvinistische, lutherische oder katholische Religion bestimmend. Zeitweise fanden in der Wendelinskirche sogar Gottesdienste aller drei Konfessionen statt. Die Katholiken wurden wieder von Hockenheim aus betreut. Ihre Kirche war, wie bereits erwähnt,
durch die beiden Kirchenteilungen in der Kurpfalz letztendlich den Reformierten zugesprochen worden.
Heute ist dies längst alles Geschichte, die Ökumene wird auch in der Spargelgemeinde praktiziert. Und wer die Geschichte von Sankt Wendelin zu Reilingen betrachtet, stellt fest, daß es da mehr gibt als nur einen eingerüsteten Glockenturm im Herzen der Gemeinde. Auf jeden Fall ist für genügend Gesprächsstoff beim Wendelinfest im Josefshaus gesorgt  und
dies über alle Konfessionsgrenzen hinweg.                                        og

Hildegard von Bingen: Eine Frau mit einem beeindruckenden Lebenswerk

Hildegard von Bingen gilt als eine der bedeutendsten Frauen des deutschen Mittelalters und ist heute weit über die Grenzen ihrer
rheinhessischen Heimat hinaus bekannt. Ihre Zeitgenossen zog sie ebenso in ihren Bann wie die Menschen, die heute nach Sinn, Orientierung, Ganzheit und Heil suchen. Alles, Himmel und Erde, Glaube, Natur und Heilkunde, das menschliche Dasein in all seinen Facetten, war für sie ein Spiegel der göttlichen Liebe, Geschenk und Aufgabe zugleich. Weiterlesen

Die Reformation hält Einzug

Nur die wenigsten Besucher Heidelbergs wissen, daß sich unter dem
Pflaster des Universitätsplatzes die Überreste eines Klosters
befinden, das für die Religionsgeschichte von besonderer
Bedeutung ist. Es handelt sich dabei um das Kloster der
AugustinerEremiten. Mehr als einhundert Jahre vor der
Universität an der westlichen Stadtmauer errichtet, gewährte es
der jungen Ruperto Carola Unterkunft, bis die Gebäude der
Artistenfakultät in der östlichen Nachbarschaft vollendet waren.
Bekannt wurde das Kloster durch die Heidelberger Disputation vom 26. April 1518.

Die AugustinerMönche mußten im regelmäßigen Abstand von drei
Jahren eine Versammlung des Generalkapitels abhalten. So traf man
sich 1518 in der kurpfälzischen Residenz. Disputationen waren
regelmäßiger Höhepunkt dieses Treffens. Mit der Leitung der
Veranstaltung wurde der Wittenberger Professor für biblische
Theologie, Martin Luther, beauftragt. Am 31. Oktober 1517 hatte
er seine kritischen Ablaßthesen veröffentlicht und die
Beseitigung von unbestreitbaren Mißständen gefordert.

Der Ordensobere, Generalvikar Johann von Staupitz, gab Martin
Luther in Heidelberg die Gelegenheit, seine Theologie einer
gelehrten Öffentlichkeit vorzustellen und zu verteidigen. Die
Universität stellte die „Schola Artistarum“ (östlich der heutigen
Augustinergasse) zur Verfügung. Kein Wunder also, daß dort nicht
nur die aus ganz Deutschland angereisten Augustinermönche Platz
genommen hatten, sondern auch die Doktoren der theologischen und
die Magister der philosophischen Fakultät. Studenten, Kleriker,
Bürger, Höflinge und Adelige mischten sich ebenfalls unter die
neugierigen Zuhörer.

