Vergessene Kulturgüter mitten im Wald

Triftbach im Pfälzerwald (Foto: Haus der Nachhaltigkeit/Pfalz-Infomailing18052016)Triftbäche und Wooge: Geschichte(n) im Pfälzerwald
Im Pfälzerwald glitzert und rauscht es in jedem Winkel. Das Biosphärenreservat ist reich an Gewässern, seine Bewohner haben sich das Naturgeschenk von jeher zu Nutzen gemacht. Triftbäche und Wooge zeugen von der Zeit, als die Kraft des Wassers für den Holztransport oder den Betrieb von Mühlen genutzt wurde. Die oft steinernen, uralten Anlagen verfallen allerdings zunehmend. Um dieses Kulturgut zu bewahren und den einzigartigen Charakter der Landschaft zu erhalten, entwickelt das rheinland-pfälzische Umwelt- und Forstministerium ein Konzept, das vor allem neue touristische Attraktionen verspricht. Das Projekt heißt „Wooge und Triftbäche im Biosphärenreservat Pfälzerwald“. Weiterlesen

Tabakernte in der Pfalz

Seit 1573 in der (Kur-)Pfalz heimisch / Zunächst nur zur Zierde und als Heilpflanze
In der Pfalz, der Heimat des Tabakanbaus in Deutschland, hat die Ernte begonnen. Bis in den November werden nun die Blätter der Pflanzen geerntet, ob allerdings die angestrebte Menge von etwa 1.200 Tonnen zustande kommt, steht nach Meinung von Experten dahin: Die vielen Niederschläge der vergangenen Wochen sind auch den Tabakpflanzen nicht bekommen, derzeit rechnet man mit einem Minus von zehn bis 20 Prozent. Seit 1573, als Pfarrer Anselmann im südpfälzischen Hatzenbühl im Gemeindegarten Saatgut des empfindlichen tropischen Nachtschattengewächses setzte, ist der Tabaka in der Pfalz heimisch. Das Klima und der Boden in der Südpfalz waren für die Pflanze ideal, noch heute liegt das Zentrum des Anbaus rund um Kandel und Neupotz. Weiterlesen

Historische Kramer-Mühle wird wieder lebendig

In St. Leon soll Geschichte wieder lebendig werden
Neu gegründeter Mühlenverein erarbeitet ein Nutzungskonzept für ein über 500 Jahre altes Gebäudeensemble / Projekt in Abstimmung mit der Gemeinde / Kostenrahmen der Sanierung / Restaurierung bei sieben Millionen Euro
Die 500 Jahre alte Kramer-Mühle am Kraichbach in St. Leon begeistert und fasziniert die regionalen Heimatfreunde schon seit vielen Jahren. Aber erst mit dem Kauf durch die Gemeinde St. Leon-Rot wird es nun möglich, das historische Gebäudeensemble zu sanieren und zu restaurieren: Das vierstöckige Haupthaus, Scheune, die Mühle für Getreide und die für Öl auf der gegenüberliegenden Seite des Kraichbachs warten jetzt scheinbar nur noch darauf, auch als stimmungsvolle Kulisse genutzt zu werden. Weiterlesen

Georg von Reichenbach und sein Wirken

Technischer Fortschritt zur Zeit von Kurfürst Carl Theodor
Die Pfälzer haben Kur­fürst Karl Theodor noch heute in guter Erin­nerung. Er förderte nicht nur Kunst, Kultur und Wissenschaft, sondern bemühte sich auch um die Verbesserung der Lebensver­hältnisse der „kleinen Leute“. Nirgends manifestierte sich die­ses Engagement deutlicher als in Mannheim: 1689 total zerstört, entstand diese Stadt ab 1700 unter seinen Vorgängern neu. 1720 wurde die planmäßig ange­legte Musterstadt Haupt- und Residenzstadt, und unter Karl Theodor, der 1742 die Regierung antrat, entwickelte sie sich zu einem florierenden Zentrum von Handel und Gewerbe. Weiterlesen

Nur der "Pfaffenwein" war von der Steuer ausgenommen

Wer im Hockenheimer Rathaus das Stadtarchiv aufsuchen möchte, muss erst einmal in den Keller hinab steigen. Dort liegen, verglichen mit den umliegenden Städten zwar nicht viele Urkunden oder Dokumente aus den Jahrhunderten vom Mittelalter bis zur Neuzeit, aber ein Blick hinein in die historischen Zeitzeugnisse lohnt sich dennoch doch. Interessant, aber für die Menschen von heute auch amüsant, sind die aufbewahrten „Policeyordnungen“. Weiterlesen

