Die Übergabe Mannheims an die US-Streitkräfte wurde von einem Regimentsschreiber minutiös festgehalten. Dieses Zeugnis der Geschichte, das die Erinnerungen des Mannheimers Nikolaus Quintus ergänzt, wurde 1996 im US Militärarchiv in Washington nach intensiven Recherchen des Mannheimer Stadtarchivs wiederentdeckt. Weiterlesen
Städte & Gemeinden
Und eine Stimme sprach: "Wag's"
Gleich hinter Neulußheim und Reilingen beginnt in Richtung Süden das große Waldgebiet der Lußhardt. Quasi als südliche Nachbarn liegen dort die Gemeinden der Stadt Waghäusel, der nördlichsten Großgemeinde des Landkreises Karlsruhe. Ihr Entstehen verdankt die Stadt dem Zusammenschluß der drei ehemals selbständigen Gemeinden Kirrlach, Waghäusel und Wiesental.
Die geschichtlichen Ursprünge der einzelnen Stadtteile reichen zurück bis weit ins 13. Jahrhundert. So wurde Kirrlach erstmals 1234 urkundlich in einem Vertrag des Domkapitels Speyer erwähnt. Fundgegenstände wie Tongefäße und Münzen lassen jedoch darauf schließen, daß auf Kirrlacher Gemarkung im 2. Jahrhundert n. Chr. ein römischer Gutshof bestanden haben muß. In der Nähe davon führte eine Römerstraße vorbei, deren Reste noch heute sichtbar sind. Die Entfaltung der Orte wurde durch Hungersnöte, Epidemien, Zerstörungen und ständige Kriegseinwirkungen immer wieder gestört.
Die fürstbischöflichspeyerische Festung in Philippsburg, die eigentlich ein Schutzwall für das ganze Umland sein sollte, brachte die Region aber immer wieder in Bedrängnis durch Belagerungen und Einquartierungen. Der „Badischen Spargelstraße“ folgend kommt man in den zweiten Stadtteil, nach Wiesental. Der Ort wurde 1297 vom damaligen Speyerer
Bischof Friedrich von Bolanden gegründet. Auch im Raum Wiesental hinterließen bereits die Römer ihre Spuren. Gerätschaften aller Art und die Überreste eines Kastells sind recht eindrucksvolle Zeugen dieser frühen Epoche.
Vom Namen her am bekanntesten aber ist der Wallfahrtsort Waghäusel, dritter Ort im Städtebund. Der Ursprung der Siedlung geht auf die Kapelle „Zum Waghus“ zurück. Die Überlieferung berichtet, daß um das Jahr 1435 beim Wagbach ein Schäfer im Lußhardtwald ein etwa zwei Spannen hohes steinernes Marienbildnis gefunden habe. Freudig nahm der Schäfer seinen Fund als kostbaren Schatz mit nach Hause. Aber am nächsten Morgen war das Bildnis verschwunden. Er fand es dort wieder, wo er es entdeckt hatte. Nachdem sich dieser Vorfall einige Male wiederholte, errichtete der fromme Schäfer in einem großen Eichenhain eine Nische, in der er das Bild zur Verehrung durch Vorüberziehende aufstellte.
Eines Tages führte der Wagbach reißendes Hochwasser. Als der Schäfer sich nicht traute, seine auf dem gegenüberliegenden Ufer grasenden Schafe mit einem Nachen in Sicherheit zu bringen, rief ihm eine geheimnisvolle Stimme aus der Mariennische im Eichenstamm zu : „Wag’s, wag’s!“ Darauf setzte der Schäfer über und verlor keines der ihm
anvertrauten Tiere. Durch dieses Wunder und weitere Gnadenerweise verbreitete sich der Ruf des Bildnisses schnell.
Um 1470 ließ der Speyerer Fürstbischof Mathias von Rammung an dem Platz eine Kapelle mit dem Namen „Zum Waghus“ bauen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ließen sich in Waghäusel Kapuziner nieder und es entstand 1616 das heute noch existierende Kloster mit Wallfahrtskirche.
1724 errichtete der Rastatter Baumeister Michael Ludwig Rohrer für Fürstbischof Hugo von Schönborn ein Jagd und Lustschloß. Diese 16-eckige Eremitage diente den hohen Herren nach der Säkularisation bis 1810 als Wohnhaus und wird ob ihres Baustils noch heute in Fachkreises als Kleinod gehandelt.
Mit dem gesamten rechtsrheinischen Gebiet Speyers fiel das Schlößchen an die Badische Domäne und wurde 1837 an die Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation (die heutige Südzucker AG) veräußert, die dort noch bis vor Kurzem eine bedeutende Zuckerfabrik unterhielt.
Der Ort wurde aber auch bekannt durch die „Schlacht bei Waghäusel“ im Jahr 1849, als dort am 21. Juni die Badische Revolutionsarmee unter General Mieroslawsk von den Preußen besiegt wurde. (og)
Obstbäume wurden bei Nacht gefällt
Reilingens nördlichstes Baugebiet ist der „Holzrott“ mit den Straßen In der Holzrott, Adolph-Ritzhaupt-Straße und dem Jargeauring. Während die beiden letzten an den ersten Ehrenbürger der Gemeinde und die französische Partnergemeinde an der Loire erinnern, verweist die erstgenannte Straße nochmals auf das frühere Gewann „Holzrott“.
Bis 1819 stand hier ein Eichen und Forlenwald, den sich Hockenheim und Reilingen miteinander teilten. Obwohl zwei Drittel des Waldes den nördlichen Nachbarn gehörte, war der Boden klar in Reilinger Besitz. Der Wald erstreckte sich auf rund 32 Hektar beiderseits der heutigen L 599 bis hin zum Kraichbach. Noch 1779 hatte das Churfürstliche Hofgericht Hockenheim das Recht bestätigt, seinen Anteil „durch einen Schützen begehen zu lassen, aber die Strafen sind vom
Gericht in Reilingen zu decredieren“. Kurze Zeit später wurde das Recht dahingehend erweitert, auch Feldfrevler aus Reilingen zu bestrafen und die Strafen einzuziehen. Um den Besitz und die Rechte zu dokumentieren, setzte Hockenheim zahlreiche Grenzsteine.
Der schwehlende Streit wurde dann 1818 akut, denn beide Gemeinden wollten ihren Holzrottwald fällen und in Ackerland umwandeln. Hockenheim ging dabei sogar noch ein Stück weiter und beantragte beim Großherzoglichen Amt in Schwetzingen, den eigenen Waldteil auch in die Gemarkung „einzuverleiben“. Im Juni 1818 versuchte der Oberamtmann aus Schwetzingen eine Einigung herbeizuführen und ludt die Kontrahenten zu einem Ortstermin in den Holzrottwald ein. Trotz intensiver Bemühungen kam es zu keinem Ergebnis. In Reilinger Gerichts(Gemeinderats)protokollen ist zu lesen, daß man werde „nie einwilligen, weil es gerade wäre, als wollte man ihnen das Herz nehmen“.
Die Angelegenheit wurde dem Directorium des Neckarkreises zur Entscheidung vorgelegt. Trotz der Fürsprache durch den Oberamtmann in Schwetzingen wurde der Hockenheimer Antrag von der Mannheimer Behörde abgelehnt. Gegen diese Entscheidung erhob Hockenheim dann 1819 Widerspruch beim „Großherzoglichen Höchstpreißlichen Ministerium des Innern“ in Karlsruhe. Aber auch hier versagte man „einer Losreißung aus der Gemarkung Reilingen und Einverleibung in die Gemarkung Hockenheim“ die Genehmigung.
In der Zwischenzeit waren mehr als 80 Jahre vergangen, doch an den Stammtischen beider Gemeinden blieb der Holzrottstreit lebendig. Und nicht selten sorgte der Streit um dieses Thema für Schlägereien auf den Kerwen in Hockenheim und Reilingen. Über Nacht wurde die Angelegenheit aber plötzlich wieder aktuell. Mit einem „Geheimkommando“ rückte Reilingens Bürgermeister Bernhard Eichhorn in einer Nacht des Jahres 1901 aus und ließ alle Bäume rechts und links der Straße nach Hockenheim bis zur Gemarkungsgrenze fällen. Die Obstbäume entlang der Straße mußten von der Gemeinde Reilingen unterhalten und geerntet werden, der Ertrag aber mußte nach Hockenheim abgeliefert werden.
Im Rathaus der jungen Stadt war man empört und erhob vor der Vierten Civilkammer des Civilgerichts Mannheim Klage gegen die Nachbargemeinde. Das Gericht verurteilte Reilingen zum Schadensersatz. Für die gefällten acht Obstbäume mußten 549 Mark an die Stadtkasse Hockenheim als Entschädigung bezahlt werden. Zur Schadenfreude der Reilinger mußte aber Hockenheim 84 Prozent der Kosten des Rechtsstreites übernehmen.
Noch heute ist die Stadt Hockenheim Eigentümer des Zwei-Drittel-Anteils und zahlt dafür Grundsteuer nach Reilingen. An den Stammtischen wird immer wieder mal dieses Thema aufgegriffen, denn „die Reilinger hatten“, so steht es im aktuellen Heimatbuch zu lesen, „stets das Gefühl, daß sie in der Holzrottsache übervorteilt und hereingelegt wurden.“
Aus dem Pflügersgrund wuchs die Neckarstadt
Bis ins 17. Jahrhundert reicht die Geschichte des „Stadttheils jenseits des Neckars“, der einst aus Gärten erwuchs und im 19. Jahrhundert zu einem blühenden Gemeinwesen erwachte. Während sich damals reiche und gut betuchte Bürger im Grünen vor den Toren der Stadt vergnügten, kämpfen heute er sozial schwächer gestellte Menschen um das Ansehen und die Lobby ihres Wohnquartiers. Weiterlesen
Wiesental geprägt von Krieg und großer Not
Wiesental, heute ein Stadtteil der Stadt Waghäusel, blickt 1997 auf eine lange und vor allem sehr wechselhafte 700jährige Geschichte zurück. Kriege, große Not und Armut prägten die Geschichte. Was mehr als 20 Kriege und Belagerungen nicht zerstörten, zerstörten Vandalismus und Naturkatastrophen. Unsägliches Leid aber brachten auch acht Pest- und
Ruhrepedemien in die Bruhraingemeinde, die gar nicht so idyllisch in einem Wiesental liegt, wie der Namen den Anschein erweckt. Selbst die heutige Geschichtsforschung weiß noch nicht so genau, woher der Ortsname eigentlich stammt. Weiterlesen
Die Quadratur in Mannheims „guter Stubb“
Wer Mannheim, die Metropole der Kurpfalz, als Stadt der Quadrate
mit ihren Sehenswürdigkeiten und Baudenkmäler kennenlernen
möchte, begibt sich am besten auf Schusters Rappen. Es sollte
aber gutes Schuhwerk sein, denn drei Kilometer Straßenpflaster
müssen schon bewältigt werden.
Am besten beginnt man den Stadtrundgang am ehemaligen
Kurfürstlichen Schloß. Es wurde in den Jahren 1720 bis 1760
erbaut und ist die größte geschlossene Barockanlage Deutschlands.
Der Schloßhof wird vom prächtigen Mittelbau beherrscht. Hier
befindet sich mit dem Rittersaal einer der am schönsten
restaurierten Repräsentationsräume im Schloß.
Beim Verlassen des Schloßhofes sieht man linkerhand die
Schloßkirche. Ihr barockes Giebelrelief stammt von Paul Egell. In
der Krypta befinden sich die Sarkophage von Kurfürst Carl Philipp
und seiner dritten Gemahlin Violante Theresia.
Nach Überqueren der vielbefahrenen Bismarckstraße erreicht man
das Palais Bretzenheim, in dem die Geliebte von Kurfürst Carl
Theodor residierte. Das 1771 bis 1788 erbaute Palais erhielt die
Gräfin bürgerlicher Herkunft zum Geschenk.