Bereits die Vorstellung der ersten Thesen führten zu Unruhe unter
den Zuhörern. Der Heidelberger Theologieprofessor Georg Schwarz,
ein steter Kritiker Luthers, rief diesem zu: „Wenn das die Bauern
hören, werden sie Euch steinigen“. Andere Zuhörer wurden von
Luther nachhaltig beeindruckt und machten die evangelische
Botschaft in der neuen Weise den Menschen verständlich. Allen
voran der Dominikanermönch Martin Bucer, der als späterer Pfarrer
in Straßburg zu einem der einflußreichsten Reformatoren wurde.
Nachdem auf dem Wormser Reichstag 1521 über Martin Luther und
alle seine Anhänger die Reichsacht verhängt worden war, bildeten
sich zwei Religionsgruppen, die noch heute das öffentliche Leben
prägen: die Katholischen und die Evangelischen.

Die Kurpfalz selbst blieb bis 1556 katholisch. Kurfürst Ludwig V.
aber ließ eine „behutsame evangelische Predigt“ zu, was die
evangelische Bewegung am kurpfälzischen Hof, in der Stadt und auf
dem Lande sich langsam aber sicher fortentwickeln ließ.
Erster Prediger an der Heiliggeistkirche wurde 1520 Wenzel Strauß
aus Alzey, der „nostra evangelica tuba“ (Trompete des
Evangeliums) genannt wurde. Zu seinem Nachfolger wurde 1526 der
aus dem kurpfälzischen Bacharach am Rhein stammende Heinrich
Stoll bestellt. Die Predigerpfründe an Heiliggeist wußte er mit
großer Besonnenheit und ein wenig Glück festzuhalten, ohne seine
Überzeugung preisgeben zu müssen. 1531 wurde er sogar noch
Professor der Theologie an der Heidelberger Universität. Heinrich
Stoll galt als brillanter Redner und Kenner der evangelischen
Lehre. 1556 wurde er zum ersten lutherischen
Generalsuperintendenten der Kurpfalz.

Kurfürst Friedrich II. der Weise, der Nachfolger von Ludwig V.,
stand der evangelischen Botschaft persönlich sehr nahe. Als
Statthalter der Oberpfalz hatte er schon 1538 dem Drängen der
Landstände nach Freigabe des evangelischen Bekenntnisses
nachgegeben. Am 3. Januar 1546, dem Sonntag nach Neujahr, fand in
der Heiliggeistkirche der erste öffentliche evangelische
Abendmahlsgottesdienst in der Kurpfalz statt, am 10. Januar auch
in der Peterskirche. Ein kurfürstliches Edikt erlaubte das
vollständige Abendmahl (also auch den Empfang des Kelches),
Gottesdienste in deutscher Sprache und die Priesterehe. Die Messe
nach dem katholischen Ritus mußte nicht mehr gelesen werden, war
aber auch nicht verboten.

Eine Ordnung für Heiliggeist und alle anderen Stiftskirchen in
der Kurpfalz wurde nach dem Vorbild der Neuburger Kirchenordnung
Ottheinrichs ausgearbeitet und am 13. April, kurz vor Ostern,
für Heidelberg erlassen. Am Palmsonntag wurde mit 200 Gläubigen
der Gottesdienst gefeiert und alle empfingen Wein und Brot. Im
April 1546 trat dann die Kirchenordnung in der ganzen Kurpfalz in
Kraft. Eine Polizeiordnung vom 17. Juni 1546 stellte
Gotteslästern und Lästern der Heiligen unter Strafe und gebot den
Gottesdienstbesuch und schränkte den Fleischgenuß ein.
Im Schmalkaldischen Krieg unterwarf Kaiser Karl V. die
protestantischen Fürsten und Städte. So wurde 1549 wieder die
Fronleichnamsprozession abgehalten, doch Laienkelch und
Priesterehe blieben erlaubt. Der Versuch, die Kurpfalz lutherisch
zu reformieren, war zunächst gescheitert.