Raufereien waren an der Tagesordnung

Die Straßen waren unsicher. Gewalt und Diebstahl hatten zugenommen. „Damit das im Lande sich häufende ruchlose Raub- und Diebsmäßige Gesindel nicht weiter überhand nehme“, ließ auch der pfälzische Kurfürst Zuchthäuser einrichten. Er beabsichtigte auf diese Weise, wie es in einem Edikt von 1747 heißt, „bessere Sicherheit und Bequemlichkeit sämtlicher Einwohner“ herzustellen. Weiterlesen

Inflation machte Hockenheimer zu Milliardären

Das Leben wurde immer teuerer. Wer ein Ei kaufen wollte, musste im Jahr 1922 dafür im Februar 2.50 Mark bezahlen. Das war noch günstig, denn ein halbes Jahr später kostete ein Ei bereits 7.50 Mark. Bis November stieg der Milchpreis für einen Liter von 4.60 auf 75 Mark.  Zum Jahresende kostete ein Pfund Schweinefleisch 800 und ein Pfund Butter zwischen 1.800 und 2.000 Mark. Ein Kilo Brot gab’s schon für 140 Mark und ein Pfund Kristallzucker für 200 Mark, Würfelzucker kostete zehn Mark mehr. Wer Arbeit hatte, verdiente eine Menge Geld, konnte sich aber wenig dafür leisten. Weiterlesen

Hockenheim und die Zigarrenindustrie

Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte auch in der badischen Rheinebene zu einem Strukturwandel im Wirtschaftsleben. Der französische Einfluss machte sich bemerkbar – nicht nur auf politischer Ebene. Französische Soldaten hatten auf ihren Feldzügen die ersten Zigarren mitgebracht, das Rauchen kam mit den Jahren auch in Deutschland in Mode. Noch mußte der Tabak teuer aus Übersee importiert werden. In Hamburg entstand 1788 die erste Zigarrenfabrik. Die gewaltige Nachfrage nach den gerollten Tabakblättern ließ relativ rasch einen neuen Industriezweig entstehen: die Zigarrenproduktion. Weiterlesen

Apotheke als Drogerie und Süßwarenhandlung

Der Begriff Apotheke entstammt der griechischen Sprache und kann mit Speicher oder Vorratskammer übersetzt werden. Die Idee, ein Depot für Drogen, Gewürze, Spezereien  aber auch Arzneimittel  einzurichten, entstammt dem arabischen Raum. Im Abendland entstanden im 9. Jahrhundert Kloster und Hospitalapotheken. Seit dem 13. Jahrhundert bildeten sich die Vorformen der heutigen öffentlichen Apotheken aus.
Der Speyerer Stadtrat bestimmte am 12. Juli 1553 in einer Ordnung der Handwerke und des Handels: „Apotecker haben feil allerhand Specerey/ auch zucker eyngebeißt Confect/ und gemeinlich alles was inn ein Apotecken und zur Artzney gehörig ist/und nit weiters.“ Die Apotheke wurde hier also eher als eine Einrichtung des Handel betrachtet, die auch dem Gesundheitswesen diente; sie war Drogerie und Süßwarenhandlung, aber mehr zu verkaufen war den Apothekern verboten  wohl um zu verhindern, dass aus der Apotheke ein Kramladen wurde.
