Forschungsergebnisse der Wersau-Grabung

Kernburg komplett abgetragen / Grabungskonzept mit Wissensvermittlung möglich

Auf großes Interesse stieß die letzte öffentliche Gemeinderatssitzung. Über 50 Bürgerinnen und Bürger wollten sich unter anderem über die Ergebnisse der Lehrgrabungen der Universität Heidelberg auf dem Gelände der ehemaligen Burg Wersau aus erster Hand informieren. Dass auch heute unter der Grasnarbe nichts mehr von der Kernburg erhalten ist, hat Prof. Dr. Thomas Meier vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Heidelberg selten erlebt.
„Schuld“ daran sind jene Reilinger, welche die Kernburg im 18. und 19. Jahrhundert mit einer großen Gründlichkeit abgetragen haben. „Die Befunderhaltung ist bei weitem zu schlecht, um die Burg Wersau in einem Archäologiepark zu präsentieren und erlebbar zu machen“, sagte Meier in der Gemeinderatssitzung. Die ältesten (nachweisbaren) Schichten der Lehrgrabung datieren in das frühe 13. Jahrhundert. Die ältesten Mauern stammen aus der spätmittelalterlichen Entstehungszeit, die jüngsten gehören zu den Mühlengebäuden des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Ein Suchschnitt wurde auch zentral durch die Kernburg gelegt, um den dortigen Schichtenaufbau und Befunderhalt zu klären. Dort zeigte sich, dass sämtliche Nutzungsschichten und nahezu alle Baureste, ja selbst die Motte, das heißt ein künstlich angelegter Erdhügel, auf dem die Kernburg stand, durch die Abbrucharbeiten am Ende des 18. und im frühen 19. Jahrhundert abgetragen worden sind.
Die gefundenen Bauhölzer sind durch den sinkenden Grundwasserspiegel in so schlechtem Zustand, dass eine dendrologische Datierung nicht möglich ist. Im Burggarben wurden große Mengen Gebrauchskeramik, jedoch weder Küchenabfälle (Tierknochen) noch wertvollere Gegenstände aus Glas oder Metall gefunden, was auf geordnete Abbruch- oder Umbauarbeiten in der Burg schließen lässt.
Überrascht waren die Archäologen, als sie an mehreren Stellen endneolithische oder bronzezeitliche Keramikscherben (spätes 3./2. Jahrtausend v. Chr.) bergen konnten. Dies deutet auf eine umfangreiche Siedlungsstelle hin. Da vorgeschichtliche Fundstellen in der Region fast ausschließlich von sog. Mineralböden bekannt sind, ist der Reilinger Auenstandort ausgesprochen ungewöhnlich.
Dennoch sahen Dr. Folke Damminger vom Referat Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Karlsruhe wie auch Professor Meier Ansatzpunkte für weitere „Forschungen auf lokaler, wenn nicht gar regionaler Ebene“. Universitäre Forschungen seien aber wegen der geringen Bodenfunde nicht möglich. Für eine Fortführung der Grabungen in kleinerem Rahmen müssten die Gemeinde oder private Sponsoren aufkommen.
Die beiden Fachleute konnten sich archäologische Grabungen zur Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte als Bestandteil eines Gesamtkonzepts für die Schlossmühle vorstellen. Ein wesentlicher Bestandteil sei die Einbindung ehrenamtlicher Kräfte vor Ort.
Eine Ausstellung in der Schlossmühle könnte Archäologie und Geschichte der Burg Wersau, aber auch die umgebende Landschaft (Kisselwiesen) in ihrer historischen Entwicklung und ihrem ökologischen Wert vermitteln. Auf eine professionelle Konzeption und Einrichtung (geschätzte Kosten für zwei Räume: 15.000 bis 20. 000 Euro) sollte ein ehrenamtlicher Betrieb folgen.
Für die Erlebbarmachung der einstigen Burg Wersau regten die Archäologen die Darstellung der wichtigsten Strukturen durch eine farbige Bepflanzung an. Sie könnte die Ausdehnung von Kern- und Vorburg auch für Laien nachvollziehbar machen. Denkbar wäre auch eine zeitweise Präsentation von Wersau-Überresten bei archäologischen Grabungen auf kleinen Flächen durch Ehrenamtliche unter Anleitung eines erfahrenen Studenten oder Magisters, der die Dokumentation übernimmt. Das würde schätzungsweise 12. 000 € pro Jahr kosten.
Obwohl nicht so viel wie erhofft von der ehemaligen Burg erhalten ist, sei die Wersau doch ein ganz zentraler Kristallisationspunkt für die lokale Identitätsbildung, stellten die Wissenschaftler fest. Ihr Wert liege insbesondere in der emotionalen Bedeutungszuschreibung vieler Reilinger, die hier die Keimzelle ihres Ortes sähen oder dem Platz durch persönliche oder familiäre Verbindungen verbunden seien.
Die Schlossmühle als Nachfolger der Burg Wersau bilde einen markanten und durch den Baumbestand vor allem landschaftsästhetischen Bezugspunkt, der den Raum zwischen der geschlossenen Ortsbebauung und dem Naturschutzgebiet Kisselwiesen strukturiere, so Prof. Maier. Dieser Bedeutung müsse jede weitere Nutzung des Geländes Rechnung tragen.
Einer Bebauung des Bereiches von einstiger Kern- und Vorburg räumen Meier und Damminger kaum Chancen ein. Denn zuvor würde die Denkmalpflege eine flächendeckende Ausgrabung fordern, die ausgesprochen zeit- und kostenaufwendig und vom Investor zu finanzieren wäre.
Weil auch durch sinkenden Grundwasserspiegel der Verfall der mittelalterlichen Bauhölzer drohe, wäre der Status quo, also die Nutzung des früheren Burgareals als Streuobstwiese, für die Archäologen der „denkmalpflegerische Idealfall“.
Damit konnte sich Sabine Petzold (Freie Wähler) nicht abfinden: „Es ist irgendwie ein touristischer Anziehungspunkt geworden“, erinnerte sie an das öffentliche Interesse, das grüne Klassenzimmer und den Arbeitskreis Wersau, der sich gegründet hat. Jens Pflaum (FDP) schloss sich der Expertenmeinung an und hielt es für das Beste, die Substanz unter der Wiese ruhen zu lassen. Er plädierte für eine kurzfristige Entscheidung. Dieter Rösch (SPD) dankte für enorme Erkenntnisse trotz geringer Substanz und wollte den Arbeitskreis Wersau einbinden. Peter Kneis (CDU) bat die Verwaltung, mit allen Interessenten in neue Gespräche einzutreten und zu informieren.
Über die Zukunft des Geländes müssen sich nun die Fraktionen weitere Gedanken machen.