Erst Ende 1553 wurde in Heidelberg wieder eine Kirche für den
evangelischen Gottesdienst freigegeben. Kurfürst Friedrich II.
erlebte die nach dem Augsburger Religionsfrieden nun auch
reichsrechtlich erlaubten reformatorischen Maßnahmen in seinem
Herrschaftsbereich nicht mehr. Sein Nachfolger und Neffe
Ottheinrich aus dem Wittelsbacher Zweig PfalzNeuburg erließ
bereits am 16. April 1556 ein entsprechende Verordnung zum Verbot
von heiligen Messen und aller katholischen Zeremonien. Die
Prediger wurden aufgefordert, biblische Texte auszulegen, das
vollständige Abendmahl wurde obligatorisch und in den Kirchen
erklangen deutsche Lieder. Aus den Gotteshäusern mußten alle
Bilder und Nebenaltäre entfernt werden  lediglich die
Grabdenkmäler in der Heiliggeistkirche blieben davon ausdrücklich
ausgenommen. Nach dem Tod von Generalsuperintendent Heinrich
Stoll trat am 1. Mai 1558 einer der begabtesten Schüler des
Humanisten und Kirchenlehrers Melanchton, Dr. Tilemann Heshusen
sein Amt als Pfarrer von Heiliggeist, Theologieprofessor und
oberster Geistlicher der Kurpfalz an.

Im Heidelberger Herrschaftsgebiet lebten Theologen und
Philosophen der unterschiedlichsten Meinungen und Nationen
friedlich beisammen. Ein Streit mit dem kompromißlosen und
intoleranten Heshusen um das Verständnis des Abendmahls bahnte
unter dem Nachfolger Ottheinrichs, Kurfürst Friedrich III., einen
religiösen Wechsel in der Kurpfalz an. Die Lehre des Calvinismus
fand immer mehr Anhänger.

Quelle: unbekannt

Viermal zerstört, viermal wieder aufgebaut

Als an einem stürmischen Tag im März des Jahres 1606 Kurfürst
Friedrich IV. von der Pfalz am Zusammenfluß von Rhein und
Neckar,nahe dem Dorf Mannenheim, den Grundstein zur Festung
Friedrichsburg legte, konnte niemand ahnen, daß aus dem kleinen
Dorf, das erstmals 766 im Lorscher Codex urkundlich erwähnt
wurde, einmal eine bedeutende Handels und Industriestadt
entstehen würde. Zerstörung und Wiederaufbau prägten in den
folgenden Jahrhunderten die Stadtgeschichte: Viermal wurde
Mannheim zerstört, viermal wurde es wieder aufgebaut.

Glaubensflüchtlinge aus Holland und Frankreich gehörten zu den
ersten Einwohnern. Um weitere Siedler anzuziehen, wurden der
Stadt im Jahre 1607 zahlreiche Privilegien zugestanden, so zum
Beispiel die Befreiung von Steuern und Abgaben. Die Stadtrechte
erhielt Mannheim 1652 von Kurfürst Carl Ludwig.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts verlegte Kurfürst Carl Philipp
seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim. Unter den Kurfürsten
Carl Philipp und Carl Theodor war der pfälzische Hof Mittelpunkt
des geistigen, künstlerischen und gesellschaftlichen Lebens in
Deutschland. Die Blütezeit Mannheims endete 1778 mit der
Übersiedlung des Kurfürsten Carl Theodors nach München.

Von 1834 an entstand der große binnenländische Umschlag und
Stapelplatz für Handelsgüter und Getreide. Mannheim stieg zum
Zentrum der Rheinschiffahrt auf. Um die Jahrhundertwende
erreichte die Entwicklung Mannheims als Handelsplatz ihren
Höhepunkt. Durch die Erweiterung der Rheinschiffahrt über
Mannheim hinaus verlor die Stadt ihre Bedeutung als
Umschlagplatz. Die Stadtväter erkannten, daß nur durch die
Ansiedlung weiterer Industriebetriebe eine Weiterentwicklung
möglich war. Voraussetzung dafür war der Bau des Industriehafens,
der 1907 fertiggestellt wurde.

