Das Rheintal und seine Wälder

waldweideDer Übergang vom ungenutzten Naturwald zum genutzten Kulturwald im Rheintal erfolgte spätestens vor 5.000 Jahren
Viele Städte und Dörfer der oberrheinischen Tiefebene wurden nicht im dichten Wald gegründet. Äcker, Felder, und baumarme Weideflächen waren in der Rheinaue und im Rheintal dort landschaftsbestimmend, wo heute hoch aufragende Wälder stehen. Die Umformung der „Urwälder“ zu Feld-Wald-Landschaften liegt Jahrtausende zurück. Die Baumart Kiefer war bereits in diesen Wäldern vertreten. Seit dem Mittelalter ist die Gestaltung der Feld-Wald-Landschaft mit künstlichem Anbau von Eiche, Kiefer, Buche dokumentierbar. Auch in der Rheinaue wurden seit über 1.000 Jahren Kulturwälder geschaffen. Das Naturerbe Kulturwald soll auch in Zukunft nachhaltig genutzt und geschützt werden. Weiterlesen

Vergessene Kulturgüter mitten im Wald

Triftbach im Pfälzerwald (Foto: Haus der Nachhaltigkeit/Pfalz-Infomailing18052016)Triftbäche und Wooge: Geschichte(n) im Pfälzerwald
Im Pfälzerwald glitzert und rauscht es in jedem Winkel. Das Biosphärenreservat ist reich an Gewässern, seine Bewohner haben sich das Naturgeschenk von jeher zu Nutzen gemacht. Triftbäche und Wooge zeugen von der Zeit, als die Kraft des Wassers für den Holztransport oder den Betrieb von Mühlen genutzt wurde. Die oft steinernen, uralten Anlagen verfallen allerdings zunehmend. Um dieses Kulturgut zu bewahren und den einzigartigen Charakter der Landschaft zu erhalten, entwickelt das rheinland-pfälzische Umwelt- und Forstministerium ein Konzept, das vor allem neue touristische Attraktionen verspricht. Das Projekt heißt „Wooge und Triftbäche im Biosphärenreservat Pfälzerwald“. Weiterlesen

Eine königliche Rundreise durch die Pfalz

maxDie Inbesitznahme der Pfalz als neuer bayerischer Kreis durch König Max I. Joseph im Jahr 1816
Im Vertrag von München von 1816 gelang es den beiden einstigen Kriegsgegnern Bayern und Österreich, ihr gespanntes Verhältnis wieder zu normalisieren und sich auf einen verbindlichen Verlauf der gemeinsamen Landesgrenzen zu verständigen. Als Entschädigung für größere Gebietsabtretungen (z. B. Salzburg) an das Habsburger-Reich erhielt das Königreich Bayern die linksrheinische Pfalz. Weiterlesen

"… auf ewige Zeiten zugehören"

Historisches Museum der Pfalz zeigt Ausstellung zum Jubiläumsjahr des Bezirksverbandes
Unter dem Titel „auf ewige Zeiten zugehören… Die Entstehung des Rheinkreises – 200 Jahre Bezirkstag Pfalz“ blickt das Historische Museum der Pfalz auf die Zeit vor 200 Jahren zurück: 1816 wird die Pfalz bayerisch und bekommt einen „Landrath“. Seit 1946 gehört die Pfalz zwar nicht mehr zu Bayern, sondern zu Rheinland-Pfalz, aber den 1816 gegründeten „Landrath“ gibt es in veränderter Form immer noch: Es ist der heutige Bezirkstag Pfalz. Die Ausstellung ist als Historisches Schlaglicht in die Sammlungsausstellung „Neuzeit“ integriert und noch bis 8. Januar 2017 zu sehen. Weiterlesen