Hinter dem Palais, heute Sitz der Rheinischen Hypothekenbank,
biegt man rechts ein und erreicht den Schillerplatz mit dem
Schillerdenkmal von Carl Cauer (1861). An diesem Platz stand das
im Zweiten Weltkrieg zerstörte Mannheimer Nationaltheater.
Der Platz wird aber von dem mächtigen Kuppelbau der
Jesuitenkirche, der bedeutendsten Barockkirche
Südwestdeutschlands, überragt. Von 1733 bis 1760 erbaut, wurde
das Gotteshaus im letzten Krieg schwerst zerstört. Erst 1996
konnte die Renovierung des barocken Hochaltares abgeschlossen
werden.
Hinter der Kirche, durch die „Kalte Gasse“ zu erreichen, liegt
die ebenfalls barocke Kurfürstliche Sternwarte (1722 bis 1774),
in deren achteckigen Turm sich heute Künstlerateliers befinden.
Am Quadrat B 5 vorbei führt der Weg zum Zeughaus (1777 bis 1779).
Es ist der letzte große Monumentalbau aus der Kurfürstenzeit und
beherbergt heute die Kunst und Stadtgeschichtlichen Sammlungen
des ReißMuseums. Gegenüber dem alten Prachtbau liegt der Neubau
für die Archäologischen und Völkerkundlichen Sammlungen des
Museums. Die Verbindung zwischen Alt und Neu stellt das
restaurierte VeteranenDenkmal dar. Am Neubau des ReißMuseums
vorbei gelangt man zum Rathaus in E 5. An seiner Westseite steht
die schlichte Bürgerhospitalkirche, ein spätbarocker Saalbau
(1786 bis 1787).
Am Quadrat F 5 angelangt, biegt der Rundweg nach rechts ab. Am
1987 eingeweihten neuen Jüdischen Gemeindezentrum in F 3 vorbei
gelangt der Spaziergänger zum Marktplatz, in dessen Mitte der
restaurierte Marktbrunnen wieder frisches Wasser spendet. Die
Figurengruppe aus hellem Sandstein hat 1719 Peter van den Branden
geschaffen. Ursprünglich die vier Elemente darstellend, wurden
die Brunnenfiguren von Brandens Sohn Matthäus 1769 zu einer
Allegorie der Stadt Mannheim umgestaltet.
Die Südseite des Marktplatzes wird vom Doppelbau der Pfarrkirche
St. Sebastian und dem Alten Rathaus beherrscht, in dem heute das
Standesamt untergebracht ist. Dieser in der für Mannheim
typischen Doppelbauweise mit zentralem Turm errichtete Bau (1700
bis 1723) ist das älteste aus der Kurfürstenzeit erhaltene
Bauwerk.
Über die Fußgängerzone führt der Weg zur Konkordienkirche, einem
Doppelflügelbau, der 1685 für die reformierten Bekenntnisse
entstanden ist. Heute befindet sich in dem einen Flügel die
evangelische Kirche, in dem anderen die Mozartschule. Weiter geht
es durch die Quadrate, bis man am Friedrichsring dem 1955 neu
erbauten Nationaltheater gegenübersteht.
Über den Friedrichsring erreicht man den Rosengarten. Nach
Erweiterungs und Umbauarbeiten entstand 1974 aus dem
Jugendstilgebäude ein modernes Kongreß und
Veranstaltungszentrum, das sich harmonisch in das
Jugendstilensemble rund um den Wasserturm einfügt. Der nach
Plänen von Gustav Halmhuber zwischen 1866 und 1889 erbaute
Wasserturm ist das Wahrzeichen Mannheims.
Man überquert den Friedrichsplatz mit seinen Kaskaden und
Wasserspielen und gelang zum Neubau der Kunsthalle. Der dahinter
liegende Altbau aus rotem Sandstein wurde von Hermann Billing
erbaut und 1907 zum 300jährigen Stadtjubiläum eröffnet. Die
Städtische Kunsthalle kann mit bedeutenden Werken der Malerei,
Graphik und Plastik des 19. und 20. Jahrhunderts aufwarten.
Einen Steinwurf vom Wasserturm entfernt, beginnen die Planken,
einst Prachtstraße, heute Fußgängerzone mit eleganten Geschäften
und vielen Straßencafés. Im Vorbeigehen sollte man einen Blick
auf das Gebäude der BadenWürttembergischen Bank im Quadrat O 4
werfen. Das prächtige barocke Bürgerhaus wurde vermutlich Mitte
des 18. Jahrhunderts erbaut. Auf dem Paradeplatz, dem Zentrum der
Innenstadt angekommen, zieht das nach Plänen des Architekten
Carlfried Mutschler entstandene neue Bürgerhaus mit seiner dem
historischen Alten Kaufhaus nachempfundene Fassade die Blicke des
Passanten auf sich.
Der Paradeplatz selbst wurde wieder zur Schmuckanlage nach
historischem Vorbild umgestaltet. Das GrupelloMonument, 1738 von
Düsseldorf nach Mannheim gebracht, steht wieder als Mittelpunkt
einer Brunnenanlage im Zentrum des Platzes. Der Rundweg führt nun
entlang der Hauptpost bis zur Ecke des Quadrats O 2, dort biegt
man links ab und überquert die Kunststraße. Nächste Station ist
das Dalberghaus im Quadrat N 3. Über der Balustrade des
dreigeschossigen Barockbaues (1733) entdeckt man eine
Marienstatue. In diesem Haus wohnte von 1782 bis 1806 der Erste
Intendant des Nationaltheaters, Heribert von Dalberg.
Über die Breite Straße geht es zurück zum Ausgangspunkt, dem
Schloßhof. Wer sich aber mehr Zeit nehmen möchte, dem sei ein
kleiner Abstecher zum Neckarufer empfohlen. Dazu kehrt man nach
Umrundung der Konkordienkirche zur Fußgängerzone Breite Straße
zurück und geht weiter in Richtung Kurpfalzbrücke. Bevor man den
Kurpfalzkreisel erreicht, führt der Weg am ehemaligen Neckartor
vorbei. Der Grundriß des Stadttors ist mit andersfarbigem
Kopfsteinpflaster und mit Sandsteinquadern angedeutet, deren
größer in der Aufsicht die Vorderansicht des Bauwerks zeigt.
Beim Überqueren des Kurpfalzkreisels sieht man linkerhand am
Flußufer das Museumsschiff „Mannheim“ vor Anker liegen. Ein
Besuch auf dem restaurierten Raddampfer lohnt sich: Über 70
Schiffsmodelle stellen die Entwicklung der Rheinschiffahrt dar.
Maschinenraum und Bordküche sind im Originalzustand erhalten. Vom
Museumsschiff führt der Weg an einem alten Hafenkran aus dem
Jahre 1860 vorbei. Durch die Unterführung gelangt man auf die
andere Seite der Kurpfalzbrücke. Der Zwiebelturm jenseits des
Neckars gehört zur Alten Feuerwache. Heute ist das neubarocke
Gebäude (1912) ein Kulturzentrum mit Rock und Jazzkonzerten in
der ehemaligen Fahrzeughalle und dem Kinder und Jugendtheater
„Schnawwl“ im Turm.
Entlang dem Friedrichsring führt der Weg am Gewerkschaftshaus
vorbei zum Nationaltheater und weiter zum Friedrichsplatz. Hier
trifft er wieder mit dem Rundweg zusammen.
Zum Schluß noch ein paar Bemerkungen zum Zahlenspiel im Quadrat:
Die Einteilung ihrer Innenstadt nach Buchstaben und Zahlen
verdanken die Mannheimer dem Ingenieur Baumgratz. Er führte 1733
die BuchstabenZiffernKombination ein. Die heute noch
verbindliche Einteilung gilt seit 1811. Links der Breiten Straße
vom Schloß aus gesehen, liegen die „Quadrate“ genannten Baublöcke
A bis K, rechts heißen Sie L bis U. Die Hausnummern folgen
ebenfalls einem einheitlichen System, denn die Numerierung
beginnt immer an der Ecke des Häuserblocks, die dem Schloß und
der Breiten Straße zugewandt ist. Sie verläuft in den Quadraten L
bis U im Uhrzeigersinn und in den Quadraten A bis K
entgegengesetzt.
Quelle: unbekannt
Wie ein Ortsteil seine Muttergemeinde „schluckte“
Nach den katastrophalen Kriegen des 17. Jahrhunderts mußten die
Dörfer der Kurpfalz völlig neu aufgebaut werden. Es waren vor
allem Einwanderer aus Frankreich, Österreich und der Schweiz, die
die Städte und Dörfer neu besiedelten. Auch die Orte Friesenheim,
Mundenheim oder Hemshof wurden so wieder mit Leben ausgefüllt.
Auf Friesenheimer und Mundenheimer Gemarkung war zudem ein neuer
Ortsteil entstanden Ludwigshafen. Erst 1853 selbständig
geworden, schickte sich die junge Gemeinde mit ihre
wirtschaftlich bedeutsamen Lage am Rhein an, sich zu einer Stadt
zu entwickeln.
Grund dafür war vor allem die 1865 gegründete BASF. An der
Gemarkungsgrenze nach Friesenheim hin gelegen, entwickelte sich
die kaum bewohnte Gegend in der Rheinniederung zu einer
qualmenden Industriestadt. Immer mehr Landbewohner aus der ganzen
Pfalz kamen zur Arbeit in das Chemieunternehmen und siedelten in
Ludwigshafen an. Die umliegenden Orten wurden so zu
Arbeitervororte, die landwirtschaftlichkleingewerbliche Struktur
wurde von einer städtischindustriellen Lebensform abgelöst.
Ludwigshafen stieß immer mehr an seine räumlichen Grenzen, der
schnelle Wachstum wurde von den engen Gemarkungsgrenzen gebremst.
Da sich die BASF nur nach Norden hin erweitern konnte, bestand
für Ludwigshafen die Gefahr der Abwanderung des
Chemieunternehmens. Um den Verlust der Gewerbesteuer zu
vermeiden, gab es für die Stadtväter nur eine Lösung: Das
Stadtgebiet mußte erweitert werden.
Ehe sich man in Ludwigshafen aber für den Schritt der
Eingemeindung umliegender Gemeinden entschließen konnte,
verlangte Friesenheim eine „Vereinigung“ beider Kommunen. Nur so
könne man, so die Friesenheimer, die die durch die Zuzüge
entstandenen infrastrukturellen Probleme lösen. Da Ludwigshafen
wegen der komplizierten administrativen Abwicklung und den
vertraglichen Zusicherungen an Friesenheim eine Entscheidung
immer wieder hinauszögerte, mußte die für die Pfalz zuständige
bayerische Staatsregierung entscheiden.
Am 1. Januar 1892 wurden die beiden Muttergemeinden Friesenheim
und Mundenheim in den vor nicht einmal 40 Jahren abgetrennten
Ortsteil Ludwigshafen eingemeindet.
Aus: unbekannt
Gericht belegt Schwarzfischer mit milder Strafe
Die Altlußheimer, von altersher mit dem Fischfang eng verbunden,
wehrten sich noch im 17. und 18. Jahrhundert mit Eingaben und mit
Schwarzfischerei gegen die Beschneidung der freien Fischwaid.
Während früher Jagd und Fischfang „Allmendgut“ waren und von
jedermann frei ausgeübt werden konnten, ging nach und nach nichts
mehr ohne herrschaftliche Konzession.
Entsprechende Hoheitsrechte reklamierten bereits Könige und
Landesherren ab dem frühen Mittelalter. In speziellen
Fischereiordnungen legten die Pfalzgrafen beziehungsweise
Kurfürsten alles, was mit der Fischereigerechtigkeit
zusammenhing, fest. So wurde bestimmt, daß an Sonn und Festtagen
nicht gefischt werden durfte, welche Strafe für
Vertragsverletzungen anzusetzen war bis hin zu
Pflichtversäumnissen der Zünfte und ihrer Genossen.
Über Streitigkeiten unter den Fischern und Pflichtverletzungen
gegenüber der Obrigkeit befand ein besonderes Fischereigericht,
die „Rheinruge“. Im kurpfälzischen Einzugsbereich kamen im 18.