In den zwanziger Jahren beeinflußten einschneidende politische
Ereignisse die Geschicke der Stadt: Weltwirtschaftskrise und
Massenarbeitslosigkeit. Auch in Mannheim gab es viele, die im
Nationalsozialismus einen Ausweg aus der Krise sahen. Daneben gab
es erbitterten Widerstand gegen die neuen Machthaber, der sich
vor allem in den traditionellen Arbeiterwohnbezirken
konzentrierte.

Der Zerstörung der alten Synagoge im Quadrat F 2 in der
sogenannten „Reichskristallnacht“, mit der auch in Mannheim die
Judenverfolgung begann, sollte bald die Zerstörung der gesamten
Innenstadt, der Industrie und Hafenanlagen folgen. Dem Feuersturm
fielen sämtliche bedeutende Bauwerke aus der Barockzeit zum
Opfer. In der schwer zerstörten Stadt lebten bei Kriegsende 1945
nur noch knapp über 100.000 Einwohner, die meisten in Not und
Behelfsunterkünften.

Hauptziel des Wiederaufbaus war daher zunächst, ausreichenden
Wohnraum zu schaffen. Dabei sind vor allem in den
Stadtrandbezirken neue Wohngebiete entstanden. Bei allem Bemühen
um den Wiederaufbau kam dennoch die Kultur nicht zu kurz: Bereits
in den fünfziger Jahren leistete sich Mannheim den Luxus eines
Theaterneubaus.

Zügig ging auch der Wiederaufbau der Hafenanlage und der
Industriebetriebe voran. Neben den traditionellen Mannheimer
Industriezweigen, dem Fahrzeug und Maschinenbau, den Chemie und
Mühlenbetrieben, hat sich in den letzten Jahrzehnten der Handels
und Dienstleistungsbereich enorm ausgeweitet.

Nachdem sich durch das Entstehen von BadenWürttemberg die
geopolitische Lage zum Nachteil Mannheims geändert hatte  die
Stadt geriet in eine Randlage  weckt die Europäische Union
weitgespannte Hoffnungen. Politische Grenzen werden ihre
Bedeutung verlieren und Mannheim wird seine Standortvorteile in
die Waagschale werfen können: Die Lage an den bedeutendsten
europäischen Verkehrsadern im Zentrum eines bedeutenden
Wirtschaftsraumes mit hervorragender technologischer
Infrastruktur.

Quelle: unbekannt

Reform der Feier- und Festtagsordnung

Bischof Franz Christoph von Hutten sorgt im Jahr 1770 mit seiner Entscheidung für „Unruhe“ im Bistum Speyer 
Die Reformfreudigkeit deutscher Fürsten in der Zeit vor der Französischen Revolution ist in erster Linie auf die Bewegung der Aufklärung zurückzuführen. Diese Aufgeschlossenheit ist nicht nur bei weltlichen, sondern auch bei geistlichen Territorien in ganz Europa wahrzunehmen. Sie wollten die „brüchig gewordenen Werte der Vergangenheit in ihrem Wahrheitsgehalt analysieren“ und neue Maßstäbe setzen. Die Reformfreudigkeit ist auch bei dem Speyerer Bischof Franz Christoph von Hutten festzustellen. Während seiner Regierungszeit von 1743 bis 1770 hat er eine Vielzahl von Reformgesetzen im weltlichen und kirchlichen Bereich erlassen. Allein über 400 Verordnungen für den kirchlichen Bereich sind überliefert. Weiterlesen

Auf religiösen Pfaden im Odenwald

Frömmigkeit in den vor allem ländlich geprägten Teilen des
östlichen Odenwaldes kam nach außen hin durch die zahlreichen
religiösen Stätten zum Ausdruck. Es waren nicht nur die Klöster
und Kirchen, es waren auch die vielen christlichen Kleinode, wie
Bildstöcke, Kapellen, Steinkreuze und Madonnenstatuen, die
Stationen der Besinnung waren. Diese lebendigen Zeugen
christlicher Kultur und Vergangenheit haben sich bis heute trotz
aller religiösen Reformen im Odenwald sichtbar erhalten.