Die Pfalz unter bayerischer Herrschaft

Eine Entscheidung des Wiener Kongresses 1816 führt zur Neuordnung im Südwesten
Infolge der französischen Revolutionskriege fiel 1797/98 ein Großteil des linksrheinischen Gebiets samt der heutigen Pfalz an Frankreich. Die neuen Landesherren fassten einen Gutteil der pfälzischen Lande mit Rheinhessen im Departement du Mont-Tonnerre (Donnersberg-Departement) zusammen, dem ab Mai 1800 ein in Mainz residierender Präfekt vorstand. Zu dessen Unterstützung diente seit November 1800 – wie in allen anderen von Frankreich annektierten Gebieten – auch im Donnersberg-Departement ein Generalrat (Conseil general). Er war kein demokratisches Gremium, da seine 20 Mitglieder nicht gewählt, sondern von Napoleon Bonaparte aus dem Kreis der 600 Höchstbesteuerten berufen wurden. Seine Kompetenzen waren sehr begrenzt und lagen vor allem auf dem Gebiet der Steuererhebung und -verteilung. Nach Napoleons Niederlage und als Folge des Wiener Kongresses ging „das Gebiet auf dem linken Rheinufer“ am 30. April 1816 an das Königreich Bayern über. Weiterlesen

Ein Rundweg ins Mittelalter

LaureshamKloster Lorsch macht Geschichte auf den Spuren Karls des Großen lebendig   / Landschaftliche, bauliche und museale Stationen
Nach dreijähriger Umbauzeit erstrahlt das UNESCO Weltkulturerbe, erweitert zum Welterbe Areal Kloster Lorsch, in neuem Glanz. Pünktlich zum 1250. Gründungsjubiläum der karolingischen Klostergründung und im Rahmen des Karlsjahres öffnete das neue Welterbe-Areal Kloster Lorsch seine Tore für die Besucher. Die ehemalige Reichsabtei Kloster Lorsch mit ihrer weltberühmten Königshalle zählte einst zu den größten und bedeutendsten Reichsklöstern des Mittelalters. Bereits 1991 wurde die Klosteranlage als zehntes deutsches Bauwerk in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen. Weiterlesen

Der weinselige Domnapf

Symbol des Rechts – Weinbrunnen fürs Volk
Seit 1314 ist der Napf bekannt. Es wird vermutet, dass er im eventuell einst vorhandenen Vorhof eines früheren Speyerer Domes als Wasserspeicher/Brunnen gestanden hat oder in der selben Funktion im Kreuzgang, der an der Südseite des Domes existierte, seinen Platz hatte. In einer Schrift heißt es, dass die Geistlichkeit n solchen Schalen wohl ihre Wäsche gewaschen hat… Weiterlesen

Ein Ort umrahmt von vielen baulichen Zeitzeugen

Der St. Guido-Stifts-Platz in Speyer / Bereits im Mittelalter erwähnt
Der Platz gehört zu den ältesten der Stadt. Er wird bereits im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt als „platea sancti widonis“ des hier seit dem 11. Jahrhundert bestehenden Stiftes St. Guido, das auf dem nach ihm benannten Weidenberg steht. Namensgeber ist der Heilige Guido von Pomposa (ca. 970-1046), dessen Gebeine Kaiser Heinrich III. schon 1047 nach Speyer überführen ließ, in die „dem heiligen Apostel und Evangelisten Johann geweihte“ und nach ihm benannte Stiftskirche. Weiterlesen

Stift Neuburg – Romantikerklause im Neckartal

Abtei und Kirche „Stift Neuburg“ in Ziegelhausen bei Heidelberg sind seit dem Einzug der Benediktiner-Mönche 1926 wieder das Ziel vieler pfälzischer Katholiken geworden. Einzigartig ist ja die Lage des Stiftes im Neckartal, einzigartig seine Bedeutung für die Dichtung und Kunst der Romantik, unerschöpflich seine neu erschlossenen Quellen des religiösen Lebens, die in Exerzitien, Einkehrtagen Studientagungen und im vollendeten Vollzug des göttlichen Dienstes wieder wirksam wurden. Weiterlesen

Der Disibodenberg – Zentrum geistigen Lebens

Alle edlen Geschlechter und berühmte Namen jedoch überstrahlt die große Heilige Deutschlands, Hildegard von Bingen, die zu Bermersheim bei Alzey um das Jahr 1098 geboren und auf dem Disibodenberg aufwuchs. Ihr Glanz erfüllte Deutschland – sie ist die einzige Heilige in dem Heiligenkalender der römischen Kirche, die den Ehrennamen „prophetissa – die Prophetin“ trägt. Weiterlesen