Jahrhundert die Fischer aus bis zu 18 Orten zwischen Altlußheim,
Speyer und Hamm in Mannheim unter freiem Himmel nahe der
Rheinbrücke zusammen. Das Erscheinen aller Fischer war Pflicht,
auch für die Fischer aus dem fürstbischöflichspeyerischen Gebiet
südlich von Altlußheim und für die „Lossemer“ selbst, die ja
Exklave ein Besitz des Klosters Maulbronn und später des Hauses
Württemberg waren.
Angeführt wurden die Fischer von ihren Zunftmeistern oder
Rheingrafen, die neben dem Hofkammeramt, dem Haushofmeister, dem
Küchenschreiber und dem Zollschreiber am Vorstandstisch saßen.
Die Fischer hingegen standen um diesen Tisch herum und bildeten
den sogenannten „Umstand“. Die Fischer mußten als Zunftbeitrag 30
Kreuzer bezahlen, Ausländer, das waren alle Nichtpfälzer (also
auch die Altlußheimer), mußten hingegen zwei Gulden entrichten.
Eine Witwe, die das Gewerbe des Mannes fortführte, zahlte jeweils
die Hälfte.
Die Altlußheimer fischten damals auf den verschlungenen
Rheinarmen, in den Altwässer wie der „Silz“ oder dem
„Salmengraben“. Dabei hatten sie die Pflicht, Fische nach
Heidelberg und entsprechendes Entgelt nach Maulbronn zu liefern.
Ein Umstand, den die Altlußheimer stets mit allerlei Tricks zu
umgehen versuchten. Sie gaben die Fische lieber dorthin, wo es
auch etwas zu verdienen gab.
Im Jahre 1700 stellte sich der ertappte Fischer Heinrich Freimann
laut Niederschrift in alten Protokollen unwissend und meinte, daß
mit der Ersteigerung der Rheinwässer es den Fischern freistehe,
ihre „Ernt an End und Orten, wo wohlgefällig“ zu verkaufen.
Dieser Meinung war die kurfürstliche Hofkammer in Heidelberg aber
ganz und gar nicht und forderte daher sehr nachdrücklich den
„Markt allkier mit Fischen zu halten, damit an Fischen kein
Mangel erscheine“.
Doch nicht nur die Hofkammer ermahnte die Altlußheimer Fischer.
1707 schrieb der Zehntmeister des Klosters Maulbronn einen
ungewöhnlich geharnischten Brief an Schultheiß und Gericht
(Gemeinderat) zu Altlußheim. Darin wurden sie aufgefordert,
„sämmtlichen Fischern zu bedeuten, daß, wenn sie den Winter über
keine Fische anhero bringen wollen, man selbigen den Sommer über
den Verkauf auch nit gestatten werde“. Die Lage spitzte sich zu
und wurde vor die „Rheinruge“ getragen.
In der Verhandlung trugen die Fischer vor, daß das Dorf jahrelang
unter durchziehenden Truppen und französischen Verbänden zu
leiden gehabt hätte. Außerdem hätten die Generalität und die
Offizierskorps einen Großteil des Fischfangs durch
Fouragierkommandos abholen lassen. Die Drangsal der Besatzer sei
gar so weit gegangen, daß man sie mitunter von Haus und Hof
vertrieben habe. „Kein Fischschwanz nicht haben wir behalten
dürffen“, so die Aussage vor dem Fischereigericht. Beim Rückzug
der Franzosen seien gar 37 Nachen beschlagnahmt worden. Die
Einwohner des Dorfes seien dadurch vollends verarmt.
Das Fischereigericht hatte mit den Altlußheimer Fischern ein
Einsehen und verlangte daher von den verarmten Genossen nur den
Pachtzins für zwei Jahre, nicht jedoch ein Ersatz für die
entgangenen Naturallieferungen. Die Klagen über das verbotene
Fischen mit Fischreusen an Son und Festtagen wurde gänzlich
niedergeschlagen.
Trotzdem hatten die Altlußheimer Pech: Bereits am anderen Tag
wurden die Fangplätze vom Kurfürstlichen Rentamt neu verpachtet.
Wegen den unsicheren Zeitverhältnissen boten die Fischer aber
recht wenig und so gingen die Fanggründe für billiges Geld an
andere Fischer.
Als 1797 das linke Rheinufer von den französischen Truppen erneut
besetzt und kurz darauf abgetreten werden mußte, fand auch das
Jahrhunderte alte Fischereiwesen am Rhein bei Speyer ein Ende.
Die Zünfte wurden aufgelöst, ebenso fanden keine Sitzungen der
„Rheinruge“ mehr statt zumal es mit der kurpfälzischen
Herrschaft auch bald zu Ende gehen sollte.
Die Altlußheimer Fischer wären aber keine Altlußheimer gewesen,
wenn sie nicht doch einen Weg gefunden hätten, frischen Fisch zu
fangen. Man mußte halt nur bei „entsprechender Zeit“ die Netze
auswerfen und sich beim Einholen der Fischreußen nicht erwischen
lassen . . . (og)
Wo Mannheims grüne Lunge atmet
Blicken wir einmal zurück: Im Jahre 1975 empfing der Mannheimer
Luisenpark mit wehenden Fahnen und einem in allen Farben
leuchtenden Blumen und Grünflächenteppich hunderttausende
Besucher aus ganz Deutschland. Die Bundesgartenschau hatte in
Mannheim Station gemacht und den beiden großen Stadtparks, dem
Luisen und Herzogenriedpark, neue Gesichter gegeben.
Über ein weitverzweigtes Wegenetz von über zehn Kilometern Länge
konnte man allein den Luisenpark mit seinen farbenfrohen
Blütenvielfalt erwandern. Wer aber Angst davor hatte, im rund 41
Hektar großen Park verloren zu gehen, der konnte einem Rundweg
folgen. Vorbei an einem herrlichen Baumbestand mit über 3.000
Exemplaren kam man nach einiger Zeit zu einem munter
plätschernden Gebirgsbach, der irgendwann später in den
Kutzerweiher mündete.
Wer durch den Eingang an der TheodorHeussAnlage den Park
betreten hatte, kam zunächst durch ein Staudental mit seltenen
Gehölzen, immergrünen Farnen, Gräsern und blühenden Sträuchern
zum Burgspielplatz. Hier finden sich auch noch heute immer wieder
Kinder zum Ritterspiel ein oder erfreuen sich an der rasenden
Abfahrt in der Wendelrutsche vom Burgturm.
Der Luisenpark ist eine Attraktion für die ganze Kurpfalz
geblieben und zählt heute zu den schönsten innerstädtischen
Parkanlagen in ganz Europa. Heute wie damals gehören die
Seerosenterrassen mit zu den sommerlichen Höhepunkten im Park.
Auf 2.000 Quadratmetern Fläche finden sich Seerosen in vielen
Farben und Sorten. In diesem bezaubernden Umfeld fühlen sich auch
die eleganten ChileFlamingos wohl.
Von den Seerosenterrassen aus erreicht man das Pflanzenschauhaus,
seit 1958, dem Jahr seiner Eröffnung, einer der attraktivsten
Anziehungspunkte des Parks. Unübersehbar breitet sich hier die
üppige Flora und Fauna der Subtropen und Tropen aus: Über 350
Pflanzenarten, 50 Reptilien und rund 350 Fischarten aus aller
Welt präsentieren sich in einer schier berauschenden Vielfalt.
Die Seebühne am Kutzerweiher ist im Sommer Schauplatz zahlreicher
Veranstaltungen. Musik, Ballett und Theatergruppen, Sänger und
Sportler finden sich auf der Bühne über dem Wasser ein. Der
Kutzerweiher selbst entstand in den zwanziger Jahren und wurde
zur Bundesgartenschau 1975 erweitert. Über den Uferweg gelangt
man zum Fernmeldeturm. Vom Drehrestaurant in 125 Meter Höhe oder
der darunter liegenden Aussichtsplattform bietet sich dem
Besucher ein Rundblick über die Rheinebene bis hin zum Pfälzer
Wald und Odenwald.
Die nächste Station auf unserem Rundgang läßt immer wieder die
Herzen der Kinder höher schlagen: Der Wasserspielplatz mit
Pumpen, Wasserrädern und anderen Spielgeräten lädt zum Planschen
und Matschen ein. Die ältere Generation zieht es dagegen zum
Seerestaurant mit einer vorgelagerten Seeterrasse und einer
idyllischen Uferterrasse. Von hier aus führt der Weg durch eine
Brunnenlandschaft wieder hin zum Gebirgsbach, der zwischen
Geröll, Kieseln und Findlingen aus dem Odenwald seinen Weg zum
Kutzerweiher sucht.
Über den Aussichtshügel, dem höchsten Punkt im Luisenpark,
erreicht der Wanderer die Rosenpromenade und schließlich die
Spiel und Freizeitwiese ein Paradies für Kinder und eine Oase
der Erholung für den streßgeplagten Städter. Nach einem kurzen
Fußmarsch steht man den Tieren des Bauernhofes gegenüber. Die
Begegnung mit den Pferden, Kühen, Schweinen, Hühnern und Gänsen
wird dabei für alt und jung zu einem Erlebnis der besonderen Art
und dies inmitten einer großen Industriestadt.
Vorbei am Freizeithaus mit seinem Spielbereich und Grillplatz
kommt man zur Festhalle „Baumhain“, wo der Rundweg schließlich
endet. Wem es jedoch zu beschwerlich ist, die über fünf
Kilometer auf Schusters Rappen zurückzulegen, dem bietet sich
eine bequeme Alternative an: Er steigt in eine der Gondolettas
und läßt die Sehenswürdigkeiten, lauschige Eckchen und die
beruhigende Natur der Parklandschaft an sich vorüberziehen.
Egal, ob man den Luisenpark, der übrigens 1896 zu Ehren der
Großherzogin Luise von Baden eröffnet wurde, zu Fuß durchstreift
oder auf dem ruhigen Gewässer leicht dahingleitend auf sich
wirken läßt: die Parkanlage ist es wert, immer wieder entdeckt zu
werden auch viele Jahre nach der Bundesgartenschau in der
Quadratestadt.
Quelle: unbekannt
Zu Besuch bei Neckarschleimern, Sandhasen und Löwenjägern
Jemanden einen „Puhlzabbe“ zu nennen, erfüllt, rein juristisch
gesehen, den Tatbestand einer Beleidigung. Handelt es sich doch
dabei um den Abflußhahn eines „Puhlfasses“ wobei „Puhl“ für das
hochdeutsche Gülle steht. Dennoch hat dieser etwas anrüchige
Namen in Mannheim nichts ehrenrühriges an sich. Die Seckenheimer,
die ihn tragen, tun dies gelassen und nicht ohne einen gewissen
Stolz im Blick. Wie wäre es auch anders zu erklären, daß auf dem
Seckenheimer Marktplatz ein Puhlzabbebrunen munter vor sich
hinplätschert?
Auch „Neckarschleimer“ (für Neckarstädter), „Sandhas“ (für
Rheinauer), „Löwenjäger“ (für Käfertaler) oder „Pilwe“ (für
Neckarauer) sind alles andere als Kosenamen. Und dennoch bekennt
man sich in Mannheims Vororten zu ihnen. Schließlich betonen sie
auch ein Stück Eigenständigkeit.
Die eingemeindeten Vororte sind, mit Ausnahme von Rheinau, älter
als die Stadt selbst. Ihre Geschichte reicht bis ins frühe
Mittelalter zurück, als Mannheim noch eine Ansammlung von
Fischerhütten auf dem Schwemmland zwischen Rhein und Neckar war.
Bei der Eingemeindung der Vororte gab es drei Etappen: 1895 bis
1899, 1910 bis 1913 und 1928 bis 1930. Chronisten berichteten,
daß es dabei nicht ohne schwierige Vorverhandlungen und heftige
politische Auseinandersetzungen abging.