Im Jahr 1578 erließ der Rat eine Apothekenordnung, in der die Bedeutung für das Gesundheitswesen deutlich zum Ausdruck kam und die recht modern erscheint. Die Apotheker mussten schwören, dass ihr Gewerbe nur von ihnen selbst oder ihren vereidigten Gesellen ausgeübt wurde. Lehrjungen und Gesellen war es allerdings verboten, Medikamente selbständig herzustellen oder auszugeben. Der Apotheker war verpflichtet, alles vorrätig zu halten, was in eine „redtliche Apoteck“ gehörte, und die Vorräte richtig zu lagern, so dass sie nicht vorzeitig verderben konnten. Er musste sie in jedem Quartal auf ihre Brauchbarkeit überprüfen, und ihm war bei schwerer Strafe verboten, alte Heilmittel unter neue zu mischen.
Den Patienten durfte nur die ihnen vom Arzt verordnete Arznei verkauft werden und kein anderes Mittel, auch wenn es die gleiche Wirkung hatte. Die Rezepte durften nur genau nach Vorschrift frisch hergestellt und nur nach Rücksprache mit dem Arzt geändert werden. Jedes Medikament wurde mit dem Namen des Patienten, Herstellungsdatum und Preis versehen.
Wollte der Apotheker größere Mengen eines Arzneimittels auf Vorrat anfertigen, dann musste ein vereidigter Arzt die Zutaten kontrollieren, die Zubereitung überwachen und das fertige Mittel mit dem Herstellungsdatum versehen. Der Rat konnte die Apotheken jederzeit kontrollieren lassen. Gifte und andere gefährliche Stoffe durften nur an Ärzte und an andere Personen nur gegen Rezept abgegeben werden. Diese Substanzen durften nur so aufbewahrt werden, dass sie nicht mit anderen verwechselt oder vermischt werden konnten. Der Apotheker konnte dem Patienten den Preis für ein Medikament stunden, den Armen musste er es für höchstens die Hälfte des Preises überlassen. Weiterhin durfte kein Arzt am Verkauf der Medikamente beteiligt werden.
Eine umfangreiche Ordnung aus dem Jahr 1614 regelt unter anderem, dass die Apotheken in jedem Herbst nach der Frankfurter Messe, einer hauptsächlichen Bezugsquelle der Speyerer Apotheker für seltene Substanzen, von Ärzten und einer Kommission des Rates visitiert wurden um sicherzustellen, dass ausreichende Vorräte in guter Qualität vorhanden waren. Die Visitatoren konnten alles, was ihnen untauglich erschien, sofort wegwerfen, wozu der Apotheker eigens einen Zuber bereitstellen musste. Weiterhin konnten die Ärzte jederzeit eine Visitation durchführen, wenn sie den Verdacht hatten, dass Medikamente falsch oder aus verdorbenen Zutaten bereitet wurden.
In der beigefügten Preisordnung sind die Substanzen aufgeführt, denen man damals eine heilende Wirkung zuschrieb. Die Kamille ist immer noch als Heilmittel bekannt, dagegen finden Endivie und Brunnenkresse heute eher als Salat Verwendung. Auch andere damalige Heilmittel wie Lorbeerblätter, Liebstöckel, Petersilie, Majoran oder Salbei sind uns aus der Küche vertraut. Ziemlich exotisch erscheinen allerdings Zutaten wie: “ Eines Menschen Hirnschahl gebrant und bereit …; Geschabener oder gefeilter wilder Schweinszan …; getrucknete oder gebrante Regenwurm …; Mumich (Mumie) …; Menschenschmaltz…”