Die Nahe – die schöne Unbekannte

Quellen und Felsen / Land der hl. Hildegard / Nördlicher Grenzfluß der Pfalz
Die Nahe, auf kurze Strecke Grenzfluß der Pfalz, ist den meisten Deutschen eine Unbekannte geblieben; fügen wir gleich bei: eine schöne Unbekannte. Behauptet sogar ein modernes Lexikon, die Nahe „entspringe in der Nordpfalz!“ (Der Große Herder, Band 6, Spalte 879). In Wirklichkeit entspringt die Nahe im saarländischen Bergland nördlich von Tholey bei dem Dorfe Selbach. In kurzer Entfernung fließt die Prims vorbei, jenseits des Schaumberges entspringt die Blies. Weiterlesen

Kurfürstliches Forsthaus im Hardtwald entdeckt

Die Waldflur „Schönhaus“ und die dort liegende Schönhaussuhl ist seit alters her den Hockenheimern bekannt. Bekannt ist auch, dass dort einst ein Forsthaus stand, in dem bis etwa 1630 ein Jäger des Kurfürsten mit seiner Familie wohnte. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Haus von Tilly und seinen Soldaten zerstört. Weiterlesen

Nur ein hastiger Blick auf Speyer

sp1844_turnerWilliam Turners letzte Deutschlandreise 1844
Zwischen 1817 und 1844 ist William Turner, fasziniert von den Städten und Landschaften, wiederholt nach oder durch Deutschland gereist. Von 1839 bis 1844 besuchte er Deutschland jedes Jahr, nahm meist die Strecke von Köln bis Mannheim den Rhein entlang, um dann in Heidelberg Station zu machen. Dann setzte er häufig seinen Weg in die Schweiz fort. Er hielt seine Eindrücke in Hunderten von Zeichnungen und Aquarellen – meist am Ort verfertigt – fest, doch von Speyer ist nur eine einzige Skizze in einem der über dreihundert Skizzenbücher Turners zu finden. Weiterlesen

"Goldener Hirsch" und "Rodensteiner" – zwei historisch miteinander verbundene Wirtshäuser

Vortrag von Rudi Höhl am 16. Februar 2011 im Stadtarchiv Speyer
Mit meinem heutigen Vortrag möchte ich sie in die Vergangenheit und heutige Zeit zweier Speyerer Gasthäuser führen, die zwar räumlich getrennt an verschiedenen Standorten stehen, aber geschichtlich verbunden sind. Beide Objekte wurden in zahlreichen Publikationen der älteren und jüngeren Stadtgeschichte von verschiedenen Autoren als Teil ihrer Ausführungen benannt. Ein Zusammenhang ihrer Entstehung ist auffällig, worüber ich heute berichten möchte. Weiterlesen

Der "Ölberg" am Speyerer Dom

Scheinbar klein und verlassen liegt für Besucher der alten Reichsstadt Speyer neben dem Dom ein Baudenkmal, das einst zu den beeindruckendsten Schöpfungen gotischer Baukunst auf deutschem Boden gezählt wurde – der „Ölberg von Speyer“. Die Geschichte des Denkmals reicht zurück bis in das Jahr 1509. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war es Mode geworden, die Gefangennahme von Jesus in Bildgruppen darzustellen. Das ausklingende Mittelalter liebte diese bildliche Darstellung, die im neuen, gotischen Baustil eine plastische Darstellung fand. Weiterlesen

Goldwäscher am Speyerer Rheinabschnitt

Im 19. Jahrhundert mussten die Erträge der mühsamen Goldwäschearbeit am pfälzischen Rheinabschnitt an das Bayerische Hauptmünzamt in München abgegeben werden. Zwischen 1821 und 1863 prägte Bayern von den gewonnenen Goldmengen Rheingolddukaten mit der Ansicht der Stadt Speyer auf der Rückseite. Allerdings waren diese Goldmünzen ein seltenes Gut, da die aus dem Rhein gewonnene Goldmenge sehr gering war. Weiterlesen

Der Retscher zu Speier

retscherUnsere kleine Abbildung zeigt die Trümmerreste des einst mächtigen Palastes der alten Reichsstadt Speier, in welchen, auf dem bekannten Reichstage von 1529 der „Taufstein des Protestantismus“ stand. Es ist nicht Aufgabe dieser Zeitschrift, das Für und Wider der kirchlichen Fragen zu besprechen, wir begnügen uns deshalb mit der einfachen Geschichtsdarstellung der Ereignisse, die damals acht Jahre nach dem Reichstage von Worms eintraten und den Protestanten ihren Namen gaben. Weiterlesen