Motte_Wersau
So oder so ähnlich könnte die Burg Wersau einmal ausgesehen haben. Rekonstruktion einer kleinen Burganlage am Niederrhein, des Husterknupp bei Grevenbroich. Zeichnung: Adolf Herrnbrodt et al., Der Husterknupp. Eine niederrheinische Burganlage des frühen Mittelalters. Beihefte der Bonner Jahrbücher 6 (Bonn 1957)

 
/ Öffentliche Gemeinderatssitzung am 12. November 2012

* "Wersauer Tagebuch 2010" wird geschlossen

Mit dem letzten Burg Wersau-Treff in diesem Jahr klingt für uns alle am heutigen Abend im Saal des Reilinger Heimatmuseums im historischen Wirtshaus „Zum Löwen“ ein arbeits- aber auch überaus erfolgreiches Forschungsjahr aus. Was so alles mit Beginn der Grabungsarbeiten am 14. September passiert ist, konnten Sie, liebe Leserinnen und Leser, an dieser Stelle ausführlich verfolgen. Und wer noch einmal in aller Ruhe alles durchlesen möchte, ist dazu jederzeit eingeladen. Das „Wersauer Tagebuch 2010“ wird aber geschlossen, bleibt aber online erreichbar.

* Heute sei mal allen Aktiven noch gedankt …

Es ist weiterhin eisigkalt, am späten Nachmittag beginnt es wieder leicht zu schneien! Was den Bewohnern der ehemaligen Burg Wersau eher Sorgen bereitete und für Not sorgte, gilt heute als besonders stimmungsvoll! Schnee so kurz vor Weihnachten lässt nicht nur bei den Kindern die Herzen höher schlagen – auch bei vielen Autofahrern. Wir haben heute unseren letzten Burg Wersau-Stammtisch in diesem Jahr, und das Winterwetter hinterlässt seine Spuren. Weiterlesen

* Nichts Neues von der Wersau …

Das winterliche Wetter und der Frost lassen derzeit keinerlei Aktivitäten auf der Wersau zu. Dennoch fahre ich heute einmal mehr draußen am Gelände vorbei, werfe einen Blick hinein, ob es irgendwelche Dinge gibt, auf die man reagieren müsste. Es ist ruhig, das ehemalige Burg- und Mühlengelände liegt ruhig da. Somit also nichts Neues von der Wersau!