Aufschlussreiches Protokollbuch gefunden

Geschichte der Sozialdemokratie in Hockenheim aufgearbeitet
Das genaue Gründungsjahr des SPD-Ortsvereins Hockenheim war bis vor zwei Jahren (1996) durch fehlende Dokumente und Unterlagen nicht eindeutig belegbar. Untersuchungen früherer Jahre sowie Befragungen älterer SPD-Mitglieder ergaben die Annahme eines vagen Bezuges zum Gründungsjahr des Arbeitergesangvereins Hockenheim von 1906. Ein Parteiverbot von 1933 bis 1945 durch das Naziregime, verbunden mit lebensbedrohlichen Gewaltanwendungen und Verfolgungen von Sozialdemokraten führten sicherlich dazu, dass wichtige Parteidokumente inklusive Vereinsfahne wahrscheinlich vernichtet, oder aus Angst vor Repressalien anderweitig der Öffentlichkeit entzogen wurden.
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Das weiße Gold der Kurfürsten

Am 20. Januar 1745 wurde Max III. Joseph im Alter von 18 Jahren  am Todestag seines Vaters Karl Albrecht im Schloß Nymphenburg in München zum neuen bayerischen Kurfürsten ausgerufen. Der junge Regent trat ein schwieriges Erbe an, denn Bayern hatte schwer unter dem österreichischen Erbfolgekrieg zu leiden. Eine gewaltige Schuldenlast von über 30
Millionen Gulden lastete auf dem Kurstaat. Kein Wunder also, daß die Sanierung der Staatsfinanzen zu den wichtigsten Aufgaben des jungen Kurfürsten gehörte.
Der Regent gründete im ganzen Land Textilmanufakturen zur Belebung der ausgebluteten Wirtschaft. Dem Vorbild anderer Staaten folgend, wollte sich Max III. Joseph auch dem „weißen Gold“ bedienen, um die Staatskasse wieder zu füllen. Ausschlaggebend für diesen Schritt war vor allem seine Heirat mit der sächsischen Prinzessin Maria Anna Sophie. Sie war eine Enkelin des porzellanbegeisterten August des Starken. Während dessen Regentschaft hatte Friedrich Boettger 1710, er wollte Gold für seinen Landesherrn herstellen, durch Zufall das Arkanum, also das Wissen um die Zusammensetzung und Herstellung von Prozellan, entdeckt. So gründete der bayerische Kurfürst am 1. November 1747 eine „Churfürstliche
PorcelaineFabrique“, die er im Münchner Vorstadtschlößchen Neudeck am Auer Mühlbach ansiedelte. Diese Lage hatte auch den Vorteil, daß über die nahe Isar genügend Holz für die Brennöfen zur Porzellanherstellung herantransportiert werden konnte. Im Mai 1761 mußte die immer größer werdende Porzellanmanufaktur umziehen. Sie bekam das Gelände jener Pavillons am nördlichen Schloßrondell in Nymphenburg zugewiesen, wo sie sich noch heute befindet.
Nach dem Tode des Kurfürsten Max III. im Jahre 1777 trat der pfälzische Kurfürst Carl Theodor nach den Wittelsbacher Hausverträgen das Erbe in München an. Dieser hatte 1755, acht Jahre nach der Münchner Gründung, in Frankenthal das Privileg für eine PorzellanManufaktur an den Straßburger Paul Anton Hannong erteilt, bevor er 1762 selbst in den Besitz der Manufaktur kam. Kunsthistoriker bescheinigen den figürlichen Porzellane aus Frankenthal, zu den hervorragendsten Arbeit des 18. Jahrhunderts zu gehören.
Die Verbindung nach Frankenthal ließ Carl Theodor indes nie ganz abreißen. 1797 befahl er den Bildhauer Johann Peter Melchior von der Pfalz nach Bayern. Drei Jahre später erließ der pfalzbayerische Kurfürst Carl Theodor ein Dekret, die Manufakturen in Frankenthal und Nymphenburg zu vereinen. Melchior, der auch wegen der französischen Besetzung der Pfalz gerne dem Ruf nach München gefolgt war, wurde als „PorcellanfabrickInspector“ zu einem der erfolgreichsten Porzellanplastiker in ganz Europa.
Zu den bekanntesten Modellmeistern der Frankenthaler Manufaktur gehörte Franz Konrad Linck. Der einer alten Speyerer Bildhauerfamilie entstammende Porzellankünstler war 1762 durch Carl Theodor an die Manufaktur berufen worden. Zuvor hatte er eine umfassende Bildhauerausbildung in Speyer, Würzburg, Wien und Berlin absolviert. Bereits nach einem Jahr in Frankenthal wurde Linck zum „churfürstlichen Hofstatuarius“ ernannt. In dieser Eigenschaft schuf er Großplastiken vor
allem für den Schwetzinger Schloßgarten, aber auch für die Residenzstädte Mannheim und Heidelberg.