Acht Mühlen und 42 Brunnen in Speyer

Das nach einer mittelalterlichen Aufzeichnung „türmereiche“ Speyer hatte auch an Mühlen und Brunnen keinen Mangel. Einige davon hielten sich bis in die neuere Zeit. Gemahlen wurde an den Speyerer Bächen und auch am Rhein reichlich. Je nach Bedarf und Möglichkeit für verschiedene Zwecke. Die mit Schaufelradantrieb bewegten Mahlwerke für Getreide, Raps und Buchecker (für Öl), Krapp (zum Rotfärben), bedienten Sägewerke und Lohmühlen. Letztere trotz ihres Gerbgestanks auch in bürgerlicher Nachbarschaft. Weiterlesen

Verschwenderischer Rokokofürst eines bescheidenen Fürstbistums

Kardinal Franz Christoph von Hutten, Fürstbischof von Speyer, wurde vor 300 Jahren geboren / Prachtvolle Residenz in Bruchsal / Absoluter Herrscher träumte von einem „immerwährenden Speyer“
Am 6. März 2006 wäre Franz Christoph von Hutten, 1743 bis 1770 Fürstbischof von Speyer, 300 Jahre alt geworden. Als Nachfolger des Kardinals Damian Hugo von Schönborn, der die Residenz der Fürstbischöfe nach immerwährenden Streitereien mit dem Rat der Freien Reichsstadt Speyer nach Bruchsal verlegt und das Schloss erbaut hatte, gab Franz Christoph von Hutten die prunkvollen Rokokodekorationen im Innern in Auftrag. Und dem Bruchsaler Stadtbild verlieh er zudem das anspruchsvolle Gepräge einer fürstbischöflichen Residenz. Weiterlesen

Straßen aus Furcht verdunkelt

Bomen auf Stadthaus 1940Erinnerungen an die letzte Kriegsweihnacht 1944 in Speyer / An erster Stelle der Wunsch nach Frieden
Weihnachten heute: Speyer, eine Stadt im Lichtermeer. Das Altpörtel mit seinem hell leuchtenden Helm auf der barocken Haube zeigt sich auch von der „Feindseite“ her als historisches Prachtstück. Die Speyerer Hauptstraße lebt. Viele Menschen aus dem pfälzischen Umland und aus dem Badischen kommen als Schaulustige, aber auch als Käufer. Der Weihnachtsmarkt bleibt eine Attraktion. Und eine neue, die Eisbahn vor dem Altpörtel, kam hinzu. Inmitten der Geschäftigkeit, der Spazierenden und Eilenden spielt ein Mann mit klammen Fingern auf seiner Querflöte „Tochter Zion“. Der Blick zurück auf die letzte Kriegsweihnacht könnte nicht größer sein.
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Wo "das Wolferl" den Sternen ganz nah kam

Nur gut, dass er dieses langsame Verlöschen der Sternwarte nicht mehr erleben musste: Als der Hofastronom Pater Christian Mayer 1784 starb, hinterließ er der Stadt und dem badischen Erdkreis ein von den Himmelswissenschaften genutztes Bauwerk allererster Güte. Es hätte einer – nach Einschätzung der Mayer’schen Zeitgenossen – schon bis Palermo oder Mailand, mindestens aber bis Paris oder Gotha reisen müssen, um einen ähnlich bedeutsamen Ort zur Beobachtung der Gestirne zu finden. Und heute? Weiterlesen