Wer offenen Auges und Herzens den Odenwald durchstreift, wird
vieles finden, das in ihm ein Lebensbild dieses frommen Völkchens
entstehen läßt. So wird er in der Nähe Michelstadts die
Einhardsbasilika finden, das wohl älteste Gotteshaus des
Odenwaldes. Erbaut wurde es um das Jahr 830 von Einhard, Kaiser
Karl des Großen Berater, Biograph und Baumeister.

Oder er wird inmitten des Barockstädtchens Amorbach das ehemalige
Benediktinerkloster, auch Marienmünster genannt, besuchen, dessen
romantische Türme den Reisenden schon von weitem grüßen.
Sehenswert in dieser Abteikirche sind vor allem die weithin
bekannte und größte Orgel der Gebrüder Stumm (177482), die
Stuckarbeiten des Johann Michael Feichtmayr und die
klassizistische Klosterbibliothek, die bis heute mit all ihren
Kostbarkeiten erhalten ist.

Folgt man auf religiösen Pfaden den Madonnenstatuen und
Kreuzigungsgruppen von teils beachtlicher bildhauerischer
Qualität, den barocken Bildstöcken, Brückenheiligen und
Wegekapellen durch das „Madonnenländchen“, so erwartet den Pilger
in Walldürn die mächtige Wallfahrtskirche zum „Heiligen Blut“,
neu errichtet in den Jahren 1698 bis 1727. Noch bis ins Jahr 1000
hier der Ort Turninu, im Volksmund „Dürn“ genannt. Zu Walldürn
wurde das Städtchen durch jenes geheimnisvolle Geschehen im Jahre
1330, als einem Priester das Mißgeschick widerfuhr, einen
gefüllten Kelch umzustoßen. Auf dem Korporale, dem Kelchtuch,
erschien dort, wo der geweihte Wein auf dem Linnen seine Spuren
hinterließ, das Bild des Gekreuzigten, von elf dornengekrönten
Häuptern umrankt. Das Bekanntwerden dieses Ereignisses machte den
Gnadenort so berühmt, daß er zur bedeutendsten Pilgerstätte des
Odenwaldes wurde.

Nachdem Papst Eugen IV. das Blutwunder in einer päpstlichen Bulle
(Erlaß) 1445 bestätigte, sollen im 15. Jahrhundert jährlich mehr
als 100.000 Menschen nach Walldürn gepilgert sein. In prunkvoll
feierlichen Prozessionen zogen auch in späteren Jahrhunderten
Pilgermassen aus Köln, Mainz, Würzburg, Fulda und auch aus der
Kurpfalz zu Fuß mit Kreuz und Fahnen quer durch den Odenwald.

Gerade an diesen Wegen befinden sich die schönsten
SandsteinWegekreuze und GelübteBildstöcke von meisterhafter
Gestaltung und Ausführung. An des Odenwalds östlicher Grenze, der
Tauber, liegt das ZisterzienserKloster Bronnbach. Es zählt noch
heute zu den bedeutendsten Klosteranlagen Süddeutschlands.
Gegründet wurde Bronnbach als sogenanntes Tochterkloster von
Maulbronn. Sehenswert hier in Bronnbach ist vor allem der rundum
erhaltene romanische Kreuzgang, der Josephssaal, mehrere
Barockaltäre und das wertvolle, holzgeschnitzte Chorgestühl. Der
Gesang der Mönche ist aber längst verklungen.

Interessant und im Odenwald sehr selten sind Friedhöfe (etwa
Schlierbach bei Lindenfels), auf denen Gräber mit Totenbrettern
versehen sind. Diese Totenbretter, auf denen früher die Leichen
aufgebahrt waren, wurden, mit dem Namen des Verstorbenen
beschriftet, über dem Grab als Totenmal errichtet. Von diesem
religiösen Brauch ist man heute völlig abgekommen.