Streit um Mühlenstandort

Technischer Fortschritt und Veränderungen in der Volkswirtschaft haben seit Mitte des vorigen Jahrhunderts so manchen Handwerkszweig aussterben lassen. Besonders betroffen ist das Müllerhandwerk  und verschwunden sind auch die vielen Mühlen, die es in der westlichen Kurpfalz links des Rheines gegeben hat. Die Zahlen sind eindrucksvoll: 1861 gab es in der
Pfalz noch 730 Getreidemühlen mit 1.751 Mahlgängen. Auf 10.000 Einwohner kamen 29 Wassermühlen. Dazugerechnet sind die Öl, Säge, Papier, Schleif, Pulver, Loh und Hammermühlen, Hanfreiben und andere von der Wasserkraft getriebene Einrichtungen. Bilanz heute: kein einziger dieser Betriebe ist in Einrichtung und Funktion erhalten geblieben. Nur die Namen und zuweilen die Gebäude einiger Mühlen an pfälzischen Bächen halten die Erinnerung wach.
Erhalten geblieben ist lediglich die ehemals Armbrustsche Mühle in St. Julian am Glan im Landkreis Kusel. Die Mühle steht als Einzelsiedlung auf der rechten Glanseite zwischen Gumbsweiler und Hachenbach (heute Glanbrücken) und ist mit einer Brücke mit dem Dorf St. Julian verbunden. Einige hundert Meter oberhalb des Gebäudes zweigte ursprünglich der jetzt verschwundene Mühlteich vom Glan ab, wo ein Wehr das Wasser staute und Richtung Mühle lenkte. Zwar sind die sogenannten Wasserbauten nicht mehr vorhanden, ein Mühlrad hat man jedoch auf einem alten, dicken, hölzernen Wellbaum (Achse) wieder installiert.
Der Standort der Mühle brachte früher Verwirrung und Streit. Der Glan bildete in der Zeit der Feudalherrschaften die Landesgrenze zwischen dem Herzogtum Zweibrücken und der Rheingrafschaft Grumbach. Die Mühle, an und für sich zur Gemeinde und Gemarkung St. Julian gehörend, stand vom Ort aus gesehen im Ausland. Der Landesherr des Gebietes rechts des Glans aus Zweibrücken verlangte die üblichen Pacht und Wasserrechtsabgaben. Der Rheingraf aber ging leer aus. Man kann sich vorstellen, daß es da öfter Streit gab.
Wer den ersten Raum mit der historischen Ölmühle betritt, ist überrascht und fasziniert von den wuchtigen, waagrecht oder senkrecht laufenden Kamm und Stockrädern, dem kunstvollen, ganz aus Holz gefertigten Getriebe. Es gilt als ein Meisterwerk des Mühlenbaues in der Pfalz. Da ist die Ölpresse mit dem dicken Wellbaum, an dem die Noppen angebracht
sind, did die schweren Stempel heben und fallen lassen. Stempel, die die ebenfalls hölzernen Preß und Losschlagkeile im Preßraum treiben. Dieser wiederum ist aus einem einzigen dicken Baumstamm herausgearbeitet. Erhalten ist auch der von einem senkrecht laufenden Stockrad und dem waagrechten großen Königsrad angetriebene Kollergang: zwei aufrecht
laufende, schwere Mahlsteine in einem flachen Trog mit Steinunterlage, umgeben von einer Holzzarge. Hier wurden Ölsaaten  meist Raps, im Westrich Kohl genannt  fein gemahlen, bevor sie, abgefüllt in Säckchen aus starkem Tuch, in Holz oder Ledermappen der Presse mit den Stempeln eingeführt wurden. Von dem klopfenden Geräusch der Stempel kommt
übrigens auch der Ausdruck „Öl schlagen“.
Im zweiten Raum ist ein Mahlgang für Getreide und ein besonderer Schälgang für Spelz (Dinkel) untergebracht. Beide wurden über eine Kammradkombination durch ein sogenanntes Vorgelege ebenfalls vom Wasserrad angetrieben. Die Technik des Mahlgangs mit dem Bodenstein und dem Läufer ist bei uns seit der Römerzeit bekannt. Das Besondere in der Museumsmühle St. Julian ist der Schäl oder Gerbgang. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in den gebirgigen
Gegenden der Pfalz und sonstwo in Deutschland kaum Kulturweizen, dafür meist Spelz (Dinkel) angepflanzt, der auch mit mageren Böden und rauherem Klima Vorlieb nimmt. Schon Hildegard von Bingen befaßte sich mit  der „spelta“ (lateinische Bezeichnung für Spelz) sehr eingehend und bezeichnete sie als „die beste, wahrhaft herzerfreuende Brotfrucht“. Aus dem gelblichweißen Mehl wurden außer Brot auch Kuchen, Dampf und Schneckennudeln gebacken, Nudeln, Grieß, Graupen und ähnliches zubereitet.
Spelz hatte allerdings im Vergleich zu Roggen und Weizen einen Nachteil: Beim Windmühlen nach dem Dreschen lösten sich die Schalen (Spelze) nicht von den Körnern. Um dies zu erreichen, war in der Mühle ein zusätzlicher Arbeitsgang erforderlich. In seinen Grundbestandteilen ist ein Schälgang einem gewöhnlichen Mahlgang für Getreide ähnlich. Bodenstein und Läufer sind aus weißem Sandstein. Sie sind weicher als die sonst verwendeten „Franzosen“ oder Kunststeine. Der Bodenstein ist wesentlich dicker als beim Getreidemahlgang, nicht geschärft, das heißt, nicht mit eingeschlagenen Rillen versehen. Der Läufer ist höher gestellt als bei der Mehlbereitung. Die Körner sollen ja nicht zerquetscht, sondern durch
Reiben aneinander von der Schale befreit werden. Ein exzenter wirft das fertige Schälgut in eine hölzerne Schüttelrinne. Die wiederum besorgt die Masse in ein Gebläse. Diese Windmühle, die in St. Julian noch vorhanden ist, schleudert Körner und Spreu in eine vierkantige Holzröhre, die ein Stück weit unten offen ist. Hier fallen die Körner herab in den „Kernekasten“ und können in einem normalen Mahlgang zu Mehl verarbeitet werden. Die Spelze werden vom starken Windzug in die
abgetrennte Spreukammer geblasen.
Der Schälgang zusammen mit der Stempelpresse der Ölmühle und dem Kunstwerk des hölzernen Getriebes und des Wasserrads bieten Reize, denen sich der Besucher nicht entziehen kann. Zudem wird in der Museumsmühle von St. Julian ein Handwerk demonstriert, das im Leben unserer Vorfahren in Dorf und Stadt eine gvroße Rolle spielte.
Aus: Die Rheinpfalz, Friedrich W. Weber, 24.5.1997