Die römische Steinindustrie in der Pfalz

Mit der römischen Okkupation verbreiteten sich in den besetzten Gebieten auch die handwerklichen Fähigkeiten und die hoch entwickelten Techniken der Mittelmeerwelt. Zu diesen „Exporten“ zählt im Besonderen auch die Kunst der Steingewinnung und bearbeitung. Das beeindruckendste Zeugnis der römischen Steinindustrie der Pfalz ist der Steinbruch vom Kriemhildenstuhl bei Bad Dürkheim. Hier wurden innerhalb kürzester Zeit ca. 10.000 m³ Sandstein gebrochen, grob zugehauen, um dann per Wagen und Schiff als Baumaterial vor allem in das Mainzer Legionslager transportiert zu werden.
Die Arbeiter, zum großen Teil technische Abteilungen der 22. Legion aus Mainz, brachten im Steinbruch zahlreiche Inschriften sowie Felszeichnungen in Form von Köpfen, Tieren und Menschen an. Diese Zeugnisse der römischen Zeit sind noch heute zu erkennen. Die Ausstellung zeigt Abgüsse einiger Zeichnungen und Inschriften sowie zahlreiche Werkzeuge und Steinprodukte.
In seiner heutigen durch die Ausgrabungen von Schutt freigeräumten Gestalt hat der Steinbruch in der Antike nie bestanden. Beim Abbau der Steine arbeiteten sich die Soldaten von unten nach oben vor, wobei der vorherige Arbeitsbereich jeweils mit dem Steinschutt der aktuellen Ebene verfüllt wurde. Daher war der Steinbruch am Ende seiner Ausbeutungszeit fast vollständig verschüttet.
Das handwerkliche Wissen der römischen Steinhauer und Steinmetzen ist bis heute nicht verloren gegangen. Noch heute wird in den Sandsteinbrüchen der Region nach demselben Verfahren gearbeitet und den römischen Vorbildern entsprechende Werkzeuge benutzt.

Der Eremit mit dem falschen Wanderstab

Schon manchem Wanderer ist in einem Weinberg auf der Forster Gemarkung „Kirchenstück“ ein hübscher barocker Bildstock aufgefallen. Wer sich damit beschäftigt hat, kommt unumwunden mit dem Heiligen Cyriakus in Kontakt. Er gilt als einer der wichtigsten Weinheiligen der Pfalz. Traditionell bringen ihm am 8. August die Weinbauern der Pfalz während einer Wallfahrt zur Stätte seines Wirkens, der Cyriakuskapelle bei Lindenberg, die ersten reifen Trauben zum Opfer dar. Weiterlesen