Käfertal
wurde am 1.1.1897 eingemeindet und brachte der Stadt Mannheim
einen Flächenzuwachs von 17.776 Hektar. Wichtiger als der Zuwachs
an Gemarkung aber war für die Stadtgemeinde die Tatsache, daß sie
in den Besitz des Wasserwerkes kam, das 1886 bis 1888 von der
Stadt Mannheim im Käfertaler Wald erstellt wurde. Zur Gemarkung
Käfertals gehörte außerdem die Industriesiedlung Waldhof. Hier
war bereits 1835 mit der Spiegelfabrik die erste größere
Industrieansiedlung der Umgebung entstanden. Bereits im frühen
- Jahrhundert gab es in Käfertal zudem eine Sodafabrik, die
älteste in Deutschland.
Neckarau
galt als das größte Dorf Badens und verlor am 1.1.1899 seine
Selbständigkeit. Als „Villa Naucrauia“ wurde die Siedlung 871
erstmals urkundlich erwähnt. Mit der Eingemeindung wurde das
Stadtgebiet nach Süden erweitert, was für die Anlage des
Rangierbahnhofes erwünscht war. Als Aussteuer brachte Neckarau
den Waldpark und die Reißinsel mit in die Verbindung.
Feudenheim
kam am 1.1.1910 zu Mannheim. Bereits seit 1848 gab es eine
Dampfbahnverbindung mit der Innenstadt. 766 wird Feudenheim im
Lorscher Codex erwähnt. 1803 kam das Dorf zu Baden. Auf
Feudenheimer Gemarkung erwarb links des Neckars die Süddeutsche
DiscontoGesellschaft 1905 Gelände, auf dem das neue Wohngebiet
Neuostheim entstand.
Sandhofen
wurde als „Villa Sunthove“ 888 erstmals im Lorscher Codex
erwähnt. Die Gemeinde kam am 1.1.1913 zu Mannheim.
Ausschlaggebend für diesen Schritt waren Probleme mit der
Wasserversorgung. Durch die 1884 gegründete Zellstoffabrik wurde
Sandhofen bereits im vorigen Jahrhundert Arbeiterwohnort. Die
später entstandenen Siedlungen Schönau und Blumenau liegen auf
ehemaliger Sandhofer Gemarkung.
Wallstadt
gilt als eine der ältesten Siedlungen im RheinNeckarRaum. 766
wurde
es als „Walahastat“ erstmals urkundlich erwähnt. Das
„Maurerdorf“ wurde 1929 eingemeindet. Wallstadt war eine arme
Gemeinde, deren Bewohner ihren Lebensunterhalt als Bauhandwerker
in Mannheim verdienten.
Rheinau
gilt als eine junge Siedlung, die auf halbem Weg zwischen
Mannheim und Schwetzingen, der Sommerresidenz des Kurfürsten,
entstand. Entlang des Damms entwickelte sich die Siedlung mit der
Zeit rund um das Relaishaus, eine Poststation mit Gespannwechsel.
Die Gemarkung wurde durch den Ausbau des östlichen Hafenbeckens
wirtschaftlich erschlossen. Zweites und drittes Hafenbecken
wurden um die Jahrhundertwende fertiggestellt.
Friedrichsfeld
ist eine Hugenottensiedlung. Flüchtlinge aus Sedan und Calais
ließen sich hier 1682 nieder. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde
die Siedlung 1688/89 zerstört. 1840 wurde der Ort
Eisenbahnknotenpunkt. Die 1890 in Friedrichsfeld angesiedelte
Tonröhrenfabrik ist heute noch größter Arbeitgeber am Ort.
Friedrichsfelder nennen sie aber nach wie vor „Die Steinzeug“.
Die Gemeinde kam mit der Kreisreform in BadenWürttemberg Anfang
der 70er Jahre zur Quadratestadt.
Seckenheim
gehörte mit ausgedehntem Grundbesitz an Ackerland und Wald zu den
reichsten Gemeinden Nordbadens. Nur ungern gab es seine
Selbständigkeit auf. Vom Neckar aus zeigt sich der Vorort noch
heute dörflich: Fachwerkhäuser und die steilen Dächer der
fränkischen Höfe bestimmen die Silhouette des früheren
Straßendorfes. Den Ortskern bilden der Marktplatz, die
Seckenheimer Planken und das barocke Rathaus. Im Osten liegt das
1768 erbaute Schlößchen des kurpfälzischen Staatsrats Georg von
Stengel. Bereits vor der Jahrhundertwende führte eine
Dampfstraßenbahn durch das Dorf die spätere Oberrheinische
Eisenbahngesellschaft (OEG).
Die 1930 eingemeindeten Ortsteile Kirschgartshausen, Sandtorf und
Straßenheim waren ursprünglich keine selbständigen Ortschaften,
sondern Hofgüter oder Domänen. Kirschgartshausen bietet im Norden
der Stadt noch heute mit seinem Herrenhaus und den
Wirtschaftsgebäuden den Anblick eines Gutshofes inmitten
ausgedehnter Ländereien.
Quelle: unbekannt
Mit der Burg Wersau fing alles an
Betrachtet man die 710jährige Geschichte der
Spargelgemeinde Reilingen, fällt auf, daß das Schicksal
des Dorfes und auch der ganzen Umgebung von der Burg
Wersau, dem früheren Herrschaftssitz, geprägt wurde. Schon
1286, als „Villa Reitling“ zum ersten Mal urkundlich im
Lorscher Codex erwähnt wurde, lag die Gemarkung im
Grenzgebiet der beiden alten Königsforste Lußhardt und
Schwetzinger Hardt. Die Lußhardt, also die Wälder, die
sich bis zum fränkischen Königshof in Bruchsal
erstreckten, war bereits 1056 durch König Heinrich III.
dem Bistum Speyer geschenkt worden. Nur sieben Jahre
später erweiterte Heinrich IV. den bischöflichen
Waldbesitz und die heutige Schwetzinger Hardt.
Aus alten Dokumenten weiß man heute, daß bereits die
Könige an der Kraichbach eine Burg besaßen, die
„Walsrhawe“ genannt wurde. Daraus entwickelte sich in den
Jahren der Begriff Burg Wersau. Diese stand an der Stelle
der heutigen Schloßmühle und lebt als Namen im
benachbarten barocken Wersauer Hof weiter.
Die gut befestigte Burganlage hatte damals die Aufgabe,
die umliegenden Wälder und die Verkehrswege zu sichern.
Zum Herrschaftsbereich gehörten die Dörfer Reilingen und
Hockenheim sowie für kurze Zeit auch Oftersheim und St.
Leon. Da es an genauen Unterlagen aus dieser Zeit fehlt,
gehen die Historiker heute davon aus, daß die Dörfer und
die Burg mit der Schenkung der Wälder an die Speyerer
Bischöfe kamen. Das Bistum setzte dann dort zur Verwaltung
ein Ministerialengeschlecht, die Schenken von Wersau, ein.
Als erster von ihnen wurde bereits um 1155 ein Dietrich
als Schenk des Hochstifts noch ohne den Bezug zu Wersau
genannt. 1198 wird Eberhard, der Sohn des Schenken von
Hockenheim, erwähnt und erst 1236 gab es dann einen
Schenk von Wersau. Von dieser Zeit an werden die Schenken
in den Urkunden immer unter dem Namen ihrer Burg genannt
und galten als Speyerer Dienstleute.
Im Dunkel der Geschichte wechselte der Besitz an Burg
Wersau an die Schenken, denn 1286 ist zu lesen, daß
Eberhard von Wersau die Hälfte seiner Burg an den Bischof
von Speyer wieder verkaufte. Da dieser das Geld nicht zur
Verfügung hatte, gab er seinen Erwerb als Pfand an den
Pfalzgrafen Ludwig II. weiter, der bereits die
andere Burghälfte von Markward von Krobsberg und den
Brüdern von Erligheim (alles Verwandte der Wersauer
Schenken) gekauft hatte. Als Zubehör zur Burganlage wurden
auch die Dörfer Reilingen und Hockenheim wieder genannt.
Obwohl sie als Lehen des Bistums Speyer galt, diente die
Herrschaft Wersau den Pfalzgrafen immer wieder als
Pfandobjekt und wurde zur Verschreibung als Witwengut
genutzt. Die Pfandnehmer wechselten meist sehr rasch und
aus einem Wittumsbrief (Witwenbrief) ist 1386 zu lesen,
daß die Schwetzinger Hardt von der Herrschaft Wersau
abgetrennt wurde. Unter anderem gehörte der Besitz auch
Königin Elisabeth, der Gemahlin Rupprechts III., als
Witwengut (eine Art Alters und Lebensversicherung zur
damaligen Zeit).
In der pfälzischen Landesteilung kam die Burg mit all
ihrem Besitz an die Linie PfalzMosbach der Wittelsbacher.
Herzog Otto verschrieb Wersau 1429 seiner Gemahlin Johanna
von Bayern, die die Burg und die Dörfer später Stephan von
PfalzSimmernZweibrücken verpfändete. Erst nach der
Schlacht von Seckenheim kam die Herrschaft Wersau
endgültig in den Besitz der immer mächtiger werdenden
pfälzischen Kurfürsten.
Nach wechselvoller Geschichte standen am Ende des
30jährigen Krieges von Wersau nur noch einige Mauern,
Kellergewölbe, Stallungen und ein baufälliger Turm mit
alten Glocken. Die Ruine wurde nochmals notdürftig
instandgesetzt und diente über längere Zeit hinweg den
Kurfürsten als Jagdschloß. Vor allem im Herbst herrschte
auf und um Wersau ein buntes Treiben, denn die
kurfürstlichen Hirschjagden galten als gesellschaftliches
Ereignis. Während die männlichen Einwohner Reilingens und
Hockenheims als Treiber zum Dienst verpflichtet waren,
mußten die Frauen der Dörfer bis zu 600 Mahlzeiten für die
Jagdgesellschaften herrichten.
Das Schloß war, nimmt man einen Plan aus der Zeit um 1680
zu Hilfe, eine ovale Anlage, deren maroden Außenmauern
durch Strebepfeiler gestützt wurden. Im
PfälzischOrleanischen Erbfolgekrieg wurde das Schloß 1689
zerstört und auch die beim Schloß eingerichtete Mühle
brannte bis auf die Grundmauern ab. Die Gebäudereste ließ
man verfallen und 1764 erhielt Reilingen einen Teil des
Gemäuers als Steinbruch zurück. Aus diesen Steinen baute
man eine Friedhofsmauer. Mit dem pfälzischen Oberamt
Heidelberg wurde Reilingen 1802/03 durch das Kurfürstentum
Baden, dem späteren Großherzogtum, in Besitz genommen und
bereits 1803 dem beugebildeten Amt Schwetzingen zugeteilt.
Von der ganzen herrschaftlichen Anlage ist heute fast
nichts mehr zu sehen. Lediglich ein Gewölbekeller und ein
alter Tiefbrunnen erinnern an die Burg. Besonders spannend
ist es aber, einmal mit einem Flugzeug über die ehemalige
Burg Wersau zu fliegen. Je nach Stand der Sonne kann man
den früheren Verlauf der Burganlage erahnen, was auch
Fotos der Luftbildarchäologie bestätigen. Das Schloßgut
umfaßte 1686 eine bebaubare Fläche von 154 Morgen
Ackerland und 30 Morgen Wiesen in der Ketschau.
Erst im 18. Jahrhundert wurde für die Landwirtschaft und
Schäferei östlich vom Schloß der Wersauer Hof errichtet,
der zunächst unter kurpfälzischer Verwaltung stand. Später
wurde das Hofgut von Schwetzingen aus verwaltet und
lediglich ein herrschaftlicher Wiesenknecht war noch in
Reilingen eingesetzt. Nach der Auflösung des
Herrschaftsbesitzes war der Wersauer Hof zunächst in
bäuerlichem Eigentum. Um die Jahrhundertwende übernahmen
dann die Freiherren von Wamboldt das Hofgut, das
schließlich 1927 an die evangelische Pflege Schönau
verkauft wurde. In deren Besitz ist die barocke Hofanlage
noch heute.