Ein Kurpfälzer als Begründer der experimentellen Psychologie

Einem echten Kurpfälzer ist es zu verdanken, daß das weltweit
erste psychologische Lehrbuch veröffentlicht wurde. Es war Dr.
Wilhelm Wundt, der an der damals südlichen Peripherie Mannheims
in Neckarau geboren wurde und seine akademische Karriere in
Heidelberg begann, aber an der Universität Leipzig sein „Institut
für experimentelle Psychologie“ gründete. Das Leipziger Institut
entwickelte sich unter seiner Leitung zu einem Mekka für führende
Köpfe dieser neuen Disziplin.

Indes ist über Wilhelm Wundt, der aus der Verbindung von
Physiologie und Philosophie die neue Disziplin der Psychologie
schuf, im Gegensatz etwa zu Sigmund Freud, dem Begründer der
Psychoanalyse, nur wenig bekannt in der Öffentlichkeit.

Zwei große Strömungen  die Naturwissenschaften und die
Philosophie  hat Wundt zusammengeführt und daraus die
Experimentalpsychologie entwickelt. Die drei Wundtschen Kriterien
für das Experiment, Willkürlichkeit, Wiederholbarkeit und
Variierbarkeit, werden noch heute in jedem psychologischen
Lehrbuch zitiert.

Fast 20 Jahre lang war Wilhelm Wundt der Heidelberger Universität
und der Stadtgeschichte verbunden. 1856 hatte er an der Ruperto
Carola zum Dr. med. promoviert und wurde bereits ein Jahr später
als Privatdozent für Physiologie habilitiert. Nach einer
fünfjährigen Assistenzzeit bei dem berühmten Naturforscher
Hermann von Helmholtz wurde er 1864 Professor für Anthropologie
und medizinische Psychologie in Heidelberg und nach einem kurzen
Ausflug in die Politik als Abgeordneter im Badischen Landtag,
1874 Professor für Induktive Philosophie in Zürich. Ein Jahr
später erhielt er dann ein Ruf der Leipziger Universität. Dort
setzte sich die Wandlung vom Physiologen zum Psychologen Wundt
stürmisch fort.

Was weiß man aber von dem Menschen Wilhelm Wundt in der Kurpfalz?
Während des Sommersemesters 1857, kurz nach seiner Habilitierung,
erlitt Wundt eine schwere Lungenerkrankung, unterbrach seine
Lehrtätigkeit und bewarb sich 1858 als Assistent von Hermann von
Helmholtz. Dieser sagte zu. Bis 1863, also in fünf Jahren
Assistentenzeit, hatte Wundt trotz vieler Konditionen, die
Helmholtz ihm aufgebürdet hatte, 50 Artikel und mehr als 2.000
Buchseiten auf seinen Spezialgebieten der physiologischen
Psychologie und der Völkerpsychologie publiziert.

Unter anderem hatte ihm sein Chef für 300 Gulden Jahressalär (das
Existenzminimum für einen Privatdozenten) neben zwei bis drei
Stunden Unterricht in der Woche, auch die Vivisektionen und die
Vorbereitungen aufwendiger Experimente sowie die Vorbereitung
sämtlicher Vorlesungsversuche und den Unterricht in
mikroskopischer Anatomie auferlegt. Das Mikroskopieren
verursachte schließlich auch einen sogenannten Astigmatismus,
eine krankhafte Veränderung der Hornhautkrümmung, der in Leipzig
dann zu seiner vollständigen Erblindung führte.

Zwar hätte Helmholtz‘ Untersuchungen über die Akustik und Wundts
Arbeiten über die physiologische Psychologie eine Zusammenarbeit
nahegelegt, doch tauschten sich die beiden Wissenschaftler
überhaupt nicht aus. Der Grund hierfür ist in der
Sozialgeschichte der Universität und Stadt zu suchen. Noch 1863
empfahl Helmholtz in einem Gutachten seinen Assistenten für die
Stelle eines außerordentlichen Professors und hob dabei seine
hervorragenden Kenntnisse hervor. Seine Befähigung, eine
wissenschaftliche Verbindung der Physiologie der Sinnesorgane und
der Psychologie zu schaffen, bezeichnete er als „das gänzlich
Neue“.