Der Eremit mit dem falschen Wanderstab

Schon manchem Wanderer ist in einem Weinberg auf der Forster Gemarkung „Kirchenstück“ ein hübscher barocker Bildstock aufgefallen. Wer sich damit beschäftigt hat, kommt unumwunden mit dem Heiligen Cyriakus in Kontakt. Er gilt als einer der wichtigsten Weinheiligen der Pfalz. Traditionell bringen ihm am 8. August die Weinbauern der Pfalz während einer Wallfahrt zur Stätte seines Wirkens, der Cyriakuskapelle bei Lindenberg, die ersten reifen Trauben zum Opfer dar. Schon die römischen Winzer opferten ihre ersten reifen Trauben dem Weingott Bacchus. Heute gehen die Volkskundler davon aus, daß die frühen christlichen Winzer der gallo-romanischen Pfalz diese Tradition fortsetzten und ihren Heiligen opferten.
Immerhin ist Speyer seit der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts ständig der Sitz eines Bischofs. Cyriakus lebte, so die Legende, als Einsiedler in der Nähe der erwähnten Kapelle. Sie ersetzte ab 1550 im Halsgraben der zerstörten Lindenburg einen älteren Vorgängerbau. Die Überlieferung berichtet, daß das Glöckchen der älteren Kapelle von Cyriakus stets solange geputzt wurde, bis es silbern glänzte. Und zum Dank habe es dann regelmäßig von alleine geläutet, wenn der Einsiedler von seinen weiten Wanderungen zurückkehrte. Die Pfälzer Winzer und Bauern liebten und verehrten den Mann sehr. Er fand überall offene Tore, Hände und Herzen. Er war schließlich auch eine besondere Gestalt in seiner verwitterten Kutte mit seinem langen silbernen Bart und seiner im Mondlicht glänzenden Glatze.
Am meisten soll es ihn nach Deidesheim gezogen haben, wo die alte Verbindung nach Lambrecht zutage tritt, die über die Waldweiderechte der Talgemeinde und den jährlich dafür fälligen Tributbock bestand. Die Legende berichtet weiter, daß Cyriakus auf dem Heimweg von einer langen Wanderung eine Einkehr suchte. Seine Beine waren so müde, daß er einen Wanderstab benutzte. Nachdem er am Ende eines Weinberges unterhalb des Wachenheimer Schloßberges bei der Wachtenburg etwas geruht hatte, nahm er nach dem Aufstehen noch etwas verschlafen vom Kammert-Wingert einen Lännerichbalken fort, der mit Weidenruten an die Stiffel gebunden war. Ganz in der Meinung, sich wieder auf seinen Wanderstock zu stützen, nahte er sich dem Wachenheimer Südtor, der Kirchpforte. Verdutzt blieb er stehen, denn das Tor tat sich nicht wie gewohnt von alleine auf. Er konnte rufen, klopfen, schreien, das gewaltige Tor blieb verschlossen.
Da kam, hundemüde, verschwitzt und staubbedeckt, den breiten Karst mit dem leeren Krug geschultert, ein alter Wachenheimer Winzer aus dem Feld heim. Der alten Überlieferung nach hatte der gute Mann nach getanem Tagwerk „Dorscht, Hunger, Schloof und einen Ekel vor de Erwet“.Er erblickte den heiligen Mann, der vergeblich versuchte, in die Stadt zu gelangen. Der Winzer war zugleich hellwach und seine Augen verzogen sich zu einem verschmitzten Lächeln. Woher er denn den Wingertsbalken habe, den er als Wanderstecken benutzte? Und da fiel es Cyriakus wie Schuppen von den Augen: Entwendet hatte er ihn, abgerissen vom Kammert-Wingert eines Winzers, zu dessen Schaden und zum Schaden des Weines.
Ohne auf seine Müdigkeit zu achten, ging der Eremit zurück an den Ort seiner Missetat und band den Balken wieder sorgfältig dort an, wo er ihn im Halbschlaf weggerissen hatte. Schnell waren die biegsamen Weidenruten, die er geschnitten hatte, wieder geknüpft und fast der alte Zustand wieder hergestellt. Cyriakus schleppte sich zurück an die Kirchpforte, die sofort aufsprang, als er wie immer noch fast hundert Schritte davor entfernt war. Wenn Heilige etwas wünschen, so ahnen sie den göttlichen Willen.
Der Heimatdichter Leopold Reitz beschrieb 1937 diese Szene des Heiligen Cyriakus folgendermaßen: „Ich möchte an einem schönen Herbsttag sterben. Gegen Abend, wenn der himmlische Weinherr seinen Knecht mit der Hippe in die Lese schickt. Dann will ich ihm mit Heiterkeit und Milde mein Herz hinhalten wie eine goldene Traube. Dann wird ein Bauer vorüberkommen, sein Käppchen abnehmen und sagen: Schade, er hat uns viel geholfen.“ Die Legende wird auf dem besagten Bildstock wieder lebendig. Betrachtet man die Steintafeln näher, sieht man unten rechts den Heiligen Cyriakus, der sich müde ausruht. Links entdeckt man den Kammert-Wingert, oben links wartet der Einsiedler auf Einlaß in die Stadt und rechts oben ist die alte Cyriakus-Kapelle aus dem 13. Jahrhundert oberhalb von Lindenberg zu erkennen. Der Bildstock dokumentiert aber zugleich auch den Erwerb eines Weinberges in der Lage „Kirchenstück“ durch Wilhelm Spindler im Jahre 1656.
Sowohl der Bildstock als auch die Kaufurkunde sind noch im Familienbesitz des noch heute bestehenden Weingutes. Was aber macht das „Forster Kirchenstück“ zu einem solch wertvollen und geschichtsträchtigen Weinberg? In alten Dokumenten ist zu lesen, daß er der wohl einzigste Wingert der Welt ist, an dem ein ganzes Regiment Soldaten im Parademarsch vorbeidefilierte. Dies geschah 1652, als das Königreich Spanien seine Besatzung nach Ende des Dreißigjährigen Krieges aus Frankenthal abzog. Unter dem Kommando des Oberst Julio Antonio Frangipani, er war ein Liebhaber der Weine vom „Forster Kirchenstück“, geschah dann das Unglaubliche: Die 800 Mann der Fußtruppen präsentierten ihre Musketen, 200 Reiter zogen die Säbel blank. Frangipani ließ sein Pferd niederknien und salutierte selbst mit dem Degen. Und dann erst der Vorbeimarsch der Spanier – das ist wiederum eine andere Legende der Kurpfälzer Geschichte(n).