In Zeiten der grassierenden Pest, wie während des 30jährigen
Krieges, in denen ganze Dörfer ausstarben, war oft kein Platz
mehr auf den Kirch und Friedhöfen, so daß die Toten weit
außerhalb der Ortschaften auf sogenannten Pestfriedhöfen
beigesetzt werden mußten. Hier und da sind solche Plätze heute
noch bekannt.

Nicht nur Friedhöfe, auch andere Orte der Stille, wie die
Walpurgiskapelle bei Weschnitz, die Kapelle St. Amorsbrunn bei
Amorbach, die Ruine der Wallfahrtskapelle Lichtenklinger Hof bei
Eitersbach, mitten im Wald gelegen, das St. Martin und
Veitskirchlein bei Mudau oder einfach eine Madonna am Wegesrand
regten auch früher schon zum Nachdenken über Werden und Vergehen
an.

Aus: RNZ, 1995, Herbert Seipel

Die Hugenotten kommen

Hundertzwanzig Jahre nach der Vertreibung der Reformierten durch die spanische Herrschaft erlebte Europa wieder eine Flüchtlingswelle. Sie begann mit der Aufhebung des Ediktes von Nantes. Diesmal waren die Reformierten in Frankreich betroffen, die Hugenotten. Jeder zwölfte Franzose folgte in der Zeit Ludwigs XIV. seiner Glaubensüberzeugung und floh ins Ausland. Brandenburg-Preußen nahm einen erheblichen Teil dieser Asylsuchenden auf. Auch in der damaligen Kurpfalz ließen sich Hugenotten nieder  zum wirtschaftlichen und kulturellen Vorteil des Aufnahmelandes. Weiterlesen

Licht und Schatten im regen Wechsel

Die Kirche in Lußheim wurde laut Pfarrer Specht (1883) im Jahr 881 erstmals erwähnt. Sie stand damals auf dem höchsten Punkt des Ortes, an der Stelle des alten heidnischen Hains, des jetzigen Friedhofs und war dem heiligen Nikolaus geweiht. Im Jahr 946 schenkte der rheinfränkische Herzog Konrad der Rote, Ort und Kirche Bischof Reginbald I. für das Hochstift Speyer. Im Jahr 1138 schenkte Bischof Günter von Speyer Ort und Kirche dem kurz zuvor gegründeten ZisterzienserKloster Maulbronn. Die Äbte von Maulbronn waren nun Grundherren, Zehntherren und Richter für Zivilsachen in Lußheim bis 1806. Weiterlesen

Der mutige Müller Mack aus Schriesheim

Es ist die Geschichte von drei Männern, von drei Kämpfern, von Glaubensbrüdern und es ist ein Stück Geschichte der Kurpfalz: Die Geschichte der Dunker, jener Glaubensgemeinschaft, die noch heute in Amerika als „German Baptist Brethren“ existiert. Aber die „Täufer-Brüder“ hatten ihren Ursprung in der Kurpfalz, genauer gesagt in Schriesheim. Der Schriesheimer Müller Alexander Mack gründete sie, der Eberbacher Bäcker Georg Conrad Beisel spaltete sie und der Ladenburger Schneider Johann Christoph Sauer gehörte zu ihren prägenden Persönlichkeiten. Weiterlesen

Der Speyerer Judenhof als architektonisches Kleinod

Über Jahrzehnte hinweg dämmerte in Speyer zwischen Hinterhäusern ein verfallenes und mit Unkraut bewachsenes Areal dahin. Lediglich ein paar Mauerreste erinnerten daran, daß hier einmal die Synagoge der alten Reichsstadt stand, die bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgetragen worden war. Den Einwohnern der Stadt schien vergessen, welches architektonisches Kleinod hier tief im Boden verborgen liegt. Weiterlesen