Um so erstaunlicher ist, daß er 1868 in einem Brief moniert,
Wundt würde „in der Politik herumdümpeln und in Arbeiterkreisen
verkehren“, und dies nur, um zu Geld zu kommen. Die politische
Situation in Heidelberg erhellt den Hintergrund des Verdikts.
Helmholtz fand es merkwürdig, daß ein junger Wissenschaftler,
statt an seiner Karriere zu basteln, in die Politik gehen wollte.

In Baden existierte damals die Tradition der liberalen
Intellektuellen, die aktiv in Kommunal und Staatspolitik
eingriffen. Diese Tradition war Helmholtz suspekt. Er selbst war
nicht zuletzt durch die Heirat mit der Tochter des Hauses von
Mohl rasch, möglicherweise wider Willen, in die „verknöcherte
Ordinarienwelt“ integriert worden. Die jungen Privatdozenten und
Professoren, die sich in einem Kreis um Henriette Feuerbach
zusammenfanden, erkannten hingegen die sozialen Probleme der
Bevölkerung und sahen sich bemüßigt zu handeln.

In seinen Vorlesungen über die Menschen und Tierseele, die
Wilhelm Wundt 1864 verfaßte, legte er seine ethnischen Grundlagen
des politischen Engagements fest: Der vierte Stand, also die
Arbeiter und Handwerker, sollte durch Bildung sowie Hilfe zur
Selbsthilfe emanzipiert werden. 1863 hatten deshalb verschiedene
junge Dozenten und Professoren in Heidelberg den
Arbeiterbildungsverein gegründet. Den Arbeitern und Handwerkern
wurde Fortbildung in Rechnen, Schreiben und Englisch angeboten.
Dazu kam ein Freizeitprogramm mit Laientheater und Chor sowie
ziemlich ermüdenden Vorträgen aus Dozentenkreisen. Wundt führte
den Vorsitz und kam rasch in Kontakt mit anderen Zirkeln der
Arbeiterbewegung.

1866 wurde er dann von einem Wahlmännergremium in die Zweite
badische Kammer nach Karlsruhe entsandt. Bereits seit 1863 hatte
er an entscheidenden Reformgesetzen mitgearbeitet. Er setzte sich
unter anderem für neue Schulgesetze, die Gewerbefreiheit und die
Gleichstellung der Juden ein. Ein Gesetz paukte der
Nationalliberale Wundt mit seinen Parteifreunden gar selbst
durch: Die Gleichstellung der akademischen Bürger mit den
„Normalsterblichen“ vor dem Gesetz  und nebenbei auch die
Bestrafung jeden Duellhandels.

Der Krieg zwischen Preußen und Österreich im Jahre 1866, in den
auch Baden hineingezogen wurde, veränderte die politische
Stellung der Heidelberger Intellektuellen. Rasch wandelten sich
die Heidelberger Professoren von Verteidigern des alten Habsburg
zu glühenden Verehrern Bismarcks. Wundt hatte jedoch seine
Stellungnahme in der renommierten „Allgemeinen Augsburger
Zeitung“ dezidiert gegen den „undemokratischen Bismarck“
formuliert  und bezog bald politische Prügel, bis er schließlich
wegen Differenzen mit der Regierung in Karlsruhe sein Mandat
niederlegte.

Das wissenschaftliche Geschäft Wundt gedieh trotzdem. Von 1858
bis 1862 waren sechs Aufsätze über die Theorie der
Sinnewahrnehmung erschienen, die 1862 als Bücher vorlagen. 1863
folgten die zwei Bände über die Menschen und Tierseele. Das
Lehrbuch der Physiologie des Menschen kam in erster Auflage 1865
heraus und das damals weit verbreitete Handbuch der medizinischen
Physik 1867. Helmholtz hat von all diesen Tätigkeiten wenig
erfahren. Wundt lehrte weiterhin die Studenten, die Mikroskope zu
benutzen und bereitete die Experimente vor. 1865 kündigte er dann
seinen Vertrag mit Helmholtz.

Im deutschfranzösischen Krieg 1870 und 1871 arbeiteten die
beiden dann wieder zusammen. Es wurden sogenannte
Hilfslazarettzüge zusammengestellt, die Verwundete von den
Frontlinien nach Heidelberg brachten. Helmholtz, Wundt und andere
fuhren nach Straßburg und brachten französische und deutsche
Soldaten mit, die in einer Reihe von Krankenstationen, darunter
auch der Marstall und das Freimaurerhaus, versorgt wurden. Beide
veranstalteten wiederholt Kolloquien über die effiziente
Behandlung von Kriegsverletzung, und für beide war es die letzte
Berührung mit der medizinischen Praxis.