Mit der wechselvollen Geschichte der Burganlage ist eng
die Entwicklung der Dörfer Reilingen und Hockenheim
verknüpft, aber auch das kulturhistorisch bedeutsame
Ereignis der Übergabe der päpstlichen Bulle auf der Burg
Wersau an den Kurfürsten, dem damit die Errichtung der
Universität Heidelberg genehmigt wurde. (og)
Vom fränkischen Dorf zum Zentralort oder Wo Hockenheim noch eine Altstadt hat
Noch heute wirkt das alte Hockenheim seinem Grundriß nach
als Straßendorf, das sich entlang der Oberen und Unteren
Hauptstraße längs des Kraichbachs in nordwestlicher
Richtung ausdehnt. Schmale Gäßchen, die verschiedenen
Mühlstraßen, führen von der Hauptstraße zum Bach hinunter
und bilden in diesem Teil des Straßendorfes ein enges,
verschachteltes Viertel, das sich noch heute durch einen
„bäuerlichen“ Charakter auszeichnet. Das Straßenbild wird
von Gehöften mit großen Toreinfahrten geprägt und zum Teil
durch Fachwerkbauten belebt. In der Hauptstraße fallen
noch heute die kleinen Tagelöhner und
Arbeiterbauernhäuschen auf.
Das Blättern in alten Akten und Plänen läßt das
AltHockenheim wieder lebendig werden und führt in eine
Zeit zurück, als die heutige Rennstadt fränkische Siedlung
und kurpfälzischer Grenzort war.
Bereits im Jahre 769 wurde das Dorf als „Ochinheim“
erstmals im Lorscher Codex urkundlich erwähnt. Hockenheim
ist damit eine der ältesten, amtlich bestätigten Gemeinden
in der Region. Heute kann man aber davon ausgehen, daß die
Siedlung schon viel früher entstanden ist, was vor allem
zahlreiche Grabfunde belegen.
Der kurpfälzische Geschichtsgeograph Johann Widder
berichtete 1781, daß „Hockenheim zu den gar groszen
Dörfern gehöre“. In den überlieferten 140 Häusern wohnten
damals 1.068 Menschen und es gab neben zwei Kirchen auch
ein katholisches Pfarrhaus, zwei Schulen und drei Mühlen.
Von einem Rathaus war jedoch nicht die Rede. Mittlerweile
aber weiß man aber aus anderen Quellen, daß 1717 ein
altersschwach gewordenes Gebäude durch ein neues ersetzt
worden war.
Alte Pläne und Zeichnungen lassen die gesamte Ausdehnung
des damaligen Dorfes erkennen und bieten die Möglichkeit
zu interessanten Vergleichen. So merkt man, daß der
Gebäudezuwachs in den letzten 20 Jahren fast fünfmal so
groß war, wie alles, was in 1.000 Jahren von 750 bis 1750
an Wohnhäusern in Hockenheim entstand oder davon übrig
geblieben war.
Der älteste Kern der Rennstadt ist der Bereich zwischen
Hauptstraße und Kraichbach oberhalb der Brücke in der
Karlsruher Straße. Der Bereich wurde an beiden Enden durch
herrschaftliche Höfe, zu denen auch die drei Mühlen
gehörten, abgeschlossen. Zwischen den großen Gütern
spielte sich also das Leben ab.
Die erste „planmäßige“ Ortserweiterung erfolgte im
Mittelalter bis hin zur heutigen Ottostraße, wo damals der
Ort mit einem Schutzzaun und einem Graben abschloß.
Hockenheim hatte damit den Charakter eines Straßendorfes
gewonnen und sich den planmäßigen Siedlungen im Bereich
der bischöflichspeyerischen Lußhardt angeglichen. Die
Kriegszerstörungen beeinflußten den Ortsgrundriß nicht und
die Hauptstraße nahm anfangs fast allen Zuwachs auf.
Nur wenige Häuser standen aber vor 1800 an der
Heidelberger Straße, einer wichtigen Hauptverkehrsstraße
zur damaligen Zeit. Am anderen Kraichbachufer in Richtung
Speyer stand einsam in den Feldern die noch heute
erhaltene Zehntscheuer, die später mit der „Alten
Apotheke“, dem Rupp’schen Haus (heute Metzgerei Hauser),
einen Nachbarn bekam.
Mitte des vorigen Jahrhunderts bekam die Heidelberger
Straße in der Schulstraße eine Parallele und es folgte die
Anlage der Walldorfer, Leopold und Friedrichstraße. Um
1900 begann man mit dem Durchbruch der heutigen
Rathausstraße erst richtig den Ortsetter nach Osten hin zu
sprengen. Schon 1909 reichte das bewohnte Gebiet bis zur
Hubertusstraße und 1926/28 wurden über dem Kraichbach die
Adler und Blumenstraße als letzte Straßenzüge
fertiggestellt.
Um 1931 begann die Bebauung zwischen Wasserturm und
Meßplatz, während nach dem Weltkrieg das Gelände zwischen
Schul und Karlstraße erschlossen wurde. Mit der Ausdehnung
hin zum Birkengrund setzte man die Bautätigkeit fort, die
seitdem bis heute ununterbrochen anhält. So ist der
Hubäcker und auch der Biblis längst bebaut und im Bereich
HockenheimSüd sind bereits die ersten Wohnungen bezogen.
Erst jüngst legte der Gemeinderat fest, die Ortsbebauung
über dem Südring entlang des Karletweges in Richtung
Reilingen fortzusetzen.
Eine starke Ausdehnung der bebauten Fläche, zugleich auch
große Änderungen im Landschaftsbild, brachte die seit 1957
im Gange befindliche Anlage eines geschlossenen
Industriegebietes. Zunächst einmal für den TalhausBereich
geplant, haben die Industrie und Gewerbeansiedlungen
längst die Stadt erreicht.
In nur 100 Jahren entwickelte sich so Hockenheim von einem
kleinen fränkischen Straßendorf zu einem im bedeutend
werdenden Unterzentrum mit der Chance, in gar nicht mehr
so ferner Zukunft zur Großen Kreisstadt zu werden. (og)
Die Fischer von Ketsch
Da das alte Fährmannshaus am Ketscher Rheinufer baufällig
geworden war, wurde ein neues geplant und 1790 errichtet. Dieser
neuen Fergenunterkunft war aber kein Glück beschieden, denn
bereits vier Jahre später wurde es von einem schweren Sturm
beschädigt und 1801 gar vom noch ungezähmten Rhein unterspült.
Dem Fährmann Thomas Jünger und seiner Familie blieb nichts
anderes übrig, als das vom Einsturz bedrohte Haus zu räumen.
Anders als in den Jahrhunderten zuvor wurde das recht große
Gebäude aber nicht wieder erneuert. Die Auswirkungen der
Revolutionskriege mit Frankreich, die Auflösung der Kurpfalz und
des Fürstbistums Speyer und schließlich die 1820 beginnende
Rheinregulierung durch Tulla verhinderten immer wieder das
geplante Vorhaben.
Der Fährbetrieb litt nicht nur unter dem sich immer wieder
wechselnden Frontverlauf sondern auch unter einer zunehmenden
Reparaturhäufigkeit der Fähre. Auch die Umgebung der Anlegestelle
veränderte sich ständig. Aus alten Unterlagen ist zu entnehmen,
daß 1801 „die Höhen des Ufers zwischen Bronnen und Färchenhauß“
vor dem Einrutschen wegen ständiger „Schwämmungen“ geschützt
werden mußten. Dabei handelte es sich um den Bereich des späteren
Enderlegartens zwischen dem Dorfbrunnen an der Brühler Straße und
dem Bruchgraben, wo das Fergenhaus (Fährhaus) stand.
Die gesamte Uferböschung wurde mit Steinen, Erde und
Weidengeflecht aufgefüllt und bepflanzt. Bereits 1804 versuchte
das kurfürstlich-badische Rentamt das rund neun Ar große Areal zu
verkaufen, nachdem ein Teil bereits an den Einhornwirt Philipp
Jakob Knittel verkauft worden war. Um 1885 wurde diese Wirtschaft
übrigens in „Enderle“ umgenannt.
Das Gelände um das ehemalige Fährenhaus wird noch um 1815 in den
Akten als „Herrschaftliches Fischerplätzchen“ geführt, aber 1816
kaufte dann der Einhornwirt den restlichen Bereich, so daß das
ganze Fährengelände (heute in etwa der Bereich zwischen Café
Rheininsel und der Tankstelle) an ihn fiel.
Der Ketscher Heimatforscher Robert Fuchs nimmt an, daß erst
später nach 1833, als die Familie Stratthaus das „Einhorn“
übernahm, das Gelände, das Enderlegarten genannt wurde, als
Bierausschank ausgebaut wurde. Er vermutet sogar, daß der später
beliebte Biergarten erst nach der Umbenennung des Lokals in
„Enderle“ um 1885 entstand. Der Biergarten blieb bis nach dem
Zweiten Weltkrieg erhalten und wurde Anfang der 50er Jahre als
Hausgrundstück verbaut.
Eng mit dem Grundstück ist auch die Geschichte der Ketscher
Fischer verbunden. Sie nutzten das Gelände um das Fährenhaus als
sicheren Platz in der Nähe des Rheines, um ihre Geräte, Netze und
Boote aufzubewahren. Fischer und Fährleute kamen stets gut
miteinander aus, oft übte man ja beide Berufe gleichzeitig aus.
So war der bereits erwähnte Fährmann Thomas Jünger zugleich noch
Fischmeister und Rheingraf. Um 1830 schlossen sich die Fischer
Heinrich Gredel, Philipp Jakob Leiberich, Kaspar Limbeck, Adam
Gredel und Wilhelm Rohr zu einer Konsortium zusammen, um die
Ketscher Fähre gemeinsam zu betreiben.
Eines sei noch am Rande vermerkt: Es war übrigens just dieser
Enderlegarten, in dem der Angelsportverein 1928 in den 30er
Jahren seine ersten Fischerfeste feierte. Daß sich daraus einmal
das wohl bekannteste Fischerfest der ganzen Region, das Ketscher
Backfischfest, entwickeln sollte, daran dachte zu dieser Zeit
wohl noch niemand. (og)
„Luftfahrende Frauen“ erregten den Zorn des Abtes Regino
Eine wahre Fundgrube für Volkskundler und Freunde der
Heimatgeschichte ist das 906 vom in Altrip gebürtigen Abt Regino
geschriebene Visitationshandbuch „Libri duo de synodalibus causis
et disciplinis ecclesiastis“. Das Gesamtwerk besteht aus zwei
Werken, deren erstes die Disziplin der Kleriker und das zweite
die der Laien enthält. Beide Werke sind wiederum in zwei Teile
gegliedert. Von besonderem Interesse sind die 454 Kanones, die
die kirchenrechtlichen Grundlagen für die Visitationsfragen an
die Laien enthalten.
Regino war kein Neuerer oder religiöser Eiferer, sondern ein
Chronist, der aus allen verfügbaren mündlichen und schriftlichen
Informationen Material für eine exemplarische Zusammenfassung
nutzte. Seine Synodalfragen basieren auf früheren allgemeinen
Konzilien sowie von Partikularkonzilien des Frankenreiches,
Spaniens, Afrikas und des Orients. 895 war er sogar persönlich
auf einem Konzil, nämlich in Tribur. Diverse Kanones entstammen
auch aus päpstlichen Dekretbriefen sowie aus Schriften der
Kirchenväter und den Bußbüchern der fränkischen und
angelsächsischen Kirche.
Über Sitten und Gebräuche des frühen Mittelalters erhalten wir
über Regino gute Einblicke. Ein großer Fragekomplex behandelt Tod
und Grab. So wollte man damals wissen, „ob jemand über einen
Toten in nächtlichen Stunden teuflische Gesänge singt und bei
Essen und Trinken sich bei der Totenwache über das Ableben des
Verstorbenen freut.“ Regino war erbost über Suff, Gelächter und
Scherze in Privathäusern angesichts eines Toten.