* Unser Kompetenzteam punktet …

Der heutige dritte Advent steht ganz im Zeichen der Wersau! Viele Dinge sind in den letzten Wochen doch liegen geblieben, bedürfen jetzt endlich einer Aufarbeitung. Dass meine Familie von meinem sonntäglichen Tun „beglückt“ ist, brauche ich wohl nicht eigens zu betonen! Und beim Schreiben dieser Zeilen fällt mir auch wieder ein, dass in Bad Dürkheim am Mittwoch ein Archäologen-Flieger-Stammtisch stattgefunden hatte. Weiterlesen

* Lasst uns daran arbeiten …

Die letzten Tage und auch heute habe ich (wieder einmal) zahlreiche Gespräche geführt. Es geht um die zukünftige Nutzung des Burggeländes, unsere Ideen und die weitere Grabungstätigkeit. Am Ende bin ich einmal genau so klug wie vorher, denn alle Gesprächspartner loben zwar unser Engagement, würdigen unsere Ideen – vermissen aber ein schlüssiges Gesamtkonzept! Also, lasst uns daran arbeiten …

* Wersau gib mir Prügel – ich habe sie verdient …

Und? Wie war es nun auf dem Reilinger Adventsmarkt? Da steht ja gar nichts auf diesen Seiten! Dieser deutliche Vorwurf macht mir heute morgen klar, dass ich was vergessen habe! Bereits kurz nach 8 Uhr hat das Telefon geklingelt, meine Frau mich geweckt – und ich mir anhören müssen … s.o.! An was man alles denken muss, und was alles von uns erwartet wird … Weiterlesen

* Um Mitternacht schlug ihre große Stunde …

Die letzten Gestalten huschen über den Reilinger Adventsmarkt, der jetzt so kurz nach Mitternacht so richtig verlassen daliegt. Vor wenigen Augenblicken waren vom Turm der nahen Wendelinskirche zwölf Schläge zu hören: Mitternacht! Ein neuer Tag hat begonnen – und damit ein besonderer Tag, nämlich für unsere Hella! Sie feiert heute einen ganz besonderen Geburtstag und wir wollen es nicht versäumen, Ihr dazu zu gratulieren. Weiterlesen

* Fast wie ein Auszug – aber nur fast …

Die Wersauer Burgmannschaft ist in nahezu kompletter Besetzung auf dem Burggelände erschienen, um all die Dinge zu holen, die für den Reilinger Adventsmarkt so benötigt werden. So nach und nach leert sich die Werkstatt, Stück für Stück wird im Lkw von Michael „Musketier“ Maier oder auf dem Anhänger von Jürgen „Burgschmied“ Dörfer verstaunt und verladen. Es sieht so aus, als würden wir ausziehen – aber nur fast … Weiterlesen

* … und wieder ist Advent!

Schon wieder ist eine Woche vorbei, die Zeit vergeht derzeit wie im Fluge! War es nicht vorgestern, als wir mit den Grabungsarbeiten auf der Wersau begonnen haben? Und was wir nicht alles so erlebt haben in den letzten Wochen! Doch das ist jetzt für den Augenblick alles vergessen, denn an den nächsten beiden Tagen sind wir Wersauer gefordert – aber wie: Drinnen im Dorf findet nämlich rund um das Rathaus der Reilinger Adventsmarkt statt. Und da sind wir natürlich einmal mehr mit dabei …

* Spuren im Schnee verraten die Besucher …

Einsam und verlassen wirkt das Burggelände rund um den Schlossmühlen-Komplex! Die Spuren im Schnee lassen aber erkennen, dass es noch immer Besucher der Burg Wersau gibt. Aufgewachsen als Sohn eines Försters im Wald, sehe ich sofort, wer hier so alles unterwegs ist …: Mäuse und Ratten, Fasane und Gänse, und ein Fuchs. Da es sowieso so langsam auf die Dämmerung zugeht, bleibe ich noch ein Weilchen, um zu beobachten, was wohl passiert … Weiterlesen

* Tief verschneite Ruhe breitet sich aus …

Es ist der Winter eingekehrt auf unser aller Burg Wersau. Dick in den großen, weißen Schneeflocken verpackt, liegt sie friedlich da. Es ist Ruhe eingekehrt, Zeit zum Durchatmen: Für uns, das Grabungsteam der „Freunde Reilinger Geschichte“, den AK Burg Wersau – aber auch für die Spezialisten vom Landesdenkmalamt. Sie packen so langsam zusammen, die Zeit der Auswertung der vielen Funde beginnt. Nicht nur sie sind gespannt, was diese winterliche Arbeit ergeben wird …