Als Wundt am 3. August 1870 am Bahnhof auf einen Lazarettzug
wartete, traf die Nachricht der Gefangennahme Napoleons III. in
Heidelberg ein. Wundt zog daraufhin mit einem Trommler durch die
finsteren Gassen der Altstadt und verkündete den Sieg. Das
brachte ihm eine Rüge wegen Ruhestörung ein. Nur ein Jahr später
feierten indessen die Bürger Heidelbergs den Sedantag mit nicht
endenwollendem Patriotismus bis in die späte Nacht.

Wundt wurde 1874 nach Zürich berufen und etablierte sich dann in
Leipzig. 1902 bezog er dann seinen Altersruhesitz in der Plöck.
Dort im Haus Nr. 50, das er auch in vielen Sommermonaten
bewohnte, lebte er dann bis zu seinem Tod. Das Haus wurde
gemeinsam mit dem Nachbarhaus später abgerissen. Nur noch eine
Inschrift an der Betonfassade, die überdies meist von
Müllcontainern umstellt ist, zeugt von der Zeit, die der
Begründer der experimentellen Psychologie in Heidelberg verbracht
hat.

Aus: RNZ, 27.10.1995, Gustav-Adolf Ungerer

Sie kamen als Fremde und wurden Pfälzer

Das schönste Haus in Lambrecht ist das beispielhaft renovierte „Wallonen-Haus“. Es erinnert den Besucher daran, daß die Pfalz nicht nur ein Auswanderungs, sondern auch ein wichtiges Einwanderungsland gewesen ist. Ein Land, in dem Glaubensflüchtlinge Zuflucht und eine neue Existenz gegründet haben, aber auch ein Land, das nach dem Dreißigjährigen Krieg Ausländer gerufen hatte, um die fast menschenleer gewordene Orte wieder zu besiedeln. Weiterlesen

Die Hugenotten kommen

Hundertzwanzig Jahre nach der Vertreibung der Reformierten durch die spanische Herrschaft erlebte Europa wieder eine Flüchtlingswelle. Sie begann mit der Aufhebung des Ediktes von Nantes. Diesmal waren die Reformierten in Frankreich betroffen, die Hugenotten. Jeder zwölfte Franzose folgte in der Zeit Ludwigs XIV. seiner Glaubensüberzeugung und floh ins Ausland. Brandenburg-Preußen nahm einen erheblichen Teil dieser Asylsuchenden auf. Auch in der damaligen Kurpfalz ließen sich Hugenotten nieder  zum wirtschaftlichen und kulturellen Vorteil des Aufnahmelandes. Weiterlesen

Am "Faulen Pelz" gab's keine Faulpelze

Wie ein altes Heidelberger Stadtviertel zu seinem Namen kam / Erinnerung an die Lohgerber in der einstigen Bergstadt
In der folgenden stadttopographischen Betrachtung wird von einem Straßennamen berichtet, der wohl einmalig sein dürfte. Es ist die Bezeichnung „Fauler Pelz“ für zwei Straßen in Heidelberg. Oder kennt jemand einen solchen Straßennamen in einer anderen Stadt? Um niemanden zu nahe zu treten, soll gleich zu Beginn festgestellt werden, daß der Name „Fauler Pelz“ nichts mit der dort liegenden Haftanstalt zu tun hat. Die letztere wird zwar im Volksmund so genannt, weil es nicht so eindeutig klingt wie „Haftanstalt“ oder gar „Gefängnis“. An dem besagten „Faulen Pelz“ lebten keine Faulpelze. Im Gegenteil, hier wohnten und wirkten fleißige Handwerker, nämlich Gerber. Weiterlesen

Schindelmacher wurden brotlos

Die Verwendung von künstlichem Baumaterial wie Backsteinen und Ziegeln wurde durch das römische Heer in Germanien eingeführt. Zwei Jahrtausende überdauerte das römische Ziegelmaterial, ohne seine Eigenschaften wie Festigkeit und Haltbarkeit zu verlieren. In Truppenziegeleien in der Nähe von Tonlagern wurden die zur Errichtung zahlreicher Bauten benötigten Mauersteine und Ziegel hergestellt. Ein Teil der für den Heeresbedarf hergestellten Ziegel war mit dem Stempel der betreffenden Legion versehen. Die Vorzüge des Baumaterials aus gebranntem Ton lernten auch die Germanen kennen. Weiterlesen