Eine Frage Reginos machte es den Pfarrern zur Pflicht,
nachzuforschen, ob eine Frau von sich behauptet, daß sie in der
Lage sei, durch Zaubersprüche und Zauberpraktiken den Sinn eines
Menschen zu ändern (Liebeszauber). Er forderte auch
Nachforschungen darüber, ob Frauen beim Wollspinnen oder am
Webstuhl Worte sagen oder Dinge tun, die als „nichtchristliche“
zu bezeichnen seien. Ferner wollte er wissen, ob Frauen beim
Kräutersammeln Formeln und Sprüche gebrauchen, um die Kraft der
aus der Erde gerissene Heilkräuter zu wahren.
Ausführlich befaßte sich Regino auch mit dem Schadenzauber, den
bestimmte Frauen ihren Mitmenschen mit ihren Zauberpraktiken
zufügen. Gemeint ist hier etwa ein Schadenzauber, der dafür
sorgt, daß die Ernte vernichtet wird, die Kuh des Nachbarn keine
Milch mehr gibt, das Kind eines anderen stirbt, Lebensmittel
ungenießbar werden, Krankheiten ausbrechen und dergleichen mehr.
Der Schadenzauber gehörte zum Hexentum und die Vorstellung von
„nachtfahrenden Frauen“ erschien bei Regino zum ersten Mal in
geschriebenem Recht.
Laut Regino mußte der Visitator nachforschen, ob eine Frau mit
einer Schar in Frauengestalt verwandelter Dämonen in bestimmten
Nächten auf irgendwelchen Tieren in dieser Gesellschaft reitet.
Der von Regino erwähnte „Hexenzug luftfahrender Frauen“ richtete
aber keinen speziellen Schaden an, sodaß Regino lediglich die
Tatsache des Luftfahrens tadelte und mit der Vertreibung aus der
Pfarrei ahndete.
Im Verdacht außerchristlicher Praktiken standen aber auch
Schweine und Rinderhirten sowie Jäger. Der Visitator sollte
daher erforschen, ob diese Menschen „teuflische Gesänge“ über
Brot und Kräutern anstimmten oder irgendwelche Zaubersprüche
anwandten. Drakonische Sanktionen oder gar die Todesstrafe sah
Regino nicht vor.
In den folgenden Jahrhunderten beflügelte jedoch der Hexenglaube
die Phantasie des Volkes. Höhepunkte des Hexenwahns waren jeweils
die schlimmsten Notzeiten, so zum Beispiel die Zeit während des
30jährigen Krieges sowie in Hunger und Pestjahren. Verfolgt
wurden übrigens nicht nur Frauen, sondern auch Männer, die als
Hexenmeister bezeichnet wurden. Das Jahr 1582 brachte der
Kurpfalz das unter Kurfürst Ludwig VI. geschaffene Landrecht, das
Hexerei und Zauber unter harte Strafen stellte. Nach der
kurpfälzischen Malefizordnung wurde „Zauberey und Heyerey“ mit dem
Tode durch Feuer bestraft.
Regino erregte sich auch über die Tatsache, daß Kirchenfriedhöfe
oft nicht eingezäunt waren und somit verschmutzt werden konnten.
Ihn störte, daß bei Memorienfesten (Totengedenktagen) auf dem
Friedhof „geschmaußt, lachet und danzet“ wurde. Auch unsittliche
Lieder waren vielfach üblich. Ebenso üblich war auch, daß nach
dem Kirchweihhochamt auf dem Kirchhof Tänze von Frauen
in Männermasken und von Männern in Tier und Frauenmasken
aufgeführt wurden. Im Mittelalter finden sich viele Beweise von
solchen Tänzen auf den Friedhöfen, denn es mußten immer wieder
kirchliche und gesetzliche Verbote erlassen werden.
Die Kirche hat sich in den Jahrhunderten längst mit dem
vorchristlichen Brauchtum mehr oder minder abgefunden und ließ es
zu, daß die Menschen bei Kirchweih „auf den Rummel“ gingen.
Auch im heutigen Dorfbild von kleineren Gemeinden ist als spätes
Relikt dieser längst vergangenen Zeit oftmals noch der
Rummelplatz und die Dorfwirtschaft in unmittelbarer Nähe zur
Kirche zu finden. Im Grunde ist dies nur eine Verlagerung von den
früher üblichen Festivitäten vom Friedhof und Kirchhof an eine
„ungeweihte“ Stätte sowie in geschlossene Lokalitäten.
Aus: Rheinpfalz, 18.4.1996, Wolfgang Schneider
285 Jahre Neulußheim: Verkehrsgünstige Lage fördert Ansiedlung
Neben Altlußheim darf auch die jüngere Tochtergemeinde
Neulußheim in diesem Jahr ein Jubiläum feiern. Als jüngste
Gemeinde in der Verwaltungsgemeinschaft Hockenheim
erinnert man sich dem 285. Geburtstag, denn die
Ortsgründung wird auf 1711 datiert. Obwohl kein
klassisches Jubiläum gefeiert wird, ist es doch wert, sich
einmal im Rahmen der Altlußheimer Feierlichkeiten an die
Zeit zu erinnern, als Bürger Julius Schickard einen Antrag
an den Herzog von Württemberg stellte, ein unbebautes
Ackerland im Osten der damaligen Gemarkung bewirtschaften
zu dürfen. Es handelte sich dabei um das Gebiet im Bereich
der Altlußheimer und Hockenheimer Straße im heutigen
Neulußheim.
Dort hatte der Landpfleger Schickard auf dem Grundstück
des Gasthauses „Zum Bären“ einen Meierhof (Molkerei) nebst
Wirtschaft und eine Bierbrauerei errichtet. Zum Bau dieses
Gehöftes wurden viele Tagelöhner aus den umliegenden Orten
eingesetzt. Die Zahl der Beschäftigten wuchs so rasch an.
Viele hatten ihre Familien mitgebracht, die sich ebenfalls
um Arbeit bemühten. Der Ansatz zu einem neuen Dorf war
gegeben. Mit der Zeit entstand eine kleine Siedlung für
die Tagelöhner. Aus alten Unterlagen geht hervor, daß
diese von Anfang an in einem regelmäßigen, kreuzförmigen
Grundriß angelegt wurde. Diese Siedlungsweise prägt noch
heute den Ort, der an historischen Bauwerken recht arm
ist.
Als Name der neuen Siedlung wurde erstmals 1716 als
„Lußhofen“ schriftlich erwähnt. Im Jahre 1735 erschien
dann zum ersten Mal der Begriff „NejLußheim“, der als
„NeuLußheim“ erst 1816 der aufstrebenden Gemeinde amtlich
verliehen wurde.
Kurios ist, daß auf vielen Landkarten und in zahlreichen
alten Dokumenten die Siedlung immer wieder als „Calabria“
erwähnt wird. Dieser Spottname geht nach Meinung vieler
Historiker darauf zurück, daß „NejLußheim“ als
Schmugglernest galt und es dort „zugegangen ist wie im
italienischen Kalabrien“. Nachgewiesen ist aber nur, daß
die Grenzlage hin zur Kurpfalz und zum Fürstbistum Speyer
den unerlaubten Handel ohne Zölle förderte. Als
württembergische Exklaven saßen die beiden Lußheimer
Dörfer praktisch „wie die Maden im Speck“. So jedenfalls
stellte sich die Situation für den Karlsruher
HofGeographen Wilhelm Greiben dar, der im Auftrag des nur
für kurze Zeit amtierenden „churfürstlichbadischen
Cabinetts“ die neuen Lande im Norden des späteren
Großherzogtums Baden bereiste.
Der junge Ort erregte schon von Anfang an die Gegnerschaft
von Altlußheim und des Hochstiftes Speyer, das bei der
Ortsneugründung nicht um Zustimmung gefragt worden war.
Bereits 1723 wurde vorgeschlagen, die Einwohnerzahl von 50
auf 30 Personen zu reduzieren. Aber trotz allem konnte
dies nicht verhindern, daß die günstige Lage an der
Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen das Wachstum des
Ortes förderte. Von 1870 an kam die gegenüber Altlußheim
viel bessere Lage zur neuen Bahnstation an der
Rheintalbahn dazu. Die Gemeinde wuchs ständig und bereits
1898 wurde die Bebauung der Friedrichstraße und die
Verlängerung der Bahnhofstraße freigegeben.
Neulußheim mußte seit 1811 unter jedem Krieg leiden. Viele
Neulußheimer wurden im „Russischen Krieg“ in die
Rheinlandtruppen Napoleons gezwungen und mußten für den
französischen Kaiser an dessen Expansionskriegen
teilnehmen. Zuletzt forderte der Zweite Weltkrieg große
Opfer von der Bevölkerung. Nach Kriegsende stieg die
Einwohnerzahl von 2.960 auf rund 3.500 Personen an, denn
1946 kamen bei den Vertreibungsaktionen der Siegermächte
viele Familien aus dem Sudentenland, Ungarn und den
deutschen Ostgebieten nach Neulußheim. Nach anfänglichen
Schwierigkeiten bei der Unterbringung und Eingliederung
sind die Heimatvertriebenen längst zu „Neilossemer“
geworden.
Daß die Gemeinde auch zukünftig sich weiter entwickeln
kann, verdankt sie seiner überaus verkehrsgünstigen Lage
und der Ausweisung im Regionalplan als sogenannter
Achsenstandort. Neulußheim hat heute mit 338 Hektar den
kleinsten Gemarkungsanteil der vier Nachbargemeinden und
wird wie zu seiner Gründung noch größtenteils von
Altlußheimer Gelände umgeben. Das ist Dorf eine reine
Wohngemeinde geblieben, in der mehrere kleinere und
größere Gewerbebetriebe angesiedelt wurden.
Neulußheim hat sich in den vergangenen Jahren zu einem
immer lebenswerteren Ort entwickelt, der ob seiner
kulinarischen Lage mitten im badischen
Spargelhauptanbaugebiet vor allem in den nächsten Wochen
wieder auf dem Reiseplan vieler Liebhaber des königlichen
Gemüses stehen wird. (og)
Der elegante Schwung von Mannheim
Sie war Mannheims erste feste Brücke. Sie war auch die erste
feste Brücke, die über den Neckar geschlagen wurde. Und als die
Kettenbrücke am 15. November 1845 dem Verkehr übergeben wurde, da
war doch tatsächlich ganz Mannheim auf den Beinen. Alle wollten
das Wunderwerk betrachten, wollten in dieser historischen Stunde
dabeisein und mitfeiern.
Auch die Umlandgemeinden feierten damals mit. Denn mehr als 30
Jahre hatte es seit der ersten Anregung gedauert, bis die
Erkenntnis da war, daß jetzt dringend gehandelt werden muß. Ging
es doch um einen dauerhaften Ersatz für die alte Schiffsbrücke,
die in der Fluchtlinie zwischen den Quadraten K 2 und K 3 den
hier hundert Meter breiten Fluß überquerte. Bei jedem Hochwasser
und jedem Eisgang mußte diese schwankende Bohlentrasse abgefahren
werden und noch häufiger repariert werden.
Insgeheim hatten die Mannheimer zwar gehofft, daß mit dem Bau der
MainNeckarBahn die dazu unweigerlich notwendige Neckarbrücke
auf Staatskosten errichtet würde. Dies trat auch ein nur eben
an der falschen Stelle. Für damalige Begriffe weit im Osten, bei
Ladenburg, entstand die Brücke und führte die von Frankfurt
kommende Bahnlinie über Friedrichsfeld entweder nach Mannheim
oder Heidelberg. „Mannem hinne“, rief dort auf dem Bahnsteig der
Stationsvorsteher mit weithin hallender Stimme.
Nun mußte sich die von Oberbürgermeister Ludwig Jolly geleitete
Stadt ihrer eigenen Kraft besinnen. Finanziell stand es nicht
eben rosig um sie. Doch nicht zuletzt die 1842 erfolgte Neuanlage
des Hauptfriedhofs über dem Neckar und noch mehr der zunehmende
Warenverkehr machten die baldige Verwirklichung der
Brückenbaupläne ratsam.