* Erste Bewertung der fast 10.000 Fundstücke …

Nachdem unsere Burg Wersau, aber auch das gesamte Schlossmühlen-Gelände heute früh verpackt in Schnee und Eis daliegt, nutze ich heute mal die Zeit, um die erste Bewertung der Funde durch Dr. Ludwig Hildebrandt vorzustellen. Was die Aktiven des AK Burg Wersau seit dem 14. September so alles zu Tage gefördert haben, ist eine schier unglaubliche riesige Menge von fast 10.000 Scherben. Weiterlesen

* Wie soll ich nun das schon wieder erklären …

Manchmal liegt man mit „so einem Gefühl“ gar nicht falsch: Obwohl ich eigentlich gar keine Zeit habe, fahre ich noch vor Arbeitsbeginn kurz vor 9 Uhr raus auf die Wersau. Es schneit, die Landschaft sieht verzuckert aus, alles scheint ruhig und friedlich im beginnenden Winter zu schlummern. Noch auf dem Mühlweg fahrend sehe ich, dass das Tor zum Burggelände offen ist. Drinnen steht das rote Auto von Herrn Auch vom LDA-Grabungsteam, von ihm ist zunächst aber nichts zu sehen. Weiterlesen

* Ungute Gefühle und ein toller Becher …

Der Tag danach, ein Tag voller unguter Gefühle! Der Wersau – zumindest das, was in den letzten Monaten freigelegt wurde – ist wieder verschwunden, eingepackt mit Vlies, überzogen von Split, den gestern Manfred, Richard, Willi, Dieter, Hella, Benny und ich (etwas weniger) mehrere Stunden lang Schaufel für Schaufel in die beiden Schubkarren geladen und dann hingeschoben haben. Weiterlesen

* Ein Tag zwischen Trauer, Wut und Jubel …

Der Tag, den wir so lange wie nur möglich hinauszögern wollten, ist jetzt noch gekommen: Wir müssen von unserer Wersau, besser gesagt, von von in den letzten Wochen mit viel Herzblut geborgenen, ausgegrabenen und sichtbar gewordenen Funden Abschied nehmen. Es sind keine leichten Momente, sie gehen uns allen irgendwie zu Herzen. Der eine zeigt es mehr, der andere weniger. Aber es muss sein! Weiterlesen

* … und die Wersau muss warten!

Die Zeit ist knapp an diesem Freitag vor dem ersten Adventswochenende. Eigentlich habe ich ja gar keine Zeit, mich heute um die Wersau zu kümmern, aber wenigstens ein kurzer Besuch draußen auf dem Burggelände soll es doch sein. Also mache ich mich von Mannheim kommend nicht direkt auf den Nach-Hause-Weg, sondern fahre ausnahmsweise über die A 5 Richtung Ausfahrt Walldorf/Reilingen. Es sind vielleicht noch knapp fünf Kilometer als mein Auto plötzlich schlapp macht – der Motor geht aus, ich rolle auf dem Standstreifen aus. Weiterlesen

* Die Wersau ruht im leichten Schneetreiben …

Der Winter ist eingekehrt – es schneit! Was meine Kinder erfreut, löst in mir in diesem Moment unbehagen aus, denn wir müssen unsere Wersau erst noch winterfest verpacken. Das Vlies ist bereits angeliefert, ebenso der Split. Für kommenden Samstag ist der letzte Aktionstag in diesem Jahr angesetzt, hoffe, dass unsere treuen Helferinnen und Helfer auch dann wieder mit von der Partie sind, wenn es kalt ist, nass und voller Schnee. Für heute aber ruht das Burggelände erst einmal im leichten Schneetreiben …

* Es läuft einfach nicht rund …

Es gibt manchmal Tage, da läuft es einfach nicht so, wie es eigentlich sein sollte! Kurz nach 8 Uhr bin ich schon auf der Wersau, öffne das Tor, falls irgendjemand von unserer „Rentnerbrigade“ was schaffen sollte! Fahre dann weiter nach Mannheim, wo ich noch einiges zu erledigen habe. Ich sitze gerade in einer wichtigen Besprechung, als mein Handy vibriert. Ich erkenne die Nummer von Willi, kann aber nicht drangehen. Weiterlesen