In den Stadtgeschichtlichen Sammlungen des ReißMuseums sind noch
mehrere originale Kupferstiche und Lithographien aus dieser Zeit
zu sehen, die den imponierenden Bau zum Gegenstand haben. Mit
seinen zwei auf Flußpfeilern stehenden, zinnenbekrönten
Portaltürmen und den elegant durchgeschwungenen Ketten nimmt er
sich höchst eindrucksvoll aus. Die Konstruktion, die technisch an
eine Hängebrücke erinnert, stellte für die Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine großartige Ingenieurleistung dar.
Ihr Konstrukteur und Erbauer, IngenieurKapitän Wendelstadt, der
in Diensten des Königs von Hannover stand, hatte bei Hameln schon
zuvor eine Kettenbrücke über die Weser gebaut, die nur 108.000
Gulden gekostet hatte. Friedrich Daniel Bassermann war eigens
hingereist und hatte diesen für ihn neuartigen Flußübergang
besichtigt und danach seinen Gemeinderatskollegen den Planer
empfohlen. Wendelstadt legte 1839 für die Neckarbrücke einen
Kostenvorentwurf von 189.000 Gulden vor.
Die Kettenbrücke, mit deren Bau im Frühjahr 1842 begonnen wurde,
kostete wegen verschiedener Änderungen im Endeffekt zwar 372.000
Gulden, was etwa 642.000 Goldmark oder nach heutigem Geld etwa
sechs Millionen Mark entsprach, doch hielt sie bis 1891 den
zunehmenden Belastungen stand. Das Automobil und der steigende
Frachtverkehr machten dann endgültig eine Nachfolgerin, die
Friedrichsbrücke, nötig. Sie erinnerte mit ihren Portalpylonen
und Gitterverspannungen an die elegante Linienführung der alten
Kettenbrücke. Nach ihrer kriegsbedingten Sprengung 1945 folgte im
August 1950 die bislang letzte Version, die Kurpfalzbrücke.
Nach: MM, Hans Weckesser, 18.11.1995
Messen und Märkte in Speyer
Seit dem frühen Mittelalter, vor allem aber seit dem 11. und 12.
Jahrhundert , wurden anläßlich kirchlicher Festtage an wichtigen
Verkehrsknotenpunkten nach dem Gottesdienst Märkte abgehalten.
Speyer war schon sehr früh ein bedeutendes Handelszentrum,
bestimmt seit dem frühen 7. Jahrhundert, wird doch bereits 614
ein Bischof urkundlich genannt. Zudem existierte vor dem
bischöflichen Bezirk spätestens in der Karolingerzeit ein Markt
und Handelsplatz, dessen ehemalige Lage mit dem östlichen Bereich
der heutigen Maximilianstraße, der Speyerer Hauptstraße,
identisch war. Daß Speyer sehr früh mit einem Marktrecht bedacht
werden mußte, läßt sich daraus schließen, daß der Bischofssitz
eine nicht unwesentliche Menge an Versorgungsgütern für das
tägliche Leben und Wirken benötigte.
Die Messebeschicker standen unter dem Schutz des Königs und der
Kirche. Den Marktplätzen, beziehungsweise den Messeorten, wurden
Messeprivilegien verliehen. Die urkundlich früheste gesicherte
Messe war die dem Warenaustausch dienende Handelsmesse von Saint
Denis (629). Allmählich blühten in ganz Europa die Märkte und die
Messen auf. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation erhielt
1240 als erste Stadt Frankfurt am Main ein Messeprivileg. Leipzig
folgte 1268 und bekam ein solches Privileg zur Abhaltung einer
Herbstmesse ausgestellt.
Zurück zu Speyer: Es ist heute nicht sicher, ob die Herbstmesse
tatsächlich die älteste von allen Messen in der Domstadt ist. Die
Frühjahrsmesse wird zwar erst im 16. Jahrhundert genannt, aber
die Historiker gehen davon aus, daß diese Messe viel älter sein
dürfte.
Die Einführung der Herbstmesse im Jahre 1245 war für die
Wirtschaftskraft von Speyer von großer Bedeutung. Abgehalten
wurde sie alljährlich am Fest der Apostel Simon und Judas (28.
Oktober) und dauerte 15 Tage. Der Stadtrat der Reichsstadt Speyer
informierte im August 1245 alle Städte im ganzen Reich über diese
neue Messe und erließ den Kaufleuten, die zur Herbstmesse kamen,
den „halben Zoll“. Den Kaufleuten in Utrecht, Trier, Köln und
Worms versprach der Rat noch weitergehendere finanzielle Vorteile
als zusätzlichen Anreiz, damit auch sie an der ersten Herbstmesse
teilnehmen würden. Der Rat konnte somit ein größeres
Einzugsgebiet in seine Planungen einkalkulieren.
Am 20. Mai 1330 stellte Kaiser Ludwig der Bayer, als er in Speyer
weilte, dem Rat eine Urkunde aus, in der die Herbstmesse um fast
zwei Monate in den Sommer hinein verlegt wurde. Außerdem
wurde die Messe auf drei Wochen verlängert. Da aber zur gleichen
Zeit in der Region Messen abgehalten wurden, verlegte man den
Handelsmarkt mit Genehmigung Kaiser Friedrichs III. erneut. Nun
begann sie an Michaelis (29. September) und wurde daher
„MichaelisMesse“ genannt. Später, weil diese Regelung sich
wiederum nicht bewährt hatte, verkürzte der Rat die Messe auf
zwei Wochen und legte 1569 den Termin vom 6. bis 20. Oktober
eines Jahres fest.
Diese Zeit deutet bereits auf den Niedergang der wirtschaftlichen
und politischen Bedeutung vieler Städte hin. Auch die Freie
Reichsstadt am Rhein verlor immer mehr an Bedeutung, verlagerte
sich doch die Macht und Wirtschaftsszene immer mehr an die
Küstenregionen Europas. Ausschlaggebend waren für diese
Entwicklungsprozesse auch die Entdeckungsreisen in die „Neue
Welt“. Bezeichnend für den Niedergang Speyers war auch die
Tatsache, daß der letzte Reichstag hier 1570 stattfand.
Nun kamen wie überliefert ist Händler zunehmend erst nach der
Messeeröffnung, einige Kaufleute brachen ihre Stände früher als
vorgesehen ab, angemeldete Beschicker fuhren erst gar nicht in
die Domstadt. Wenig begeistert waren hierüber nicht nur die
Käufer, sondern auch der Rat der Stadt. Also beschloß man wieder
eine Verkürzung und eine Verlegung des Geschehens. Die Messe
sollte künftig von Montag vor Allerheiligen bis zum Samstag
danach dauern. Damit fand die Herbstmesse aber zeitgleich mit der
AllerheiligenMesse im benachbarten Worms und dem
SauerkrautMarkt im kurpfälzischen St. Leon statt.
Der Pfälzische Erbfolgekrieg hatte im besonderen der Pfalz den
Garaus gemacht. Die Bürger von Speyer und Worms gingen ab 1700
wieder daran, ihre völlig zerstörten Städte aufzubauen. 1706
einigten sie sich darauf, daß die beiden Herbstmessen
nacheinander abgehalten werden sollen. Somit konnten Wormser und
Speyerer Kaufleute an beiden Messen teilnehmen.
Das Jahr 1811 Speyer war damals französisch brachte einen
erneuten Einschnitt in die Tradition der Herbstmesse. Gemeinsam
mit der Frühjahrsmesse wurde das HerbstPendant auf drei Tage
verkürzt und in einen Jahrmarkt umgewandelt. Die Tradition der
Waren und Handelsmesse fand damit ein Ende.
Im 19. Jahrhundert wurde die Herbstmesse als Jahrmarkt wieder
ausgebaut, sie wurde wieder zunehmend umfangreicher beschickt,
was zur Folge hatte, daß Schieß, Kunstbuden oder Karussells auf
dem Königsplatz aufgebaut werden mußten, die Verkaufsbuden aber
vorbehaltlich in der Hauptstraße aufgeschlagen wurden. Obwohl die
Geschäftsleute gegen eine erneute Verlängerung der Herbstmesse
eingestellt waren, blieb der Rat der Stadt bei seiner
entsprechenden Entscheidung.
Auch ein Antrag der Protestantischen Kirchen, die Messe schon
wieder zu verlegen, da sie an den herbstlichen Feiertagen die
„Leut von den Gottesdiensten abhalte“ und den Jugendlichen
„Versuchungen böte“, wurde vom Rat verworfen.
Trotz aller Terminverschiebungen, trotz zahlreicher Regengüsse,
kalter Tage, Einsprüchen, Bedenken oder Konkurrenzmessen hat die
Speyerer Herbstmesse nun über 750 Jahre lang durchgestanden und
ist zu einem Bestandteil des Lebens links und rechts des Rheines
geworden.
Aus: Kurpfälzer Anzeiger, 26.10.1994, og
Ketsch als Spielball zwischen Speyer und Kurpfalz
Das Dorf Ketsch war bei seiner ersten Erwähnung um 1150 im Besitz
der Bischöfe von Speyer. Zwischen 1159 und 1329 schenkten es
diese dem Kloster Maulbronn, das es wiederum dem Domkapitel
Speyer verkaufte. Ketsch blieb bis 1803 in dessen Besitz. Dadurch
war der Ort zur Exklave geworden eingeschlossen zwischen Rhein
und den kurpfälzischen Gebieten.
Im Laufe der Herausbildung der Kurpfalz im späten Mittelalter kam
es zu Besitzforderungen der pfalzgräflichen Verwaltung über
Verlandungen, Inselbildungen und Fischgründe. Als die Kurpfalz
1329 die Schirmherrschaft über den von Maulbronn an das
Domkapitel Speyer zurückgefallenen Meierhof Ketsch übernahm,
bezeugten die Pfalzgrafenbrüder Rudolf und Ruprecht, daß sie
vorher keine Besitzrechte dort hatten.
König Ruprecht bestätigte als Pfalzgraf 1408 nochmals die Rechte
des Domkapitels Speyer auf Ketsch und den dortigen Wald.
Gleichzeitig wurde richtiggestellt, daß der Hofmeister und die
kurpfälzischen Amtsleute glaubten, der Wald, die Weide und das
Wasser in der Mark Ketsch gehöre der Kurpfalz. Nach Prüfung alter
Briefe und Kundschaften stellte man aber auf pfalzgräflicher
Seite fest, daß die Bäche und das Wasser dem Stift zu Speyer
zustanden.
In einer Güterbeschreibung der Höfe in Ketsch, die wahrscheinlich
aus dem 15. Jahrhundert stammt, ist ein Salmengrund der Bischöfe
von Speyer am Angelbach angegeben. Darunter war die alte Kraich
zu verstehen, die zu dieser Zeit am Angelwald in den Rhein
mündete. Auch im „Dorssenpfuhl“ im Angelwald hatten die Domherren
das Fischereirecht. Ebenso gehörten die vier „Heckenweiher“ in
der Kreuzwiese den Domherren zu Speyer.
Doch allem Anschein nach muß nach der Schlacht bei Seckenheim im
Jahre 1462 der Einfluß der siegreichen Kurpfalz in diesem Gebiet
größer geworden sein. Friedrich I. übernahm den Schutz über das
Speyerer Hochstift (= weltliche Besitztümer des Bistums Speyer),
womit Einflüsse in Ketsch und Brühl verbunden waren.
Heute erscheint es sonderbar, daß der Rhein zwischen Brühl und
Germersheim bis 1803 fürstbischöflichspeyerisch war und es die
Kurpfalz dennoch zuwege brachte, Vorrechte in Ketsch zu erwirken.
Die Ansprüche auf Anschwemmungen im Rhein brachten Auwälder,
Inseln und Flußstrecken des noch wild dahinfließenden Rheins an
die Kurpfalz. Diese Entwicklung war möglich, weil sich die Grenze
der Kurpfalz seit dem 15. Jahrhundert bis zur Ketschau und zur
westlichen Seite des Karl-Ludwig-Sees vorschob. Der Rheinwald
aber gehörte damals zu Otterstadt.
Bei den Auseinandersetzungen von 1591 zwischen dem Domstift in
Speyer und dem kurpfälzischen Hof in Heidelberg ging es vor allem
um zwei Rheinwörthe um den oberen und unteren Angelwörth, doch
auch um die Obrigkeit im Dorf, zu dem damals noch der Angelwald
zählte. Das Domkapitel wollte nicht mit der Kurpfalz in
Uneinigkeit verfallen und die Streitfrage in gütlicher
Unterhaltung beilegen. Dies brachte im Februar 1591 folgende
Einigung: Der obere und untere Angelwörth sollten beide,
außerhalb des unteren Wörths, wo die Angelbach mündet, mit
Vorbehalt kurfürstlichpfälzische Wildfuhr bleiben. Andererseits
sollten dem Domkapitel die beiden Salmengründe verbleiben und der
Enten oder Vogelfang sowie alle andere Nutzung zustehen.
Aus: Schwetzinger Zeitung, rf, Sonderbeilage Ketscher
Backfischfest 1994
Sie kamen als Fremde und wurden Pfälzer
Das schönste Haus in Lambrecht ist das beispielhaft renovierte „Wallonen-Haus“. Es erinnert den Besucher daran, daß die Pfalz nicht nur ein Auswanderungs, sondern auch ein wichtiges Einwanderungsland gewesen ist. Ein Land, in dem Glaubensflüchtlinge Zuflucht und eine neue Existenz gegründet haben, aber auch ein Land, das nach dem Dreißigjährigen Krieg Ausländer gerufen hatte, um die fast menschenleer gewordene Orte wieder zu besiedeln. Weiterlesen
Ein Bollwerk rings um die Quadrate
Am 17. März 1606 legte Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz den Grundstein der Stadt und Festung Mannheim, aber bereits 15 Jahre später war schon alles wieder dem Erdboden gleichgemacht. Kein Bauwerk der Stadt, mit Ausnahme des Schlosses, dürfte so gut dokumentiert sein wie die Festung Mannheim, die frühere „Veste uff dem Rhein“. Ein Bauwerk übrigens, das die Feinde Mannheims und der Kurpfalz nicht davon abzuhalten vermochte, die Stadt gleich dreimal (1622, 1688/89 und 1795 ) in Schutt und Asche zu legen. Die wenigen noch vorhandenen Reste der Bastion St. Jakobus stammen aus dem letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts. Gleich nach dem Frieden von Ryswik beauftragte Kurfürst Johann Wilhelm („Jan Wellem“) 1698 den General Menno van Coehorn, damals der wohl berühmteste holländische Festungsbauer, mit der Planung einer neuen Festung. Weiterlesen
Wie Speyer zur Bezirkshauptstadt wurde
Erinnerungen an den ersten Regierungspräsidenten des bayerischen Rheinkreises, Ritter Franz Xaver von Zwackh zu Holzhausen
Dass Speyer Mitte Mai 1816 Sitz der eben konstituierten „Königlich bayerischen Landesadministration am linken Rheinufer“ werden sollte, war noch vier Wochen zuvor keineswegs endgültig entschieden: Wäre etwa Worms im Zug der territorialen Neuordnung, die nach dem ersten Pariser Friedensschluss die Grenzen zwischen Frankreich und den deutschen Ländern im wesentlichen so wieder herstellte, wie sie 1792 bestanden hatten, unter Wittelbachs Szepter gekommen, dann hätte die Nibelungenstadt wohl die größere Chance gehabt, bayrischer Verwaltungsmittelpunkt zu werden.
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Wasserholen war kein Vergnügen
Wasser gehörte schon immer als wichtigstes Lebensmittel zum Alltag des Menschen
Den „Quell des Lebens“, wie bereits die Babylonier das Wasser nannten, schöpfte man zu Beginn der Menschheit und noch lange danach aus fließenden Gewässer. Schon recht früh lernten sie zudem die Technik des Brunnenschlagens. Das Wasser kam zum Menschen. Jetzt wurde es möglich, auch abseits von Flüßen, Seen und Bächen zu siedeln. Am Beispiel von Plankstadt soll einmal die Entwicklung der Wasserversorgung in der Kurpfalz aufgezeigt und ihre Bedeutung verdeutlicht werden. Weiterlesen
Der Pfalzgraf half mit 500 Pfund Heller nach
Leimen gehört seit 1351 zur Kurpfalz, die ihrerseits auf Geheiß Napoleons 1803 zum überwiegenden Teil an Baden fiel. 1918 erfolgte der nächste politische Einschnitt: Die Epoche der badischen Monarchie ging zu Ende, wenn auch das Territorium Baden als Republik bis zur Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 weiterlebte und danach im Bundesland BadenWürttemberg aufging. Wie aber kam Leimen zur Kurpfalz? Weiterlesen
In die Pfalz "verbannt"
Weiß-blaue Erinnerungen aus vergangenen Tage, als keiner so richtig gerne in die Pfalz wollte /Aus dem Tagebuch des königlich-bayerischen Generals Heinrich Meyer
„Wen der liebe Gott will strafen,
den schickt er nach Ludwigshafen;
wen er gar vergessen hat,
den schickt er in die Kreishauptstadt.
Doch schickt er ihn nach Germersheim,
so geh‘ er lieber in den Rhein!“
Das vielzitierte Klagelied ehedem ins pfälzische „Exil“ versetzter altbayerischer Beamten und Offiziere hörte sich fürs erste zwar bewegend an, doch erfahrungsgemäß rückten die vermeintlich Verbannten meist rasch von ihrer Lamentatio ab und bekräftigten hernach, auch wenn sie längst an Lech, Isar, Inn und Donau zurückgekehrt waren, recht erinnerungsselig, dass es sich in dem weinfrohen linskrheinischen Regierungsbezirk sehr wohl gut leben ließ. Dafür gibt’s vielerlei Belege, und ein besonders unterhaltsamer blieb das Tagebuch des bayerischen Generals Heinrich Meyer, der, wenn auch 1857 in München geboren, die Pfalz nach zwölf Speyerer Jugend- und siebzehn Dienstjahren in verschiedenen pfälzischen Garnisonen zuletzt „mit Fug und Recht als mein Heimatland“ bezeichnete.
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Mit dem „Eselsbähnle“ über den Rhein
Die alte Geschichte ist bekannt und wird rechts und links des
Rheines immer wieder gerne erzählt: Eine biedere Frau vom Lande,
die regelmäßig das „Eselsbähnle“ zwischen HockenheimTalhaus und
Speyer benutzt, schreitet eines Tages mit mächtig ausholenden
Schritten neben dem Zug her und will ihn gerade überholen. Das
sieht der Zugführer, der seine Stammgäste längst alle persönlich
kennt, und ruft: „Frau, warum steigen Sie denn nicht bei uns
ein?“ Die aber antwortet keuchend: „Heut kann ich nicht mit Euch
fahren, denn ich habe es eilig. Ich muß zum Doktor nach Speyer!“
Der Speyerer Joseph Kahn schrieb dazu bereits 1914 in einer
Festschrift: „Diese Geschichte kommt mir immer wieder in den
Sinn, so oft ich unsere ‚badische Droschke‘, so hat der Volkswitz
die SpeierHeidelberger Bahn längst getauft, mit Gebimmel und
Gebammel keuchend von der Rheinstation nach der Schiffbrücke sich
fortbewegen sehe und der Menschheit ganzer Jammer faßt mich an,
wenn dieses Schauspiel aus längst verklungenen Zeiten an mir
vorüberzieht.“
Er stellt weiter fest, daß man die „Misere dieses schneckenhaften
Bahnbetriebs längst allgemein empfunden und seit Großvaters Tagen
dringend Abhilfe verlangt“ habe. Doch alle Bemühungen würden an
dem starren System der Bahnbehörden scheitern, die stets
antworten würden: „Es bleibt Alles, wie beim Anbeginn der
Schöpfung, die Schiffbrücke läßt einen neuzeitlichen Verkehr
nicht zu, denn sie kann eine neuzeitliche schwere Lokomotive
nicht tragen“.
Daß letztendlich das Speyerer Brezelfest Hilfe in der Not
gebracht habe, weiß Kahn in seinen Erinnerungen ebenfalls zu
berichten: „Bereits beim ersten Feste im Jahre 1910, und in noch
gesteigertem Maße bei den nachfolgenden Festen, erwiesen badische
Droschke und Schiffbrücke sich viel zu armselig und winzig, um
den Verkehrsbedürfnissen auch nur im entferntesten genügen zu
können. Da kamen sie von der rechten Rheinseite angerückt in
endlosen Schaaren, die Männlein und Weiblein, die Mädchen und
Knaben … aus Hütten und Palästen, zu Fuß und zu Wagen, mit
Stahlrossen und Automobilen und soweit sie die Menge fassen
konnte mit der badischen Droschke.
Tief senkten unter der schweren Last die Pontons ihre Köpfe ins
Wasser, als wollten sie ausdrücken: Wir schämen uns, daß wir im
zwanzigsten Jahrhundert ein so altmodisches Verkehrsgebilde wie
die Speyerer Schiffbrücke noch tragen müssen! Nur mit Hilfe einer
beträchtlichen Wasser und Luftflotte konnte der Verkehr
schließlich bewältigt werden. Da setzte unter der Parole ‚los von
der Schiffbrücke!‘ von Neuem eine Bewegung ein, die mächtig
anwuchs und ihren Ausdruck gefunden hat in dem Brückenbauverein,
dessen Gründung im Bunde mit Heidelberg jüngst erfolgt ist.“
Als „Beweis“ für seine These, daß die Schiffsbrücke historischen
Ursprungs ist, zitierte Joseph Kahn aus der „Pälzisch
Weltgeschicht“ von Paul Münch. Dort baute Julius Cäsar die
Schiffsbrücke bereits 55 v. Chr. mit seinen Legionen. Dies ist
folgendermaßen beschrieben: „Un is gerennt ganz ungeheier, un war
uf eemol schun in Speier, hot dort e Schiffbrick ufgeschla‘, in
Zeit vun binne zwee, drei Da’…Die Schiffbrick awer steht noch
heit, als Denkmal vund e alte Zeit. Nadeerlich is se a denno:
krumm, schepp und wacklich un verbo.“
Nachdem sich Joseph Kahn davon überzeugt hatte, daß die alte und
für ihn historisch wertvolle Schiffsbrücke nicht verschrottet
wird, sondern in ganzer Pracht und Herrlichkeit im Historischen
Museum der Pfalz in Speyer untergebracht wird, blickte er
wohlgemut dem Brückenbauobjekt entgegen, das, wie er versicherte,
bereits vom bayerischen Finanzministerium genehmigt worden sei.
Anläßlich einer Festveranstaltung zur „Verherrlichung der
100jährigen Wiedervereinigung mit Bayern“ im Jahre 1916 solle, so
schreibt Kahn zwei Jahre vorher, die neue und feste Rheinbrücke
eingeweiht werden, damit „den steten Klagen über die
stiefmütterliche Behandlung der Pfalz radikal ein Ende bereitet
sei“.
Im letzten Abschnitt seines Beitrages bittet der Autor: „Wenn
dann … neues Leben über die neue feste Brücke flutet und Speier
zur Weltstadt sich erhebt, mit einem Oberbürgermeister und drei
Bürgermeister an der Spitze, alsdann ist in seinen Jahrbüchern
auch festzuhalten, daß die eigentliche Triebkraft für diesen
Wandel der Dinge einzig und allein das Bretzelfest mit seinem
Massenverkehr geliefert hat.“
Es sei noch nachgetragen, daß die geplante Brückeneinweihung 1916
dem 1. Weltkrieg zum Opfer fiel. Seit 1956 aber können die
badischen Besucher Speyer und somit auch das traditionelle
Brezelfest über eine feste Brücke erreichen. Das „Eselsbähnle“
aber fährt längst nicht mehr. Nur noch ältere Zeitgenossen können
sich daran erinnern wo die Trasse verlief. Lediglich einige alte
Bahnwärterhäuschen, der alte Lokschuppen und der frühere Bahnhof
„Lusshof“ geben Zeugnis davon, daß Hockenheim früher einmal eine
eigene Bahnverbindung nach Speyer hatte. (og)